Bezirksliga Ost 2011/2012

Hier für alle der Mega-Artikel aus der heutigen SZ (auch über Gnaschwitz):

Mittwoch, 4. Juli 2012, (Sächsische Zeitung)

Bestechungsskandal trifft auf Mauer des Schweigens

Fußball-Bezirksligist FSV Oderwitz will, dass weiter ermittelt wird. Auch wenn der Verein jetzt doch nicht absteigen muss.

Nur noch wenige Wochen, dann rollt der Fußball wieder – aber auch richtig? Nach einem unmoralischen Angebot am letzten Bezirksligaspieltag gibt es daran einige Zweifel. Es kommt wohl so, wie fast alle Beteiligten es erwartet haben. Der vom FSV Oderwitz ans Licht gebrachte Bestechungsskandal hat zwar für viel Aufregung in Fußballerkreisen gesorgt, aber neue Erkenntnisse gibt es bisher nicht. Niemand will damit zu tun haben, jeder weist jeglichen Verdacht empört von sich. Und die Staatsanwaltschaft? Die wird ihre Ermittlungen wohl bald einstellen. „Strafrechtlich relevant ist das aus unserer Sicht nur, wenn an dem oder den betroffenen Spielen Wetten dranhängen. Das prüfen wir derzeit“, sagt Martin Uebele von der Staatsanwaltschaft Görlitz. Für die Bezirksliga, um die es hier geht, werden von den Wettanbietern aber gar keine Wettquoten erstellt. Dafür ist die siebente deutsche Liga einfach nicht interessant genug.

Was war passiert? Der FSV Oderwitz hatte von einem Unbekannten, der sich als Fan des FV Dresden Laubegast 06 ausgab, vor dem letzten Spieltag ein unmoralisches Angebot erhalten. Wenn man gegen die noch abstiegsbedrohten Laubegaster verliere, sollte es Geld für die Mannschaftskasse und den Trainer direkt geben. Jens Grunewald, der Oderwitzer Trainer, war zum Schein auf das Angebot eingegangen, hatte Vereinsvorstand und Staatsanwaltschaft informiert, weitere Telefonate mit Zeugen gehört, eines sogar auf Band aufgenommen. Verdeckte Ermittler waren zum Spiel da und wollten den „Bestecher“ bei der Geldübergabe festnehmen. Dazu kam es aber nicht. Sicher deshalb, weil vor dem Spiel klar war, dass Dresden-Laubegast nicht mehr absteigen konnte, vermuten die Oderwitzer. Weil es aus dem Kreisverband Westlausitz keinen Aufsteiger gibt, musste nur noch eine Mannschaft aus der Bezirksliga runter. Das stand einen Tag vor diesem Spiel fest.

Trotzdem hatte der Tabellenletzte FSV Oderwitz Protest gegen die „Wertung der gesamten Spielzeit der Bezirksliga Ost 2011/12“ beim Sportgericht des Sächsischen Fußballverbandes eingereicht. Grund dafür war vor allem, dass der „Bestecher“ in den Telefonaten weitere Vereine genannt hatte, die in Bestechungen verwickelt seien, dass man nicht der letzte Verein sein wolle, der so etwas nicht macht.

Die Reaktionen des Fußballverbandes haben die Oderwitzer mehr als enttäuscht: „Im ersten Telefonat schienen die 100 Euro Protestgebühr fast wichtiger zu sein als der brisante Inhalt unseres Protests“, sagt Jens Grunewald.

Anschließend wurden die im Protest genannten Vereine angeschrieben und um Stellungnahme gebeten. Es gab die erwarteten Reaktionen.

Auf der Homepage des Vereins äußert sich der FV Dresden-Laubegast zum Beispiel so: „Der FV Dresden 06 Laubegast verwahrt sich strikt gegen den Verdacht der versuchten Spielmanipulation. Es hat – ... – seitens des FV Dresden 06 noch nie Spielmanipulationen und auch keine derartigen Versuche gegeben. Sollten wir Kenntnis von derartigen Vorgängen bekommen, werden wir diese umgehend gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Sächsischen Fußballverband anzeigen und gegen Täter mit aller Konsequenz vorgehen.“ Mannschaft und Trainer seien befragt worden. So ähnlich lauten die Stellungnahmen überall. „Etwas anderes war ja auch nicht zu erwarten“, sagt Grunewald.

Das Sportgericht hat den Protest des FSV Oderwitz inzwischen zurückgewiesen, durch Einzelrichter Dietmar Karraß. Als Grund dafür wird genannt, dass Fristen nicht eingehalten wurden. „Dass das auf ausdrücklichen Hinweis der Staatsanwaltschaft so geschehen ist, interessiert niemanden“, sagt Grunewald. Außerdem seien die Beweise nicht ausreichend, heißt es in dem Urteil. Grunewald dazu: „Dann hätte man doch aber die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abwarten müssen.“ Außerdem habe sich bei seinem Verein nie ein Vertreter des Fußballverbandes gemeldet. Etwa, um die Geschichte aus erster Hand zu hören, zum Beispiel den aufgezeichneten Bestechungsversuch. Das haben übrigens auch die ihren Aufklärungswillen beteuernden Laubegaster nie getan. „Wir haben eher den Eindruck, dass man froh ist, wenn dieses Kapitel schnell wieder zugeschlagen wird“, ärgert sich der Oderwitzer Trainer. Als i-Pünktchen empfindet er, dass das Verbandsurteil eine halbe Stunde vor dem Deutschland-Halbfinale per E-Mail zugestellt wurde. Am nächsten Tag habe man das Postfach nicht geprüft, und schon war die Einspruchsfrist verstrichen.

Frank Pohl, Geschäftsführer des kritisierten sächsischen Fußballverbandes, sagt: „Wir können nur das beurteilen, was auf dem Sportplatz passiert. In so einem Fall wie diesem prüfen wir die vorliegenden Unterlagen und Spielprotokolle, befragen Schiedsrichter, holen Stellungnahmen ein und schicken zu bestimmten Spielen auch Beobachter.“ Ansonsten könne man nur an alle appellieren, Werte einzuhalten und fair zu sein. Wer einen Bestechungsversuch erlebt, solle das unbedingt melden – auch nachträglich. Eine rückwirkende Bestrafung, weil man das nicht sofort gemeldet habe, werde es nicht geben, sagt Pohl.

Inzwischen ist der Protest auch aus anderer Sicht hinfällig. Weil der SV Gnaschwitz-Doberschau seine Mannschaft aus der Bezirksliga zurückzieht, in der neuen Saison nur noch in der Kreisliga (!) antreten will, rutscht Gnaschwitz automatisch auf den letzten Platz der Bezirksligastaffel, Oderwitz eins vor auf den vorletzten und bleibt so drin in der Bezirksliga. „Darum ging es uns aber gar nicht in erster Linie“, sagt Grunewald. „Wir wollen weiterhin, dass das aufgeklärt wird. Jedem, der etwas weiß, biete ich an, dass er sich bei mir auch anonym melden kann.