Nachdem der liebe Admin. ja den Derbytread geschlossen hat (IMHO etwas früh, ich denke das Ergebnis der NOFV-Sanktionen wird hier sicherlich noch für Gesprächsstoff sorgen), scheint es ja an dieser Stelle munter weiter zu gehen.
Ich habe die letzten Tage intensiv genutzt und div. Foren, Bilder und Videos studiert und daher davon abgesehen, mich an der teilweise doch sehr emotionsgeladenen Diskussion zu beteiligen, da mir dies unter diesen Umständen völlig sinnlos erschien.
Ich denke, dass man die Situation nun aus der Distanz ein wenig sachlicher betrachten kann.
Gleich vorweg: Die grundsätzliche Schuld, dass es zu Ausschreitungen kam, liegt natürlich an den Fans die diese begannen, da muss ich (leider) unserem geliebten ehemaligen Pressesprecher recht geben, und keinesfalls an der Polizei oder dem Ordnungsdienst. Anders gesagt: Hätten wir alle gemütlich in unsern Blöcken gesessen, unsere Milch getrunken, unser Müsli geknabbert, gemeinsam mit unseren Freunden aus dem Wald eine Laola-Welle nach der andern durch das Stadion gejagt, uns vorher sogar alle mit Handschlag begrüßt, Ja dann wäre es auch ganz ohne Ordnungsdienst und Polizei zu keinerlei Böswilligkeiten gekommen.
Nun muss man aber leider eingestehen, dass es beim Fussball – und im Besonderen bei einem Berlinderby – so nicht ablaufen wird. Die Abneigung gegeneinander ist so stark, dass bei den Meisten jegliche Sachlichkeit und Besonnenheit beiseite gelegt wird. Kleinste Provokationen, Aussagen und Handlungen des Gegners werden zum Anlass genommen die eigene Abneigung zu rechtfertigen und es wird der Versuch unternommen diese zu übertreffen und die eigenen herunterzuspielen.
Da wird dem Gegner Provokation unterstellt, weil ein Feldspieler (sieht man jedes WE im Fernsehen und keine Sau regt sich auf) und eine Jugendmannschaft Mätzchen vor dem Gästeblock macht, obwohl man selbst z.B. durch konsequentes Ignorieren des Namens des Gastvereins beim Hinspiel keinen deut besser ist.
Da werden Bengalische Feuer (2 Stk.) als eindeutiges Zeichen für Gewaltbereitschaft gedeutet, obwohl die eigenen Ultras sowas bei div. Spielen praktiziert haben.
Da werden Verschwörungstheorien ersonnen von verkleideten Gästefans im Heimblock, von auswärtigen Horden die alleine die Ausschreitungen begannen, von Leuten die die Zäune ansägten und im Vorfeld 100te von Steinen vor den Gästeblock kippten und diese nach den Einsatz wieder entfernten, etc….
Da werden die Gegner pauschal in eine Schublade gesteckt, die einen sind ALLE randalierenden Nazis, weil sie halt so aussehen (von Leuten die den Vorwurf erheben, dass man hier wegen seines Aussehens verfolgt wird), und die andern halt ALLE Schisser. Das nur 300 von 5000 (6%) den Gästeblock attackiert haben und das sich Teile der Gäste gut gerade gemacht haben, wird verdrängt.
Da wird davon gesprochen, dass man selber ja keine Gewalttäter hat, sondern nur der Gegner (Spiele gegen Babelsberg, Falkensee und TeBe werden vergessen) ohne daran zu denken, dass man selbst einen Teil seines Rufes den Gewalttätigkeiten vergangener Tage zu verdanken hat.
Da wird behauptet der Heimtorwart hätte die Eskalation angestachelt, obwohl man im Fernsehen und auf Videos eindeutig sieht, dass er vergeblich versuchte, schlimmeres zu verhindern, bis er letztendlich mit gesenktem Kopf und sichtlich betroffen über das Feld trottete. Aber nein, is ja nen Gegner, der muss als schon per Definition böse sein.
Da wird behauptet, dass nur Frauen, Kinder und alte Männer im Gästeblock waren (was ist alt?) und die Fans, die sich mit geprügelt haben, dies nur aus reinem Schutztrieb für sich und die Blockgenossen getan haben, obwohl man es eigentlich besser weiß. Auch Unioner sind wie Verrückte zur Ecke des Blocks gerannt und wollten die Konfrontation (besonders der etwas kräftigere ältere Herr ohne Haare, höchstwahrscheinlich ein Fascho :wink:, der schon im Hinspiel nur Interesse für den BFC-Block zeigte und dies durch seine Gesten auch verdeutlichte).
Das ließe sich nun beliebig fortsetzen…
Fakt ist diese Derby ist nie und wird nie ohne Aggressionen – welcher Art auch immer – gegen den Gegner ablaufen. Das ganze Spektrum von verbalen Beschimpfungen bis hin zu Massenschlägereinen ist denkbar und wird in der Praxis leider nur von einem Faktor bestimmt, nämlich dem Willen und Können von Ordnern und Polizei der Konfrontation entgegen zu treten.
Zu den Leistungen dieser beiden Institutionen wurde bereits viel gesagt und geschrieben und ich glaube, dass wir uns zumindest in diesem Punkt einig sind, dass diese am letzten WE unter aller Sau waren (Die Union-Ordner lasse ich ganz deutlich außen vor ).
Die Polizei hat mutwillig das besondere Verhältnis der beiden Fangruppen zu einander nicht berücksichtigt und dadurch erreicht, dass jegliches hartes Vorgehen der Staatsorgane, sowohl in der Vergangenheit, als auch zukünftig, in der Öffentlichkeit als Angemessen erscheint.
Warum waren die Pufferblöcke – im Vergleich zum Hinspiel – so spärlich mit Polizeikräften besetzt
Wo waren die Polizeikräfte im Innenraum, die uns beim Spiel im JSP noch mit Wasserschläuchen von den Zäunen schießen wollten
Warum haben die Zivis lieber oberhalb des Pufferblocks Bockwürste gefuttert und Zigaretten geraucht, als einzugreifen, als die Fans bereits zugange waren?
Man kann nur spekulieren…
Ich bin der festen Überzeugung dass es in JEDEM Stadion zu diesen Szenen gekommen wäre, wenn die Polizei auch dort die gleiche Taktik benutzt hätte, also sowohl im JSP als auch in der AF beim Hinspiel (Auch dort waren auf beiden Seiten Leute an den zueinandergekehrten Enden der Blöcke, die einzig und allein Interesse daran hatten, den Gegner zusammenzulegen... )
Ich habe die Zeit am Sa. folgendermaßen erlebt (Ich saß auf der Tribüne):
Es lief ein hartes und spannendes Fußballspiel mit (fast) allem was, auch fanseitig, dazu gehört, ab und an verwunderte mich ein Flitzer auf dem Feld, als sich plötzlich etwas anbahnte, was heutzutage eher seltener geworden ist. Vor dem Gästeblock war ein kleiner Tumult (ob dies Union-Ordner waren, die den Flitzer stoppten oder Unionfans im Innenraum oder was anderes, war nicht zu erkennen), BFC- und Union-Fans erklommen die Zäune vor ihren jeweiligen Blöcken, alle schrieen und putschten sich hoch, die ersten BFCer sprangen an der Gegengrade aufs Spielfeld und bewegten sich Richtung Gästeblock, im dem immer mehr Leute ebenfalls auf die Zäune sprangen, weitere BFCer folgten, aus der Distanz konnte ich nicht erkennen was sich wo genau abspielte, ich sah nur, dass es am Block zu Prügeleien kam. Der Unionblock leerte sich bis auf die Beteiligten panikartig. Die Stimmung kochte weiter hoch, alle waren wie in Trance, immer mehr Leute sprangen aufs Feld und rannten Richtung Gästeblock, den Stadionsprecher war schon lange nicht mehr zu verstehen. Auch ich war so aufgeputscht, dass mich zu diesem Zeitpunkt weder interessiert hat, dass da Menschen im Gästeblock waren, noch dass der Verein mit Sanktionen zu rechnen hat. Mir war so gut wie alles egal :irre:. Ich bin letztendlich nicht aufs Feld gesprungen.
Was ich sagen will: Keiner hatte den 100%igen Durchblick was da gerade abläuft, aber jeder war völlig überdreht.
Heute – aus der Distanz betrachtet – muss ich sagen, dass mir Leid tut was da passiert ist. Sowohl für die Menschen, die verletzt wurden, als auch All die anderen die ein spannendes, rein sportliches und allenfalls mit verbalen Aggressionen begleitetes Berlinderby erleben wollten.
Bis dann…
Alex