In Europa war Krieg
Bewaffnet mit einem Rucksack, gefüllt mit geschmierten Dinkelschrotbroten, belegt mit lactosefreiem Gouda, zwei Thermoskannen Grüntee mit einem Spritzer Biominze und Lektüre in Form von Hans Falladas „Altes Herz geht auf die Reise“ stand ich am Samstag morgen am Potsdamer Obelisk und erwartete sehnsüchtig das um die Ecke Biegen des Thalia-Expresses. Dieser ließ nicht auf sich Warten und stand um 10:38 in seiner vollen Pracht vor mir. Den unnötigen Ballast des Rucksackes entledigend, warf ich mich auf die Rückbank und schon ging es im Sauseschritt auf die Autobahn in den ersten Stau. „Kaschmir, beschleunige bitte mal auf 59, wir wollen die kalte Hand des Todes spüren“ erklang es von dem hektischen Zeitgenossen vor mir. Was hilft in solchen Situationen am besten? Richtig…mit einem lauten „LAS VEGAS BABY“ auf den Lippen gabs ein kühles Bierchen auf die Faust und die obligatorische Portion Fussballquiz wurde serviert. Kinder, die Spannung beim Spiel gegen Magdeburg ist ein Witz gegen das nervenaufreibende Prozedere der folgenden Stunden. Auf mich kam die recht leicht zu beantwortende Frage „Wann fand die erste Südamerikameisterschaft statt“ zu, da mein Compadre Lieb Knecht jedoch noch ein Veto in petto hatte, versuchte ich ihn von der Richtigkeit meiner Antwort mit einer plausiblen Herleitung zu überzeugen: „In Europa war Krieg, in Südamerika hingegen wurde gekickt. Es gab nur zwei großartige Mannschaften zu dieser Zeit, es muss also 1916 gewesen sein, Uruguay gegen Argentinien, ich glaube, Uruguay gewann, da will ich mich aber nicht festlegen“…logisch, oder? Danke für das sofort folgende Veto, lieber Lieb Knecht. Aber ich will mich nicht beschweren, er konterte mit Fussballsachverstand auf die Frage, bei welcher WM zum ersten Mal ein Südamerikaner das Endspiel pfiff, natürlich total korrekt: 1968.
Danke an Quizmaster chrischan, welcher natürlich zu keiner Zeit ein Team bevorzugte. Pilawa kann sich eine Scheibe von Dir abschneiden.
Der Sieger stand von vorher schon fest…unsere Geldbörsen, denn auf die sonst ausgelobten Stadionbiere wurde diesmal verzichtet, warmes Alkfrei muss dann doch nicht sein.
Zum ersten Mal auf unseren Auswärtstouren hatten wir auch einen Alkoholtester mit. Während sich Lieb Knecht und ölprinz sowie unser Fahrer Kaschmir konstant unter der 1 Promille-Grenze aufhielten, schaffte es eine nicht näher genannt werden wollende Person namens Vizerherbstmeister auf jugendlich-flotte 2,16 Promille.
Und schwupps…mit grad mal 5 Minuten Verspätung betraten wir auch schon das Edmund-Plambeck-Stadion und wurden Zeuge, wie Unger den Elfer von Arslan pariert, Weidlich hatte zuvor Lewerenz gelegt. Kurz darauf war unser Schlussmann dann machtlos, Groß zieht aus 22 Metern ab und trifft ins lange Eck. Hamburg verwaltete ab da geschickt, 03 kam schwer ins Spiel. Erst nach knapp 20 Minuten Nulldrei besser, das Spiel wog durch zahlreiche Abspielfehler hin und her. In der 24. war es Hebisch, der mit einem schönen Heber über Mickel den Ausgleich markierte. Hamburg nicht geschockt, aber dank Laars wurde es nichts mit der Heimführung, er köpfte den Ball von Arslan von der Linie. In der 39. flankt Rudi von links, Ümit köpft den Ball an die Strafraumgrenze, Prochnow zieht mit links ab, abgeblockt, Hebisch bekommt einen gegnerischen Fuß ins Gesicht und Schiri Sevinc zeigt auf den Punkt. Frahn läuft an und verwandelt lässig in Panenka-Manier (39.). Hebisch musste mit Verletzung im Gesicht leider raus (gute Besserung), für ihn kam Moritz. Dieser zeigte auch gleich seine fantastische Übersicht, Surma passt zu Patrick, dieser schickt Frahn mit einem langen Ball und unser Goalgetter spitzelt über Mickel (45.) Dann war Halbzeit, in der der hoch gelobte Kuchen probiert wurde. Überpünktlich ging es weiter…und wie: Ümit tanzt zwei Hamburger aus, passt auf Müller auf die rechte Außenbahn, der flankt in die Strafraum, wo Frahn mit Seitfallzieher sein Torkonto weiter ausbaute…Wahnsinnsangriff (46.). Mit der Sicherheit im Rücken Nulldrei nun deutlich überlegen, Hamburg fand nicht mehr statt. Etwas mehr als eine Stunde war gespielt, Coach Demuth nahm den angeschlagenen Civa raus und brachte Kilicaslan. Nulldrei weiter am Drücker und erhöhte nach knapp 70 Minuten auf 5:1 aus Gästesicht. Frahn machte sein viertes Tor des Tages, nachdem die HSV-Abwehr den Ball nicht aus dem Strafraum bekam.
Damit nicht allzu langweilig wird, durfte dann auch noch mal ein anderer jubeln: ein schneller Ball in die Spitze auf Kili, der setzt sich gegen 3 Hamburger durch, passt halbrechts zu Ergirdi und der nagelt die Pille unhaltbar unter die Latte zum 6. Tor für Nulldrei (75.). Gleich darauf wurde ein „Wir wolln euch kämpfen sehen“ im Gästeblock angestimmt, völlig zu recht . Viel geschah dann nicht mehr, Der HSV hatte die letzte Möglichkeit des Spieles, Unger siegt aber gegen Arslan, den Nachschuss kann Surma auf der Linie klären (84.)
Kurz darauf war Ende, es wurde mit der Mannschaft gefeiert und dann gings auch schon wieder auf die Heimreise….leider ohne ein einziges Fischbrötchen gegessen zu haben. Mit Überschallgeschwindigkeit brannten wir unsere Reifen in den Asphalt und erreichten kurz vor 19h die schönste Stadt der Welt, die einen mussten noch zum RS2-Fest in die Wuhlheide, andere sich von der Babelsberger Livenacht stressen lassen und die richtig Coolen gingen zum Punkrock ins Zentrum. Und wie so oft kann ich auch diesmal von mir behaupten: Oese, Du hast alles richtig gemacht.
In dieser Verfassung macht Babelsberg 03 Spaß. Hoffen wir, dass dies so bleibt. In diesem Sinne…Las Vegas Baby!
HSV II: Mickel – Schmidt, Schulz, Franke, Pressel, Duve (46. Rados), H. Behrens, Groß, Lewerenz (79. Hahn), Arslan, Beister
SV Babelsberg 03: Unger – Weidlich, Laars, Surma, Rudolph, Civa (65. Kilicaslan), Prochnow (76. R. Müller), Ergirdi, A. Müller, Frahn, Hebisch (40. Moritz)
Tore: 1:0 Groß (8.), 1:1 Hebisch (25.), 1:2 Frahn (39.), 1:3 Frahn (45.), 1:4 Frahn (46.), 1:5 Frahn (72.), 1:6 Ergirdi (75.)
Gelb: Arslan - Prochnow
Nulldreier: 100
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