Geträumt oder besser gesagt gewünscht habe ich es mir schon als junger Stift,
wenn früher in der Sportschau noch die kurzen Zusammenfassungen aus England gezeigt wurden.
Dann kamen die legendären Matches Borussia vs. Liverpool FC.
Fast logisch kam, aufgrund ihrer leidenschaftlichen Spielweise, auch die Sympathie für die Reds, dass auch eine ganze Fanfreundschaft entstand – umso schöner.
Ein weiterer Knackpunkt dann der 25. Mai 2005, ich saß allein in einem Krankenzimmer,
im TV kam das Champions League Finale FC Liverpool gg. AC Mailand.
Das Spiel hatte noch nicht angefangen, die Fans vom Mersey – River sangen Ihre Hymne (selbst die AC-Fans schwiegen und hörten zu) und es stand für mich nunmehr fest:
Einmal muss, will und werde ich dieses Team, diese Fans live sehen!!!
Vorzugsweise sollte das natürlich auch im legendären Stadion an der Anfield Road sein.
Die Erfolge der Reds wurden bescheidener, es kamen auch mal ein paar Scheichs oder wahlweise ein paar schwerreiche Amis, welche ein neues Stadion auf der grünen Wiese bauen wollten und mir ging langsam die Muffe, ob es noch klappt, die altehrwürdige Stätte zu besuchen.
Wie der obigeTitel es aber nun schon verrät – I did it!!
Anlass bzw. Auslöser war der 40. Geburtstag meines besten Freundes im Juni diesen Jahres.
Was schenkt man einem Mann, der alles (Geld, Frauen, Autos, Sex, Drugs & Rock’n Roll) hat oder hatte im bisherigen Leben, der seit Jahren alle 14 Tage mit seiner Dauerkarte im Berliner Betonkessel das Drehkreuz überwindet (also leidensfähig ist)???
Ich verband den einen (meinen) Wunsch mit dem anderen (aus vielen Diskussionen wusste ich, dass er auch schon mal mit so einer Reise liebäugelte), aktivierte noch ein paar „Co-Sponsoren“ zum Geburtstagsgeschenk und bekam von meinem lieben Frauchen meinen Reise-Etat.
Hilfreich bei der Umsetzung des Vorhabens ist die Bekanntschaft eines Insiders, will sagen
ein Vereinskamerad von mir beim SCEMZ ist Mitglied beim Liverpool – Fanclub „German Reds“,
unternimmt öfter solche Reisen und auf meine Anfrage am Anfang des Jahres 2012, sagte er, dass es,
wenn wir terminlich variabel sind, hundertprozentig klappt.
Später kam dann sein Vorschlag, gleich den 1. oder 2.Spieltag der Saison 2012/2013 anzuvisieren, da gäbe es die geringsten Probleme, Karten zu erhalten.
Regulär sind die Heimspiele immer mit 42.000 Zuschauern ausverkauft – das Ticketsystem in England ist weitestgehend personalisiert und als dann noch der Spielplan rauskam und als Gegner der aktuelle Champion anstand, obendrein an dem Wochenende noch der Höhepunkt der Beatles-Woche folgte und somit die Stadt voll war, kam nochmals Nervosität auf.
Letztendlich kam ca. 3 Wochen vor der Reise die Info, dass der Kontaktmann in Liverpool
4 Tickets als sicher erklärte.
Das Spiel wurde dann noch auf Sonntag, 26.08.12 verlegt, wir nahmen es entspannt zur Kenntnis, war doch „Hotel“ und Rückflug eh‘ bis und am Montag gebucht.
Am Freitag, 24.08. gings ab Schönefeld per easyJet direkt zum John-Lennon-Airport, Flug ohne besondere Vorkommnisse, sieht man mal davon ab, dass mein Sitznachbar und Ex-Geburtstagskind in persona seinen gerade eben on board erworbenen Starbucks-Coffee blitzentleerte ohne einen einzigen Schluck zu trinken.
Lauthals erklärte er den benachbarten Sitzreihen, ich hätte ihn angeschubst – das ist wahre Freundschaft……
FOTOOOOOOOOOO
3 Lüftungsdüsen auf seine Hose gerichtet schufen Trocknung, so dass man, in Liverpool angekommen, den Kerl auch wieder auf die Menschheit loslassen konnte.
Nach Ankunft im Hotel und Zimmerverteilung verabredete sich die Reisegruppe, um gleich noch einmal im Stadtzentrum Fühlung auf zu nehmen.
Nach einigen, wenigen Bieren im Cavern-Quarter war jedoch Bettschwere erreicht, demzufolge ab in die Heia und für den nächsten Tag ab 0900 zum Sightseeing-Saturday verabredet.
Los ging es nach einem typischen (sehr gewöhnungsbedürftigen) englischen Frühstück mit Bohnen, Pilzen, ham and egg, einer undefinierbaren kleinen Wurst plus Toast, Butter, Marmelade und Coffe
zum Albert –Dock, dort liegt das berühmte Yello-Submarine, in welchem man als Touri für „nur“ 250,00 Pfund pro Nacht und Nase übernachten kann.
FOTOOOOOOOOOOOS
Der Großteil der Gruppe wollte ins Beatles – Museum, wir besichtigten das Umfeld des Docks mit Mersey – Ufer (es war gerade Ebbe und der Tidenhub kann bis zu 7m betragen), ließen dann die
mitgereiste holde Weiblichkeit den Shoppingtempel „Liverpool One“ in Augenschein nehmen – ja gut, im LFC-Fanshop waren wir auch mal kurz drin.
Nachdem wir dann den Radio City – Tower rauf – ne Runde von oben kucken incl. Fotos schießen – und wieder runter sind, haben mein Kumpel und ich den Linienbus nach Anfied genommen, um dort eine Stadionführung mitzumachen. Dort angekommen erklärte uns der Office-Manager, dass es nix mehr wird mit unserem Vorhaben, weil Kabinen und Presseraum gesperrt sind und sonst auch alles gesperrt wäre wegen des bevorstehenden Spieles.
Das Museum jedoch wäre offen und Eintritt bräuchten wir auch nicht zahlen, um es kurz zu machen,
es entschädigte vollauf – alte, ehrwürdige Stücke gabs zu bestaunen, 5x steht die CL-Kruke da, das originale Dynamo Dresden – Trikot von Hartmut Schade aus den 70ern hängt dort, auch ein altes Trikot meiner Fohlen-Elf (noch ohne Brustwerbung – herrlich) ist zu sehen und vieles mehr.
Fotooooooo
Im separaten Kino läuft eine Reportage über das spektakuläre CL-Finale 2005 im Istanbuler Atatürk-Stadion – ich bekam eine Gänsehaut vom Feinsten und jetzt, beim Schreiben, stellen sich die Härchen
auch wieder auf. Für mich war diese Zeitreise ein absolutes Highlight.
Nach einem kleinen Fotoshooting draußen vor dem Stadion– ja gut, im neben dem Museum befindlichen LFC-Fanshop waren wir auch mal kurz drin – gings mit dem Bus ins Stadtzentrum zurück,
um was Essbares aufzutreiben und die Tickets für das Sonntagsspiel klar zu machen.
Einen Burger und einige wenige Biere später bezahlten wir unsere Karten, nahmen noch ein Carling auf gutes Gelingen und zogen uns dann ins Hotel zurück.
Sonntagvormittag stand noch ein Schmankerl an, eine kombinierte Stadt- und Dockrundfahrt mit dem Yello- Duck. Das alte amerikanische Amphibien-Fahrzeug tuckert erst durch Liverpools Straßen,
um dann mit Getöse über eine Rampe ins Wasser zu schießen und mittels Schiffsschraube durch die Docks zu fahren – absolut empfehlenswert.
FOTOOOOOOOOOO
Nun war es an der Zeit, den Bus in Richtung Anfield zu finden, wobei finden wörtlich zu nehmen war.
Im Gegensatz zum Vortag war die gesamte Innenstadt als verkehrsfrei erklärt worden, so dass uns erst ein kleiner Eil-Fußmarsch zum richtigen Bus brachte. Ca. 20 Minuten später waren wir vor Ort,
um in der Kneipe mit dem passenden Namen „The Twelfth Man“ unsere Tickets zu erhalten.
FOTOOOOOOOO
Direkt an der Eingangstür verging mir schlagartig der Bierdurst.
Es war vor lauter Menschen einfach kein Reinkommen und der gemeine englische Fußballfan geht mit seinem Bier in der Hand auch keinen Schritt zur Seite.
Wir bezogen also draußen vor der Tür Position und harrten der Dinge. Unser Reiseleiter schaffte es, ins Kneipengetümmel vorzudringen und erschien mit einem Bier und der Nachricht: „Still waiting“ – na super!!!
FOTOOOOOOOOOOOO
Kurze Rede, ca. 30 Minuten vor Spielbeginn hatten wir unsere Tickets und wollten nun so schnell wie möglich auf unsere Plätze. Die sehr schmale Eingangspforte ließ auch uns „gut gewachsene“ Germans passieren, Körperkontrolle fand überhaupt nicht statt, einzig `nen Blick in meine Umhängetasche wollte der Ordner werfen.
Zügig gings weiter zu den Plätzen – gar nicht mal so schlecht – nur mein Sitznachbar haderte etwas über die Beinfreiheit ob seiner fast 2m Körperlänge. Btw. Sitzen – darauf achtet pro Treppenaufgang ein Ordner, d.h. z.B. verbaselte Chance – aufspringen – ooooohhhh brüllen – sit down please.
Selbst auf dem Kop, der Tribüne der Hardcorefans wird artig gesessen, was sich nach Torerfolgen der Reds natürlich schlagartig ändert – dann dauert die temporäre Extase im Stadion etwas länger, bis die Ordner wieder ihren Job getan haben.
FOTOOOOOOOOOOOOO
Highlight vor dem Anpfiff nach allerlei Schlachtgesang natürlich die Hymne: “You'll never walk alone”, was soll ich sagen, sagenhaft, Gänsehaut, Haare auf den Armen senktrecht, vlt. sogar nen bissken Pipi inne Augen.
Zum Spiel selbst – das Heimteam spielt nach vorn, allerdings überhastet und sehr fahrig aber auch bei Manchester sieht man nichts Meisterliches. Dicke Möglichkeit dann für Teves – aber der Pfosten rettet. Dann segelt Pepe Reina an einer Flanke vorbei, jedoch ohne Folgen.
Very nice aus unserer Sicht auch, wenn Balotelli am Ball ist oder nur in dessen Nähe, dann pfeift und buuuht es – eine wahre Freude. Unser (aus deutscher Sicht) spezieller Freund wird an diesem Tag blass bleiben und in der 62. Min durch Dzeko ersetzt.
Nach ungefähr 30 Minuten werden die Aktionen der Reds druckvoller, die 2. Ecke von Steve Gerrard kommt zentral und Skrtel wuchtet die Pille wie weiland Hotte Hrubesch ins Hart – Gehäuse.
Schlagartig ist es dunkel, soll heißen, scheinbar 20 Reds-Fans liegen auf mir drauf, nach einer gefühlten Ewigkeit erblicke ich Tageslicht und bin einfach very amused. Liverpool macht weiter Dampf, die Citizens beeindruckt und so kommt die Halbzeitpause ungünstig für das Heim- und gerade recht für das Auswärtsteam.
FOTOOOOOOOOOOOOOO
Nach Wiederbeginn wieder die Hausherren mit mehr Spielanteilen, jedoch steht City besser und lullt mit seiner Spielweise den Gegner ein. In der 63. Min fliegt Pepe incl. Abwehrspieler mal wieder am Ball vorbei und Yaya Toure sagt aus kurzer Distanz Danke zum 1:1.
Die Reds jetzt wütend nach vorn, Gerrard zieht aus großer Entfernung ab, ein City – Mann schmeißt sich in bester Torwartmanier entgegen und pariert ca.25m vor dem Tor mit beiden Händen.
Den fälligen Freistoß in der 66.Min darf, der bis dahin sehr durchschnittliche, Suarez treten und schießt selbigen mit viel Effet um die eigentlich gut stehende Mauer unhaltbar für Hart zur 2:1 – Führung in die Maschen – direkt vor bzw. unter uns. Die torjubelnden Spieler sehe ich erst wieder beim Aufdröseln des Freudenknäuels nach vorübergehender Dunkelheit – es ist (war) fantastisch.
FOTOOOOOOOOOOOOOOOO
Selbst die Ordner kommen erst Minuten später mit ihrem „please – sit down“ zum Zuge.
Die Reds bleiben am Drücker, Johnson wird im City – 16er von hinten weggegrätscht, alles klar, es gibt 11er – aber Pustekuchen, evtl. war der Schieri durch die tiefstehende Sonne geblendet…….
Ab der 75. Min hatte ich das Gefühl, dass die Reds immer öfter zur Uhr schielen als zum Gegner und dann das – Yahoo Sport schreibt: „ 80. Min - was ein Geschenk von Skrtel! Der Torschütze zum 1:0 spielt einen grausamen Rückpass auf Reina und übersieht dabei Tevez. Der Argentinier umkurvt Reina und schiebt zum 2:2 ins leere Tor ein.“
Die Reds wollen nun erst recht den Sieg, die Fans machen nochmal richtig Alarm, Manager Rogers bringt Brechstange Carroll, City hingegen scheint der Punkt zu reichen.
Was Zählbares kommt nicht mehr zustande und so teilt man die Punkte.
Wir verlassen die heilige Stätte, draußen umkreisen wir die Arena nochmal, gedenken der verünglückten Fans am Liverpool – Memorial in der Anfield Road, nehmen noch ein isotonisches Kaltgetränk im Schatten des Kops und lassen den Tag mit der Spielauswertung in ein bis zwei Pubs ausklingen – it was unbelievable.
FOTOOOOOOOOOOOOOOOOOOO
Der Montagmorgen brachte außer dem „schmackhaften“ Breakfast typisch englisches Wetter,
Klamotten packen, um dann mit dem ÖPNV quer durch Liverpool zum John-Lennon-Airport zu gelangen. Dort noch die restlichen english Pounds gegen ein paar Souveniers eingetauscht, nur um ja kein Geld an Bord des easyJet-Jets zu haben, womit man womöglich noch einen Kaffee kaufen könnte. Wer weiß, was dann alles passiert………….
her mt den foto`s
