Es nahm beim letzten Heimspiel (Di., 13. April gegen Regensburg) seinen Anfang.
Ich war verdammt spät zuhause weg und in verbotener Geschwindigkeit nach Jena und sogar in Stadionnähe vorgedrungen. Wider besseren Wissens fand ich 25 Minuten vor Anpfiff einen kostenlosen Parkplatz in einer Nebenstraße und war ca. 5 Minuten vor Anpfiff in der Südkurve angekommen, holte mir noch schnell eine Roster, machte da schön viel Senf drauf und schlenderte mampfend dahin, wo ich meine Kumpels vermutete. Als ich sie fand, wurde ich mit einem nüchternen „Du hast Senf auf´m Pullover!“ begrüßt. Kurzer Blick nach unten – yep, meine Kollegen sind keine Lügner! Das muß doch Glück bringen, dachte ich und das brachte es auch, in Form eines 3:1-Sieges nach einem frühen Rückstand.
Ich beschloss, diesen Pullover zuhause sofort auszuziehen und beiseite zu legen, um die Wirkung des Glückskleckses am Wochenende gegen Dünamo ein zweites mal zu testen und somit seine Wirksamkeit zu beweisen oder aber zu widerlegen.
Samstag, 17. April 2010, 08:35 Uhr.
Es klingelt an der Haustür. Selbstverständlich sitze ich gerade auf dem Klo. Morgens bin ich aus der Nachtschicht heim gekommen, habe dann erst mal die Zeitung gelesen, dann gabs Frühstück und nun hat der Kaffee den Darm angeregt. Die Kumpels sind früher dran, als geplant. Ich brülle kurz aus dem Fenster, dass es noch´n Moment dauert, dann setz ich mich erst mal wieder hin und bring zuende, was zuende gebracht werden muß.
Wenige Minuten später steige ich zu drei vertrauten Personen ins Auto und ab geht es gen Jena Paradies. Auf dem kleinen Parkplatz direkt am Stadion stehen bereits zwei Busse und jede Menge wartende Reiselustige. Die anderen drei Busse, die der Supportersclub nach DD organisiert hat treffen nach und nach auch ein und so gegen 10:00 Uhr wird planmäßig abgefahren Richtung Osten. Die Busfahrt verschlafe ich größtenteils und werde gegen 12:00 Uhr geweckt, als unser Bus auf der Raststätte „Dresdner Tor“ (A4) zum stehen kommt.
Hier werden alle Busse (insgesamt wohl 11 oder 12) gesammelt und dann in Zweier-, teilweise auch Dreiergruppen in Polizeibegleitung zum Dünamostadion eskortiert. Unser Bus gehört selbstverständlich zum letzten Korso, der sich zum Stadion in Bewegung setzt. Es ist jetzt ca. 12:30 Uhr (14:00 Uhr ist Anpfiff). Als unser Bus ca. 12:50 Uhr am Stadion endlich eingeparkt hat, treffen just in diesem Moment auch ca. 6 bis 8 städtische Gelenkbusse aus Richtung Hauptbahnhof am Stadion ein. Aha der Entlastungszug aus Jena war wohl gerade eingetroffen. Gut das wir nicht eher da waren, sonst wäre uns das Erlebnis eines fast einstündigen Wartens am Einlass des Gästeblockes durch die Lappen gegangen.
Von außen betrachtet ist das neue Dünamostadion ein ziemlich hässlicher Betonklotz. Ich glaube das ganz gut beurteilen zu können, nachdem ich ja fast eine Stunde Zeit hatte, diesen Anblick auf mich wirken zu lassen. Ich vermute wir befanden uns in der ehemaligen Badkurve, denn meiner Erinnerung nach war hinter der anderen Kurve eine ziemlich große Hauptverkehrsstraße mit Straßenbahnstation und davon war hier weit und breit nichts zu sehen. Da war wohl das gute alte Freibad dem Stadionumbau zum Opfer gefallen. Das bauliche Brachland hier (teilweise noch unbefestigt) ließ diese Vermutung jedenfalls aufkommen.
Kurz nach 14:00 Uhr sind wir endlich durch. Der Anpfiff wurde mittlerweile auf 14:15 Uhr verschoben. Ich schaue nach einem Imbisstand aus, schließlich habe ich seit früh nichts mehr gegessen und insgeheim habe ich auch vor, mir sicherheitshalber einen zweiten Senffleck zuzulegen – man weiß ja nie. Ich entdecke auch einen solchen Imbisstand und die Schlange davor ist auch eine erfreulich kurze, aber meine Kollegen haben es derart eilig ins Innere des Stadions zu gelangen, dass ich kurzfristig umdisponieren muß, um sie nicht zu verlieren. Wir laufen in den Block ein, gesäumt von Leuten die Fisch- oder Schnitzelbrötchen essen – ich habe Hunger und der wird bei diesem Anblick nicht schwächer. Ich überlasse den Kumpels die Platzwahl. Natürlich müssen wir ganz rauf unters Dach – war ja klar. Es sind beachtliche Traversen, die das Dünamostadion aufzubieten hat und oben angekommen lasse ich erstmals den Gesamteindruck des Neubaus auf mich wirken. Schönes Ding!!! Kein Vergleich zum äußeren Eindruck!
Es ist angeblich mit 29.000 Leuten ausverkauft, aber auf der Haupttribüne sind doch allerhand Plätze frei geblieben. Normalerweise passen mehr Leute rein, aber rechts und links des Gästeblockes sind Pufferzonen gelassen worden.
Die Mannschaften sind eingelaufen und endlich kann man mal wieder ein Fußballspiel genießen, wo beide Teams in vernünftigen Farben auflaufen. Außer dem Schiri ist kein Klecks rot auf dem Platz zu sehen – herrlich! Apropos Klecks, ich schaue noch mal kurz skeptisch nach meinem Senffleck. Man sieht ihn kaum noch auf dem hellbraunen Pullover – der wirkt bestimmt nicht mehr! Während der ersten Halbzeit werde ich in dieser Vermutung bestärkt. Dafür das bei Dünamo angeblich haufenweise Leistungsträger fehlen, geht da unten aber ganz schön die Post ab. Der FCC steht ordentlich unter Druck. Schon während der ersten Hälfte muß Quido Lanzaat verletzt ausgewechselt werden. Dafür kommt Patrick Amrhein. Oh mann, warum bringt van Eck ausgerechnet den!? Obwohl, gegen Regensburg war er ja auch dabei und war eigentlich gar nicht so schlecht gewesen. Tim Wuttke rückt für Lanzaat in die Innenverteidigung (den Jungen kannst Du aber auch überall auf´m Platz hinstellen – der macht sein Zeug) und Amrhein übernimmt die rechte Außenbahn von Wuttke.
Ralf Schmidt hat beim Schiri einen schweren Stand, hat schon gelb und ist m.M.n. rotgefährdet. Den würde ich zur Pause draußen lassen, aber ich bin nicht der Trainer.
Der Schiri war anfangs scheinbar ein bischen von der Kulisse beeindruckt. Jena hatte sich ruckzuck drei, vier gelbe Karten eingefangen. Mittlerweile geht er aber mehr und mehr dazu über, gleiche Fouls auch gleich zu bestrafen bzw. oftmals auch durchgehen zu lassen.
Die erste Halbzeit wird abgepfiffen und ich bin einigermaßen froh, dass es noch 0:0 steht.
Als die Mannschaften wieder einlaufen ist Ralf Schmidt noch mit von der Partie, später wird ihn van Eck dann aber doch runter nehmen und den noch angeschlagenen Stefan Kühne bringen.
Das Spiel ist jetzt plötzlich ein anderes. Jena spielt auf einmal besser mit und setzt Dünamo auch prompt unter Druck. So ganz viele Chancen kommen aber bisher noch nicht dabei heraus. Umsotrotzer beginne ich langsam meine Hoffnungen von einem mühsam erkämpften 0:0 auf ein dreckiges 1:0 umzustellen. Da plötzlich fällt mir der Senffleck wieder ein, ich schaue hin und erkenne ihn diesmal klar und deutlich auf den ersten Blick – jetzt isser scharf !
Es sind jetzt ca. 60 Minuten gespielt. Im Mittelfeld spielt Amrhein den Ball zu Orlando, der sofort auf rechts nach vorne zieht. Das ganze sieht nach einer sehr guten Ausgangsposition für eine Flanke auf den in der Mitte mitgelaufenen Hähnge aus. Man erwartet aber instinktiv eher einen Schussversuch von Orlando aus spitzem Winkel auf den kurzen Pfosten. Nicht das das die vernünftigere Variante wäre, ganz im Gegentum, aber aus einer gewissen, im Laufe der Zeit entstandenen Resignation heraus, erwartet man das eben einfach von Orlando. Diesmal aber macht er es völlig überraschend anders, da hatten wohl auch die Dünamos nicht drauf spekuliert, dass Orlando abspielt. Der Pass kommt haargenau zu Hähnge und der locht trocken ein.
TOOOOOOOOOOOOOOOOOOR !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Im gesamten Stadion schlafen den heimerfolgsverwöhnten Dünamofans die Gesichter ein. Wie geil ist das denn? Hähnge hat gerade drei Spiele Sperre abgebrummt und nun so ein Comeback – GEIL !!!
Dünamo ist nun zunächst sichtlich schockiert und und erholt sich nur langsam, doch gerade als dieser Rehabilitationsprozess in die Zielgerade einzumünden scheint, passt Hähnge den Ball in der Mitte zum nach vorn laufenden Truckenbrod, der sieht Keller aus dem Tor gestürtzt kommen und lupft. Diese Szene sieht aus dem Gästeblock heraus gesehen relativ harmlos aus. Jeder denkt, dass der Ball irgendwo neben dem Tor im Aus landen wird. Keiner reißt voller Vorfreude die Arme hoch oder schreit TOR. Es sieht aus dieser Perspektive wie eine kläglich vergebene Halbchance aus (okay die Leute die weiter unten standen haben das vlt. anders gesehen, aber für uns da oben sah es genau so aus). Und dann berührt der Ball den Erdboden und im gleichen Moment zappelt das Tornetz.
DER IST DRIN !!!! VERDAMMTE TAT, DER IST DRIN !!!!
Auf seltsame Art, etwas verzögert, bricht der Torjubel aus. Später im Internet sollte ich erst mal richtig sehen, was für ein Traumtor dem Truckenbrod da an alter Wirkungsstätte geglückt war.
Dünamo gibt die Partie nun sichtlich auf. Bei denen ist die Luft nun raus. Kurze Zeit später spielt der quirlige Orlando den Ball zu Amrhein, der von rechts aufs Tor zusteuert. Ich weiß jetzt gar nicht mehr so recht, wo Keller in dieser Situation war. Jedenfalls schiebt Amrhein das Leder auf den langen Pfosten. Der Ball trudelt, wird immer langsamer und langsamer, von links kommt Orlando herangestoben in der Mitte eilt ein Dresdner Verteidiger zurück – beide kommen einen Tick zu spät. Der Ball schlägt mit letzter Kraft am Pfosten an und prallt von diesem zurück ins TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR !!!!!
Jetzt ist der Sack zugebunden, der Drops gelutscht, die Messe gelesen, die Krähe tot.
Zwei Wermutstropfen bringt der eminent wichtige Sieg aus Jenaer Sicht, neben der Verletzung von Lanzaat, aber dennoch mit sich: Orlando fing sich bereits in Hälfte eins die fünfte gelbe Karte ein und in der Schlussphase begeht Gardawski eine extrem dumme Disziplinlosigkeit und fliegt mit Rot vom Platz. Das ist sehr bitter, denn der Junge ist einer der Garanten der Jenaer Rückrundenstärke. Nach dem Spiel muß die Mannschaft dann noch zweimal vorm Fanblock vorstellig werden (u.a. mit Uffta, uffta, tätärä). Mittlerweile ist das Stadion bis auf den Gästblock leer und so ist nun auch der große Stehplatzbereich der Heimfankurve zu erkennen, also sprich jetzt ist der Beton zu sehen. Ein schöner großer Stehplatzbereich und überhaupt ein sehr schönes Stadion !!!
Samstag, 17. April 2010 20:00 Uhr.
Ich bin wieder zuhause. Ziehe schleunigst den wertvollen, senfbefleckten Pullover aus, mache mir schnell noch bissel Abendbrot, guck noch mal kurz in den Videotext und ins Internet, dann schnappe ich mir meine Tasche, hole das Auto aus der Garage und fahre zur Arbeit. Ich habe tagsüber im Bus ja ca. 3 Stunden geschlafen (allerdings nicht am Stück). Diese elende Schichtarbeit kotz auf Dauer an. Anderseits habe ich so auch mal die Erfahrung einer komplett alkoholfreien Auswärtsfahrt machen dürfen. War auch mal nicht schlecht, wobei die drei Punkte zur Erlangung dieser abartigen Erkenntnis sicherlich extrem hilfreich waren.
Montag, Dienstag habe ich Wochenende. Dienstag geht’s zum Nachholspiel nach München.
Auf das die Serie halten möge und möglichst noch eine reine Siegesserie daraus werde. Ich bin optimistisch, denn die Mannschaft hat bisher alle Ausfälle und andere Wiedrigkeiten ganz gut weggesteckt, wobei …
… ach was, auch ein Orlando und ein Gardawski sind zu ersetzen.