Wenn auch nicht ganz zeitnah geschrieben, kommt hiermit der leicht verspätete und viel zu lange Bericht zur diesjährigen UI-Cup-Hinrundenpartie.
La ville: Da Grevenmachers Sportplatz nicht ansatzweise europokalreif ist, fand die Partie zwischen der Mittelfeldmannschaft aus dem Großherzogtum und dem derzeitigen finnischen Tabellenführer im Nationalstadion der luxemburgischen Hauptstadt, dem Stade Josy Barthel, statt. Um schneller dort zu sein, hatte ich mir ein Auto geborgt, mit dem man auf der Autobahn nur selten überholt wird (Ein weiterer Grund könnte gewesen sein, daß mein eigentlicher Wagen nach dem letzten Versuch, Luxemburg zu erreichen, einen langen Heimtransport und einen neuen Motor bekommen hatte.). Deshalb war ich schnell genug vor Ort, um ein paar Worte zu Luxemburg verlieren zu können.
Der erfahrene Reiseleiter würde vielleicht von einem pittoresken, liebenswerten Städtchen schwärmen. Unser Weg führte uns über den Marktplatz, der von einem melodisch trällernden Chor besetzt war, durch die wegen des baldigen Nationalfeiertags schon mit Flaggen geschmückten Straßen hin zur wunderschönen Altstadt rund um das großherzogliche Palais, die unzählige kleine Gäßchen zu bieten hatte. Gekrönt wurde der Augenschmaus von den riesigen Verteidigungsanlagen der Stadt, die hoch über einem Fluß thronten und zum Weltkulturerbe gehören. Ich wünschte, ich könnte das mit einigen Fotos dokumentieren. Man merkt vielleicht, daß die architektonischen Zumutungen in so wunderschönen Örtchen wie Wattenscheid oder Krefeld bei mir den ein oder anderen Schaden hinterlassen haben...
Jedenfalls fiel es mir etwas schwer, rechtzeitig zum Stadion zurückzukehren. Einen Urlaub in Luxemburg kann ich nur jedem empfehlen. Dazu trägt auch die interessante Mischung der Einflüsse der großen Nachbarn Frankreich und Deutschland bei, die sich in der Mehrsprachigkeit in Luxemburg am deutlichsten manifestiert. Mit dem Letzeburgischen existiert sogar ein eigenständiger Dialekt.
Les spectateurs: Als wir Stunden vorm Spiel das Stadion Richtung Stadt verließen, waren schon die ersten Fans von Grevenmacher eingetroffen, deren Kinder auf einem Gehweg Fußball spielten. Kurz nachdem wir an ihnen vorbeigelaufen waren, hörten wir hinter uns entsetzte Schreie, weil eines der Kinder dem Ball nachgelaufen war und dabei vom einzigen Auto auf der Nebenstraße überfahren wurde. Wahrlich kein schöner Anblick, aber ich glaube, daß die Verletzungen des Kindes relativ harmlos waren.
Das Szenario bei der Rückkehr war weitaus erfreulicher, da sich vorm Stadioneingang die Anhänger von Grevenmacher lautstark bemerkbar machten. Für sie war an diesem Tag ein kostenloser Bus in die Hauptstadt gefahren. Im Stadiongelände gab es Bratwurst, die tatsächlich als "Thueringer" angepriesen wurde, und das verkappte französische Leitungswasser, das ahnungslosen Deutschen unter dem Namen Vittel bekannt ist. Die Verkaufsstellen sind in die Tribünenrückseite der insgesamt recht modernen Anlage integriert. Im Stadion können 8000 Zuschauer anwesend sein, die aber nur Sitzplätze vorfinden.
Leider kamen nur wenige hundert zum Spiel gegen die Finnen. Darunter waren auch etwa 30 Skandinavier. Ob diese bei den europäischen Institutionen in Luxemburg arbeiten oder einfach mit den Spielern verwandt waren, ist mir nicht bekannt. Sie verstreuten sich auf einem Teil der Haupttribüne und waren fortan nicht mehr gehört oder gesehen. Ganz anders die Fans von Grevenmacher. Wer in Zukunft Tifo sagt, meint CS Grevenmacher. Etwa 25 Supporter hatten sich im Block neben der Haupttribüne eingefunden. Daß die Hälfte nicht älter als 12 Jahre waren und eine fette, hysterische, wie wahnsinnig schreiende Alte zum Mob gehörte, tat der Stimmung keinen Abbruch. Um diesen wilden Haufen zu koordinieren, brauchte man natürlich ein Megaphon, das anfangs von einem korpulenten Schreihals bedient wurde. Das Konzept bestand im folgenden darin, daß besagter Fettsack Sprechchöre in die Flüstertüte nölte, dabei aber immer wieder den gleichen Mist wiederholte (vergleichbar mit Aue). Die Kinder sangen nicht unbedingt mit, sondern trommelten auf circa 6 mitgebrachte Schlaginstrumente. So stelle ich mir Musikunterricht im Irrenhaus vor. Kein Wunder, daß mich die Lust packte, den Gröli samt Megaphon von der nächsten Brücke zu stoßen.
Ganz ansehnlich war hingegen die kleine Choreographie, die aus einer Blockfahne und jeweils zwei Bahnen links und rechts davon bestand. Nette kleine Sache, die in einem nicht vorhandenen vollen Block aber weit besser ausgesehen hätte als auf den leeren Sitzplätzen. Auch ein Spruchband hatten die Luxemburger gebastelt, dessen tieferer Sinn mir aber verborgen blieb.
Le match: Von einem solchen Spiel sollte man nichts erwarten. Verblüffend war jedoch, daß die Luxemburger in ihren blauen Trikots am Anfang ordentlich Druck machten. Ich fand es sehr seltsam, daß die Fans von Grevenmacher, die ebenfalls blaue Trikots anhatten, keine dieser Chancen mit Beifall bedachten. Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, daß dies daran liegen könnte, daß es die Finnen waren, die in Blau spielten. Sind 30 Minuten Orientierungslosigkeit noch akzeptabel?
Letztendlich hatte Grevenmacher ein beachtliches 1:1 herausgeholt, was nach dem 0:0 im Rückspiel aber nicht reichte.
Les Wessi-Hoppers: Die anwesenden westdeutschen Hopper lieferten Stoff für das in gewissen Kreisen gepflegte Bild vom westdeutschen Groundhopper. Es hatte sich nämlich ein großer Haufen eingefunden, der durch einen "GL 98"-Pullover und sein bäuerliches Aussehen als Kaiserslauterer Gesocks identifiziert werden konnte. Keiner von denen sah so aus, als könnte er seinen Namen richtig schreiben. Wenn das der harte Kern der Generation Luzifer war, sehe ich schwarz für die Pfälzer. Die drei anwesenden Freiburger machten hingegen einen guten Eindruck, weshalb wir das armselige Erscheinungsbild der oben genannten Bande einfach auf die inzestuösen Verhältnisse in der Pfalz schieben wollen.