Fisch oder Fleisch, Gemüse oder Obst –
ich esse (wie man augenscheinlich sieht) alles. Tee oder Kaffee, Bier
oder Wasser – ich trinke alles. Regensburg oder Saarbrücken, Heidenheim
oder Sandhausen – ich fahre alles. Dies kann mitunter viel Spaß machen,
mitunter grenzt es aber auch nur an Masochismus, sich an einem
Samstagmorgen - fast noch in der Nacht - in einen engen Kleinbus zu
quetschen, der weniger Beinfreiheit als ein Schuhkarton bietet.
Eingezwängt zwischen dem Fahrer-Capo und dem berlinernden
Stadionsprecher ging es, nachdem auch die Schlafmützen von Nulldrei.TV
und Nulldrei.FM eingesackt wurden, auf die mehr als 600 Kilometer lange
Tour in den Südwesten der Republik. Wie schon bei den letzten
Auswärtsfahrten hatten wir unsere Freunde aus Charlottenburg mit auf der
Autobahn. Erste nette Konversationen ergaben sich an der Raststätte
Limes. Mit einem herzlichen „Ey Schwulette, Du bist doch der
Lindenstraßen-Bob“ wurde unser Trommler vom Dienst liebevoll von den
Hauptstädtern begrüßt. Es folgte ein sympathisches Herumgeschubbse, bis
es endlich wieder um Fußball ging: „Ey, St. Pauli ist doch für Euch das
Größte, wa?. Für wen bist Du, für wen bist Du?“. Da ein neutrales „Mainz
05“ zu diesem Zeitpunkt fehl am Platz gewesen wäre, entschied man sich
für die Wahrheit, die in den Ohren des Erna-Schranks auch nicht besser
klang: „Für Babelsberg“. Wir überließen den BSC-Deppen dann in der
traurigen Gesellschaft seiner „Wannsee-Front“ und fuhren kopfschüttelnd
weiter Richtung Kurpfalz. Ich notierte mir die vorangegangene Situation
verwackelt in meinem Auswärtsschreibblock, während mir der
Vizeherbstmeister nützliche Tipps für solche Situation mit auf den Weg
gab: „Also Oese, ich ruf mich ja manchmal selber im Büro an und spreche
mir Wichtiges auf den Anrufbeantworter. Das ist immer lustig am Montag,
wenn ich mich selber mit ‚Hallo, ich bins mal wieder..‘ höre.“ Schade,
ich besitze kein Büro, keinen Anrufbeantworter und leider auch kein
Navigationsgerät. Dieses hätten wir durchaus gebrauchen können, denn der
Ort Sandhausen scheint in Baden-Württemberg nicht ausschilderungswürdig
zu sein. Nach etlichen Telefonaten und Umwegen erreichten wir dann
letztendlich doch noch die kleine Gemeinde und wurden sogleich von einem
Motorradpolizisten in Empfang genommen. Nach einer kompletten
Stadionrunde ließ er uns im Kiefernwald hinter dem Gästeeingang stehen –
alles erinnerte an den Beelitzer Sander. An das Beelitzer Stadion der
Freundschaft erinnert auch das Hardtwaldstadion, „wie Landespokal mit
Zaun“ war eine treffende Bezeichnung, die ich neben mir aufschnappte.
Schwer vorstellbar, wie dort Zweite Liga mit 500 Gästefans und mehr
realisiert werden sollte. Nach einem kurzen Plausch mit der netten
Gastronomin (Bier: Leichtbier, recht süffig. Bockwurst: neutral im
Geschmack, Brötchen frisch) betrat ich die Traversen und betrachtete die
Aufstellung der beiden Teams. Dietmar Demuth vertraute auf die Elf, die
gegen Jena 0:0 spielte, Gerd Dais hatte sein Team auf zwei Positionen
verändert, Ischdonat (Knöchelverletzung) und Sievers wichen für Kühn und
Pinto.
Beide Mannschaften legten flott und ansehnlich los, der
Tabellenunterschied spiegelte sich zunächst nicht auf dem Rasen wieder.
Nach einer Viertelstunde die erste Gelegenheit für die Gastgeber, den
Kopfball von Löning konnte Unger aber ohne Probleme parieren. Auch der
Fernschuss von Klotz war keine wirkliche Prüfung für unsere Nummer Eins.
So langsam merkten unsere Nulldreier, dass hier was gehen könnte.
Makarenkos Solo konnte knapp geklärt werden (38.), auch Hebisch und ein
Stroh-Engel Kopfball kurz vor der Pause fanden nicht den Weg ins Tor. Es
ist zum Mäuse melken, Haare raufen, *hier eine Phrase Eurer Wahl
eintragen*.
Torlos ging es in die Kabinen, torlos kamen beide Mannschaften wieder
auf das saftige Grün. Wie schon in den letzten Spielen scheint die
fünfzehnminütige Unterbrechung dem Spielfluss unserer Elf nicht gut zu
tun. Nur drei Minuten waren absolviert, als Löning Danneberg schön in
Szene setzte, Unger parierte grandios. Aber die dunklen Wolken am
Babelsberger Drittligahimmel zogen unaufhörlich auf, nur zwei Minuten
später stand es 1:0 für den Favoriten. Ein Pinto-Freistoß aus dem
Halbfeld fand die Stirn von Pischorn, und der Innenverteidiger nickte
ein (50.). Fünfzehn Minuten Hoffnung gönnten uns die Sandhäuser noch,
dann war es vorbei mit der Gastfreundschaft. Ein Konter über Danneberg
und Klotz selbiger vollendete in Minute 65. Die gruselige Torhymne war
noch nicht einmal verstummt, das *Ironiemodus an* frenetische
peitschende *Ironiemodus aus* Publikum hatte sich noch nicht beruhigt,
als der Ball erneut im Gehäuse von Marian Unger zappelte. Wieder war es
ein Konter der Schwarz-Weißen - diesmal über Pinto, der David Ulm
perfekt in Szene setzte…ja und der machte es mit einem butterweichen
Heber perfekt (66.). Der Drops war gelutscht, die Messen gesungen, *hier
eine Phrase Eurer Wahl eintragen*. Von Nulldrei war nun nichts mehr zu
sehen, es sah alles nach einem erneuten Schützenfest für einen
Heimverein (vergl. Heidenheim) aus. Die 76. Minute: Löning flankte auf
Pischorn, der bediente Fießer und es stand 4:0. Bedient war ich auch,
mehr als das…und ich war froh, dass die eingewechselten Blum und Blacha
das Ergebnis nicht noch in die Höhe schraubten.
Mit hängenden Köpfen trotteten die Babelsberger zu den knapp 100
Unterstützern im Gästeblock, welche ebenso ihre Schädel nicht mehr
hochhalten konnten oder wollten. Eine gute erste Halbzeit reicht leider
nicht aus, um in dieser Liga zu bestehen, Babelsberg befindet sich nun
auf einem Abstiegsplatz und muss ernsthaft um die Ligazugehörigkeit
bangen.
Die Rückfahrt verlief ruhig, Herthinos Schmusegruppe verweilte noch in
der Coface Arena Mainz und konnte so leider nicht zum aufmunternden
Gruppenkuscheln beitragen, was Lindenstraßen-Bob, Nulldrei.TV und
Nulldrei.FM, Capo, VHM, ich und alle anderen Nulldreier so bitter nötig
gehabt hätten.
Zum Trost habe ich heute mit meiner Freundin beschlossen, dass wir uns
nicht nur einen Hund, sondern gleich zwei holen. Nur „Null“ und „Drei“
darf ich sie nicht nennen. Vielleicht auch besser so, ich will ja Freude
an ihnen haben. Das will ich auch mit meiner Fußballmannschaft, also
macht mich endlich wieder glücklich. Dienstag gegen Offenbach und
Sonntag in Bremen wären mir da sehr willkommen.
Sandhausen: Kühn - Pinto (71. Blum),
Pischorn, Schulz, Schauerte, Klotz, Fießer, Danneberg, Ulm (79. Blacha),
Kandziora; Löning (78. Dorn)
Babelsberg 03: Unger - Kühne, Hebib,
Morack, Rudolph, Prochnow, Evljuskin (61. Müller), Makarenko,
Stroh-Engel, Groß (61. Hartmann), Hebisch (75. Kauffmann)
Gelbe Karten: Sandhausen keine; Babelsberg: Evljuskin, Kühne
Tore: 1:0 Pischorn (50.), 2:0 Klotz (65.), 3:0 Ulm (66.), 4:0 Fießer (76.)
Schiedsrichter: Thomas Stein (Homburg/Main)
Nulldreier: ca. 100
Besucher: 2.100
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