Hier der Spielbericht, geschrieben von englandfan.
Von Flüchen und Arbeitssiegen
Gehörig auf die Folter gespannt haben sie uns ja, die Spielplanmacher des NOFV. Handgezählte 77 Tage nach dem letzten ernsthaften Vergleich hieß es also gestern: Kampf dem Oberligagespenst, Kampf dem Rückrundenfluch und vor allem großer Sport mit vielen Toren. Oder nicht? Sollte es etwa weitergehen wie in all den gefühlten hundert Jahren zuvor? Lähmung fuhr in meine Glieder, als ich an das erste, so lange verschobene Spiel im neuen Jahr der vergangenen Saison zurückdachte. Aber immerhin, der Trost kommt in Form von rot gewandeten Würstchenstädtern – schließlich haben wir gegen diese ja eine besonders gute Bilanz.
Allen Mut zusammengenommen und ab ins Karli. Sonnenschein, angebliche acht Grad, die sich im Sitzen anfühlen wie minus vierzig, das wieder einmal erstaunlich gepflegt gezapfte Rex in die Faust und ab auf die SITZPLATZTRIBÜNE zur besseren Sicht aufs Geschehen und ungestörten Reflexion des Gesehenen.
Das Spiel in Kürze: 2:1 Arbeitssieg. Erste Halbzeit sehr mühsam, zweite Halbzeit deutlich besser. Als glücklich kann man den Sieg nicht bezeichnen, eher als verdient. Der Support aus der Nordkurve war dauerhaft und hörbar. Der Rest der Zuschauer in seltsame Lethargie verfallen. Drei Jahre Oberliga haben auch hier ihre Spuren hinterlassen, wie mein Begleiter so treffend bemerkte.
Das erste Punktspieltor des Jahres im Karli fällt für die Eberswalder. Maik Neumann verletzt sich bei einem Pass und die rechte Abwehrseite ist entblößt. Die Eberswalder nutzen die Verwirrung zu einem schnellen Vorstoß, der erst durch ein Foul auf Höhe des Babelsberger Strafraums gestoppt wird. Der Freistoß segelt in den Strafraum, Biran springt bei seinem Abwehrversuch unter dem Ball durch und Rafet Ates köpft unhaltbar, aber leider auch unbedrängt zum 0:1. 8. Minute. Im direkten Gegenzug der Ausgleich. Moritz legt einen Freistoß von der Grundlinie diagonal vor den 16-Meterraum und Mutschler schließt direkt ins linke untere Toreck ab. Ich denke, dass ich nicht allein mit der Befürchtung war, dass wir nach dem frühen Gegentor ein langes Anrennen gegen 10 Verteidiger beobachten würden. Die Erleichterung über Mutsches humorlosen Schuss daher riesig.
Allein, zu mehr Sicherheit und Spielfluss trägt das Tor nicht bei. Das zentrale Mittelfeld wirkt desorientiert. Der sonst von mir so geschätzte Bastian Zenk leistet wenig bis gar nichts im Spielaufbau und glänzt meist durch Rückpässe auf den Lässigen. Patrick Moritz ist ohne defensive Absicherung zwar viel unterwegs, rennt sich aber in Zweikämpfen fest und spielt viele Fehlpässe. Die Anbindung zwischen Sturm und Mittelfeld fehlt. Wenn Gefahr aufkommt dann meistens über die linke Seite. Zählbare Chancen sind dabei aber selten. Auf eine Serie von Freistößen und Ecken muss nicht näher eingegangen werden, da selbige recht leichtfertig vergeben werden. Zwei notierenswerte Chancen noch: in der 33. Minute verzieht Ben nach klasse Anspiel in die Gasse von Biran frei vor dem Tor. In der 39. Minute schickt Mutsche Biran in die Gasse, der Abschluss geht neben das Tor. Eberswalde hat sich jedoch nicht versteckt, sondern hätte durch einen 30m Hammer von Ploehn und eine saugefährliche Direktabnahme vom eingewechselten Steffen Sasse selbst in Führung gehen können.
Halbzeit zwei konnte eigentlich nur besser werden. Mit der Einwechslung des Co-Trainers für Basti Zenk sollte die Ordnung im Mittelfeld wiederhergestellt werden. Das gelingt zunächst nur begrenzt. Zwar ist Tretsche sofort erstaunlich präsent, doch sorgen am Anfang der zweiten die Außen für Unordnung, da Mutsche und auch Lukac ihre Positionen nicht halten und zu weit in die Mitte ziehen. Die Anspiele auf die aufgerückten Littmann und Rudolph verfehlen so den Effekt, da diese die Vorstöße über die Seiten immer wieder abbrechen müssen.
Ab der 50. Minute tritt Besserung ein. Vor allem die stärker werdenden Moritz und Lukac prägen das Spiel. Patrick blüht in der offensiveren Rolle sichtbar auf, geht mit mehr Mut in die Zweikämpfe und zieht das Offensivspiel an sich. Lukac, unterstützt vom defensiv starken Littmann, fängt viele Bälle schon unmittelbar an der Mittellinie ab und initiiert schnelle Vorstöße. Die Eberswalder verlieren ihre Ordnung. Die Folge sind Chancen für die Guten: Einer Serie gefährlicher Standards von Tretsche zwischen der 54. und 56. Minute und einer unsinnigen Abseitsentscheidung gegen den durchgelaufenen Mutschler (57. Minute), folgt dann in der 60. Minute ein Tor durch Biran. Leider Abseits. Babelsberg ist nun wacher und dominiert im Mittelfeld. Den Eberswaldern fällt nicht mehr viel ein. Dies scheint das Mitleid unserer Innenverteidiger erregt zu haben: nach einer der wiederholt aufgetretenen Unstimmigkeiten, kommt Ates frei vor Busch zum Schuss, den dieser mit einer Riesenparade abwehrt. Glück gehabt!
Babelsberg spielt nun mit offenem Visier, Neubert und Laars schalten sich immer wieder in die Angriffsbemühungen ein. Und dann in der 68. Minute, endlich, das erlösende 2:1. Nach einer Ecke von Moritz köpft Ben vom Elfmeterpunkt an die Latte. Der Ball springt zu ihm zurück und er verwandelt eiskalt im Nachschuss. Zum Glück hat der Würfel des sonst sehr schwachen Linienrichters bei dieser Entscheidung die blaue Seite gezeigt, und er sah, dass der Ball voll hinter der Linie war.
Das Offensivspiel ist nach dem Führungstreffer ansehnlich. Obwohl die ganz große Spielkultur fehlt, kommen immer wieder schöne Kombinationen zusammen. Vor allem über die rechte Seite. Ben Hatira lässt sich jetzt häufiger fallen und harmoniert als Antreiber prima mit Moritz und Tretschok. Klare Chancen sind die Folge. 73. Minute: Ben Hatira ist alleine durch und wird gefoult, der klare Elfmeter jedoch nicht gegeben. 80. Minute: Tretschok nimmt eine Ecke direkt und schießt knapp drüber. 81. Minute: Mutsche leitet mit Brust in die Gasse, Biran verpasst knapp. 82. Minute: Biran allein vor Torwart Peters, der mit großer Parade hält. 84. Minute: Biran legt mit Hacke in den Lauf von Tretschok, der direkt aufs Tor und an den Pfosten schießt. 87. Minute: Lukac tankt sich gegen drei durch und legt in den Lauf von Biran, der wieder am starken Eberswalder Keeper scheitert.
Der Rest ist schnell erzählt. Eberswalde kann nicht verlieren, die Leute dekompensieren und lenken ihren Frust in Tritte und Schauspielerei um. Der unrühmliche Höhepunkt in Minute 89: Ferry Manteufel ist wenig Mann und viel Teufel und geht mit gestrecktem Bein gegen Rudolph vor. Rote Karte. Rudolph liegt auf der Trage und wird aus dem Stadion getragen. Gute Besserung! Torwart Busch sucht eine Möglichkeit, sein ob der unzureichenden Arbeit seiner Vorderleute (so musste er in der 75. Minute nach Fehler von Neubert schon wieder großartig retten) reichlich vorhandenes Adrenalin abzubauen, und geht dem Ferry an den Kragen – zum Glück nur Gelb dafür. Noch eine kleine Schauspieleinlage vom Eberswalder Schlegel mit Versuch der arglistigen Täuschung im 16er, dafür konsequenter Weise die Gelbe Karte und dann Schlusspfiff.
Vorbei. Drei Punkte und das erste Spiel im neuen Jahr gewonnen. Auch wenn noch einiges zu tun ist, macht speziell die Vorstellung im Offensivbereich in Halbzeit zwei Hoffnung für die nächsten Spiele. Mit Biran haben wir einen Strafraumstürmer, der mit etwas mehr Bindung an den Rest der Mannschaft, entscheidende Tore machen wird. Stellenweise wurde sehr gut kombiniert, so dass die Stolpereinlagen aus Halbzeit eins und den ersten 10 Minuten der zweiten Hälfte vergessen werden können. Ein Arbeitssieg. Aber ein Sieg. Und mit etwas Distanz betrachtet gar nicht einmal so schlecht. Mit etwas mehr Glück und einigen Spielen mehr im Rücken, wäre das heute ein 4:1 geworden.
Die Nordkurve kommt mit dieser Stimmung zum Aufstieg. Ein guter Teil der 1494 Zuschauer sollte sich jedoch einmal überlegen, ob Pfiffe und Beschimpfungen gegen die eigene Mannschaft dazu beitragen, dass diese besser spielt. Ich denke nicht und sage deshalb: Danke Jungs für einen wichtigen Sieg gegen den Rückrundenfluch!
Babelsberg 03: Busch - Neumann (8.Littmann), Neubert, Laars, Rudolph (90. Wedemann), Lukac, Zenk (46. Tretschok), Moritz, Mutschler, Biran, Ben-Hatira;
Motor Eberwalde: Peters- Rücker, Stelse, Persecke, Neumann (38. Sasse), Rauch, Manteufel, Kalohn, Ploehn, Rauch, Ates (87. Germer)
Zuschauer: 1494 (davon ca. 25 Gästefans)
Tore: 0:1 Ates (7.); 1:1 Mutschler (8.); 2:1 Ben-Hatira (68.)
Rote Karte: Manteufel (90.)
Gelbe Karten: Tretschok, Busch, Mutschler - Neumann, Sasse, Schlegel, Kalohn
