19.September 2010, 17.00 Uhr: Hercules CF Alicante - Valencia CF 1:2 (1:2)
Im Februar diesen Jahres fiel für acht Leute die Entscheidung des Jahresurlaubs auf das spanische Alicante. Möglich machte es der irische Billigflieger Ryanair der vom thüringischen Altenburg aus die spanische Mittelmeerküste anfliegt. Natürlich behielt man stets die Segunda Division im Auge und trotz Manipulationsverdachts freute man sich auf ein Erstligaspiel im Land des Weltmeisters - denn Alicante schaffte den Sprung ins spanische Oberhaus. Irgendwann stellte sich auch heraus wo es genau hingehen sollte: Hercules Alicante traf direkt an unserem Anreisetag auf den (nach 2 Spieltagen) Tabellenzweiten FC Valencia. Die Internetrecherche ergab einen Kartenpreis von mindestens 40€.
Die Anreise mit wenig Schlaf aber dafür drei Punkten vom Vortag (HFC gewann in Havelse) lief reibungslos. Fasziniert von der spanischen Wärme wurde in der Ferienwohnung die deutsche Herbstkleidung verbannt. Eine kurze Anfrage bei unserem Vermieter nach Hercules und die heutige Ticketsituation blieb unbeantwortet – er hatte mit Fußball nichts am Hut. Dagegen sah man als man zu viert dem Stadion entgegenpilgerte wie die Hercules-Kleidung im Umfeld zunahm. Ein Verkäufer witterte bei uns Umsatz und gab uns den Tipp, dass im Stadion nur alkoholfreies Bier verkauft wird, um seine eigenen Getränke anzupreisen. Wir dankten für den Hinweis zogen es in der (Nach)Mittagshitze aber vor erstmal direkt zum Stadion zu gehen.
Das Stadion machte von weitem keinen schlechten Eindruck, sah aber sehr rustikal aus. Von außen „strahlte“ einem der blanke Beton an. So etwas wie Putz oder Verkleidung kannte man nicht, die Flutlichtmasten wirkten mit einem überdimensionalen Stahlrohr als Stütze auch alles andere als filigran, immerhin hatte man sich die Mühe gemacht sie blau anzupinseln. Die Arena war komplett in den Vereinsfarben blau gehalten und hatte ausschließlich Sitzplätze.
Dort empfing uns eine elend lange Schlange am Einlass aber kein entzifferbarer Hinweis auf Tageskassen, wobei sich unsere nicht vorhandenen Spanisch-Kenntnisse als arg hinderlich erwiesen. Fans im Stadionumfeld auf englisch zu fragen, war nicht von Erfolg gekrönt. Trotzdem fand man beim Rundgang noch eine Kasse und die Internetprognose von 40€ schien sich zu bewahrheiten. Kurioserweise bekamen ausgerechnet die Fans im Gästeblock mit 35€ die billigsten Karten. Zwei Deutsche Touris sprachen uns an, ob wir Karten wollen, hatten aber sonst auch keine verwertbaren Infos für uns. Am Ticketschalter probierte ich es auf Verdacht mal ein paar Gästekarten zu erwischen – 5er sparen und bisschen Stimmung mitnehmen klang nicht verkehrt. Klappte natürlich nicht, also ging es auf den Oberrang in die pralle Sonne. Doch so einfach kamen wir gar nicht zu unserem Eingang, denn es kamen kurz nach unserem Kartenkauf die Gäste aus Valencia an, die sich mit den Einheimischen auf ein erstes Wortgefecht einließen. Doch die berittene Polizei hatte wenig Mühe die Kontrahenten voneinander zu trennen.
Wir durften uns natürlich an der längsten Schlange anstellen, dennoch ging der Einlass relativ zügig von statten. Bemerkenswert war das kollektive Bepöbeln von Vordränglern, die sich entweder taub stellten oder brav einordneten. Einlasskontrollen fanden nicht statt, wer wollte konnte Waffen, Pyrotechnik und Wurfgeschosse jeder Art mit ins Stadion nehmen.
Bei freier Platzwahl waren schnell vier Plätze ausgemacht und wir warteten gebannt auf die Mannschaften. Die digitale Anzeigetafel verkündete, dass der Neuzugang Nelson Valdez – zweifacher Torschütze beim Sieg im Camp Nou – von Beginn an spielen wird. Unser Kommen hatte sich also jetzt schon gelohnt, schließlich gibt es im Leben eines Fußballfans kaum etwas größeres als Nelson Valdez einmal live spielen zu sehen. Mit David Trezeguet (Hercules) und Juan Manuel Mata (Valencia) standen immerhin zwei Weltmeister (1998 und 2010) auf dem Feld. Auch Royston Drenthe (ex-Real, nun Alicante) und auf der Gegenseite Miguel (portugiesischer Nationalspieler) versprühten internationalen Charme.
Support war auf beiden Seiten ganz ok, auch wenn man sich aus dem 150km entfernten Valencia etwas mehr Gästeanhang als die paar Hundert mitgereisten Fans versprochen hatte. Über das Spiel verteilt folgte ein wenig Pöbelei gegen den Gegner und mal mehr, mal weniger Unterstützung für das eigene Team.
Gleich nach zwei Minuten gabs den ersten „Fast-Platzsturm“. Mata hämmerte eine weite Flanke von Pablo Hernandez aus spitzem Winkel per Direktabnahme ins lange Eck. Juan Calatayud im Tor von Alicante sah nicht gut aus und die Gästefans stürmten gen Werbebande um mit ihrem Torschützen zu feiern. Die Ordner wollten oder konnten dem Treiben kein Einhalt gebieten. Die Antwort von Alicante blieb aus, die Bemühungen der Heimelf hatten zu wenig Durchschlagskraft. Dafür erzielte nach 22 Minuten Valencia das 2:0, mit schnellem Direktpassspiel überbrückten die Gäste das Mitelfeld, dieses mal legte Mata für Hernandez auf, der den Ball herrlich in den Winkel schlenzte.
Hercules war eigentlich nur durch Trezeguet gefährlich, Valdez hing größtenteils in der Luft. Ein Kopfball des Franzosen landet in den Armen des Torhüters. Als der Ex-Juve-Spieler David Navarro (FCV) aus Nahdistanz etwas unglücklich an den Arm schießt, entscheidet der Unparteiische auf Strafstoß, den widerum Trezeguet zum 1:2-Pausenstand sicher verwertet.
Etwas verwundert nahmen wir das eingeschaltete Flutlicht zur Kenntnis, dass unter der grellen Sonne Spaniens nicht auf dem Platz wahrzunehmen war. Trotzdem gingen in der Halbzeit nach und nach die Lichter an. Die Zuschauerzahl wird im Netz recht unterschiedlich angegeben. Die meisten dt. Quellen schreiben von 24.000, Valencia bietet 20.000. Da insgesamt knapp 30.000 Zuschauer in das Estadio José Rico Pérez gehen, werden wohl etwas mehr als 20.000 vor Ort gewesen sein.
In der zweiten Halbzeit sieht David Navarro nach einem keineswegs unfairen Zusammenprall mit Abel Aguilar den gelb-roten Karton – erneut eine unglückliche Entscheidung gegen Valencia. Die versuchten mit einzelnen Kontern das Spiel zu entscheiden, gingen aber kein hohes Risiko. Sogar Nelson Valdez kam noch zu einer Torchance, doch sein Kopfball wurde noch über die Latte gelenkt. Kurz darauf war für den Paraguayer verletzungsbedingt Schluss. Drenthe drehte in der Schlussphase auf der linken Seite richtig auf, geriet dabei mehrfach mit Miguel aneinander, die sich nichts schenkten. Dafür erwies sich die Besetzung des rechten Flügels mit David Cortes als ausgewiesene Vollpfeife, der keine brauchbare Flanke in den Strafraum brachte. Bei einer aussichtsreicher Situation passte er zu ungenau, so das Trezeguet den Ball und damit den Ausgleich knapp verpasste. Ebenfalls knapp war es beim Kopfball des Weltmeisters von '98 als er lediglich den Pfosten traf.
Spielerisch wär ein Punkt für den Liganeuling drin gewesen, aber gerade unter Berücksichtigung der zwei Entscheidungen (Elfer, Platzverweis) hatte sich Valencia den Dreier verdient, der nach dem dritten Spieltag zur Tabellenführung reichte.
Der Abmarsch aus dem Stadion verlief unspektakulär. Wir verzogen uns erstmal an schattigere Plätzchen und kühlten uns am Abend mit ein paar Cervezas in Alicantes Innenstadt ab. Es folgten noch sechs weitere Urlaubstage bei bestem Sonnenschein, reichlich Bier und langen Nächten in der neuen Wahlheimat von Valdez, Trezeguet und Co.
Tore: 0:1 Mata (2.), 0:2 Hernandez (22.), 1:2 Trezeguet (42./HE)
Gelb-Rot: Navarro (51./Hand- & Foulspiel)
HCF: Calatayud, Paz, Drenthe, Aguilar, Peña, Trezeguet, Fritzler (46.Kiko), Valdez (68.Portillo), Cortés, Pamarot and T. Gomes (64. Tote)
VCF: César, Maduro, Navarro, Topal, Joaquín, Soldado (61.Domínguez), Mata (54.Dealbert), Pablo, Mathieu, Miguel and Tino Costa (73.Fernandes).