Man stelle sich folgendes Szenario vor.
Alle Spieler bis auf den gegnerischen Torhüter (befindet sich im eigenen 5m-Raum) befinden sich in der eigenen Hälfte. Ein Aussenverteidiger hat den Ball. Ein Stürmer steht am Mittelkreis, also 9,15 Meter von der Mittellinie entfernt in der eigenen Hälfte.
Der Stürmer hebt den Arm und setzt abrupt zum Sprint an. Kurz bevor er die Mittellinie überquert schlägt der Verteidiger einen langen Ball Richtung gegnerisches Tor. Gedankenschnell handelt der Libero des Gegners im Bewusstsein des Geschwindigkeitsüberschusses des gegnerischen Stürmers und seiner 20 Kilo mehr Gewicht und checkt den Gegner um. Der Ball prallt wenige Sekunden später ca. 10 Meter vorm Strafraum erstmalig auf.
Nun zum Urteil des Schiedsrichters: Er gibt Freistoß an der Mittellinie und Gelb für den Gegner aufgrund taktischen Fouls. Und Gelb für den gefoulten wegen meckerns. Dieser beschwerte sich, ob der Schiedsrichter regelkundig wäre. Für den Stürmer handelte es sich um eine Notbremse.
Nun zur Frage, ist eine Notbremse am Anstosspunkt denkbar?
Argument Schiedsrichter: Es wäre nicht binnen weniger Sekunden zu einer Torchance gekommen.
Ich sage, aus vollem Lauf rennt der Stürmer (bei 12 sek. auf 100 Meter mit ruhendem Start) die 30 Meter von Mittellinie zum Strafraum in 3-4 Sekunden. Der Torhüter hatte noch immer in seinem 5er gestanden, die Situation demnach wohl nicht mitbekommen und wäre nie an den Ball gekommen. Der Weg für ihn wäre genauso weit gewesen, aber aus dem Stand und mit Reaktionszeit.
Ist die Entscheidung vertretbar oder wäre auch eine andere Entscheidung möglich gewesen?