Da ich öfter von deprimierenden HFC-Kicks geschrieben habe, um mir den Frust von der Seele zu schreiben, dreh ich den Spieß mal um - bzw. der HFC hat heute (bzw. gestern) den Spieß umgedreht. Doch von vorne...
Nach der Spielverlegung sollte also an einem Dienstagabend Chemnitz bereist werden. Ich wusste im Vorfeld überhaupt nicht wie man beim spielstärksten Team der Liga einen geschweige denn drei Punkte entführen will. Gegen dürftige Plauener verlor man 0:2 auf heimischen Boden. Doch eines gab Hoffnung, der letzte Auftritt an der Gellertstraße endete nach einem elendigen Mauerspielchen 0:0, das sollte wiederholt werden...
Nach dem üblichen Irrwegen und Fragespielchen im Chemnitzer Eingangsbereich kam man dann doch irgendwann irgendwie ins Stadion. Erste Nachricht: Spiel um 20 Minuten nach hinten verlegt - die HFC-Fans brauchten anscheinend noch etwas Zeit. Die zweite Nachricht: Thomas Neubert, Sturmhoffnung schlechthin, von Beginn an! Nach einem reichlich windigen Sonnabend hatte der Wettergott einen neuen Scherz auf Lager: Schnee.
Chemnitz begann wie gewohnt druckvoll und erarbeitete sich Ecke um Ecke, doch die HFC-Abwehr hielt den Angriffen ein ums andere mal stand. Oftmals war nur noch ein Abwehrbein vom fast sicheren CFC-Torerfolg entfernt, aber dieses eine Bein blieb weiterhin den Rot-Weißen treu. Sonnenberg (Kopfball), Großmann (Schussversuch nach Schlosser-Ecke) und Boltze (zweiter Ball nach Bachmann-Flanke) blieben allerdings die einzigen echten Torversuche für die Himmelblauen in Halbzeit 1. Vor der Pause erwachten die Gäste, erstmals um eigenen Offensivgeist bemüht (zuvor hatte man es bei schlecht organisierten Kontern belassen). Kanitz und Kunze sorgten für Aufregung - aber nicht für Tore.
Zweite Hälfte - zweite HFC-Ecke im Spiel: Gestocher im CFC-Strafraum, keine klaren Einschussmöglichkeiten, keine klare Rettungsaktion, Klömich stürzt sich ins Getümmel - hat den Ball aber nicht sicher. Bergner trifft das Leder, zum x-ten mal, der Ball rollt unaufhaltbar Richtung CFC-Tor, der Verteidiger auf der Linie ist machtlos... der Ball rollt über die Linie ins TOOOOOOOOOOOOOOOOOOR!!!!! 0:1 - klassisches Ding der Marke "hauptsache drin". Bergner wendet sich mit seinem Torjubel direkt an das Chemnitzer Publikum, seine persönliche Revanche. In Halbzeit eins hatte er nach äußerst ungestümen Zweikampfverhalten (wie für den HFC-Kapitän üblich) einen Freistoß gegen sich ausgesprochen bekommen, er appellierte auf Schwalbe - der Schiri ließ erst weiterspielen wurde aber vom Linienrichter und den Zuschauern auf den Regelverstoß hingewiesen. Nun rechnete er mit dieser Szene ab. Ein wenig erbärmlich, dass ein gestandener Mann solchen Kinderkram veranstalten muss...
Chemnitz drehte anschließend auf, Großmann hämmerte links vorbei, Bergner klärte Boltzes Schuss zur Ecke, Sonnenberg traf nicht einmal das leere Tor. Nun kehrte ein wenig Verunsicherung in das Spiel des Gastgebers ein, der Torerfolg blieb aus, die Ideen wurden rarer, Fehlpässe häuften sich. Nach einem Böller aus dem Chemnitzer Südkurve nahm die MorgenPost das sofort für eine der wohl abgedroschensten Metaphern schlechthin auf (Böller weckte die Gastgeber nicht auf etc.). Der starke Marcel Schlosser wollte es nun wissen, nachdem er von seinen Gegenspielern in den Zweikämpfen bisher nicht geschont wurde und forderte Darko Horvat zum Privatduell heraus. Die erste Runde ging an den Kroaten, der 15Meter-Schuss parierte er zur Ecke. Doch der junge Chemnitzer steigerte sich im zweiten Anlauf, donnerte das Leder aus über 20 Metern auf das rechte untere Toreck, das einheimische Publikum schwankte zwischen Extase aufgrund des Geschosses oder den anschließenden Torjubel, doch Horvat tauchte ab in die Ecke, machte sich lang und parierte mit einer Wahnsinnstat erneut - lähmendes Entsetzen bei den Himmelblauen - vielfaches Steine-Plumpsen bei den Gästen. In den Schlussminuten gedachte auch Herr Vogel zu wechseln, brachte zwei frische Leute. Doch die letzte Chance sollte Steffen Kellig kriegen - aber er schoss nach einem Boltze-Freistoß rechts vorbei und vergab die letzte Möglichkeit auf Wiedergutmachung für 90 katastrophale Minuten.
Das Wunder von Chemnitz war verbracht, ein Dreier beim potenziellen Spitzenreiter. Nichts erwartet und doch gewonnen - so muss sich ein FCC-Fan im DFB-Pokal fühlen...
Tino Vogel brachte statt der Null und der Eins immer wieder die Acht und die Zwei ins Gespräch. So stand es nämlich nach seiner Abrechnung auf dem "Chancenzettel". Auch wenn die Angabe leicht übertrieben ist, sind seine Schlussfolgerungen eigentlich verständlich. Schließlich fehlte im Chemnitzer Sturm lediglich der Tick, das Quentchen, das Bisschen zum Torerfolg. Und hätten Baumann und Adamu einen gefestigteren Eindruck gemacht - besonders der Nigerianer ließ sich mehrfach austanzen und überlaufen - wäre zumindest ein 0:0 herausgesprungen. Sven Köhler gab sich recht zurückhaltend, war aber mit Thomas Neubert sehr zufrieden. Schließlich hatte "Neubi" Bälle im Mittelfeld und Sturm gesichert, vielfach am eigenen 16er per Kopf geklärt und nahezu einen kompletten Marathonlauf in 90 Minuten absolviert. Mit Kunze und Kanitz hatte er zwei fleißige Helfer an der Seite, ein Trio das im Sturm einschlagen könnte.
Ein ganz anderes Trio präsentierte sich im Mittelfeld, ein Steve Finke der ausgerechnet vor dem Chemnitz-Spiel Selbstvertrauen gefrühstückt hatte und mit mehreren Alleingängen, sowie Rettungstaten eine große Aktie am "Dreier" hatte. Görke stellte neben dem Jungspund eindrucksvoll unter Beweis, warum er zuletzt fürs Bankwärmen vorgesehen war. Behäbig und uneffektiv. Shubitidze war eine Leistungssteigerung zum "0%-Plauen-Spiel" nicht abzusprechen, seine Angst vor Ball&Gegner tat dem Spiel des Georgiers aber nicht gut. Während der mutige und gleichgroße Nico Kanitz gerade zu heldenhaft in jedes Kopfballduell mit größeren Gegenspielern sprang (und desöfteren gewann) zog es "Shubi" vor das ganze stets aus sicherer Entfernung zu betrachten.
Die Abwehr, vielleicht bis auf den starken Jens Werner, hatte gelegentliche Patzer, die aber in der Summe nicht zu einem Gegentor reichten. Und am Ende der Kette steht und stand ein überragender Darko Horvat. Wenn man bedenkt das es Keeper mit knapp 40 noch in die Nationalmannschaft schaffen, haben wir mit Darko hoffentlich noch fünf Jahre viel Freude, mindestens...
Kommenden Sonntag, tja ist gar nicht mehr allzu lang hin, kommt der Aufsteiger VfB Sangerhausen an die Saale. Dann wäre eine überzeugende Leistung vielleicht sogar mit mehreren Torerfolgen wünschenswert...
...für die Fans, für Chemie und vielleicht sogar für den Aufstieg.
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