Während sich am Sonntagmorgen Europas beste Läufer durch die Hitze Barcelonas auf der 42,195km langen Strecke quälten, dachte ich einen Schritt weiter und legte fast exakt die gleiche Distanz mit dem Rad zurück - Ziel war das Steigerwaldstadion, wo RW Erfurt die abgestiegene Hansa-Kogge empfang. Da ich die Route in die thüringische Landeshauptstadt nach Mittwoch (RW Erfurt-Hertha) und Freitag (Lok Erfurt-Gotha) bereits zum dritten mal fuhr, war der richtige Weg schnell gefunden und nach 95minütigem Geradel hinter mich gebracht.
Um das SWS herrschte ungewohntes Gedränge, es sollte mit ca. 12.500 Zuschauern mein neuer Erfurt-Rekord werden. Obwohl ich gut 40 Minuten vor Anpfiff am Stadion war und problemlos einen "Parkplatz" fand, hatte ich erst kurz vor dem Anpfiff meinen Platz eingenommen. Man hielt es nicht für nötig alle vier Kassen an der Fankurve aufzumachen, obwohl Präsi Rombach noch am Mittwoch verkündete, dass man 12.000 Zuschauer erwarte. In der Mittagshitze gab es dann vor den Kassenhäuschen das "Duisburg-Feeling", was einige alkoholisierte Fans veranlasste makabere Sprüche zu klopfen.
Die Aufstellung wimmelte von bekannten Namen. Einen vermisste ich trotzdem - Ex-Babelzwerg Denis-Danso Weidlich blieb trotz guter Leistung am Mittwoch gegen Hertha auf der Bank. Dafür gab es ein Wiedersehen mit Radovan Vujanovic auf Rostocker Seite, der für seine herrlichen Freistöße an den Innenpfosten bekannt ist.
Die zahlreich mitgereisten Mecklenburger machten von Beginn an ordentlich Stimmung, während der Heimblock nicht immer so stimmgewaltig auftrat. Dafür spielte RW Erfurt im Gegensatz zur Auftaktpleite gegen Stuttgart II ganz ordentlich mit, hatte mit einem indirekten Freistoß von der Fünfmetergrenze eine Topchance, schoss aber lediglich den eigenen Kapitän Rudolf Zedi ab. Auf Rostocker Seite gestaltete vor allem Mohammed Lartey das Spiel und der Ex-Erfurter Enrico Neitzel sorgte für Torgefahr, während das Spiel an "Rado" fast komplett vorbeilief.
Ich hatte cleverweise zwei fast komplett leere Akkusätze für die Kamera mitgenommen, weshalb ich das Fotographieren bald aufgab. In der Summe eine mäßige 1.Halbzeit, die wenig Hoffnung auf die 2. machte. In der Pause stellte sich das Fanprojekt - wie zum Hertha-Spiel - vor das jetzt u.a. wegen der Geldstrafen vom DFB in die Wege geleitet wurde. Ergo wer ein Fanprojekt hat, zahlt weniger Strafen nach Ausschreitungen - jetzt müsste nur das Fanprojekt billiger sein als die Differenz, die man beim DFB zukünftig spart.
In der zweiten Halbzeit spielte zunächst Hansa, die durch Tobias Jänicke die beste Torchance hatten. Allerdings waren auch die Rostocker nur selten zwingend vor dem Tor und so schlief die Partie langsam ein. Erfurt war offensiv nun völlig überfordert und zu einfallslos und alles was ihnen einfiel misslang. Der eingewechselte Fikri El Haj Ali war alles andere als eine Belebung der RWE-Offensive und Marcel Reichwein und Tino Semmer sahen gegen die Hansa-Viererkette mittlerweile auch keinen Stich mehr. Das war für die Rostocker Fans Anlass genug in der Mittagshitze noch ein wenig mit Pyrotechnik einzuheizen, was auch die Erfurter nicht auf sich sitzen ließen. Bleibt abzuwarten, ob der DFB das Fanprojekt Erfurts bereits anrechnet.
Mir blieb für das komplett neutralisierte Spiel nur ein Hoffnungsschimmer, der mich vor einem lauen 0:0-Kick bewahren sollte - denn ich war nicht der einzige NOFBler im Stadion. Sorans Anwesenheit war bisher immer ein Torgarant. Beim Kopfball von FCH-Abwehrspieler Peter Schyrba ans Lattenkreuz hätte es sich fast bewahrheitet. In der 83.Minute war es dann so weit, Martin Pohl spielt den Ball im Strafraum mit der Hand, auch wenn die Aktion etwas unglücklich war - da er vom eingewechselten Marcel Schied angegangen worden war. Strafstoß - Michael Wiemann - todsicher verwandelt - 0:1. In den Schlussminuten vergab lediglich Hansa noch die Riesenchance aufs zweite Tor, erst klärt Orlishausen gegen Schied und dann bringt Lartey es fertig den liegenden Orle noch mal spektakulär in Szene zu setzen. Das war es aber dann für diese Partie.
Ich traf mich noch auf nen kurzen Plausch mit Soran, der unter die Tribünenhocker gegangen ist. Anschließend ging es wieder in die (Wahl)-Heimat. In der Summe ein verdienter Auswärtssieg für den FCH, Erfurt geht heute wieder auf Punktejagd, um den Tabellenkeller zu verlassen.
FC Rot-Weiß Erfurt - FC Hansa Rostock 0:1 (0:0)
Tor: 0:1 Wiemann (83.)
Zuschauer: 12.509
RWE: Orlishausen - Malura, Pohl, Möckel, Ströhl - Hauswald (59. El Haj Ali), Stenzel, Zedi, Pfingsten-Reddig - Semmer, Reichwein
FCH: Hahnel - Schyrba, Wiemann, Gusche, Pelzer - Müller, Pannewitz, Jänicke, Lartey (88. Evluskin) - Neitzel (56.Schied), Vujanovic (76. Albrecht)