Stadion Lichtenberg

  • Ich war heute wieder mal unterwegs auf Stadionsuche. Ziel meiner Fahrt war das Stadion Lichtenberg (nicht zu verwechseln mit dem BVB-Stadion das oftmals auch Stadion Lichtenberg genannt wird). Dort fand am 20. Mai 1945 das erste Nachkriegs-Fußballspiel vor 10.000 Zuschauern statt. In einigen Quellen wird das Stadion auch Stadion an der Herzbergstraße genannt. Von der Anlage ist aber nicht mehr viel übrig und man hat das Gefühl man steht im Wald. Auf dem ehemaligen Spielfeld stehen zehn Meter hoher Bäume und die Hänge sind mittlerweile zerfallen. Mitten in diesem Wald steht ein fünf Meter hoher und etwa 80 Meter langer Ballfangzaun. Das ganze Gelände ist mit den damals üblichen Zäunen und Absperrgittern abgegrenzt. Zur Lage. Hinter der Haupttribüne des BVB-Stadions verläuft eine Bahnlinie die die umliegenden Industrieanlagen miteinander verbunden hat. Genau dahinter steht der alte Ballfangzaun und das ehemalige Stadion. Östlich vom Stadion liegt das Gelände des Elisabeth Herzberg Krankenhauses. Auf einigen älteren Karten ist Stadion sogar noch eingezeichnet, obwohl dort seit mindestens 30 Jahren nicht mehr gespielt wurde. Solltet Ihr Information und Fotos zum Stadion Lichtenberg haben, schickt diese bitte an srt@nofb.de.

  • Bis 1989 ist das "Lichtenberger Stadion" auf einem Stadtplan eingezeichnet, 2002 nicht mehr.
    Vielleicht ist das ja die Antwort auf die Frage, warum dort nicht mehr gespielt wird:


    Berliner Zeitung


    Datum:
    08.04.2000
    Ressort:
    Lokales
    Autor:
    Claudia Fuchs


    LICHTENBERG


    Noch mehr Munition im Stadion gefunden


    Das BVB-Stadion an der Siegfriedstraße bleibt weiterhin gesperrt. Nach Auskunft von Baustadtrat Andreas Geisel (SPD) liegt auf dem 40 000 Quadratmeter großen Gelände mehr Munition als erwartet. "Nicht nur die beiden Sportplätze sind betroffen, sondern auch die Flächen daneben", sagt Geisel. Eigentlich sollte der Spielbetrieb im Stadion im Mai wieder aufgenommen werden. Ob dieser Termin gehalten werden kann, ist laut Geisel ungewiss. Ist das Gelände komplett beräumt, soll einer der Sportplätze einen Rasenbelag erhalten. Der bisherige Tennenplatz soll mit Kunstrasen belegt werden. Noch ist aber unklar, ob der Senat das Geld dafür zur Verfügung stellt. (cls.)

  • Das man solche lebenswichtigen Dinge immer erst hinterher erfährt. Danke für den Hinweis, dann werd ich wohl beim nächsten Besuch nicht mit der Spitzhacke nach den Fundamenten suchen.


    Ich würd so gern wissen wie das Stadion früher mal ausgesehen hat, in einem Buch habe ich folgende Zeilen gefunden: "Das Zoschke-Stadion sollte im übrigen nicht verwechselt werden mit dem Stadion Lichtenberg an der Herzbergstraße, einem bemerkenswerten Bauwerk der Weimarer Republik."

  • Also immer wieder Pyro bei Lichtenberg ;)

    Which side are you on?
    Will you be a lousy scab or will you be a man?
    Don't scab for the bosses don't listen to their lies
    us poor folks haven't got a chance unless we organize.

  • Das Stadion Lichtenberg sieht nur für Menschen so aus! Das ist nehmlich in Wirklichkeit das Trollwaldstadion. Was die angebliche Munition betrifft, so brauch doch jeder seinen kleinen privaten Truppenübungsplatz, schließlich weiß man ja nicht was sonst noch für Erfahrungswerte im Leben auf einem zukommen? Also schön Milch trinken, zu wachsen versuchen und dann nix wie Kamera schnappen und das einzige reine Naturstadion (Trollstadion) Berlins knipsen! Aber bitte quer Beet! Sehr frech Grins....ggg!

    Von der Etsch bis an die Spree, keiner schlägt den KSC! In diesem Sinn! Grüße an alle Fußballfans!

  • Da ich in Lichtenberg wohne, musste ich heute mal schnell nachsehen, wie denn dieses verwunschene Stadion live aussieht. Irgend einen Vorteil muss es ja haben, in Lichtenberg zu wohnen und wenn es nur eine wild-romantische Sportanlage ist.


    Zum BVB-Stadion gehört noch ein 1987(?) stillgelegtes Schwimmbad.
    Der Platzwart erzählte mir einiges, zum Beispiel, dass das Bad zur Olympiade 1936 als Trainingsgelände für Schwimmer errichtet wurde,eine Aufwärmhalle inklusive.
    Weiterhin soll es eine Kegelbahn in der Sitzplatztribüne gegeben haben; leider ist die Tribüne etwas verrottet, das heisst durchgefault. Die gesamte Anlage soll unter Denkmalschutz stehen.
    Den alten Haupteingang zierten beidseitig Sportlerstatuen, heute wird er von einer gelbgrünen Tuja-Hecke verunstaltet und ist geschlossen.
    Zwischen Haupteingang und Stadion, auf einer Art Plateu stand ein Sportlerhotel, welches im Krieg zerstört wurde. In dieser Zeit standen auf den Sportplätzen Flak, daher auch die Munitionsfunde.


    Zum anderen Stadion befragt, meinte er, dass das in der DDR ein FDJ-Sommerlager war, kein Sportplatz mehr. Ob das jemals ein richtiges Stadion war, kann man nicht erkennen. Es gibt zwar so etwas wie unbefestigte Tribünen, oder sagen wir mal einen 4 Meter hohen Schuttwall fast um das gesamte Gelände. Allerdings ohne Stufen, ausser an einer Stelle, die aber meiner Meinung nach ausserhalb des Stadions liegt. Hört sich seltsam an und ist es auch. Der gesamte Innenraum wird von betonierten und asphaltierten Wegen durchzogen, und der Rest ist Wald, echt. In diesem standen dann die Zelte der FDJ.
    Ausserhalb und innerhalb des Walls stehen noch diverse kleinere Gebäude/Baracken von der eine älter als 60 Jahre sein könnte.
    In der Nordkurve fehlt der Wall, ist eventuell wegen der Bahnanlage in den 70ern weggebaggert worden. Stattdessen gibt es einen mindestens 6 Meter hohen verrosteten Zaun, was ja irgendwie auf Ballsport hinweist, speziell auf schlechten Fussball.
    Insgesamt ist das Gelände jenseits des BVB-Stadions eine Mischung aus Biotop und Müllhalde, nagelfeste Schuhe und reissfeste Kleidung (wegen der dornenreichen Vegetation) kann ich nur empfehlen.
    Alles sehr interessant und voller Rätsel.


    Den besten Zugang hat man von der Herzbergstrasse aus, kurz vor dem Krankenhausgelände, dort war wohl der offizielle Eingang.


    Beide Anlagen sind sehr sehenswert, wenn auch sehr verschieden.


    Einige Fotos:
    http://www.arcor.de/palb/pub/v…lbum_ID=58456&first_pic=0


    Wenn man bei den einzelnen Bildadressen die 400_ plus den Unterstrich löscht, kann man das Bild in voller Grösse sehen.

  • Der Betonweg führt genau vor den Wall entlang und könnte die Laufbahn gewesen sein. Auf dem KWO-Sportplatz wurde die Laufbahn auch mit solchen Betonplatten ausgelegt. Der Wall selbst ist mit den Jahren an einigen Stellen immer weiter abgerutscht, so wird es irgendwann im Poststadion auch aussehen wenn nicht endlich etwas getan wird. Man bräuchte alte Fotos um die ganzen Dinge zuzuordnen. Am besten wären historische Satelitenaufnahmen von 1945. :D

  • Genau, die Laufbahn ist komplett betoniert, von dort gibt es auch Wege quer über den Platz.
    Dass der Wall abgerutscht sein könnte, glaube ich eher nicht, das scheint mir doch eher eine Art Sichtschutz zu sein, keine Zuschauertribüne. Was mich stutzig macht, sind die Wälle ausserhalb des Stadiorings, wozu soll denn das gut sein?
    Ein Fall für "Jugend forscht für Olympia".

  • Also, da mich das alte Lichtenbergerstadion immer noch fasziniert und ich ökologisch angehauchte "Naturstadions" liebe habe ich versucht etwas darüber zu finden. Von einem alten Lichtenberger Bekannten (immerhin schon über 90 der liebe Herr aber leider kein Fußballfan) habe ich erfahren, das die Erdwälle um das Stadion damals extra für die Flakgeschütze aufgehäuft wurden, weil sich etwas weiter östlich vom "Stadion" die Neilswerke befanden. Ein damals überaus wichtiger Betrieb für die Waffen und Kriegsproduktion. Dieser Betrieb ist heute mehr oder weniger noch als Hersteller für Werkzeugmaschinen bekannt. Ein tolles Lob muß ich auch dem Stadionfan im vorherigen Eintrag für seine Fotos machen. Auch wenn man darauf vom alten Stadion nicht viel erkennen kann, aber für Botaniker überaus ansehenswert. Ein extra Stern :lol: für seinen Mut. Ich habe nehmlich bei meinem ersten Besuch und der Ansicht des kleinen Tiefgestade samt Urwald vorsichtshalber den Rückzug angetreten, was nicht heißt das ich demnächst samt Kamera einen neuen "Angriff" wagen werde, denn Übung macht den Meister.

    Von der Etsch bis an die Spree, keiner schlägt den KSC! In diesem Sinn! Grüße an alle Fußballfans!

  • Hallo,


    ich hab ich im BVB-Stadion da zu DDR-Zeiten (so Mitte der 80er) an einer Spartakiade teilgenommen (also im Prinzip ein Sportfest der Schulen gegeneinander, wo man sich immer weiter qualifizieren konnte bis zur DDR-Spartakiade). Jedenfalls haben wir davor auch ein paar mal da trainiert. Das mit dem Wasserbassin ist richtig. Da durften wir aus irgendeinem Grund aber nicht rein (jaja, Wasser war schon drin ;-), es lag ziemlich direkt am Stadion.


    Jedenfalls lag dahinter ein Gelände, auf dem das Lichtenberger Stadion gestanden haben muß. Jedenfalls haben mir das ältere Lehrer erzählt. Irgendwie durften wir da auch nicht rauf (was wir so alles NICHT durften), und von hinter der Tribüne konnte man nicht viel sehen.


    Viele Grüße
    Horst aus Lichtenberg

  • Zitat

    Original von Horst
    Irgendwie durften wir da auch nicht rauf (was wir so alles NICHT durften)


    Und Du hättest nicht kurz über den Zaun springen können um ein paar Fotos zu machen? :D Hätte zwar damals etwas Ärger gegeben (vom Pionierrat), aber wir wüssten heute was damals da stand. :cry:

  • Ach ja, heute ärgere ich mich auch :-) Aber neben dem, was wir alles nicht durften, kommt ja noch dazu, daß wir damals ja nichts hatten. Also auch keinen Fotoapparat. Jedenfalls nicht permanent dabei ;-)


    Falls Interesse besteht, kann ich ja die Tage noch ein paar Fotos machen vom nicht mehr vorhandenen Stadion, den Rest muß man sich dann dazudenken ...


    Viele Grüße
    Horst aus Lichtenberg

  • Ich war heute im Heimatmuseum Lichtenberg und dort hat mir ein freundlicher Mitarbeiter einen längeren Artikel aus dem Lichtenberger Tageblatt von 1924 kopiert, worin das Stadion sehr ausführlich beschrieben wird.
    Mit dem Bau begonnen wrde schon 1914, der Krieg verzögerte aber den Weiterbau, so dass die Arbeit erst 1919 fortgesetzt und 1920(?) beendet wurde.
    Es war eine Anlage für viele Sportarten, wie zum Beispiel Tennis (7-11 Plätze), Fussball (2 Plätze), Faustball, Kricket, Tamburin(?), Turnen, Leicht- und Schwerathletik, Schleuderball, Hockey und was man noch so machen kann, ausserdem gab es eine 10x180m grosse Hindernisbahn.
    Der Hauptplatz hatte eine zweistöckige überdachte Tribüne für mindestens 700 Zuschauer, in der sich unten die Umkleidekabinen befanden, auf der Gegengeraden befand sich eine 100m lange zweistufige Stehtribüne. Zur gesamten Zuschauerkapazität wurde nichts geschrieben aber etwas zu Maulwürfen:"Anfangs sich zeigende Maulwürfe wurden mittels Karbidschüttungen allmählich verjagt."
    Der Artikel beginnt übrigens mit dem Satz:"Der Knabe ohne Spielplatz ist der Vater des Mannes ohne Arbeit" und endet mit:"Die Zukunft wird schliesslich dem Volke gehören, das sich körperlich am widerstandfähigsten hält."
    Liest sich ganz lustig und ist auch sonst sehr interessant, da man einige Einblicke in die damalige Zeit erhält.
    Hier ist die Kopie des Artikels:
    http://www.arcor.de/palb/alben…8299/3062656563323335.jpg
    http://www.arcor.de/palb/alben…8299/3733316264643933.jpg (mit Bild)
    http://www.arcor.de/palb/alben…8299/3132306336363739.jpg


    Ausserdem habe ich gelesen, dass in den zwanziger Jahre dort Fussballspiele von Arbeitermannschften vor 20000 Zuschauern stattfanden, sowie ein Treffen von 20000 Mitgliedern des Rotfrontkämpferbundes vor 30000 Zuschauern.
    Deshalb ist es für mich um so rätselhafter, dass die Anlage zu DDR-Zeiten nicht weiter als Stadion genutz wurde, war vielleicht durch den Krieg zu zerstört.


    Zum benachbarten BVB-Stadion habe ich erfahren, dass die Tribüne unter Denkmalschutz steht, der Rest nicht. In der Denkmalliste wird zur Bauzeit seltsamerweise nur geschrieben:"nach 1920", was recht ungewöhnlich ist, da bei anderen Bauten immer die genaue Jahreszahl steht.

  • Hallo!


    ALLESFAHRER:
    DER LINK ZUM HEIMATMUSEEUM:
    http://www.berliner-regionalmu…lichtenbg.asp?museumsnr=6


    @krassunioner
    Super Artikel!


    NOFB
    Mein politisches Bewußtsein ist leider erst später gereift ;-)


    @all
    NEWS:


    Zum BVB-Stadion:
    Habe heute da jemand getroffen vom Bezirksamt. Der meinte, das BVB-Stadion sei wegen der Olympiade 1936 gebaut worden, und damit auch die Tribüne auf Bild 2. Das Schwimmbecken in Bild 1 solle dem am Olympoastadion gleichen, weil es als Trainingsbecken diente. Das höhere Gebäude im Hintergrund des Fotos war eine Turnhalle. An Stelle der Bäume auf Bild 3 waren die Unterkünfte.


    Zum Lichtenberger Stadion:
    Zugang auf Bild 4 wie in dem Unioner-Artikel durch einen Pappelweg von der Herzbergstraße aus. Leider war an dem Tor ein Schloß und ich komme da z.Z. nicht rüber, weil meine linke Hand verstaucht ist. Sieht ziemlich verwilder aus, der Weg selbst aber ist frei. Man könnte sich ja mal zur gemeinsamen Fototour treffen, ich schätze in einer Woche ist die Hand wieder okay.



    Schwimmbad
    [Blockierte Grafik: http://home.eplus-online.de/schlegel/bvb01.jpg]


    Tribüne
    [Blockierte Grafik: http://home.eplus-online.de/schlegel/bvb02.jpg]


    Bäume/Unterkunft
    [Blockierte Grafik: http://home.eplus-online.de/schlegel/bvb03.jpg]


    Zugang Lichtenberger Stadion
    [Blockierte Grafik: http://home.eplus-online.de/schlegel/ltb01.jpg]



    Viele Grüße
    Horst