Die Renaissance der „Alten Liebe“ oder Garip Capin Fußballgott! (H96 II-HFC 0:0, Arm. Hannover-Uchte 8:1)

  • Wie bereits im Jahr 2008 wollte ich meinen Jahresurlaub mit einem Auswärtssieg des HFC veredeln. Damals gewann man mit Dusel 1:0 an der Lohmühle in Lübeck nach einer Woche Graal-Müritz. Im Jahr 2011 sollte es nach dem einwöchigen Aufenthalt im „strahlenden“ Lubmin nach Hannover gehen. BengalOO stellte mir mal wieder sein trautes Heim und seine Anwesenheit zur Verfügung und es sollte ein umfassendes, ereignisreiches Wochenende werden.


    Freitag, 9.September – Ankunft in Hannoi – Capitol of „lower saxony“. Für uns zwei Hallenser stand nach ein paar Begrüßungs-Astras mit dem Testkick der Hannover Indians (2.Liga) gegen die Kasseler Huskies (3.Liga) der erste Tagesordnungspunkt auf dem Programm. Eine schmucke, halboffene Halle am Pferdeturm mit (offiziell = inklusive Dauerkarten) über 2.000 Zuschauern lud zum Eishockey gucken ein. Doch bevor die Puckjagd eröffnet wurde, gab es eine Schweigeminute für die Opfer des Flugzeug-Unglücks in Russland, bei der die Mannschaft von Jaroslawl inklusive dem deutschen Nationalspieler Robert Dietrich ums Leben kam. Für mich war es schon ein bewegender Moment als beide Fanlager – aus Kassel waren ca. 50 Mann mitgereist – gemeinsam Jaroslawl und Dietrichs Namen skandierten.


    Dem restlichen Abend wurden schönere Themen gewidmet. Nach einem eher mäßigen ersten Drittel siegte Hannover am Ende verdient mit 6:2 (1:0, 2:1, 3:1). Ein ansehnliches Match mit fast allem was der rasante Eishockeysport zu bieten hat. Zufrieden aber längst noch nicht „satt“ ging es wieder zu BengalOOs Domizil. Nach einer turbulenten Nacht mit einigen kuriosen Anekdoten, die das Leben so schreibt, viel man bierselig gegen dreiviertel fünf ins Nest.


    EC Hannover - EC Kassel 6:2 (1:0, 2:1, 3:1)
    Tore:
    1:0 Clair (12.), 2:0 Chamberlain (20.), 3:0/5:1 Garten (31./48.), 3:1 Christ (33.), 4:1 Gerbig (46.), 6:1 Jelitto (50.), 6:2 Klinge (52.)
    Strafzeiten: 40 - 30
    Zuschauer: 2.030



    Da es doch ein HFC-Fan verraffte, dass ich bereits tags zuvor nach Hannover anreiste und für das Auswärtsspiel bei H96 II am Spieltag nur eine kurze Anreise hatte, klingelte erbarmungslos zeitig mein Handy für Spieltagsabsprachen. Wesentlich härter als mich hatte es aber den Gastgeber erwischt, der von der angenehmen Septemberwärme in der AWD-Arena und den Alkoholnachwirkungen des Vorabends relativ überfordert schien.


    Das Spiel selber ist in wenigen Worten erzählt: es sollten in 90 Spielminuten keine Tore fallen, ein leichtes Chancenplus bei den „kleinen“ 96ern, die aber mit Lars Fuchs (trägt nach eigener Aussage noch den FCM im Herzen) und Artur Sobiech den Chancentod in zwei Personen verkörperten. Die gelegentlichen HFC-Vorstöße führten leider nicht zum Erfolg – das von mir prognostizierte enge Spiel mit wenig Toren wurde zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Zum Leidwesen des Halle96ers BengalOO, dem ein Torreigen eher in seine Nachmittagsplanung gepasst hätte. Bezeichnend mal wieder die gähnend leere AWD-Arena, die trotz ordentlicher Gegner in der Regionalliga (Kiel, Lübeck, Magdeburg, Halle) keinen vor dem Ofen hervorlockt.


    Hannover 96 II - Hallescher FC 0:0
    Tore:
    Fehlanzeige
    Zuschauer: 496
    H96: Nagel - Rutter, Avevor, Wendel, Akdari - Aycicek (84. Serrone), Schünemann, Merkens, Sobiech (80. Beil) - Büchler (71. Sane), Fuchs
    HFC: Horvat - Eismann, Mouaya, Ruprecht, Kanitz - Wagefeld, Hartmann - Boltze (75. Mast), A. Müller (82. David), Preuß (58. Wegner) - Shala



    Denn die Bühne gehört in der Leinestadt nur den Europapokalhelden von Mirko Slomka. Und so gesellten wir uns zu dritt, ein guter Freund und HFC-Fan, der aus Hamburg anreiste schloss sich uns an, in die benachbarten Biergärten und verfolgten die Partie von 96 beim VfB Stuttgart. Die ging zu unserer Schadenfreude mit 3:0 deutlich an die Schwaben. Dabei scheint es in Hannover eine wahre Fußballeuphorie zu geben, die Einheimischen verkünden nicht ohne Stolz das Image der „grauen Maus“ abzulegen. Natürlich gilt das Match gegen den FC Sevilla zu den Prunkstücken der letzten Hannover-Erfolge. Dazu spielt fast jede Disco der Stadt abends die Hymne der Roten und findet dabei jede Menge Zustimmung bei den Gästen. Auch die Stadiondurchsagen bei der U23 drehten sich nur – O-Ton – um ihre „Alte Liebe“. Das die Liveübertragungen in Biergärten und Kneipen voll sind, ist selbstverständlich. Und auch mich als Auswärtigen haben die letzten Leistungen angesprochen, ein Erfolg der im Schatten der Dortmunder selten zur Geltung kam.


    Doch die neue Euphorie um 96 lief eher parallel zu unserem halleschen Fußballstammtisch im Herzen Hannovers ab. Von der NOFV-Oberliga über den FSA-Landespokal bis hin zu Stadioneröffnungen und Marketingstrategien wurde kaum ein Thema ausgelassen. Gegen 19 Uhr verabschiedete sich unser dritter Mann zurück gen Alster und wir sammelten Kräfte, Essen und Pilsbier für die bevorstehende Nacht.


    Abends ging es über das Steintor nochmal in Hannovers Nachtleben, wobei mein Knöchel mir immer mehr zusetzte, offensichtlich eine Spätfolge des radikalen Strandfußballs am Greifswalder Bodden. Besonders weise schien die Entscheidung gegen 2 Uhr nachts vom Steintor weiter zu ziehen – am nächsten morgen verkündeten die News in der Hannoverschen Stadtbahn eine Schießerei eben in jener Straße, durch die wir ein paar Stunden vor der Tat noch gepilgert waren.


    Als Abschluss des bis dato nahezu runden Wochenendes, mir fehlten persönlich noch zwei Auswärtszähler aus der AWD-Arena, sollte ein neuer Ground folgen: Arminia Hannover traf in der Landesliga Hannover auf den SC Uchte. Die RL-Partie zwischen TSV Havelse und Holstein Kiel wurde aus Entfernungs- und Zeitgründen abgelehnt. Wie bereits vor vier Wochen beim Berlin-Aufenthalt (an der Stelle ein Dank an die Schwarze Sau für die Unterkunft&Verpflegung!!) hatte ich wieder ein gutes Näschen. Damals siegte TeBe in meiner Anwesenheit mit 6:2 gegen den BFC Preußen.


    Dieses mal ging es erneut in ein recht ansehnliches Stadion: 18.000 Leute passen offiziell ins Rudolf-Kalweit-Stadion, keine Laufbahn, eine alte überdachte Holztribüne, und ein weites Rund mit Stehplätzen: Fußballherz was willst du mehr? Besonders nett ist der Gitter-Käfig durch den die Schiedsrichter&Spieler zum Spielfeld gehen.
    Eigentlich ein Unding, dass die 96-Zweite nicht auf dieses Stadion zurückgreift, schließlich ist mit ein paar Umbaumaßnahmen und ein paar Schönheitskorrekturen der Rahmen für eine Regionalliga-Partie mit Sicherheit gegeben. Zumal sich zur U23 sowieso nur wenige Hundert Zuschauer verirren.


    Die Preise kamen mit 8€ Vollzahler und 5€ ermäßigt relativ gepfeffert daher für ein Landesligaspiel (=6.Liga), dafür gab es für 50 Cent ein sehr ordentliches Programmheft. Von den Gästen aus Uchte war nichts zu sehen, dafür verteilten sich einige Arminen über das weite Rund mit paar Zaunfahnen in der „Kurve“, einigen Senioren auf der Haupttribüne und ein paar Unentwegten auf der Gegentribüne.


    Das Spiel stand dann ganz im Zeichen von Garip Capin. Der türkische Stürmer, mittlerweile 36 Jahre alt, wird den wenigsten etwas sagen – schließlich wechselte er vorwiegend im Raum Hannover und Niedersachsen die Vereine (Havelse, Celle, Meppen, Oberneuland). Doch er schoss seine Mannschaft mit einem Doppelpack zur 2:0-Pausenführung. Dabei drängte Uchte noch kurz vor der Halbzeit auf den Anschlusstreffer, wurde aber erst nach dem Wechsel durch Florian Heidenreich belohnt. Die Pause nutzten wir zum kulinarischen Stadiontest, Bratwurst vom Gasgrill... naja, ein Wahlthüringer grillt halt doch lieber mit Kohle. Einbecher vom Fass war noch ganz verträglich.


    Nach dem Anschlusstor wartete man vergeblich auf eine spannende Partie, die Arminia machte nun ernst. Die Heimfans erwachten kurz und Sekunden nach ihrem Schlachtruf schlug Alexander Lackmann (53.) zurück, stellte den alten Abstand mit dem 3:1 wieder her. Was danach folgte war Capin im vollen Übermaß, teilweise schön frei gespielt, teilweise gut durchgesetzt und oft einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort zum Reinstochern. So gingen Tor 4, 5, 6 und 7 auf seine Kappe. Seine Teamkameraden scheiterten dagegen kläglich (frei vor dem leeren Tor an die Latte) oder spektakulär (sehenswerter Schlenzer jenseits des 16ers – ebenfalls Latte). Der Uchte-Kapitän, Andreas Kraszcynski, wechselte sich kurzerhand innerhalb von 5 Minuten selber aus, langte zwei mal kräftig zu und sah folgerichtig Gelb-Rot. Nach dem siebten Tor von Capin durfte Lackmann noch einmal, mustergültig vorbereitet von Capin, der auf seinen siebten Treffer verzichtete. Bei sechs von acht erzielten Toren durfte er sich am Ende als Matchwinner feiern lassen. Kleines Kuriosum am Rande: der arme Mann, der die Steck-Anzeigetafel im strömenden Regen bedienen musste, war nicht zu beneiden. Außerdem schien die Halterung an der "Acht" defekt und er hielt im Regen tapfer die wenigen Minuten bis zum Schlusspfiff durch, in dem er das Schild mit der Zahl hochhielt.


    SV Arminia Hannover - SC Uchte 8:1 (2:0)
    Tore:
    1:0/2:0/4:1/5:1/6:1/7:1 Capin (13./41./60./72./79./87.), 2:1 Heidenreich (50.), 3:1/8:1 Lackmann (53./88.)
    Gelb-Rot: Kraszcynski (wdhl. Foulspiel)
    Zuschauer: ca. 250
    SVA: Knust, Herisch, Preuß, Jansen, Ibanez (46. Zydek), Capin, Schirrmacher, Herold (31. Tayar), Folprecht (60. Tasdelen), Dunsing, Lackmann
    SCU: Eschenberg, Von-Behrens, Könemann, Hilgemeyer, Friedrich, Heidenreich, Kraszcynski, Bredemeyer, Siemann (57.Klöpper), Nuerge, Kasprick (29.Lamottke/67.Bredau)



    Für mich ging es danach zurück in die Heimat. Doch die Fahrt sollte noch ein Spektakel werden: Autobahnvollsperrung wegen Überschwemmung, Erdrutsch und umgeknickte Bäume – es sollte einfach nicht langweilig werden an diesem Wochenende. In dem Sinne Danke Hannover & Danke BengalOO. Gerne wieder.


    Bilder vom Arminia-Spiel sind noch in der Bearbeitung.

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