Ich weiß gar nicht, warum die ganzen Vereine im Osten immer nur wegen der fehlenden Wirtschaftkraft rumheulen. Wir wissen doch alle, Geld schießt keine Tore. Oder vielleicht doch?
KICKER (5.2.04)
Hoffenheim: Flick vor Verlängerung bis 2010? - Hopp: "Jetzt steigen wir auf"
--------------------------------------------------------------------------------
Als der Mäzen, Erbauer und Namensgeber der Heimstätte der TSG Hoffenheim nach der Partie seinen Kopf in die Kabine steckte, sah er nur niedergeschlagene Gesichter.
--------------------------------------------------------------------------------
Dietmar Hopp selbst hingegen, Gründer des Software-Giganten SAP, zog sogleich seine positiven Lehren und prophezeite sich und den Akteuren eines: "Nun ist es sicher. Jetzt steigen wir auf." Aus im Pokal, also volle Konzentration auf die Liga, die jedoch erst am 28. Februar wieder ihren Betrieb aufnimmt - mit dem Spitzenspiel gegen den selbst ernannten Aufstiegsfavoriten FC Augsburg.
Drei Punkte trennen Hoffenheim, obwohl nur auf Rang acht notiert, von einem Platz, der zum Sprung in die Zweite Liga berechtigt. Aber "wenn wir endlich Konstanz reinbringen", können wir es schaffen". Sagt Thomas Ollhoff, TSG-Laufwunder, der mit seinen langen Bällen auf Heiko Throm die ein oder andere gefährliche Situation vor dem Lübecker Kasten heraufbeschwor, mit einem Freistoß zudem höchstselbst am Pfosten scheiterte.Zum Thema
Seinen Vertrag hat Ollhoff vor nicht allzu langer Zeit bis 2006 verlängert. Nun liegt eine weitere Personalie an, die, wenn auch eigentlich nicht auf Dringlichkeitsstufe eins, von Hopp forciert wird. "Ich möchte mit Hansi Flick verlängern, in den nächsten Tagen wird es Gespräche geben", sagt er, "bis 2008, wenn möglich bis 2010." Nur muss erwähnt werden, dass der derzeitige Kontrakt des Trainers erst im Jahr 2006 endet.
Kontinuität wird halt groß geschrieben im 3300-Seelen-Ort, der sich nach dem Pokal-Aus erst einmal wieder von der großen Fußball-Bühne verabschiedet. Vielleicht aber nicht für allzu lang, denn angesichts der Zeit bis zum nächsten Spiel erwartet Flick "keinen Knacks. Es ist genügend Raum, dieses bittere Spiel aus den Köpfen zu bekommen". Und vielleicht hat der Übungsleiter dann schon "lebenslänglich" bekommen und ist auf dem besten Wege, mit der TSG Hoffenheim die Erfolgsgeschichte weiter zu schreiben. Von der Kreisliga in den bezahlten Fußball.
--------------------------------------------------------------------------------
MAI 2001
ARTIKEL AUS DER FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG
HOFFENHEIM. Peter Hofmann hat diese Geschichte schon oft erzählen müssen. Damals, vor zehn Jahren, als er begann, der unaufhaltsame Aufstieg der TSG Hoffenheim. Dabei waren die Fußballer aus dem 3000-Seelen-Dorf im Kraichgau gerade jämmerlich abgestiegen. Von der Bezirksklasse in die A-Klasse. Am Tag nach der Schmach bimmelte frühmorgens das Telefon beim Vorsitzenden Peter Hofmann. Ein gewisser Herr Hopp war am anderen Ende der Leitung und fragte den verdutzten Hofmann, was denn bloß los sei mit seinem Heimatverein. Gekickt hat Hopp in seiner Jugend im blau-weißen Trikot, sogar jede Menge Tore geschossen. Mitten im Ort steht das Elternhaus Hopps, der 1964, mit 24 Jahren, seinen Geburtsort verließ und fortan kompliziertere Dinge als den runden Ball im Kopf hatte. Er gründete mit einigen Freunden die SAP, heute Europas größte Softwarefirma mit Sitz in Walldorf bei Heidelberg.
In diesem Sommer 1991, nach dem Gespräch mit Hofmann, fuhr Dietmar Hopp mit seinem Sohn Daniel zu einem Pokalspiel der Hoffenheimer. Zum ersten Mal nach 27 Jahren sah er wieder ein Spiel der TSG. "Na ja, das war schon ziemlich deprimierend. Ich habe dem Peter Hofmann gesagt, daß wir da ganz schnell was ändern müssen und daß ich helfen werde." Hopp, kein Mann der großen Worte, hielt sein Versprechen.
Zehn Jahre später fehlt der TSG Hoffenheim nur noch ein Punkt zur Meisterschaft in der Oberliga Baden-Württemberg. Nach dem überzeugenden 6:2-Heimsieg am vergangenen Samstag gegen den FV Lauda hatten die 1500 Zuschauer auf eine zünftige Aufstiegsfeier spekuliert. Doch Verfolger Pforzheim siegte mit 1:0 bei den Amateuren des SC Freiburg. Zwei Zähler trennen Hoffenheim und Pforzheim, der letzte Spieltag bringt die Entscheidung. Hoffenheim würde am Samstag ein Remis in Heilbronn genügen, dann hätte der Liga-Neuling den Durchmarsch in die Regionalliga geschafft.
Für den sportbegeisterten Dietmar Hopp wäre dieser Triumph eine ganz besondere Freude. Klar, die Mannheimer Adler, die er gemeinsam mit seinem Sohn Daniel im April 1998 vor dem Konkurs rettete, holten unter seiner Ägide vor wenigen Wochen zum vierten Mal innerhalb der letzten fünf Jahre den Titel in der Deutschen Eishockey Liga. Hopps Großzügigkeit hat der Rhein-Neckar-Region Spitzen-Eishockey erhalten.
Der passionierte Golfer, Handicap elf, schaffte es auch, dass die Golf-Europameisterschaften abwechselnd in Hamburg und in St. Leon-Rot stattfinden. Dort hat Hopp einen Golfplatz gebaut. Superstar Tiger Woods folgt auch gerne dem Lockruf des Mannes, der seit 1998 Aufsichtsratsvorsitzender der SAP und laut "Forbes-Magazin" der achtreichste Deutsche ist.
Seitdem er sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hat, wird die Freizeit noch knapper, zumal er, wenn möglich, überall live dabei sein will. Zu den Auswärtsspielen der TSG Hoffenheim fährt er seit Jahren im privaten Pkw. Nach Dorfmerkingen, nach Teningen oder nach Bonladen. Er stellt sich in den Pulk der Zuschauer und fiebert mit. "Bockwurst und Bier gehören zum Fußball", sagt er. Der Mäzen hängt mit Herzblut an seinen Kickern, bejubelt Siege und flucht über Niederlagen.
Großzügig unterstützt hat er in den letzten Jahren die TSG. Der Neid der Nachbargemeinden begleitete die Neureichen. "Manchmal war das schon ein Spießrutenlaufen", sagt Peter Hofmann. Hoffenheim lockte die Besten aus der Region und bekam den Beinamen "FC Bayern des Kraichgaus" verpaßt. Auch Uwe Meyer, einstmals Torjäger beim SV Waldhof, stürmte drei Jahre für die TSG, schoß den Verein in die Verbandsliga und ist heute Hopps Chauffeur. Andere profitierten ebenfalls von Hopps Generosität. Den Fußballverein FC Astoria Walldorf, seinem Wohnsitz, bewahrte er vor dem Ruin.
1991 stieg Hoffenheim mit Spielern, die mit Unterstützung von Hopp verpflichtet wurden, sofort wieder in die Bezirksklasse auf. Es folgten die Zwischenstationen Landesliga und Verbandsliga, vergangenen Sommer gelang der Sprung in die vierthöchste Spieklasse, die Oberliga.
Für Hopp ist die TSG das Baby, das er großgezogen und zum Laufen gebracht hat. Wer heute in die Gemeinde zwischen Heilbronn und Heidelberg fährt, wird schon am Ortseingang mit Schildern auf das "Dietmar-Hopp-Stadion" aufmerksam gemacht. Steil nach oben führt die schmale Silbergasse, und auf dem Gipfel thront ein Schmuckkästchen.1600 überdachte Sitzplätze, darunter großzügige Umkleideräume, drüber VIP-Räume und ein Balkon für die Ehrengäste. Am 17. August 1999 war Einweihung, der FC Bayern gab sich die Ehre. Überall hängen großformatige Bilder vom Gastspiel der Bayern, auf einem sind Franz Beckenbauer und Dietmar Hopp beim Shakehand abgelichtet. Die beiden sind Freunde, nicht nur das geeminsame Hobby, das Golfen, verbindet.
Gegen die Bayern war das Stadion selbstredend ausverkauft. Das sollte keine Eintagsfliege bleiben. Das Derby gegen Sandhausen sahen zu Beginn dieser Saison über 4000 Zuschauer. "Mehr Fans als Einwohner", titelte die Heimatzeitung. "Nicht nur die Hoffenheimer identifizieren sich mit der Mannschaft, viele kommen aus den Nachbardörfern, weil wir die Leute mit unserem technisch sauberen Fußball begeistern", sagt Hansi Flick. Der ehemalige Profi, der für den FC Bayern und den 1. FC Köln 148 Bundesligaeinsätze hatte, stammt aus Bammenthal. Dort, fünfzehn Kilometer entfernt von Hoffenheim, ist Flick Inhaber eines Sportgeschäftes.
Seit dieser Runde trainiert der besonnene Flick die TSG. Flick überzeugte Hopp von seinen Visionen, bekam, nachdem die TSG in der vorletzten Runde gleich zwei Übungsleiter verschlissen hatte, einen Dreijahresvertrag. Sein Assistent ist Alfred Schön, der früher beim SV Waldhof sein Geld verdiente. Die beiden setzen gezielt auf junge Kräfte. "Wir wollen und wir brauchen keine Abzocker." Flicks Marschroute gefällt Hopp. In Hoffenheim gilt das Leistungsprinzip. Wer viel gewinnt, kann viel verdienen. Relativ zumindest, denn der Oberliga-Etat ist mit 1,5 Millionen Mark keineswegs exorbitant, zumal damit auch noch die Landesliga-Truppe finanziert wurde. 23,1 Jahre beträgt das Durchschnittsalter einer Mannschaft, die sich aus begabten Akteuren aus der Region rekrutiert und im Grunde genommen Meister werden muß. Sechs Nachwuchsteams der TSG haben in dieser Saison den Titel geholt, die zweite Mannschaft bewerkstelligte den Aufstieg in die Verbandsliga.
Das Ziel der Hoffenheimer Träume heißt Regionalliga. "Dann ist Endstation", meint jedenfalls Peter Hofmann - und lächelt. Denn der Förderer Hopp pflegt und hegt seine wieder entdeckte Liebe, die TSG Hoffenheim. Das Stadion wird im Sommer noch einmal ausgebaut und komplettiert, der kickende Nachwuchs kriegt jedwede Unterstützung. Gemeinsam mit dem benachbarten FC Zuzenhausen wurde ein Stützpunkt und ein Jugendclubhaus kreiert. Der Koordinator heißt Roland Dickgießer und war ebenfalls in früheren Jahren Profifußballer beim SV Waldhof Mannheim. "Dieses Konzept ist einmalig, die Möglichkeiten optimal", schwärmte Jürgen Klinsmann, der unlängst in Hoffenheim zu Gast war.
Die Prominenz gibt sich dort gerne die Ehre. Die Ski-Nationalmannschaft kickte auf dem Hoffenheimer Platz erst vergangene Woche für einen guten Zweck. 2500 Zuschauer kamen zu diesem Anlaß ins Dietmar-Hopp-Stadion, und demnächst soll dort im Rahmen des Ligapokals die Partie Dortmund gegen Freiburg stattfinden. "Wir haben uns beworben. Mal sehen, ob das klappt", sagt Peter Hofmann und lächelt versonnen. In Gedanken versunken, möglicherweise denkt er an den Tag zurück, als das Fußball-Märchen TSG Hoffenheim seinen Anfang nahm und ein gewisser Herr Hopp sagte: "Wir müssen da was ändern."