Quelle:
http://www.maerkischeallgemein…s/beitrag/10678680/61009/
In Sachen Krawall beim Lokalderby BSC Süd 05 gegen Stahl Brandenburg am 4. Juni letzten Jahres gab es gestern Urteile gegen drei jugendliche Gewalttäter. Sie hatten die Polizisten angegriffen oder Widerstand bei der Festnahme geleistet. Die Brandenburger Michael M. (19) und Rene J. (18) kamen mit Verwarnung und gemeinnützigen Arbeitsstunden davon, J. muss darüber hinaus noch 100 Euro in vier Raten abstottern.
Sven T. (20) bekam eine unbestimmte Jugendstrafe. Das bedeutet: Verstößt er gegen die Auflagen in seiner zweijährigen Bewährungszeit, wird eine konkrete Jugendstrafe festgelegt, die nicht unbedingt zur Bewährung ausgesetzt werden muss. Dieses Prinzip heißt "Vorbewährung".
Mit dem Verfahren im Amtsgericht Brandenburg ist die juristische Aufbereitung der Randale im Süd-Stadion keineswegs abgeschlossen. Richterin Caroline du Vinage kündigte weitere Verfahren an, in denen es um deutlich schwerer wiegende Gewalttaten geht. Die Umstände der gestern verurteilten Taten vermitteln ein lebendiges Bild der Ausschreitungen im Block der Stahl-Fans am 4. Juni. Bereits vor dem Anpfiff hatten 50 bis 70 die Kassenhäuschen durchbrochen. Polizeibeamte waren schon während der ersten Halbzeit in den BSC-Süd- und in den Stahl-Block eingerückt, als die Gewalt kurz vor Spiel-ende im Gästeblock eskalierte (Stadtkurier berichtete). Alkoholisierte und gewaltbereite Stahl-Anhänger zerlegten Absperrung und Werbebanden. Mit Verstärkung rückten die Beamten vor und setzen dabei auch Pfefferspray ein.
Hier kam auch Sven T. ins Spiel. Er schnappte sich den Plasteeinsatz eines Mülleimers und schlug ihn vor den Kopf eines 24-jährigen Polizeikommissars mit einer Wucht, dass der Kopf des Beamten zur Seite gerissen und der Helm vom Kopf geschleudert wurde. Hier sah das Gericht den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllt. "Weil ich auf einmal so eine Wut hatte", gab Sven T. als Grund zu Protokoll. Am Alkohol allein kann's nicht gelegen haben. 0,5 Promille fand der Polizeiarzt im Blut des Täters. Nur wenig später wurde T. wieder straffällig: Nach der Partie Babelsberg gegen den BSC Dynamo trat er im September letzten Jahres auf dem Potsdamer Hauptbahnhof nach einer Provokation einem Babelsberg-Fan vors Kinn. Berlin hatte verloren, T. war Anhänger des unterlegenen BSC Dynamo. In allen Fällen war der Angeklagte geständig.
"Seit fünf Monaten war ich nicht mehr in einem Fußballstadion", sagte T. Das nahmen ihm Staatsanwaltschaft, Gericht und Jugendgerichtshilfe ab, die ihm trotz seiner einschlägigen Vorstrafen eine günstige Sozialprognose ausstellte. Denn T. ist werdender Vater, hat der Gewalt abgeschworen, besucht die Abendschule und will einen Beruf auf dem Bau erlernen. Vor diesem Hintergrund ließ das Gericht relative Milde walten.
Alkohol hingegen bestimmte das Verhalten von Michael M., bei dem knapp 1,7 Promille im Blut festgestellt wurden. Auf dem Weg aus dem Stadion habe er zwei Polizisten am Tor wegen des Reizgaseinsatzes "zur Rede stellen" wollen, gab M. zu Protokoll. "Ich denke mal, auf meinen Suff habe ich die Wortwahl nicht so getroffen." "Reichlich verlallt" sei die Ansprache gewesen, sagte eine Polizeizeugin aus. Als M. schubste und zu treten versuchte, fackelten die Beamten nicht und nahmen ihn und seinen Kumpel Marco S. (23), gegen den ein gesondertes Verfahren läuft, fest. Bei der Festnahme und bei der Blutprobe wehrte M. sich mit Händen und Füßen. Wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte muss der 19-Jährige, der in einem stabilen Umfeld lebt, jetzt 30 Stunden gemeinnützig arbeiten. Den Aussagen der Zeugen aus M.s Freundes- und Bekanntenkreis schenkte das Gericht wenig Aufmerksamkeit. Freundin und Kumpels wollten weniger gesehen haben, als M. vor Gericht selbst eingeräumt hatte.
Rene J. wurde verurteilt, weil er gezielt einen Feuerwerkskörper auf eine Gruppe von Polizisten geworfen hatte. Das Gericht befand auf versuchte gefährliche Körperverletzung, weil dabei niemand verletzt wurde.