Stürmergott = Trainergott?
Das Spiel
Eigentlich hat sich unter Interimstrainer Hans-Jörg-Leitzke nicht viel geändert. Chemie kämpft, Chemie pennt selten - dann aber richtig - in der Abwehr und Chemie braucht weiterhin viel zu viele Chancen für ein Tor. Außer einem offensiveren 3-4-3-System also das alte Bild. Mit der Wiederkehr verloren geglaubter Effizienz oder einfach mit ein wenig mehr Glück gab es am Sonntag aber eben mehr Punkte als an den sieben vorhergehenden Spieltagen.
Das Unterfangen „Mit neuen Kräften auf Trainerbank und Rasen weg vom Tabellenende“ schien schon nach 30 Sekunden gescheitert. Ein Freistoß von Neumünster wird kurz vor den Strafraum geschlagen, von dort an Sven Beck weitergeleitet, der den Ball völlig unbedrängt annehmen und in den rechten Winkel versenken kann. Ein ganz dicker Patzer von Gegenspieler Tobias Friedrich, der bewundernd diese Aktion beobachtet. Nach drei verspielten Führungen in den vergangenen Spielen vielleicht das richtige Signal. Nur elf Minuten später wird Zimmermann mit einem Freistoß angespielt und nach einer kurzen Drehung schiebt er den Ball zum viel umjubelten Ausgleich ins Tor. Dann spielt Chemie wie befreit auf: Kujat bedient Zimmermann mit einem mustergültigen Pass auf den kurzen Pfosten und der hämmert den Ball unhaltbar ins rechte obere Eck. Nur wenige Minuten nach der Führung muss Kanitz aus zehn Metern völlig freistehend die Führung ausbauen, der Ball geht aber zwei Meter am Tor vorbei. Der vergebenen Chancen nicht genug. Der eigentlich als letzter Mann aufgebotene Roman Müller verliert an der Mittellinie die Geduld, umspielt einige lila-weiße Spieler und zielt aus fünfzehn Metern knapp vorbei.
Dann findet der Sturmlauf mit Beginn der zweiten Halbzeit vorerst sein Ende. Nach einem fehlgeschlagenen Abspiel stürmt Blank allein in den Leutzscher Strafraum, aber Eckstein wirft sich mutig entgegen und kann zur Ecke klären. In der 53. Minute trifft Blank nur das Lattenkreuz, drei Minuten später vergibt Hacker mit Pfostenschuss den Ausgleich für Neumünster. Eine halbe Stunde vor Ende werden die aufopferungsvollen Ausgleichsbemühungen der Gäste jäh unterbrochen. Der gerade erst eingewechselte Zschische wird nach grobem Foulspiel mit Rot vom Platz gestellt. Gegen nur zehn Mann gelingt den Chemikern zumindestens noch ein Tor, indem Geißler sich im Strafraum durchsetzt und aus zehn Metern das erlösende dritte Tor erzielt. Aber ist die Effizienz wirklich wieder zurückgekehrt in Beine und Köpfe der Spieler? Wer sieht, wie Ronny Kujat kurz vor Schluss einen Elfmeter über Torwart und Tor hebt, könnte wieder daran zweifeln.
Somit hat die Leutzscher Mannschaft endlich auch in klar messbaren Punkten ihre Regionalligatauglichkeit nachgewiesen. Die Gäste aus dem Norden der Republik bleiben diesen Nachweis weiterhin schuldig. Die „Hansi-Hansi“-Rufe einiger Fans sagen viel über die Reputation und die Erwartungen an den ex-Chemie-Spieler Leitzke aus. Die schweren Spiele gegen Uerdingen und Braunschweig werden nun zeigen, ob der Rauswurf von Jürgen Raab sich wirklich auszahlen wird. Wie schon auf dem Norddamm per Spruchband zu lesen war: Vielen Dank Jürgen für die vergangenen Jahre!
Die Fans
Aus Neumünster haben ca. 25 Supporter mit 10 Zaunsfahnen und 10 Winkelementen den weiten Weg in den wilden Osten gewagt. Respekt, auch diese Jungs können einiges an (sportlichem) Leid ertragen. Die gelegentlichen Sprechchöre konnten ihrer Mannschaft aber auch nicht den nötigen Kick geben. Die restlichen Besucher im Alfred-Kunze-Sportpark haben endlich bewiesen, dass sie auch in schweren Momenten zur Mannschaft halten können. Parallel zum sportlichen Misserfolg sind die Zuschauerzahlen immer weiter gestiegen. Das und die recht ansprechende akustische Unterstützung macht Mut für den weiteren Support im Abstiegskampf.
Die Statistik
Tore: 0:1 Beck (1.)
1:1 Zimmermann (11.)
2:1 Zimmermann (26.)
3:1Geißler (83.)
Zuschauer: 4.178