FC Zürich - Grasshopper-Club Zürich 4:2
(Axpo-Super-League = oberste Schweizer Liga)
Also übernachtete ich im PKW an der Autobahnraststätte. Um Punkt 6:50 weckten mich nach einer unruhigen Nacht leichte Regentropfen.
Einigermaßen fitgemacht ging ich dann um halb Acht in die Raststätte und wegen der Erfahrung mit meiner Darmgewohnheit zur Anstalt des öffentlich rechtlichen Bedürfnisses. Dort setzte gerade ein fröhlich aufgelegter junger farbiger Mann, seines Zeichens Reinigungspersonal, die Männertoilette unter Wasser, was aber meinen Darm nicht weiter störte. Danach erstand ich eine Züricher Sonntagszeitung und machte mich daran gemütlich zu frühstücken. Nach 2 Tassen Kaffee, 2 Semmeln, Wurstbeilage, Butter, Marmelade, Honig und verschiedenen Neuigkeiten aus der Zeitung verließ ich um stolze 18.50 sFr erleichtert die Stätte des Vergnügens. Da wird einem wieder bewusst, dass die Schweiz eben nicht zu den billigsten Ländern gehört. Da ja der Rheinfall von Schaffhausen nicht weit entfernt war, besichtigte ich diesen. Schließlich muss ja etwas für die Kultur getan werden.
Da ich ja wie schon erwähnt meine ursprüngliche Planung, bestärkt durch die Winterthurer, Vaduzer und Schaffhauser Fans über den Haufen geworfen hatte um mir nunmehr das Zürcher Lokalderby anzusehen. All jene zerstreuten meine Angst eventuell keine Karten mehr zu ergattern mit dem Argument, in der Schweiz seien in der Regel nicht einmal die Lokalderby ausverkauft und außerdem sei Ferienzeit.
Also fuhr ich gen Zürich. Zwischendurch tankte ich entgegen meiner Absicht an einer Autobahntankstelle. Da sich eine weitere Schweizer Eigenart zeigte, dass an Sonntagen sämtliche anderen Tankstellen geschlossen sind und nur mit Banknoten an Tankautomaten gezapft werden kann und ich, da ich nur noch einen ganzen 100 Franken-Schein hatte notgedrungen wg. Vermeidung von Wechselgeldverfall eine Autobahntankstelle ansteuern musste.
Die abgezapften 56,3 l in meinen 58,5 l-Tank zeigten mir, dass dies bestimmt nicht zu früh gewesen war.
Zeitig um 11:10 in Zürich angekommen, nichtsahnend wo sich das Letzigrund-Stadion befand, fuhr ich erstmal zum Bahnhof, denn ich musste erneut meine durch Benzin und Frühstück gewaltig geschmälerte Kasse mit Fränkli auffüllen.
Da mir die alte Bauernregel einfiel: Macht sich wo der Hauptbahnhof breit ist die Post auch nicht weit!
Im Hauptpostamt zog ich am Automaten Geld und versorgte mich mit kühlen köstlichen Getränken.
Einen jungen Passanten mit Kameruntrikot fragte ich nach dem Weg ins Letzigrund. Dieser seufzte als er sah dass ich mit dem Auto da war, denn direkt vom Hbf fahren sowohl 1 Trambahn als auch 1 Bus bis ans Stadion. Da ich ein helles Köpfchen bin, fragte ich welche Linien dies seien. Ich setzte mich daraufhin ins Auto und nahm als ich den besagten Bus mit der Nummer 31 sah die Verfolgungsjagd auf. Nach ca. 5 Km war ich tatsächlich vor dem ersehnten Ground.
Da ich zeitlich sehr früh dort war, hieß es einen geeigneten Parkplatz zu finden. Es fand sich trotz Hinweisen zu anderen ausgewiesenen weiter entfernten Parkplätzen direkt vor dem Stadion auf einem öffentlich ausgewiesenen Parkplatz genügend Fläche für mein Vehikel.
Nun das Stadion von außen zu Fuß umrunden, sämtliche Anschlagtafeln des Stadion betreffend studieren, mit Passanten und anwesendem Sicherheitspersonal diskutieren um evtl. Neuigkeiten zu erfahren. Es lief mir auch ein Spielerbeobachter von Lyon über den Weg. Mit Händen und Füßen und meinen verschütteten Englischkenntnissen konnte ich in Erfahrung bringen, dass er wegen eines FCZ Spielers da sei. Trotz mehrmaligem Nachfragen und dem Hinweis, dass ich auch einen weiten Weg in die Bankenstadt hinter mir habe, wollte er aber nicht den Namen des Spielers verraten. Erst auf die Frage, ob es sich um die neue Zürcher u. Schweizer Hoffnung Xavier Margairaz -U 21 Nati und Jungnationalspieler- handele, antwortete er mit einem vielsagenden Achselzucken und einem Schmunzeln.
Um 14:05 Uhr öffneten auf der Gegentribünenseite 2 Ticketschalter insofern, als das Verkaufspersonal durch das Gitter die angestrebten Tickets reichten. Ich erstand die begehrten unnummerierten Sitzplatztickets an den Ecken der Gegentribüne. Diese sind deshalb so begehrt da die übrigen Sitzplatzkarten mit 50 bis 60 sFr für schweizer Verhältnisse sauteuer sind.
Pünktlich um 14:30 Uhr öffneten die Tore auf der Gegengeradenseite. Ich inspizierte als erstes meinen zuküntigen Platz und beschloss einfach wieder meinen Charme spielen zu lassen. Ziemlich in der Mitte am Aufgang zu den teuren Plätzen erspähte ich einen als Zugangskontrolle verkleideten Bunny. Nachdem ich sie mit Komplimenten überhäuft hatte, vereinbarte ich mit ihr, dass ich nach meiner weiteren Inspektion dieser Stadionseite auf ebendiese Plätze durchgewunken werde.
Dergestalt guter Hoffnung wählte ich am Essensstand eine Buräbratwurst(weiß) mit Schübli zu luxuriösen 6,50 sFr und ein kühles Bier 0,4 l mit einer leckeren Blume zu 4,50. Mein Erkundungstrip führte mich zum Fanartikelstand, wo natürlich dem Erwerb einer Anstecknadel nichts im Wege stand. Derart gestärkt und mit einem Matchmagazin zu 2,- Franken versehen stand dann der erhofften Einnahme "meines" Platzes nichts mehr im Wege. An der freundlichen Blockkontrolle vorbei ging ich die steilen Stufen bis zur Reihe 17 hoch und nahm zielgerichtet einen nummerierten Platz ein. Nun konnte ich genüßlich den Block der begehrten billigeren Sitzplätze beobachten, der bereits 3/4 Stunde vor Spielbeginn schon deutlich gefüllt war. So nach und nach füllten sich auch die Reihen um mich herum.
Ca. 15 Minuten vor Spielbeginn begannen die beiden Fanblöcke auf den Stehplatzrängen mit dem Supporten. Wobei die "einheimischen" FCZ-Anhänger weitaus kreativer waren. 7 Minuten bevor der gute Schiedsrichter das Spiel anpfiff, steigerten sich die Fans der Heimelf und hielten ein riesiges Transparent mit der Aufschrift "FCZ fast seaten belt" in die Höhe. Kurz darauf der Höhepunkt als der bisher verdeckte obere Teil(wahrscheinlich Maskottchen/Art Flieger) von einem auf dem Tribünendach(!!!) stehenden Mann bis zum Dach in die Höhe gezogen wurde. Dahinter natürlich Fangesänge. Die Fans des GC wollten stimmlich nicht nachstehen.
Das Spiel selbst war um eine Klasse besser als das der in der gleichen Liga spielenden Teams von Schaffhausen gegen Xamax einen Tag zuvor.
Der FCZ ging bereits in der 9.Minute nach einer schönen Aktion in Führung. Ebenfalls nach einem gelungenen Spielzug erhöhte die Heimelf auf 2:0. Kurz vor dem Pausenpfiff verkürzten die Grasshoppers auf 2:1.
Während der gesamten 1.Halbzeit wogten die Schlachtgesänge hin und her. Wobei die Fans des FC kreativer waren und auch die Zuschauer auf den anderen Tribünenseiten mit einbezogen. Jedes Mal wenn die Seite des Lokalkonkurrenten an der Reihe war, sangen die FCZ-Fans "GC die Schande vom See". Worauf die GC-Anhänger mit "Ihr seid Schlachthofschweine" entgegneten. Angsichts des nebenan liegenden Schlachthofes durchaus verständlich.
In der 2.Halbzeit war der FC drückend überlegen, aber die Gäste mit einzelnen Kontern durchaus nicht ungefährlich. Die 54.Minute war angebrochen und wiederum mit einer Traumkombination baute der FC die Führung auf 3:1 aus. Bei den Toren zum 1:0, 2:1 und 3:1 trat aber wieder einmal die Schwäche des gesamten Schweizer Fußball zutage, dass es keine guten Schweizer Torsteher gibt. Obwohl all diesen Toren schöne Kombinationen vorausgingen, halfen die beiden Schlussmänner kräftig bei den Toren mit. Bereits kurz darauf in der 56.Minute erzielte der überragende und pfeilschnelle Stürmer Keita das vorentscheidende 4:1. Dieser Spieler erzielte damit nicht nur 1 Tor selbst, sondern bereitete auch noch das 2:0 und das 3:1 vor. Ebenfalls überragend Rafael(FCZ), der als zurückgezogene Spitze auch mit Spielmacherqualitäten glänzte. Zwischenzeitlich verkürzten die Grasshoppers mit einem Foulelfmeter zum 4:2.
Die Grasshoppers erwiesen sich in der Folgezeit als schlechte Verlierer. In der 84.Minute erhielt Eduardo nach einer Tätlichkeit und Schiedsrichterbeleidigung Rot. Ebenfalls den roten Karton sah in der 87.Minute nach einem brutalen Foul ein weiterer GC-Spieler.
Derart aufgestachelt waren die GC-Fans natürlich in Rage gebracht. Aber da die Schweizer zur ruhigeren Sorte von Menschen gehören, beruhigten sich die Gemüter bis zum Spielende weitgehend.
Der Stadionsprecher erntete zwischenzeitlich ungläubige Blicke als er die medienwirksame Zahl von 18.400 Zuschauern bekannt gab. Realistisch waren es etwa 13 bis 14.000.
Nach diesem teilweise dramatischen Spiel genehmigte ich mir zur Stärkung für die Heimreise noch eine Cola.
Danach verließ ich den Fußballtempel der besonders auf der Haupttribünenseite durch seine ungewöhnliche Dachkonstruktion länger in Erinnerung bleiben wird. Aber die Tage dieses Stadions, so erzählte mir mein angenehmer Sitznachbar, scheinen gezählt zu sein, da geplant ist das Stadion um- bzw. auszubauen.
Im nahen Auto angelangt, kämpfte ich mich damit durch ein Gewimmel von Fußballfans die das Stadion verließen und damit natürlich die ganze Straße verstopften. Für die Rückreise entschied ich mich für die Variante entlang der Seesüdseite, was sich als Glücksfall erwies, denn die A3 war ziemlich leer. Auf der Autobahn in Höhe von Liechtenstein wollte ich ganz schlau sein und Feldkirchen ausweichen um in Rankweil wieder auf die Autobahn zu gelangen. Aber die Bauarbeiter von Liechtenstein hatten etwas dagegen. Kurz nach Ausfahrt Sennwald im Fürstentum angelangt, bedeutete ein Wegweiser Umleitung. Durch diese Maßnahme lernte ich wenigstens alle Bauernhöfe im nördlichen Teil des Zwergenstaates kennen. Wieder ein Kulturbeitrag. Schlussendlich war ich dann aber doch wieder in Feldkirch. Nun aber flugs Richtung München. Ging auch tadellos bis zum Autobahnende bei Wangen. Dort meinte ein wohl übriggebliebener grüner Fundamentalist mit seinem Passat die letzten von seinen Parteifreunden verratenen Ideale vertreten zu müssen. Nämlich die ganze 11 Km lange eingleisige Bundesstraße, wo auch noch durchgehend Überholverbot ist, mit Tempo 70 bis maximal 80 zu terrorisieren, obwohl Tempo 100 erlaubt war. Die Schlange hinter dem Fundi muss wohl bis in den Pfänder-Tunnel gereicht haben.
Endlich wieder Autobahn bis kurz nach Memmingen. Dort wieder Bundesstraße und Stau. Man kämpft sich weiter bis endlich wieder Autobahn und freie Fahrt ist.
Danach aber staufrei und ohne jegliche Zwischenfälle um 22:20 Uhr zu Hause eingetroffen.