Thema "rowdyhaftes Verhalten", Ursachen und Empfehlungen für den Umgang behandelt. Dort wird speziell den Unionfans "Hang zu Dekadenz und Negativismus" bescheinigt. Ursachen sah man u.a. in "aggressiven Abreagieren täglicher Probleme, das Erkennen offensiver Sicherungsmaßnahmen, Abenteuerlust, Verärgerung gegenüber Schiedsrichterentscheidungen und die unkritische Übernahme von Fußballerscheinungen in kapitalistischen Staaten".
Das mag ja alles so sein. Ist aber noch kein Fakt dafür, daß sich
bei Union oder Chemie die besonders systemkritischen Kräfte sammelten
.Die Unionszene kenne ich kaum, deshalb beziehe ich mich auf
die Chemiefans, welche ja ähnliches von sich behaupten.
Punkt 1. ist, daß die Stasi JEDE auch so nutzlose Information sammelte
und letztlich auch daran verreckt ist, weil man Wichtiges und Unwichtiges
nicht mehr trennen konnte und den Durchblick verlor.
Das Ausspionieren speziell der Union-und/oder Chemieszene hat mit
Sicherheit von der POLITISCHEN Aussagekraft genau die gleichen
Ergebnisse gebracht, wie sie auch bei anderen Vereinen zu finden
wären.
Was mir z.B. bei zahlreichen Spielen mit dem Chemiemob (auch 2.Liga,
in Blankenburg, Thale usw.) aufgefallen ist und was durch Deinen
Stasibericht indirekt bestätigt wird, ist der Fakt, daß im Chemiemob
überdimensional viele Leute dabei waren, welche einen für den
geneigten DDR-Bürger etwas alternativeren, sagen wirs direkt,
asozialeren Eindruck machten...schäbiger, pennerhafter, Typ
"arbeitsscheu aber trinkfest"...
(Ich bitte das auch nicht als allgemeine Verallgemeinerung aller Chemiker
zu verstehen, ich meine den Anteil dieser Leute im Vergleich zu
BFC, Lok, Jena oder was weiß ich...)
Das war zu DDR-Zeiten natürlich "schlimm" und mußte beobachtet werden !
Was letztlich natürlich grober Unfug und völlig sinnlos ist,
denn im Zustand von 3,5 Promille noch "Beeeh...esss...geeeeh" zu
brüllen ist nun mal noch keine staatsstürzende und revolutionäre Tat,
ebenso wie "der geregelten Arbeit nicht nachgehen", Kleinkriminalität
(Schwarzmarktgeschäfte usw.) und westliche Allüren an sich völlig
belanglos sind (waren)...Wäre die Stasi cleverer gewesen,
hätte man sich wichtigeren Dingen widmen können.
Aber nein, auf diese "schweren" Delikte in der DDR hat man sich gestürzt
und die wahren Widerstandskämpfer & Umstürzler (die
sich weitgehend systemkonform verhielten, um nicht aufzufallen)
sind natürlich bei so einem beeindruckenden Bericht über das übliche
Fußballgesocks (Achtung, Ironie!) untergegangen...
(was die Stasi über mich zusammengetragen hat, ALLE ACHTUNG kann
ich da nur sagen, wenn ich später mal wissen will wann ich im Suff
heimwärts kam und das zehnte Bier nicht mehr im Gesicht halten
konnte oder was ich (später) vom Westen aus telefonisch mit den
Kumpels so an Belanglosigkeiten ausgetauscht habe: brauch ich nur
nachlesen, die AKTE weiß alles...muhahaha...)
Und wie kam es nun zu dieser Konzentration eines gewissen Klientels
und des Stasi-Interesse bei Verein X oder Y ???
Logisch. Fast jeder wird von seinem persönlichen Umfeld (Familie,
Freunde, Kumpels & Kollegen) mit zum Fußball geschleppt und
wenn es gefällt, bleibt man sein Leben lang diesem Verein treu.
Und wenn alle meine Kumpels in der Bahnhofsmitropa halt zu Chemie
gehen, dann gehe ich halt irgendwann auch mit
(Und nicht zu Lok)...und aus diesen sozialen Wurzeln und Zusammenhängen
rekrutiert sich eine gewisse Fanstruktur...
(ist natürlich alles ein wenig überspitzt dargestellt, aber ich wollte
deutlich machen, daß es mit POLITISCHEM Widerstand relativ wenig
zu tun hat)
Daß als sportlicher Underdog, oft verbunden mit persönlichem Mißerfolgen
natürlich die Schuldigen nur vom erfolgreicheren
Konkurrenten ( der selbstverständlich ungerechterweise vom herrschenden
System unterstützt wird) kommen und deshalb
sich der gesamte Klassenkampf dahin verlagert, dem Lok oder
BFC oder XXX-Fan eine aufs Maul zu hauen...ist nun auch nicht zwingend
revolutionär... :biggrin: