(Nicht nur) meine Erwartungen für die doch etwas überraschende Teilnahme der Chemiker an der Regionalliga waren bescheiden: Der doppelte Aufstieg war nach fünf Jahren Landesliga (incl. einjährigem Bezirksligaabstecher) und nur einer Saison in der Oberliga als "Durchgangsstation" eine völlig neue Herausforderung ("Sportlich waren wir der Entwicklung des Umfelds zwei Klassen voraus" - Dietmar Demuth)! Meine Überlegung dazu war, mit Blick auf die Vorjahresergebnisse dieser Liga(große Ausgeglichenheit bis Platz 15, und drei abgeschlagenen Teams, welche durch die bekannten Umstände trotzdem in der Liga verblieben): Es wäre aus meiner Sicht realistisch, auf drei bis vier Teams zu hoffen, die das allgemeine Niveau der Liga ebenfalls nicht ganz erreichen: Mit denen könnte Chemie somit im Kampf um den Klassenerhalt konkurrieren. Vorausgesetzt, dass die "Bilanz" zwischen 3.Liga und RL Nordost ausgeglichen bleibt oder zumindest nicht all zu negativ ausfällt, galt es für Chemie also, wenigstens zwei oder drei Vereine aus dem Kreis jener abgeschlagenen drei Teams des Vorjahres (Bautzen, Neustrelitz, Luckenwalde) und der Mitaufsteiger (Halberstadt, Altglienicke) hinter sich lassen, um Platz 15 od. 16 zum Klassenverbleib zu erreichen. Mindestens ein Punkt pro Spiel im Schnitt sollte man dafür holen können.
Die Aufstiegsmannschaft der BSG blieb im Wesentlichen zusammen, schmerzliche Abgänge waren dennoch zu verzeichen: Abwehrkante F.Paul pausiert aus beruflichen Gründen, "Fußballgott" Andy Müller beendete seine Karriere, die anderen 5 Jungs, die uns verließen, waren hingegen keine Stammspieler.
Neben den o.g. Abgängen fehlten in den ersten Wochen auch die "Säulen" Bury und Bunge nach schweren Verletzungen in der Vorbereitung schmerzlich, weil die "Aufstiegsachse" erst mal zerbrochen war.
Zu Saisonbeginn konnte man die Mittelfeldrenner Yayima (3.Liga Österreich) und Böttger (Bischofsw.), den erfahrenen Abwehrspieler Rode (Inter) und die 20-jährigen Wendt (Neustr.), Barth (Jena II), Hermann (Bautzen) sowie Hey (FCM U19) neu verpflichten, nach dem Auftakt-Derby gegen Lok (0:1) kam noch ausgerechnet deren bisheriger Hüter Latendresse-Levescque hinzu. Der bekam dann gleich in seinem ersten Spiel, in welchem Chemie bei der Liga-Übermannschaft Energie antreten musste, die Hütte voll (0:5). Hoffnung keimte am 3.Spieltag auf, als Liga-Mitfavorit Babelsberg durch ein spätes Tor 1:0 bezwungen wurde. Danach gab es aber zwei vermeidbare Niederlagen in Bautzen (0:1) und, trotz Pausenführung, zu Hause gegen Fürstenwalde (1:2), schließlich gar ein 0:3 im "Kellerduell" bei VfB Auerbach. Viel Glück benötigte man danach gegen Schlusslicht Luckenwalde, um in der Nachspielzeit noch den 2.Saisonsieg zu erkämpfen (2:1). Der nächste Rückschlag folgte prompt: Trotz Führung ging man in Meuselwitz mit 1:4 unter. Dann aber schien Chemie in der Liga angekommen zu sein: Starke kämpferische Leistungen sicherten die Remis gegen Nordhausen (0:0) und in Halberstadt (1:1), wo sogar ein Sieg verdient gewesen wäre, den holte man im nächsten Heimspiel nach: 1:0 gegen Viktoria Berlin. Gegen die anderen Hauptstadtclubs lief es dann aber nicht: Beim BFC und beim BAK unterlag man jeweils deutlich 0:3, dazwischen reichte es gegen Mitaufsteiger Altglienicke nur zu einem 1:1 trotz Pausenführung. Das sollte für lange Zeit das letzte (Punktspiel)-Tor der Leutzscher bleiben: "Im letzten Drittel der Hinrunde fehlten uns etwas die "Körner" (so Trainer Demuth). Chemie unterlag anschließend zweimal zu Hause: Gegen Neugersdorf (0:1) etwas unglücklich, gegen Hertha II (0:2) war man eigentlich chancenlos. Negativer Höhepungt war das letzte Hinrunden-Spiel in Neustrelitz (0:3), mit dem man vom Gegner den vorletzten Tabellenplatz übernahm. Positive Höhepunkte konnte man sich im Herbst nur im Derby-Rückspiel beim 1.Fc Lok schaffen (0:0), wofür es viel Anerkennung, aber kaum Punktezuwachs gab, und im Pokalwettbewerb mit den Siegen gegen Drittligist Zwickau (4:2) und Ligakonkurrent Bautzen (1:0).
Somit wechselte Chemie in das neue Jahr mit lediglich 13 Punkten aus 18 Spielen auf Platz 17. Hauptsächlich die mangelnde Durchlagskraft im Angriff mit gerade mal 8 Toren war bedenklich. Den eingangs genannten "Wunsch" erfüllten uns nur Luckenwalde und Neustrelitz; da sich mit Erfurt und Chemnitz ungewollter "Zuwachs" aus der 3.Liga abzeichnete, hatte sich das rettende Ufer zur Winterpause faktisch schon sehr weit entfernt (Rückstand zu Auerbach und Altglienicke bereits 5 bzw. 6 Punkte). Die neue Spielklasse brachte trotz häufiger ausbleibenden sportlichen Erfolgs einen weiteren Anstieg der Zuschauerzahlen: Über 2700 Zuschauer im Durchschnitt kamen zu den 9 Heimspielen in den Alfred-Kunze-Sportpark, auch die beiden Pokalheimspiele waren mit insg. mehr als 7 Tsd. Zuschauern gut besucht. Angesichts des im Nacken sitzenden Abstiegsgespensts blieb es im Leutzscher Umfeld relativ ruhig, klar war jedoch, dass der Kader Ergänzungen benötigte, um konkurrenzfähiger zu sein. Bereits in der Vorsaison waren die Verantwortlichen in der Lage, Chemie mit wenigen, aber gezielten Zugängen erheblich zu verstärken, so vertraute man diesbezüglich erneut vor allem auf die große Erfahrung des alten Trainerfuchses Dietmar Demuth.