Nach mehrwöchiger Pause bei den Auswärtsspielen des HFC war die Partie in Offenbach bereits Wochen im voraus dick und fett im Kalender markiert. Doch das Wochenende in Offenbach zu verbringen, klang doch etwas abwegig. Deshalb fiel die Hotelwahl bewusst ins benachbarte Frankfurt. Bereits im Vorfeld überzeugte das Hotel "Anna" durch seinen Kostenvorteil: Doppelzimmer für 40€ pro Nacht inklusive hoteleigenen Parkplatz, WLan, Frühstück...
Samstag früh, viertel neun wurde ich unweit des Erfurter Kreuzes aufgesammelt und die Fahrt nach Frankfurt verlief reibungslos und zügig. So konnte man bereits halb 11 am Hotel einchecken, es folgten die nötigen Dienstwege zum nahgelegenen Getränkemarkt und der Entschluss das Mittag nach Offenbach zu verlegen. Also ging es mit der S-Bahn auf die knapp halbstündige Reise zum kleinen Nachbarn von Mainhattan. Doch bis auf ein paar Dutzend Polizisten empfing uns nur Trostlosigkeit, ein Gewerbegebiet und der triste Anblick Offenbachs. Die gängigen Kioske, Snacks, etc. gab es schlicht weg nicht und so nahm die Ratlosigkeit zu. Eine Kneipe die mit warmen Essen warb, entpuppte sich als Flop - die Küche blieb kalt. Ein Bäcker hatte sein ganzes Sortiment kurz vor Ladenschluss bereits an den Mann gebracht und selbst die Tankstelle konnte nicht mehr mit einer Bockwurst dienen. Offenbach scheint eine echte Herausforderung für all seine Bewohner und vor allem Besucher zu sein.
Dann ging es eben hungrig ins "Sparda Bank Hessen Stadion", wie der Bieberer Berg seit ein paar Monaten heißt. Das Stadion folgt der Architektur der Betonklötze des 21.Jahrhunderts, grauenhaft hässliche Flutlichtmästchen "schmücken" das Dach. Die Ecken zwischen den Kurven und Geraden blieben offen, eine weitere Ausbaustufe ist noch möglich. Der Besuch von lediglich 4.810 Zuschauern fiel natürlich negativ auf. Immerhin gut 300 Hallenser fanden den Weg ins hessische trotz der zuletzt hohen 0:5-Klatsche in Saarbrücken.
Die ersten 12:12 Minuten herrschte wie vereinbart Ruhe in beiden Blöcken. Auf dem Rasen blieb es fast die gesamte erste Halbzeit ruhig. Nach einer Offenbacher Ecke tippt der Ball einmal an die Latte des halleschen Tores, ansonsten stellten sich beide Teams denkbar dumm an eigene Chancen zu erspielen. In der zweiten Hälfte wird das Spiel phasenweise etwas besser, der HFC wird mutiger hat aber durch Lindenhahn und Mast auch nur "halbe Chancen". Bemerkenswert waren die OFC-Fans die ihr eigenes Team für ein Fehlpass- und Fehlerfestival gnadenlos auspfiffen und ihre Meinung unmissverständlich äußerten. In Folge dessen machten die Kickers in der Schlussphase Druck. Für HFC-Oldie Darko Horvat wird es zwei mal richtig brenzlig. Doch der 39-jährige verhinderte bei einem Vogler-Schuss (83.) und einem Mosch-Kopfball (87.) spektakulär den Rückstand. Vor allem Marcel Mosch musste sich nach dem Spiel die Frage gefallen lassen, wie man aus ca. 5 Metern völlig freistehend den Ball nicht im Tor unterbekommen kann. Denn es folgte noch eine alles entscheidende Szene.
Der HFC bekommt in den Schlussminuten den Ball kaum aus der eigenen Hälfte doch ein letzter Befreiungsschlag über Dennis Mast wird ausgespielt. Anton Müller bekommt den Ball und gibt ihn postwendend Mast zurück, der etwas glücklich den Ball mitnimmt, frei auf Wulnikowski zuläuft und ihm keine Chance lässt: 0:1, 90.! Der finale Angriff der Offenbacher wird abgewehrt, der Schiri beendet die Partie - damit stehen sechs Punkte gegen die Kickers auf der Habenseite nach zwei 1:0-Erfolgen.
Glücklich und wohlwissend das man tierisch Schwein hatte, ging der Weg zurück Richtung S-Bahn und damit gen Frankfurt. Ein kurzfristig einberaumter hallescher Stammtisch beim Bieberer Griechen fiel aus; man ahnt es: die Lokalität hatte geschlossen. Bei einem Ersatz-Treffen auf dem Frankfurter Weihnachtsmarkt zwischen Römer & Paulskirche wurde die Schlagzeile des Tages geboren: It was a "Mast" be win. In diesem Sinne, danke Dennis!
Kickers Offenbach - Hallescher FC 0:1 (0:0)
Tore: 0:1 Mast (90.)
Zuschauer: 4.810
OFC: Wulnikowski - Ahlschwede, Husterer, Stein, Stadel - Feldhahn - Dzwiniel (66.Avdic), Bäcker (74.Mosch), Reinhardtl - Vogler, Rathgeber
HFC: Horvat - Eismann, Becken, Ruprecht, Benes - Zeiger, M. Hartmann - Mast, A. Müller, Lindenhahn (75.Sautner) - Hauk (69.Preuß)
Einige Glühwein und Äppelwois später wurde das Gepäck sicher im Hotel verstaut und eine freie Kneipe in Frankfurts Innenstadt gesucht. Da man vor gut fünf Jahren ein Hallenser Urgestein zum Erkunden der Umgebung vorgeschickt hatte, profitierte man von der Ortskenntnis von selbigem. Bemerkenswert blieben an diesem Abend die TV-Wahl des Rezeptionisten im Hotel, der sich über die wichtigsten 0190-Nummern informierte und der relativ intensive Grasgeruch auf der eigenen Etage.
In der Summe blieben durchweg gute Erinnerungen an die Unterkunft, weshalb ich jetzt mal eine uneingeschränkte Empfehlung geben will: Hotel Anna in Laufweite zur S-Bahn-Stadion Frankfurt-Griesheim. Die Verabschiedung "bis zum nächsten mal" setzt ein hohes Vertrauen an die Kundenbindung voraus.
Zum Abschluss am Sonntag nutzte man die freie Zeit zwischen Auschecken und Beginn der 2.Buli mit einem Abstecher zum Mainufer um dann mit dem Bornheimer Hang noch einen Ground "einzutüten". Der FSV Frankfurt trat gegen den Herbstmeister aus Braunschweig an. Nach kurzen Überlegungen entschied man sich für den Gästeblock, da die Heimatmosphäre beim FSV eher etwas befremdlich wirkte. Für fanfreundliche (und ermäßigte) 7€ ging es in den Block, um sofort mit den ersten Zehübungen zu beginnen, um ein abfrieren der äußersten Extremitäten in den nächsten 2-3h bei nasskaltem Wetter zu verhindern. Der FSV nutzte die Stunde vor dem Anpfiff um ihr ganzes Repertoire an schmerzhaften Hymnen über die Lautsprecher abzufeuern. Etwas merkwürdig kam das Programmheft daher, dass nicht einmal das vergangene Montagsspiel in die Tabelle eingearbeitet hatte und für zwei Spieltage, inklusive dem Kommenden gegen den SV Sandhausen, galt.
Die Braunschweiger waren dennoch bester Laune, als souveräner Tabellenführer gab es bisher wenig zu mäkeln. Ich tippe auf gut 1.000 Braunschweiger unter den 4.748 Zuschauern. Auch hier das übliche Prozedere der ersten 12 Minuten und 12 Sekunden. Da kam natürlich die Frage auf ob am kommenden Freitag zwischen Bornheim und Sandhausen ein Boykott überhaupt akustisch wahrnehmbar wäre. Die Braunschweiger Fans nutzten die Zeit für ein paar nette Sprüche, die quer durchs Stadion hallten, immer wieder eingefangen von Aufforderungen zur Ruhe und einem geschlossenen "pssssst!". Die Reaktion folgte prompt eines supportwilligen BTSVers: "Ich halts nicht mehr aus!"
Ein besonderes Faible haben die Bornheimer offensichtlich für Statistiken entwickelt. So wurde nicht nur jeder Eckball, sondern tatsächlich jede Abseitsstellung mit einem kleinen Einspieler auf der Anzeigetafel präsentiert. Umso verwunderlicher, dass zuletzt ein (realistisches) 5:8 auf der Anzeige eingeblendet wurde, die umfangreiche Spielstatistik der FSV-Homepage aber ein 2:8 aufweist.
Und dann wurde es doch nach nur 11 Minuten laut, nach einem Eckball köpfte Kruppke zur Gästeführung ein. Kurz darauf war auch der Stimmungsboykott beendet und die Gästekurve lebte. Braunschweig erspielte sich mehrere Chancen, das 2:0 fiel folgerichtig nach gut einer halben Stunde. Nach einem Zuckerpass von Kumbela netzte Orhan Ademi eiskalt ein. Völlig befremdlich wirkten auf uns die Diskussionen, das man doch noch nachlegen sollte, das man nicht sich nicht einlullen lassen sollte und überhaupt die Fehlpässe...
Braunschweig führte durch eine souveräne Leistung mit ein paar Glanzpunkten zur Pause auswärts 2:0. Ich hatte keine Ahnung, wann ich jemals so etwas oder etwas ähnliches über meinen Heimatverein hätte sagen können. So unterschiedlich können Ansprüche sein. Doch die Unkenrufe in einer ereignisarmen zweiten Halbzeit waren nicht ganz unberechtigt. Die Löwen hatten eigentlich alles im Griff, die Braunschweiger Ultras konnten sich ganz auf ihr Liedgut konzentrieren und überzeugten uns in der Summe, wenn nicht immer durch Lautstärke dann aber durch ihr Repertoire und einem Capo, der sich die Seele aus dem Leib schrie, um auch den letzten Gästefan akustisch zu erreichen.
Drei Minuten vor Schluss geschah dann doch der überraschende Anschlusstreffer, ein satter Schuss von Manuel Konrad findet, da die Schussbahn kaum bis gar nicht einzusehen war, zielsicher den Weg ins Tor von Daniel Davari. Und als in der Nachspielzeit noch an den Pfosten klatschte, konnte mal wieder die Phrase des Spitzenreiterdusels hervorgekramt werden, obwohl die Eintracht eindeutig die bessere Mannschaft war. In der zweiten Hälfte hatte der Herbstmeister genug Möglichkeiten um den Sack zu zumachen.
Nach dem Spiel hatte ich noch kurz die Möglichkeit das Stadion etwas zu erkunden. Von außen macht es einen ganz schicken Eindruck. Es folgt nicht der 0815-Standardbauweise der neuen Arenen und hinterlässt durch die unüberdachten Kurven und die Architektur der Tribünen einen bleibenden Eindruck. Das Innenleben ist aber durch reichlich Baustellen geprägt, da die Haupttribüne aktuell noch umgebaut wird und erst seit zwei Spielen überhaupt genutzt werden kann.
Ein schönes Wochenende am Main neigte sich dem Ende entgegen, wir fuhren durch das Schneegestöber ostwärts der Heimat entgegen. Das nächste Auswärtsspiel in zwei Wochen ist dann ein ganz besonderes für mich. Der HFC gastiert in Erfurt, dann wird die Anreise übersichtlich sein und der Heimvorteil auf meiner Seite.