"16:9 war gestern, heut ist 4:3" oder Babelsberg 03 vs. FC Heidenheim 4:3 (2:1)

  • "4:3" ist ein Film von Dietmar Demuth aus dem Jahre 2010. Der Film wurde für 7 Oscars nominiert , unter anderem in den Kategorien „Bester Soundtrack“, "Beste Spannung", "Beste Schauspieler" und "Bester Schnitt". Anders als im Drama „0:0 in Jena“ oder der Tragödie „Unterhaching – Null Punkte “ setzte Regisseur Demuth bewusst auf eine defensive Ausrichtung der Protagonisten, um im Laufe der 90 – minütigen Dokumentation den Spannungsbogen gekonnt aufzubauen. Mithilfe einfachster Stilmittel schaffte es Demuth, den Älteren unter uns vor allem bekannt durch sein Lustspiel „Weltpokalsiegerbesieger“ aus dem Jahr 2002, den Zuschauer sofort in seinen Bann zu ziehen.


    Sein schnellster Hauptdarsteller, der 21jährige Deutschtürke Süleyman Koc, zeigte bereits nach wenigen Minuten sein Potential; allerdings war auch sein Gegenpart in dieser Szene mit allen schauspielerischen Mitteln gewaschen und täuschte den Dritten im Bunde, Tonassistent und Schiedsrichter Achmüller. Diesem merkte man während des gesamten Verlaufs des Geschehens an, dass es ihm noch an Erfahrung mangelt – vielleicht war die Bühne „Karl Liebknecht-Stadion“ doch noch eine zu Große. Der künstlerischen Kommunikation zwischen den blauen und roten Kontrahenten tat dies jedoch keinen Abbruch, nach sechs Minuten durfte Patrick Mayer, laut Forbes Magazin der Dritten Liga der gefährlichste Charakterdarsteller, zum ersten Mal zeigen, aus welchem Grund er nahezu jede Gage verlangen darf. Durch seinen Co-Star Schnatterer erhält er das Arbeitsgerät auf der linken Seite und lässt Marian Unger, der guten Seele des Nulldrei-Ensembles, in dieser Situation keinerlei Möglichkeit zur Reaktion auf Augenhöhe. Auch in den Folgeminuten wies das Drehbuch einen deutlich höheren Anteil an Spielszenen für die Gastschauspieler, welche normalerweise ihr Brot auf den Brettern der GAGFAH-Arena verdienen, auf. Dass auch dort die Stilmittel Täuschung und starke kommunikative Lautäußerung von Kindesbeinen an erlernt werden, bewies Jungakteur Schittenhelm in Minute 24 – als Konsequenz war für Koc der Drehtag beendet. Er hat nun bis zum übernächsten Auftritt Zeit, Text und Schrittfolge zu präzisieren. Kurz vor der obligatorischen Werbepause nahm der Film aber nochmals an Spannung zu: der nimmermüde Guido Kocer, der schon Bühnenerfahrung Marke „Ostseestadion“ vorzuweisen hat, überraschte das komplette Drehteam, als er völlig unerwartet improvisierte und das runde Requisitenleder mit einem fulminanten Schuss in die Maschen feuerte – auch Sabanov auf Gegenseite hatte mit diesem leidenschaftlichen Ausbruch nicht gerechnet und verwies auf das Manuskript. An dieses schienen sich die Blau-Weißen Darsteller nicht halten wollen, anders ist nicht zu erklären, mit welcher fast schon arroganten Selbstverständlichkeit plötzlich Tom Schütz den Handlungsverlauf auf den Kopf stellte und mit einer Standardsituation zur Führung in diesem Lustspiel einnetzte. Da übt dieser Jungspund ein paar Mal die Texte und Bewegungen mit Thomas Müller, Holger Badstuber und Co. und schon denkt er, er wäre der neue Michael Caine des Rasens. Hoffentlich schafft es Regisseur Demuth, dass diese Eskapaden nicht ausufern – die Beispiele Macaulay Culkin bzw. Zoltan Sebescen sollten Warnung genug sein.


    Filmchef Demuth beließ es in der 15minütigen Drehpause mit einer Verwarnung, sein Gegenüber Schmidt brachte den charismatischen Glockner in den Schauplatz. Beide Parteien schienen sich nun wieder an den ursprünglichen Drehablauf halten zu wollen, allerdings ohne das dem Zuschauer das Ende des zweiten Aktes zu schnell suggeriert werden sollte. Patrick Mayer zeigte in Minute 67, wie man Fehler auf der Bühne sofort zu eigenen Gunsten nutzen kann. Robert Paul, als große Laienspielhoffnung aus Elversberg gekommen, kam kurzzeitig ins Stottern und suchte die Hilfe von Souffleur Unger, dieser hatte sich leider ausgerechnet in jenem Moment verblättert und es stand 2:2. Doch es kam noch unerwarteter für den Zuschauer in einem Streifen, der mittlerweile das Prädikat „Thriller“ verdiente. Der vorhin schon mit Vorschusslorbeeren bedachte Glockner setzte zu einem seiner gefürchteten Alleingänge an, er reagierte weder auf die Zurufe von Produktionsteam noch Rang, sondern ließ sich erst vom besonnenen Marcus Hoffmann zur Räson bringen. Allerdings hatte Schiedsrichter Achmüller etwas dagegen und entschied auf Klappe die Fünfte – es stand 2:3. Den ersten Besuchern dämmerte es, man vernahm verständliche Kritiken alá „war ja klar“, „der Mörder ist immer der Gärtner“ oder „ich habs sofort gewusst“, aber „4:3“ wäre nicht so ein Überraschungserfolg, wenn Regisseur Demuth nicht noch zwei geschickt inszinierte szenische Darstellungsmöglichkeiten in das Spiel seiner Protagonisten brachte. Der bisweilen unterschätzte Joan Oumari, dessen talentierter Bruder momentan in der Talentschmiede Brandenburger SC den Feinschliff in Mimik und Gestik erhält, nahm sich der Dramaturgie an und zeigte nicht erwartete Qualitäten im offensiven Auftritt – es stand 3:3 (75.). Doch damit nicht genug, die ersten Zuschauer beschwerten sich über erhöhten Puls, feuchte Hände und schnellere Atmung, als Regiefuchs Demuth zum letzten Geniestreich ausholte. Er brachte den schmorenden Dominik Stroh-Engel aus der Versenkung der Bank und rückte ihn ins rechte Licht. Spot an, Ball drin. Der ebenfalls frisch aus den Katakomben der Proberäume geholte Nicolas Hebisch hatte ihn kurz vor Ablauf der Filmspule mit seinem Soloauftritt großartig in Szene gesetzt (89.).


    Alles in allem ein Film, der dem Besucher alles für sein Geld bot: Spannung, Dramatik und ein Happy End. Auf eine baldige Fortsetzung mit dem Prädikat „Kassenstürmer“ freut sich ihr Filmkritiker Oese.


    Babelsberg: Unger - Hoffmann (74. Stroh Engel), Surma, Oumari, Evers, Civa, Schütz, Paul (68. Rudolph), Müller, Koc, Kocer (66. Hebisch)


    Heidenheim: Sabanov - Sirigu, Aupperle (59. Essig), Krebs, Feistle, Schittenhelm, Weil, Bagceci (46.Glockner), Schnatterer, Mayer, Spann (79. Jarosch)


    Tore: 0:1 Mayer (5.), 1:1 Kocer (43.) 2:1 Schütz (45. + 2) 2:2 Mayer (65.) 2:3 Schnatterer (72., Foulelfmeter) 3:3 Oumari (75.) 4:3 Stroh-Engel (89.)


    gelb rot: Koc (24.)


    gelb: Civa,Stroh-Engel,A. Müller - Schnatterer


    Gäste: ca. 55


    Schiedsrichter: Marco Achmüller (Bad Füssing)

    Besucher: 1.778

    "Man sollte immer eine kleine Flasche Whisky dabei haben,für den Fall eines Schlangenbisses - und außerdem sollte man immer eine Schlange dabei haben." W.C. Fields
    RP03

  • Auch wenn der Sport-im-Osten-Trailer schon einen Vorgeschmack gibt, scheint ein sensationeller Streifen gelungen zu sein. "Das Buch zum Film" von Oese war auf jeden Fall ganz großes Kino!


    Großartiger Spielbericht!

    R.I.P. Fußball: TeBe Berlin, SSV Reutlingen, Eintr. Bamberg, RW Essen, Bonner SC, Waldhof Mannheim, SpVgg Weiden, SSV Ulm, 1.FC Kleve, LR Ahlen, Sa. Leipzig, Germania Windeck, TuS Koblenz, VfL Kirchheim, Borea Dresden, GW Wolfen, Türkiyemspor, Kickers Emden, 1.FC Gera, Eintr. Nordhorn, RW Kemberg, Germania Schöneiche, VfB Lübeck, OFC Kickers, Wuppertaler SV, FC Oberneuland, MSV Duisburg... [to be continued]