Deutschland zum Jahreswechsel. Während halb Europa Fußball spielt, ruht in Deutschland der Ball. Budenzauber ist für mich nicht wirklich eine Alternative. Was liegt da näher als nach England zu fahren, Silvester, Kultur und Shoppen inklusive? Vor allem London hat ja viel zu bieten, allein fünf Vereine spielen in der Premier League (FC Chelsea, West Ham United, Tottenham Hotspurs, FC Fulham und FC Arsenal).
Am 29. Dezember habe ich mit West Ham United gegen Manchester United das erste Spiel gesehen. Es war beeindruckend. Das Stadion mitten im Wohngebiet. Kaum betritt man es (völlig ohne Personenkontrolle übrigens) schon ist man ergriffen. Vieles spielt sich in den Vorräumen des Stadions ab, da die Engländer erst in den letzten Minuten zu ihren Plätzen gehen. Vorher wird das eine oder andere Bier geschlürft oder an offiziellen Wettschaltern die letzten Tipps abgegeben. Ebenfalls beeindruckend: Bei Manchester lief der Argentinier Carlos Tevez auf, der in der letzten Saison noch bei den Hammers gespielt hatte. Er wurde von den Heimfans mit donnerndem Applaus empfangen, Pfiffe gab es keine. Das Spiel begann rasant, West Ham hatte mehr vom Spiel, spielte aber nicht effizient genug. In der 15. Minute erzielte nach einem schönen Konter Cristiano Ronaldo per Kopf das 0:1. Er wurde dann zum spielentscheidenden Mann, aber anders als er es gedacht hatte. West Ham drückte zwar, kam aber in der 1. Halbzeit zu keinen nennenswerten Chancen. Zu Beginn der 2. Halbzeit versuchte ManU alles klar zu machen. In der 65. Minute zeigte der gute Schiedsrichter (der übrigens erst nach zehn Minuten den ersten Freistoß gab!) auf den Punkt. Ein Verteidiger von West Ham meinte, den Ball mit der Hand spielen zu müssen. Cristiano Ronaldo ballerte den Ball neben das Tor, was die Lebensgeister der Hammers weckte. Sie bekamen die zweite Luft und berannten das Tor von Manchester, jetzt mit Erfolg. Nach einem Eckstoss erzielte der zuvor eingewechselte Anton Ferdinand (der Bruder des englischen Nationalspielers Rio Ferdinand) per Kopf den Ausgleich und nur fünf Minuten später besorgte Matthew Upson ebenfalls per Kopf das 2:1. Jetzt war im alten Upton Park die Hölle los. Schon während des Spiels sagen die Supporters immer wieder die tolle West-Ham-Hymne „I’m Forever Blowing Bubbles“. Jetzt flippten sie völlig aus. Manchester United fehlte die Kraft, noch den Ausgleich zu erzielen, so dass wieder einmal das kleine West Ham das große ManU schlagen konnte. Zum dritten Mal hintereinander, offenbar werden die Hammers zum Angstgegner für Manchester United. Ein großartiger Fußballnachmittag ging zu Ende. Das Spiel war rasant, fair und spannend, was wünscht man sich mehr? Der Ball wurde schnell weitergespielt – auch auf die Gefahr hin, dass es einen Fehlpass gibt – und es gab fast keine Zeitschinderei.
Neujahr und Fußball, was gibt es Besseres, um das neue Jahr zu beginnen. Diesmal stand das Derby FC Arsenal London gegen West Ham United an. Am gleichen Spieltag gab es auch noch das zweite Londoner Derby FC Fulham gegen FC Chelsea, was mich jedoch nicht so interessierte. Leider blieb das Spiel hinter dem ersten Spiel am Samstag zurück, was vor allem daran lag, dass Arsenal durch Tore in der 2. (Eduardo) und 18. Minute (Adebayor) früh die Entscheidung herbeiführte. Aber das 2:0 war sehenswert und eines der schönsten Tore, die ich bisher je gesehen hatte: Adebayor wurde steil geschickt ging am Hammer Torhüter vorbei und war fast an der Torauslinie – auf der Linie stand noch ein Abwehrspieler. Dennoch gelang es Adebayor, den Ball so gefühlvoll am Verteidiger vorbeizuschlagen, dass der Ball vom Innenpfosten ins Tor rollte. So ein Traumtor können nicht viele schießen. West Ham fehlte nach dem anstrengenden Spiel gegen ManU offensichtlich die Kraft, das Spiel zu drehen. Arsenal verwaltete das Geschehen und hatte noch die eine oder andere Torchance. Das neue Emirates Stadium ist toll gemacht, man hat viel Platz. Und obwohl es neu ist und nicht dort steht, wo das alte Highbury Park war, befindet es sich mitten in einem Wohngebiet. Das wäre in Deutschland wohl kaum möglich und hätte zu zahlreichen Anwohnerklagen geführt. Die Stimmung war nicht ganz so toll wie im Upton Park, was aber nicht wirklich überraschend konnte. Die Fans der Hammers hatten stimmungsmäßig sogar mehr zu bieten als die Fans von Arsenal, obwohl früh klar war, dass West Ham diesmal verlieren würde.
Fazit: Es hat sich gelohnt. Fußball in London zum Jahreswechsel ist großartig. Immer wieder gern. Schade dass der DFB an den alten Spielplänen festhält und die Winterpause schon vor Weihnachten beginnen lässt. So muss man sich als Fan Alternativen im Ausland suchen.