Tschechien: Liberec, Jihlava und Bohemka

  • zu den Sachen, die während Corona ziemlich eingeschlafen sind, gehören meine Fußballbesuche im Nachbarland. So nebenbei glänzten Teplice u. Liberec während dieser Zeit auch nicht gerade mit tollen Leistungen oder herausragenden Ergebnissen. Liberec spielt aktuell wieder mal in der "Mittelrunde", während Teplice nur die Abstiegsrunde erreicht hat. Glücklicherweise konnte man schon am Ende der Hauptsaison noch ein paar Punkte sammeln und seine Position verbessern.

    Am Sonntag war es nun soweit und mit etwas Verspätung meine Nachlese:


    FK Teplice gg. FK Zlin 2 : 1 (1:0).


    1:0/17. Fila.

    1:1/71.

    2:1/78. Fila.

    3,513 Zu, ca. 40 Gäste


    Es gibt nur einen direkten Absteiger, das kann Teplice nicht mehr passieren. Und der Vorsprung auf die beiden Relegationsplätze beträgt 7 Punkte bei drei ausstehenden Spielen - es sollte also ein 27. Jahr Erstligafußball in Folge geben!


    Die Gäste kamen als Tabellenletzter und sponserten ihren Fans die weite Anreise. Aber nur etwa 40 machten davon Gebrauch.

    Zlin musste auf Sieg spielen und begann forsch. Doch etwa ab der 10. Minute übernahmen die Gastgeber das Kommando und phasenweise sah das sogar nach Fußball aus. Der schwarze Rechtsaußen, Abdallah Quing, wurde zu meinem persönlichen Liebling und bereitete auch das 1:0 vor. Einziger Fehler: trotz einiger Chancen blieb es das einzige Tor.

    Nach dem Wechsel schaltete Teplice in den Verwaltungsmodus um und wurde prompt bestraft. Nun war alles drin, doch fast aus dem Nichts die erneute Führung. Damit war aber noch lange nichts entschieden. Fast im Gegenzug lag der Ball erneut im Teplitzer Netz - doch der SRA hob die Abseitsfahne.

    In der Folge das übliche Spiel bei knapper Führung. Zlin versuchte alles, Teplice versuchte die Zeit runterzuspielen oder zu kontern.

    In der 89. Minute verlor Teplice nacheinander zwei Zweikämpfe auf der rechten Abwehrseite, die Flanke wurde abgefälscht und trudelte mit einer mathematisch kaum zu beschreibenden Flugkurve Richtung langer Pfosten. Mehrere Spieler versuchten, an den Ball zu kommen und der landete schließlich irgendwie im Tor. Jubel bei den Gästen, aber verfrüht. Nach etwa einer Minute kam aus dem Prager Keller das Zeichen: kein Tor! Der Schiri zeigte Hand. Ich kann das weder bestätigen noch dementieren.

    Insgesamt hatte der Schiri die Partie im Griff, auch wenn mir so manche Zweikampfbeurteilung sehr böhmisch vorkam. 4:4 gelbe Karten. Zur Halbzeit hätte ich nicht gedacht, dass am Ende noch 22 Spieler auf dem Platz stehen.

    Nach endlos langer Nachspielzeit kam der Abpfiff und der Jubel. Selbst ein Remis wäre tabellarisch keine Katastrophe gewesen. Aber jetzt sollte nichts mehr schiefgehen!


    Das (hoffentlich bedeutungslose) letzte Spiel am Pfingstsonntag in Jablonec hab ich auf dem Schirm, Entscheidung fällt kurzfristig.

    "Der natürliche Grundzustand des Fußballfans ist bittere Enttäuschung - egal, wie es steht!"
    Nick Hornby

  • Nachdem sich zu Pfingsten (und in der Woche zuvor) in einigen deutschen Stadien unglaubliche Dinge abspielten, habe ich mich am Sonntag auf eine ruhige Tour nach Böhmen begeben. Nach den schwarzgelben Enttäuschungen der Woche bin ich gerade dabei, meine etwas eingeschlafene blaugelbe Beziehung wiederzubeleben. Am letzten Spieltag der Abstiegsrunde trafen die beiden bereits geretteten nordböhmischen Vereine aufeinander:


    FK Jablonec - FK Teplice 0 : 2 (0:1).


    0:1/30. Gning.

    0:2/49. Radosta


    2059 Zuschauer, etwa 60 Leute im Gästeblock und noch ein paar Dutzend Teplitzer auf der Haupttribüne. Dazu einige groundhopper - neben mir zwei junge Kerle aus dem Erzgebirge, die tags zuvor in Liegnitz waren.


    Ich machte mich morgens allein mit der Bahn auf die Reise. In Liberec nutzte ich paar Stunden zum sightseeing, u.a. auf den Spuren des Romans "Winterbergs letzte Reise", falls den hier im Fußballforum jemand kennt - das ist eher was für Geschichts- oder Bahnfreaks.


    Eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn war ich dann im Stadion. Mein zweiter Besuch dort, aber der erste fand vor 22 Jahren auf einer Baustelle statt. Die Ansetzung war dieselbe, es gab damals ein gruseliges 0:0, ohne dass ich mich noch an irgendwelche Einzelheiten erinnern kann. Also im Prinzip Neuland. Das Stadion liegt idyllisch im Grünen, von der Haupttribüne aus hat man den perfekten Blick auf den Jeschken. ich dachte mir schon, wenn das ein Sch... Spiel wird, kann ich wenigstens die Aussicht genießen.

    Aber es wurde kein Sch... Spiel! Beide konnten frei aufspielen und taten das auch. Dabei stellte sich beizeiten heraus, dass der FKT die deutlich bessere Spielanlage hatte. Von Gablonzer Seite kamen meist lange Bälle, die mal beim eigenen und mal beim gegnerischen Spieler landeten. Und wenn der Gastgeber mal zu Chancen kam, dann oft wegen des gestern sehr unsicher wirkenden Teplitzer Torhüters.

    Bei den Gelbblauen hatte ich mich ja schon vor vierzehn Tagen ein bissel in die schwarze Perle mit der 25, Abdallah Gning, verliebt. Was der mit dem Ball macht, hat Hand und Fuß! Oder eigentlich nur Fuß, aber nebenbei mit Köpfchen. Ich glaube nicht, dass ich ihn in der nächsten Saison noch im Teplitzer Trikot spielen sehen werde. In der 30. Minute netzte er zum 0:1 ein und lenkte das bis dahin eher verteilte Spiel in die richtige Richtung. Ich hab die Entstehung nur halb verfolgt, da ich gerade mit dem smartphone und Heidenheim beschäftigt war. Das hat es früher nicht gegeben, als es noch keine smartphones gab...

    Was mir beim 25er besonders gefällt: er läuft mit Ball am Fuß schneller als der Gegenspieler und findet dann immer noch den richtigen Moment fürs Abspiel (das unterscheidet ihn zB von Conteh bei Dynamo Dresden). Dreimal setzte er gestern einen Mitspieler nahezu perfekt in Szene - allein der "Scorerpunkt" blieb ihm versagt, weil seine Kollegen aus aussichtsreichen Positionen nicht ins Tor trafen.

    Das 0:2 war allein das wenige Eintrittsgeld von 100 Kronen wert - so spielt man den (nahezu) perfekten Konter! Allerdings diesmal ohne Mitwirkung von Gning. Dieser lief dann etwas später frei auf den Keeper zu und schlenzte den Ball an ihm vorbei - doch der sprang vom Pfosten zurück und den Nachschuss hämmerte ein Mannschaftskollege an die Latte. Schon zuvor traf Teplice einmal den Pfosten. Später auch noch der Gastgeber, aber zu diesem Zeitpunkt des Spiels wäre ein 1:2 aus deren Sicht schon ein schmeichelhaftes Resultat gewesen. Es hätte am Ende durchaus 1:4 oder 1:5 stehen können, blieb aber beim hochverdienten 0:2.

    Natürlich muss man berücksichtigen, dass hier beiderseits nicht mehr mit vollem Einsatz verteidigt wurde. Es gab keine einzige gelbe Karte im Spiel, wenn ich nichts übersehen habe. Aber die Art, wie Teplitz gestern phasenweise Fußball spielte, hat mir einfach gefallen!

    Wenn ich Tschechisch verstehen würde, hätte ich einige Schimpfwörter von den Gablonzer Rentnern lernen können - aber trotz einiger Unmutsbekundungen wussten auch die, dass es das letzte Spiel war und es um nicht mehr viel ging. Nachdem man sich in den letzten Jahren mehrmals für Europa qualifizieren konnte, spielte man in dieser Saison von Anbeginn gegen den Abstieg - und wird am Ende froh sein, die Relegation vermieden zu haben.

    Teplice zog damit noch an Jablonec vorbei und beendete die Saison als 12. Das Auftreten seit dem Trainerwechsel im März lässt auf Fortschritte in der kommenden Saison hoffen! "Abstiegsrunde" sollte eigentlich weder in Teplitz noch in Gablonz der Anspruch sein...


    Ansonsten?

    Meister Sparta

    Pokalsieger Slavia

    Direktabsteiger Brünn

    Direktaufsteiger Karvina


    Nach dem Spiel dann mit einigen Bekannten zurückgefahren, die teilweise schon in Vratislavice "hoppen" waren und das Spiel im Gästeblock verfolgten. So war ich gegen 23:30 Uhr wieder daheim und konnte den Tag persönlich als "vollen Erfolg" verbuchen. Ich denke mal, ich werde nächste Saison wieder öfter "rüberfahren".

    "Der natürliche Grundzustand des Fußballfans ist bittere Enttäuschung - egal, wie es steht!"
    Nick Hornby

  • mein Pflichtspielauftakt 23/24 führte mich nach Teplice - und erneut gab es drei Punkte:


    FK Teplice gg. Viktoria Plzen 1 : 0 (1:0).


    1:0/28. Trubac 11m.


    8.141 Zuschauer, über 1.000 Gäste.

    Der Eintrittspreis mittlerweile stolze 300 Kronen, wenn man keine Jahreskarte hat bzw. den Vorverkauf nicht nutzen kann.


    Wenn der Zwölfte gegen den Dritten der Vorsaison spielt, ist die Favoritenbürde eigentlich vergeben. Allerdings lag da eine Sommerpause dazwischen - und in Pilsen scheint nicht mehr alles so zu laufen wie in den letzten Jahren, als man gemeinsam mit Slavia und Sparta zu den "Großen Drei" gehörte. Nach dem heutigen Auftritt habe ich auch so meine Zweifel, ob die Bierstädter in dieser Saison ganz vorn mitmischen können. Bei aller Vorsicht, was Prognosen nach dem ersten Spieltag betrifft...


    Eine ansehnliche Kulisse - die es seit Jahren außer gegen die Prager Großklubs nicht mehr gab - rahmte das Spiel ein. Wer fußballerische Delikatessen erwartete, wurde enttäuscht. Aber ehrlicher Fußball, Zweikampfhärte oder Einsatzbereitschaft - das wurde geboten!


    Bei Teplice weiterhin Routinier Grigar im Tor (der heute keine 100%ige Chance entschärfen musste) und Abdallah Gning im Angriff (der nicht so wirkungsvoll nach vorn war, aber viel nach hinten arbeitete). Ansonsten stand ein Team im wahrsten Sinn des Wortes auf dem Platz.


    Die Gäste kamen schnell zu zwei Ecken und hatten anfangs Vorteile, doch das ging schnell vorüber. Mitte der ersten Hälfte wurde Teplitz, aus der Konterstellung heraus, immer mutiger. Wirkliche Torchancen blieben dabei Mangelware, das blieb bis zum Abpfiff so.

    Als ein schneller Gegenangriff schon verpufft schien, leistete sich ein Abwehrspieler der Gäste ein unnötiges Foul an der Strafraumgrenze. Der günstig postierte Schiri zeigte sofort auf den Punkt, ohne dass der Prager Keller protestierte. Trubac setzte den Ball genau in die Tormitte. Kurz danach konnte sich der Gästekeeper einmal auszeichnen, danach wieder optische Vorteile für Pilsen. Einen Rückschlag musste Pilsen verkraften, als Kapitän Hejda verletzt vom Platz humpelte. Gute Besserung!


    Die 15 Minuten nach Wiederanpfiff gehörten den Gastgebern, allerdings fehlte auch ihnen das Durchsetzungsvermögen am und im Strafraum. Die Gäste wechselten nun kräftig durch - und zwischen der 60. und 80. Minute spielte sich das Geschehen weitgehend in der Teplitzer Hälfte ab. Es fehlten aber weiterhin die Ideen. Die Bälle wurden entweder weit geschlagen oder mittels langsamem Passspiel nach vorn befördert - doch dann stand ein paar Meter vor dem Strafraum eine gelbe Wand, bei der es einfach kein Durchkommen gab. Es häuften sich nun allerdings Eckbälle sowie Freistöße in Strafraumnähe. Hierbei zeigten sich die Gäste erstaunlich einfallslos. Man hatte nie den Eindruck, dass der Ausgleich in der Luft liegt. Andererseits gelang es auch Teplice nicht, mal einen Konter auszuspielen. So blieb die Partie spannend bis zum erlösenden Schlusspfiff.


    Teplice gewann vor allem aufgrund hoher Lauf- und Einsatzbereitschaft. Pilsen spielte irgendwie seinen Stiefel runter. Sie waren nicht schlechter, machten aber den einen Fehler zu viel. Mal schauen, wo der Weg der beiden in dieser Saison hinführt...


    Nach einem halben Spieltag liegt Aufsteiger Karvina an der Tabellenspitze - sicher nur eine Momentaufnahme.

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    Nick Hornby

    2 Mal editiert, zuletzt von Steffen ()

  • PS der Eintrittspreis in Teplice beträgt nur gegen Pilsen, Sparta, Slavia und Ostrava 300 Kronen, sonst 200. Im Vorverkauf entsprechend günstiger, aber das ist ja für uns eher schwierig. Ich kenne auch mehrere Deutsche mit Jahreskarte - die lohnt sich schon bei etwa der Hälfte der Spiele.

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    Nick Hornby

  • Nicht nur in Teplice gab es eine ansehnliche Kulisse. Auf der Liga Homepage steht:


    "Die aktuelle Saison der FORTUNA:LIGA hat gerade erst begonnen, hat aber bereits einen deutlichen Eindruck in der historischen Statistik hinterlassen. Insgesamt 60.482 Zuschauer besuchten die erste Runde des Spitzenwettbewerbs. Dies ist die höchste Besucherzahl der letzten sechs Jahre und die zweithöchste seit 2000."


    Dazu trägt auch bei dass Pardubice seine Heimspiel nicht mehr in Prag austrägt (war aber glaube schon in der Rückrunde der letzten Saison so) und natürlich dass Sparta und Slavia jeweils ein Heimspiel hatten.

    Noch eine Anmerkung: auch der Umbau in Hradec Králové ist abgeschlossen. Sie müssen also nicht mehr nach Mladá Boleslav ausweichen.

  • Auch ein gelungener Start für Slovan Liberec.

    3:1 gegen B(r)anik Ostrava

    Das 1:0 ein wunderschöner Kopfballaufsetzer unter die Latte ins eigene Tor. Fein gemacht Banik. :lach:

    de.fcslovanliberec.cz/zapas.asp?id=Fantastischer-Saisonstart-Slovan-fegt-Banik-aus-dem-Stadion-2810

    Zuschauer 3338 eher mäßig.

    Nächste Woche geht´s in die Skoda-Hauptstadt(Mlada Boleslav). Die ebenfalls 3:1 gegen Gablonz gewonnen haben.

  • Gestern ist Sparta Prag nach dem 4:1-Heimsieg über Galatasaray Istanbul ins Achtelfinale der Europa League eingezogen. Dort hat mit dem FC Liverpool das wohl attraktivste Los bekommen.

    Slavia Prag trifft auf den AC Mailand.

    In der Conference League trifft Pilsen auf Servette Genf.