Bereits im April kam das verlockende Angebot den Männertag/Himmelfahrt dieses Jahr in Elbflorenz zu begehen. Doch bevor es in die Wiege des frischgebackenen Zweitligisten gehen sollte, bot sich am Mittwochabend das Pokalfinale in Sachsen geradezu an. Es standen sich die Regionalligakontrahenten vom Ligakrösus RB Leipzig und Ligameister Chemnitzer FC direkt gegenüber. Eine durchaus reizvolle Paarung, Himmelblau siegte 10 Tage zuvor mit 1:0 im Ligaduell.
16.31 Uhr begann die Reise im tiefsten Thüringen in der Hoffnung irgendwie pünktlich anzukommen. Doch weder die Baustellen auf der A4 (einen schönen Gruß nach Magdala/Schorba!) noch die A9 (Weißenfels) hatten Mitleid und so überquerte ich pünktlich mit dem Anpfiff die Stadtgrenze der Messestadt. Auf dem Fußweg zum Stadion pilgerten einige Himmelblaue ebenfalls noch verspätet zum Stadion, auch die Bundesstraße nach Leipzig schien verstopft zu sein.
Programmhefte gab es bei knapp 14.000 Zuschauern keine mehr - zumindest am Sektor D. Auf die Frage ob die Ordner in meinen Rucksack/Tasche schauen dürfen, winkte ich ab. Da darin das Arsenal für den darauffolgenden Vatertag gut verstaut war, bevorzugte ich die Abgabe meiner Habseligkeiten. Mit 19 Minuten Verspätung enterte ich endlich den Gästeblock und machte die NOFBler G.M.F, Chillmann und Wambo im gut gefüllten Sektor schnell aus. Chemnitz war bis dahin spielbestimmend, trafen bereits das Tor - allerdings wurde ein Handspiel geahndet.
Die restlichen 70 Minuten sind einfach beschrieben: Chemnitz belauerte die Leipziger Hälfte, spielte so gut wie keinen langen Ball, war extrem auf Ballkontrolle aus und diktierte über weite Strecken das Spielgeschehen. Aber auch über 60% Ballbesitz nutzen nichts, wenn man sich viel zu wenig (nennenswerten) Chancen erarbeitet. Die jungen Wilden um Ronny Garbuschewski, Chris Löwe und Benni Förster bemühten sich redlich, um das RB-Bollwerk zu knacken - vergeblich. Leipzig lauerte und schlug eiskalt zu. Ein Graupenecke wird geklärt und aus einer Not-Flanke wird eine Torvorlage, Torwart Philipp Pentke verschätzt sich etwas - Oldie Ingo Hertzsch trifft, ernüchternd (39.). Der Schiedsrichter unterbricht die Chemnitzer Pass-Staffeten in der eigenen Hälfte für 15 Minuten.
Nach der Pause bestraft Gerd Schädlich seine eigene Mannschaft mit der Hereinnahme von Simon Tüting. Der Ex-Magdeburger nimmt geschickt das Tempo aus jedem Angriff raus und produziert mehr Fehlpässe als RB Getränkedosen. Folglich bot sich, falls sich ein Pass auf Tüting nicht vermeiden ließ meist Garbuschewski sofort kurz an, um den armen Mann von seinem Schicksal zu erlösen. Ausgerechnet Tüting hatte sogar die Führung auf dem Fuß, scheiterte aber und verdiente sich am Ende des Tages das Prädikat "das blinde Element". Eine der besseren Chemnitzer Chancen besaß der behäbig wirkende Pavel Dobry, der aus spitzen Winkel Sven Neuhaus prüfte. Sensationell schlecht spielte RasenBallsport seine besten Konterchancen, der agile Daniel Frahn wurde immer zu spät gesucht, Thiago Rockenbach überzeugte durch gute Technik, scheiterte aber an seinem Egoismus.
Ein bisschen Theater musste auch noch sein, Stefan Kutschke gab wirklich alles, um das Spiel kurz vor Ultimo zu verzögern. Die Berührungen von Pentke nutzte der Laiendarsteller zu extrem theatralischen Einlagen. Als die Nummer beim ersten mal nicht klappte, schnappte er sich kurzerhand den Ball, wurde logischerweise von Pentke erneut gedrängt das Spielgerät rauszurücken und wieder war er der Schwerkraft schutzlos ausgeliefert. Folgerichtig gab es für beide Gelb, bloß das Kutschke bereits zuvor eine gesehen hatte. Das ganze hatte ein mittelgroßes Gerangel auf dem Platz und an den Trainerbänken zu Folge. Ohne Ergebnis, der Schiedsrichter beendete die Partie nach ein paar Minuten Nachspielzeit - die Ex-Markranstädter errangen ihren zwei Titel für den Briefbogen.
Es folgten Szenen, die mich stark an das Sachsen-Anhalt-Pokalfinale 2009 erinnerte. Damals weigerten sich die Gästefans aus Halle beim Erzrivalen den Platz demütig zu räumen und sich dem Spott des Gegners auszusetzen. Und so feierten auch die Chemnitzer ihr Team ausgelassen zu recht für eine tolle Saison, bloß ohne das fehlende i-Tüpfelchen. Und nicht ganz ohne Inbrunst riefen viele Chemnitzer dem frischgebackenen Pokalsieger eine aus Leipziger Sicht äußerst schmerzhafte Erkenntnis zu: "Vierte Liga - nie mehr."
Am Bahnhof lief die Logistik für das Himmelfahrtskommando auf Hochtouren. Und so konnte man bei einigen Chemnitzern mit Bollerwagen + flüssig Verpflegung nachhaltig Eindruck schinden. Die Polizei am Osteingang fragte uns frevelhafterweise, ob wir RB-Fans wären. Die Warnung, dass 270 Fußballfans sich im Bahnhof befinden, nahmen wir gelassen entgegen. Das größte Problem war nur den eigenen Gerstensaft zu behalten, begann doch ein illustres Wettbieten für unseren Wegproviant. Gegen 23.40 Uhr ging es endlich los ins sachseninnere. Es folgte eine wilde Tour am Donnerstag quer durch Dresdens Alt- und Neustadt im Einklang mit dem parallel stattfinden evangelischen Kirchentag. Vom Elbebad über spirituelle Öffnung des Geistes bis zu mehr oder weniger tiefsinnigen Gesprächen ließ der Männertag 2011 wirklich keine Wünsche offen.
RasenBallsport Leipzig - Chemnitzer FC 1:0 (1:0)
Tor: 1:0 Hertzsch (39.)
Gelb-Rot: Kutschke (89./RBL/Foul + unsportliches Verhalten)
Zuschauer: 13.950
RBL: Neuhaus - Müller, Franke, Kläsener, Hertzsch - Laas (70. Rost), Rockenbach da Silva, Geißler (90. Rosin), Schinke - Kutschke, Frahn (80. Frommer)
CFC: Pentke - Schaschko (70. Schlosser), Richter, Trehkopf, Bankert - Wilke (75. Sträßer), Peßolat (46. Tüting), Löwe, Garbuschewski - Förster, Dobrý