Rasenballsport Leipzig - FC Schalke 04 1:2 (1:2)
Am Samstag war es soweit: Nachdem die Messestadt jahrelang nach großem Fußball ächzte, sollte es ein einst künstlich geschaffenes Produkt – ermöglicht von Ösi-Brause-Milliardär Dieter Mateschitz – sein, die ihn nach Leipzig holen. Einstig für Sachsen Leipzig geplant – diese wollten aber unbedingt im Alfred-Kunze-Sportpark spielen – sollte dann Rasenballsport Leipzig der Gegner für die Schalker Knappen werden. Dies verband Rasenball gleich mit der Stadion(wieder)eröffnung. Die Knappen spielten noch am Vortag in Gera gegen den Zweitliga-Aufsteiger Erzgebirge Aue und fertigte diese – nach einem einwöchigen Trainingslager in Irdning – 3:1 ab.
Felix Magath – Trainer des deutschen Vizemeisters und Championsleague-Teilnehmer – versprach auch in Leipzig mit allen Stars anzutreten. Einzig Heiko Westermann (wechselte kurzfristig zum HSV), Rafinha (angeschlagen) und Manuel Neuer (Sonderurlaub nach WM) waren nicht bzw. nicht mehr dabei.
So begab man sich im Kreise von Kumpels und einigen Aktiven des Schalker Fanclubs "Grube Leopold" aus dem anhaltinischen Edderitz (bei Köthen) zum Samstag Nachmittag ins Zentralstadion, welches seit neusten den neumodischen Namen Arena trägt, noch dazu RedBull-Arena. Bereits im Vorfeld des Stadions zog Red Bull sein Familienprogramm durch: Hubschrauberrundflüge im RedBull-Hubschrauber für "nur" 35€ und sonstiges sinnloses Unterhaltungsprogramm, welches wenig mit Fußball zu tun hatte. Als man dann am Eingang des Sektor C ankam die nächste Ernüchterung! In Leipzig scheint die Betreibergesellschaft des einstigen Zentralstadions nichts, aber auch gar nichts dazu gelernt zu haben. Drei Eingänge a vier Eingangstore, a zwei Drehkreuze ständen zur Verfügung. Geöffnet waren zwei Eingänge, a zwei Eingangstore, a zwei Drehkreuze. Dahinter 8 (in Worten acht) Securities, von denen 2 die Besucher abtasteten und 6 zuschauten. Vor den Eingängen mittlerweile lange Schlangen, die nicht kürzer wurden, Menschenmassen wie selten im/am Zentralstadion gesehen. Der Unmut stieg und stieg. Nachdem man von hinten drückte und drängelte, immer mehr Menschen in den Drehkreuzbereich geschoben wurden, gaben die Security als bald das Abtasten gänzlich auf und ließen einfach durch. Als man nach 35 (!) Minuten endlich drin war, kam man dann mal auf die Idee, den dritten Eingang des Sektors und pro Eingang alle vier Tore aufzumachen. Ganz großes Kino! Sollte Leipzig irgendwann mal in der Bundesliga spielen, besteht hier ganz großer Aufholbedarf! Denn das zu so einem Spiel nicht nur 5.000 Fans kommen, sollte jedem bewusst gewesen sein, immerhin wurden bis Freitag 17.000 Tickets abgesetzt (ohne Sponsorentickets und VIP-Karten).
Im Sektor C endlich angekommen, der nächste negative Eindruck: Ein paar Brause-Fans – groß, aufgepumpt, in feinsten Zwirn – hielten sich auch hier auf und es gab schon erste Konflikte zwischen denen und den Schalke-Fans. Nicht weil die Schalke-Fans auf Ärger aus waren, sondern weil die Brause-Fans Sachen äußerten a la "wir rotzen auf eure Tradition, wir gehören auf den Thron" und dies jeder richtige Fußballfan nicht gern auf sich sitzen lassen würde. Tolle RB-Fans. Ohne Worte!
Das Spiel an sich begann auf Grund des Andrangs und der tollen Taktik an den Eingängen 15 Minuten später. Einst war geplant, dass Fallschirmspringer den Spielball ins Stadion bringen. Dies ließ man glücklicher Weise doch sein und Jan Seidel (Hennigsdorf) pfiff das Spiel dann ohne vorheriges großes Tamtam an. RB hatte Anstoß. Die Schalker übernahmen sofort das Heft des Handelns, ohne dabei jedoch zwingend zu wirken. Rasenball kam dann nach 10 Minuten so richtig ins Spiel. Auffällig dabei war, das Schalke-Neuzugang und Rechtsverteidiger Junmin Hao ein fürs andere Mal von der RB-Offensive überrannt worden ist. So war es kein Zufall, dass Steven Lewerenz, Neuzugang RB's vom HSV II, Junmin Hao wieder überrannte, zum flanken kam und Nico Frommer diese Flanke optimal zum 1:0 verwerten konnte (11.). Matthias Schober und Benedikt Höwedes – der zu weit vom Geschehen weg stand – hatten dabei keine Chance. Der Großteil der anwesenden Gäste fand diesen Treffer alles andere als schön, jubelten nicht, waren aber zugleich über die Stärke RB's überrascht. Felix Magath reagierte auf den total überforderten Junmin Hao mit dem sofortigen Wechsel gegen Lukas Schmitz (12.). Fortan stabilisierte sich die königsblaue Hintermannschaft. Die Brause-Kicker ließen sich davon aber kaum einschüchtern und versuchten nachwievor weiter nach vorn zu spielen. Was für Schalke allerdings auch Raum für eigenen Offensivaktionen ließ. So war es Ivan "Rakete" Rakitic, der nach einer sehr schönen Kombination von Jefferson Farfan und Mario Gavranovic nur knapp verzog. Kurz darauf hätte es bald wieder geklingelt. Ingo Hertzsch – seines Zeichens RB-Verteidiger – grätschte vor'm eigenen Strafraum und lenkte dabei den Ball beinahe in die eigenen Maschen. Zwei Minuten später dann doch das Tor für S04: Neuzugang Erik Jendrisek tankte sich durch die RB-Hintermannschaft, kam zum flanken und der am Elfer-Punkt lauernde Edu konnte im Fallen den Ball noch in die Maschen zum 1:1-Ausgleich drücken (24.). Auf der einen Seite Jubel, auf der anderen Seite Pfiffe und Buh-Rufe aus dem RB-Block. Irgendwie suspekt, diese Mode-Fans! Was glauben die, wer sie sind? Das Spiel blieb auch nach dem Ausgleich auf hohem Niveau, so das es sehenswerte Aktionen nüben wie drüben gab. Auffällig war, das Ingo Hertzsch als RB-Kapitän abermals das Leder ins eigene Netz befördern wollte und nur RB-Keeper Sven Neuhaus schlimmeres verhindern konnte. Kurz vor'm Pausentee konnte aber auch Sven Neuhaus einen weiteren Treffer nicht verhindern! Benedikt Höwedes hat nach einen schönen Solo die Leipziger Hintermannschaft ausgetrickst, stand auf einmal allein vor Sven Neuhaus und suchte sich in aller Ruhe die Ecke des Tores zum 1:2 aus (42.). Bis zum pünktlichen Pausenpfiff gab es nun keine weiteren Aufreger mehr. Halbzeit.
Das Halbzeitprogramm war dann wieder RedBull-typisch: Ein paar Ballakteure steuerten ihren Teil für ein Familienprogramm bei. Mit artistischen Einlagen und Verrenkungen inbegriffen musste man ihnen zwar Respekt zollen, aber halbnackte Cheerleader oder der Gleichen wären dem gemeinen Fußballfan lieber gewesen.
Zur zweiten Halbzeit wechselte Felix Magath dann drei Mal. Nicht mehr das Feld betraten Matthias Schober, Peer Kluge und Benedikt Höwedes. Dafür kamen Neuzugang Lars Unnerstall – einstig A-Junior Preußen Münsters und nun Ersatzkeeper der 1. Mannschaft von S04 – Tore Reginiussen und Joel Matip. Rasenballsport kam unverändert wieder aus der Kabine.
Dabei kamen die Leipziger besser in die zweite Halbzeit und die Königsblauen mussten den ersten Schreck verdauen. Carsten Kammlott setzte sich mit einem Solo sehenswert durch und S04-Ersatzkeeper Lars Unnerstall kam etwas übermotiviert aus dem Strafraum heraus und holte Carsten Kammlott regelwidrig von den Beinen. Eigentlich klare rote Karte, aber Schiri Jan Seidel blieb bewusst, dass es sich um ein Testspiel (ich vermeide extra das Wort Freundschaftsspiel) handelte und zeigte lediglich gelb. Den Freistoß setzte Timo Rost nur knapp neben den linken Pfosten (49.). Das Spiel neutralisierte sich nun mehr oder weniger, ohne aber dabei unattraktiv zu werden. Besonders gefallen hat mir dabei Christoph Metzelder – als BVB-H**e verschrien aber meiner Meinung nach nach Heiko Westermann bindenwürdig – der immer wieder auf's neue gut die Bälle nach vorn verteilen konnte, aber auch auf RB-Seite Carsten Kammlott, der immer wieder gefährlich vorm oder im Schalker Strafraum auftauchte. Nun dauerte es bis ungefähr zur 65. Minute, ehe es wieder zu einer verheißungsvollen Torchance kam und die gehörte den Knappen: Edu wurde von Jefferson Farfan gut bedient nahm Maß, dabei aber wohl zu ungenau und verfehlte nur äußerst knapp. RB indes lauerte auf Kontermöglichkeiten, die sich folgerichtig aus den Offensivbemühungen der Gelsenkirchener auch ergaben, jedoch fehlte RB im Abschluss noch die Genauigkeit. Aber Chancen waren auch hier zweifelsohne vorhanden. Zum Ende der zweiten Halbzeit ergab sich wieder eine gute Chance für die Schalker: Der sehr gut aufgelegte Ex-Frankfurter Jermain Jones passte hervorangend auf Edu, jedoch bekam der verdammt schnelle RB-Neuzugang Richard van den Bosch noch seine Fußspitze zwischen Edu und das Leder. So blieb es am Ende beim knappen aber verdienten 2:1-Sieg für Schalke, was aber auch die gute Spielweise Rasenballs widerspiegelt!
Nach Abpfiff begab man sich wieder Richtung Straßenbahnhaltestelle, wobei hier besonders der wenig bis gar nicht abfließende Verkehr und kaum Einsatzwagen der LVB negativ ins Auge fielen. Auch hier besteht dringender Aufholbedarf, sollte es in naher Zukunft wieder hochklassigen Fußball in Leipzig geben! Auch die RB-Fans, mit denen man sich leider eine Straßenbahn teilen musste, fielen negativ auf. So versuchten sie sich an guten alten deutschen Fußballfanliedgut, bekamen aber nicht eins davon richtig auf die Reihe und bepöpelten friedfertige Schalke-Fans. Tolle neue Fankultur, von einem Verein, der aus dem Nichts kam, den es erst seit kurzen gibt und es mal ganz nach oben schaffen will. Aber nicht mit gekauften Möchtegern-Fans wie solchen!
Fazit: RB hielt über weite Strecken gut mit Schalke mit. Kommt auch nicht von ungefähr, schließlich sind die meisten RB-Spieler bestens ausgebildet und haben schon höherklassig gespielt und gilt für mich unumstritten – leider – als einziger wirklicher Aufstiegsfavorit. Auf Seiten der königsblauen Knappen stach besonders Christoph Metzelder positiv ins Auge. Ich denke, er wird nicht lange brauchen um auch beim letzten Schalke-Fan die Erleuchtung zu bringen, dass er dem Verein gewiss wirklich weiterhelfen wird. Auch positiv hervorzuheben ist Ivan Rakitic und Edu, die sehr oft verheißungsvolle Chancen auf dem Fuß hatten und RB-Keeper Sven Neuhaus in so manche Schwulität brachte!
Statistik:
RB Leipzig: Neuhaus - Ismaili (71. Albert), Hertzsch (71. Kläsener), Sebastian (71. Buszkowiak), Müller (71. Franke) - Lewerenz (59. Watzka), Rost (71. Bick), Geißler (71. Laas), Frahn (82. van den Bosch) - Kammlott (71. Kutschke), Frommer (59. Baier)
FC Schalke 04: Schober (46. Unnerstall) - Moritz, Höwedes (46. Matip), Metzelder, Hao (12. Schmitz) - Kluge (46. Reginiussen), Rakitic (73. Jones) - Farfan, Jendrisek (83. Pourie) - Gavranovic (68. Müller), Edu
Tore: 1:0 Frommer (11.), 1:1 Edu (24.), 1:2 Rakitic (42.)
Zuschauer: 21.566
Schiedsrichter: Jan Seidel (Hennigsdorf)