Stadionverbote auf Verdacht

  • wenn das gängige praxis wird, dann gute nacht!!! mit einem solchen willkür instrument kann praktisch jede_r mit einem verbot belegt werden, nur weil er/sie die falsche frisur, kleidung trägt etc. ... . da wirds wohl demnächst schön leer werden in einigen fankurven. :rotekarte:

  • Die Presseerklärung des BGH im Wortlaut :


    Nr. 221/2009


    Bundesgerichtshof bestätigt bundesweites Stadionverbot


    Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte zu
    entscheiden, unter welchen Voraussetzungen gegen auffällig gewordene
    Zuschauer von Fußballspielen ein bundesweites Stadionverbot verhängt
    werden darf.


    Am 25. März 2006 fand in der Sportstätte der
    Beklagten (MSV-Arena) ein Spiel der ersten Fußballbundesliga zwischen
    der von der Beklagten unter der Bezeichnung "MSV Duisburg"
    unterhaltenen Lizenzspielermannschaft und der Mannschaft des FC Bayern
    München statt. Der Kläger, der seinerzeit Vereinsmitglied und Inhaber
    von Heim- und Auswärtsdauerkarten des FC Bayern München war, nahm an
    dem Spiel als Zuschauer teil. Nach Spielschluss kam es zwischen einer
    Gruppe von ca. 100 Anhängern des FC Bayern München, zu der ausweislich
    des Polizeiberichts auch der Kläger gehörte, und Anhängern des MSV
    Duisburg zu Auseinandersetzungen, bei denen mindestens eine Person
    verletzt und ein Auto beschädigt wurde. Im Rahmen des Polizeieinsatzes
    wurde u. a. der Kläger in Gewahrsam genommen.


    Mit Schreiben vom 18. April 2006 sprach die Beklagte
    gegenüber dem Kläger ein bis zum 30. Juni 2008 befristetes
    Betretungsverbot für die MSV-Arena und sämtliche
    Fußballveranstaltungsstätten in Deutschland (bundesweites
    Stadionverbot) für nationale und internationale Fußballveranstaltungen
    von Vereinen bzw. Tochtergesellschaften der Fußballbundesligen und der
    Fußballregionalligen sowie des Deutschen Fußballbundes (DFB) aus. Sie
    stützte sich dabei auf die von ihr im Lizenzierungsverfahren
    anerkannten "Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von
    Stadionverboten" des DFB (DFB-Richtlinien). Danach soll ein solches
    Verbot bei eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren
    u. a. wegen Landfriedensbruchs verhängt werden. Es ist aufzuheben, wenn
    das Ermittlungsverfahren keinen Anlass zur Erhebung der öffentlichen
    Klage gegeben hat und nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist.
    Bei einer Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO soll das Verbot auf
    Antrag des Betroffenen im Hinblick auf seinen Bestand und seine Dauer
    überprüft werden.


    Ein gegen den Kläger eingeleitetes
    staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs
    wurde am 27. Oktober 2006 nach § 153 StPO eingestellt. Auf Antrag des
    Klägers, das Stadionverbot zu überprüfen, nahm die Beklagte im Dezember
    2006 Einsicht in die Ermittlungsakten und kam zu dem Schluss, das
    Verbot aufrecht zu erhalten.


    Der Kläger behauptet, an den im Übrigen nur
    kleineren - Auseinandersetzungen zwischen den beiden Fangruppen nicht
    beteiligt gewesen zu sein, sondern diese nur aus der Distanz
    wahrgenommen zu haben. Seine auf die Aufhebung des Stadionverbots,
    hilfsweise auf die Beschränkung des Verbots auf die MSV-Arena
    gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. In dem
    Berufungsverfahren hat der Kläger, weil das Verbot wegen Zeitablaufs
    nicht mehr bestand, mit mehreren inhaltlich abgestuften Anträgen die
    Feststellung der Rechtswidrigkeit des Stadionverbots beantragt. Das
    Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Klägers
    hatte keinen Erfolg.


    Der Bundesgerichtshof hat den Übergang zur
    Feststellungsklage für zulässig gehalten. Der Betroffene muss auch nach
    Ablauf des zeitlich befristeten Stadionverbots dessen Rechtmäßigkeit
    gerichtlich überprüfen lassen können. In der Sache ist der
    Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass der Eigentümer oder Besitzer
    eines Stadions aufgrund seines Hausrechts ohne vorherige Anhörung des
    Betroffenen grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, wem er den
    Zutritt verwehrt. Das gilt auch, wenn – wie bei dem Besuch eines
    Fußballspiels – der Zutritt aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit
    dem Hausrechtsinhaber gewährt wird.


    Das Hausrecht unterliegt allerdings Einschränkungen.
    Bei Fußballspielen gewährt der Veranstalter in Ausübung der in Art. 2
    Abs. 1 GG garantierten Vertragsfreiheit grundsätzlich jedermann gegen
    Bezahlung den Zutritt zu dem Stadion. Will er bestimmte Personen davon
    ausschließen, muss er deren mittelbar in das Zivilrecht einwirkende
    Grundrechte beachten; ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2
    Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und das aus Art. 3 Abs. 1 GG
    folgende Gebot der Gleichbehandlung lassen es nicht zu, einen einzelnen
    Zuschauer willkürlich auszuschließen. Vielmehr muss dafür ein
    sachlicher Grund bestehen. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob der von dem
    Ausschluss Betroffene in vertraglichen Beziehungen zu dem
    Hausrechtsinhaber steht oder nicht.


    Da die Verhängung eines Hausverbots seine Grundlage
    in einem Unterlassungsanspruch nach §§ 862 Abs. 1 Satz 2, 1004 Abs. 1
    Satz 2 BGB hat, setzt es voraus, dass eine künftige Störung zu besorgen
    ist. Konkret geht es darum, potentielle Störer auszuschließen, die die
    Sicherheit und den reibungslosen Ablauf von Großveranstaltungen wie
    einem Liga-Fußballspiel gefährden können. Daran hat der Veranstalter
    ein schützenswertes Interesse, weil ihn gegenüber allen Besuchern
    Schutzpflichten treffen, sie vor Übergriffen randalierender und
    gewaltbereiter "Fans" zu bewahren. Solche Schutzpflichten bestehen
    entweder aufgrund Vertrages mit den Besuchern der Veranstaltung oder
    unter dem Gesichtspunkt allgemeiner Verkehrssicherungspflichten. Ein
    sachlicher Grund für ein Stadionverbot besteht daher, wenn aufgrund von
    objektiven Tatsachen, nicht aufgrund bloßer subjektiver Befürchtungen,
    die Gefahr besteht, dass künftige Störungen durch die betreffenden
    Personen zu besorgen sind. Eine derartige Gefahr wird regelmäßig bei
    vorangegangenen rechtswidrigen Beeinträchtigungen vermutet, kann aber
    auch bei einer erstmals drohenden Beeinträchtigung gegeben sein.


    Bei der Verhängung von Stadionverboten sind an die
    Annahme der Gefahr von Störungen keine überhöhten Anforderungen zu
    stellen. Das ergibt sich aus den Besonderheiten sportlicher
    Großveranstaltungen, insbesondere von Fußballgroßereignissen. Diese
    werden häufig zum Anlass für Ausschreitungen genommen. Angesichts der
    Vielzahl der Besucher und der häufig emotional aufgeheizten Stimmung
    zwischen rivalisierenden Gruppen ist daher die Bemühung der Vereine
    sachgerecht, neben Sicherungsmaßnahmen während des Spiels etwa durch
    Ordnungskräfte und bauliche sowie organisatorische Vorkehrungen auch im
    Vorfeld tätig zu werden und potentiellen Störern bereits den Zutritt zu
    dem Stadion zu versagen.


    Bei der Festsetzung von Stadionverboten sind andere
    Maßstäbe anzuwenden als bei der strafrechtlichen Sanktionierung von
    Störungen bei früheren Spielen. Während insoweit nach dem Grundsatz in
    dubio pro reo eine Bestrafung unterbleibt, wenn keine Tat bewiesen ist,
    können Stadionverbote eine nennenswerte präventive Wirkung nur dann
    erzielen, wenn sie auch gegen solche Besucher ausgesprochen werden, die
    zwar nicht wegen einer Straftat verurteilt sind, deren bisheriges
    Verhalten aber besorgen lässt, dass sie bei künftigen Spielen
    sicherheitsrelevante Störungen verursachen werden. Eine solche
    Besorgnis ergibt sich zunächst aus den der Einleitung eines
    Ermittlungsverfahrens wegen eines im Zusammenhang mit einem
    Stadionbesuch begangenen Landfriedensbruchs zugrunde liegenden
    Tatsachen. Dem Hausrechtsinhaber stehen nämlich regelmäßig keine
    besseren Erkenntnisse über den Tatablauf und die Beteiligung des
    Betroffenen zur Verfügung als der Polizei und der Staatsanwaltschaft.
    Allerdings ist hier das Ermittlungsverfahren später wegen
    Geringfügigkeit nach § 153 StPO eingestellt worden. Infolgedessen kann
    nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Straftatbestand des
    Landfriedensbruchs verwirklicht hat. Der Verfahrenseinstellung kann nur
    entnommen werden, dass seine Schuld, falls er sich strafbar gemacht
    haben sollte, gering wäre. Auf die Strafbarkeit seines Verhaltens kommt
    es aber nicht an. Anknüpfungspunkt für das Stadionverbot ist nicht die
    Verwirklichung eines Straftatbestandes, sondern das Verhalten des
    Klägers, das Anlass für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens
    gegeben hat. Die Umstände, die dazu geführt haben, haben auch nach
    Einstellung des Verfahrens weiterhin Bedeutung. Der Kläger ist nicht
    zufällig in die Gruppe, aus der heraus Gewalttaten verübt worden sind,
    geraten, sondern war Teil dieser Gruppe. Die Zugehörigkeit zu dieser
    Gruppe, mit der der Kläger in Gewahrsam genommen wurde, rechtfertigt
    die Annahme, dass er sich bei Fußballveranstaltungen in einem zu
    Gewalttätigkeiten neigenden Umfeld bewegt und von ihm deshalb künftige,
    Dritte gefährdende Störungen zu besorgen sind; auf den Nachweis, er
    habe sich an den aus der Gruppe heraus begangenen Gewalttätigkeiten
    beteiligt, kommt es nicht an. Der Kläger hat diese Besorgnis weder im
    vorliegenden Zivilrechtsstreit noch anlässlich der Überprüfung des
    Stadionverbots durch die Beklagte, bei der ihm Gelegenheit zur
    Stellungnahme gegeben worden war, ausgeräumt.


    Weder das zeitliche Ausmaß noch der inhaltliche
    Umfang (bundesweit) des Verbots sind rechtlich zu beanstanden. Die
    Sanktion blieb unter dem zeitlichen Rahmen, der in den DFB-Richtlinien,
    die für die Vereine eine geeignete Grundlage zum Ausspruch eines
    Stadionverbots bilden, in solchen Fällen vorgesehen ist. Es ist nicht
    ersichtlich, dass die Beklagte den Anlass für den Ausspruch des Verbots
    nicht angemessen berücksichtigt und den Grundsatz der
    Verhältnismäßigkeit verletzt hätte. Der Umstand, dass der Kläger
    Inhaber von Heim- und Auswärtsdauerkarten für die Spiele des FC Bayern
    München gewesen sein mag, spielt hierbei keine Rolle. Die Verhängung
    eines Stadionverbots hat stets zur Folge, dass
    Dauerkartenberechtigungen ganz oder teilweise ins Leere laufen. Das
    kann keine Auswirkungen auf die Frage des Ob und des Wie eines
    Stadionverbots haben.


    Urteil vom 30. Oktober 2009 – V ZR 253/08


    LG Duisburg – Urteil vom 20. November 2008 – 12 S 42/08


    AG Duisburg – Urteil vom 13. März 2008 – 73 C 1565/07


    Karlsruhe, den 30. Oktober 2009



    Pressestelle des Bundesgerichtshofs


    76125 Karlsruhe


    Telefon (0721) 159-5013


    Telefax (0721) 159-5501
    Quelle :http://www.bundesgerichtshof.de/

    ich war TeBe - ich bin TeBe - ich werde TeBe sein


    Der Internationalismus hört am Strafraum auf

  • Das große Problem ist doch: Welcher Hirntote konnte genau diesen Bayern-Fan als Präzedenzfall vors Rohr von Justiz und Öffentlichkeit schieben? Dass ausgerechnet einer öffentlichkeitswirksam klagt, der sich wohl tatsächlich daneben benommen hat (das Verfahren wurde ja nicht wegen mangelnden Beweisen, Unschuld o.ä. eingestellt, sondern wegen Geringfügigkeit), da greif ich mir an den Kopf.


    Und die ehrlichen Dummen werden mitgehangen. Bleibt nur die Hoffnung, dass die friedliche Mehrheit nun den Chaoten keine Deckung mehr gibt, sondern sie aus der Masse heraus diszipliniert... Für alles andere gibts ja Sippenhaft!

  • Per Mail erhalten:


    Servus, dies ist eine Rund-PN, geht also entsprechend an mehrere Forenmitglieder. Wie ihr alle sicherlich mitbekommen habt, hat der BGH ja nun bestätigt, dass Stadionverbote auf Verdacht zulässig und rechtens sind, weil... ja weil es eben so ist. Da jeder Stadiongänger, der nicht mit dem Auto in die VIP-Garage angerollt kommt, davon betroffen werden kann und das Urteil höchst zweifelhaft ist, soll und wird das ganze vor das Bundesverfassungsgericht gehen. Der ganze Spass kostet natürlich eine Menge Geld, wie man sich denken kann. Aus diesem Grunde wurde auch nun ein Spendenaufruf gestartet, unter http://www.eintracht.de/meine_eintracht/forum/9/11168212/erfahrt ihr mehr. Das Forenmitglied "Heinz Gründel" von welchem dort geredet wird, ist übrigens selbst RA und vertritt sehr viele SVler, bringt also entsprechende Kompetenzen mit. Verbreitet diesen Link in euren jeweiligen Fanszenen, den Fanszenen von anderen Vereinen die sich mit dieser Problematik konfrontiert sehen, sei es per Forum, Chat, Rauchzeichen oder sonstwie. Es geht jeden von uns etwas an!

    NIVEA für alle !


    * * *


    "... I was thinking maybe we could go outside - let the nightsky cool your foolish pride ... "


    * * *


    Pogue Mahone !

  • Nö, das zeigt, was Du in puncto Freiheit / Grundrechte von Europa erwarten kannst.

    NIVEA für alle !


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    "... I was thinking maybe we could go outside - let the nightsky cool your foolish pride ... "


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    Pogue Mahone !

  • Nö, das zeigt, was Du in puncto Freiheit / Grundrechte von Europa erwarten kannst.


    Da muß ich dir recht geben.


    Dann sieht es wohl doch eher schlecht aus.
    Aber erstmal müßte es auch so weit gehen und daran glaube ich kaum.
    Ich würde es mir aber wünschen, wenn das Urteil dann bestätigt wird, ist es natürlich auch Schei....

  • Da haben wir die praktischen Auswirkungen:


    "Verfahren bei der Staatsanwaltschaft


    Insgesamt waren 130 Fans in die Vorfälle in Würzburg verwickelt. Während der DFB 81 Stadionverbote verhängte, sind bei der Staatsanwaltschaft Würzburg nach Angaben des Münchner Merkurs nur Verfahren gegen 22 Personen wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung anhängig. Verurteilt ist bislang niemand, es gibt offenbar auch noch keine Anklagen. Nichtsdestotrotz kann der Verband wegen der "DFB-Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten" bereits dann aktiv werden, wenn von Seiten der Behörden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wies in diesem Zusammenhang zuletzt die Klage eines Bayern-Fans ab."



    130 Fans im Zug, "nur" 22 Ermittlungsverfahren, keine einzige Anklage, geschweige denn eine rechtskräftige Verurteilung, aber 81 Stadionverbote! :cursing:


  • Wegen dieser ganzen Scheisse hab ich schon lange nur noch selten Lust mit dem Zug auswärts zu fahren.
    Dann halt mit dem Auto, ist zwar nicht ganz so lustig, aber wenigstens geht dir keiner auf den Sack.

  • Wegen dieser ganzen Scheisse hab ich schon lange nur noch selten Lust mit dem Zug auswärts zu fahren.
    Dann halt mit dem Auto, ist zwar nicht ganz so lustig, aber wenigstens geht dir keiner auf den Sack.


    Zum Glück gibt es ja noch zwei, drei andere Varianten!


    Das mit der pauschalen Verurteilung geht so lange gut, bis ein Mob wie in Polen auswärts ohne zu zahlen zügig den Gästeblock betritt! ;) Wenn man sowieso SV hat, was solls?

  • Zum Glück gibt es ja noch zwei, drei andere Varianten!


    Das mit der pauschalen Verurteilung geht so lange gut, bis ein Mob wie in Polen auswärts ohne zu zahlen zügig den Gästeblock betritt! ;) Wenn man sowieso SV hat, was solls?


    wundert mich, dass das noch nicht passiert ist...

    man kann die schönsten Siege nur feiern, wenn man auch die schmerzlichsten Niederlagen verkraften kann!