Da fühle ich mich doch glatt genötigt, eine fachmännische Analyse aus Chemnitzer Sicht abzugeben.
Nach der Ankunft auf dem Hauptbahnhof gab es die üblichen Gesangsduelle, bevor wir ohne große Dresdner Begleitung zum Stadion geführt wurden. Daß die dazu genutzte Route unbedingt am Eingang zum Dresdner Block vorbeiführen muß, bleibt mir unverständlich. Einige kleinere Umbaumaßnahmen könnten hier viel bewirken. Aber vorerst blieb alles friedlich, selbst einige schwarz-gelbe Kutten, die durch eine Fügung des Schicksals mitten im 400 Mann zählenden Zugmob am Kassenhäuschen landeten, blieben unbehelligt. Die strategisch günstig plazierte Baustelle am Lennéplatz ließ aber schlimmes für den Rückweg befürchten, da sie genügend Material für die Dresdner Steinewerfer bereithielt.
Im Stadion erwarteten dann 8200 Zuschauer, darunter wohl wieder 1200 Chemnitzer, das Sachsenderby und die Leistungen der Fangruppen. Von uns gab es die oben zu sehende Fähnchenchoreo, die mich bei Sport im Osten noch mehr begeistert hat als erwartet. Aktionen in dieser Qualität sind für ein Auswärtsspiel optimal, die wirklich komplizierten Sachen sollte man zuhause bringen. Das versuchten auch die Dresdner, deren Choreographie optisch sehr ansprechend war. Allerdings war die Grundidee ziemlich kindisch und albern. Oder findet jemand den Spruch "Wenn wir wollen, fressen wir euch auf" gelungen?
Das Spiel war in der ersten Halbzeit relativ öde, erst ein paar Abwehrschnitzer kurz vor dem Halbzeitpfiff ermöglichten Dynamo den schönen Führungstreffer. In der zweiten Hälfte spielte fast nur noch Chemnitz, und Dresden kann sich bei Biermann bedanken, der in dieser Saison und ganz speziell am Samstag ein Chancentod par excellence ist. Ich hätte vorm Videorecorder fast einen Schlag gekriegt, als ich die hundertprozentigen Chancen ein zweites Mal sah. Somit wurde dem Gegner das Siegen mal wieder leichtgemacht.
Zur Stimmung habe ich auch eine etwas andere Meinung als M & M. Dynamo legte in den ersten Minuten lautstark los, verflachte dann aber völlig, nicht zum ersten Mal übrigens. In der zweiten Halbzeit war allerdings nichts mehr zu hören oder zu sehen, Totenstille ist wohl das angemessene Wort. Die Stimmung auf Chemnitzer Seite hat mich über die kompletten 90 Minuten ganz zufriedengestellt, ohne allerdings neue Maßstäbe zu setzen. Hierbei sollte man aber den Spielverlauf nicht unbeachtet lassen. Schließlich lag Dresden in Führung, während wir eine Sekunde vorm Halbzeitpfiff das Gegentor kassierten. Da das in 50 % aller Spiele des CFC passiert, weiß ich inzwischen nur zu gut, wie ärgerlich und demotivierend das ist.
Daß es nach dem Spiel ruhig blieb, kann man nicht wirklich sagen. Vor allem die Aktion, die Heimfans freiwillig im Stadion zu behalten, bis wir abgezogen sind, war ein voller Mißerfolg. An der Kreuzung hatten sich rauhe Massen zu beiden Seiten der Straße angefunden, die Stehplätze wurden schon knapp. Positiv war allerdings, daß Ordner am Zaun zwischen Stadioninneren und Straße die Lage zu kontrollieren versuchten. Ganz im Gegensatz zum letzten Jahr bewegte sich diesmal alles, was in Chemnitz Rang und Namen hat, geschlossen Richtung Bahnhof. Der Polizei ist es zu verdanken, daß nicht mehr Dresdner Bekanntschaft mit dem Boden machen mußten. Überhaupt machen sich diese schwarz-gelben Möchtegerns lächerlich, wenn sie zu hunderten an der Straße stehen und dann trotz riesiger Lücken in der Polizeikette nicht die entscheidenden drei Schritte nach vorn wagen. Somit war es für uns ein sorgenfreier Abmarsch zum Bahnhof, hoffentlich gilt dies auch für die Individualreisenden, die Richtung Hygienemuseum mußten.
Fazit: Ein gelungener emotionaler Samstagnachmittag mit einem unschönen Spielausgang, der den CFC langsam und allmählich unter Druck setzt. Respekt übrigens für die schönen Fotos in diesem Thema.