Eigentlich schreibe ich hier keine Spielberichte über den tristen Liga-Alltag, will mich aber nach der großen Premierenfeier am heutigen Sonntag in Halberstadt doch zu einem Artikel durchringen.
Mit viel Hoffnung ging es in den Nordharz, wurde doch Spitzenreiter Dresden Nord am vergangenen Wochenende gestürzt, dazu kam etwas Selbstbewusstsein für Juraschek und Kunze durch Pokaltore gegen die eigene Reserve. Die ersten Neuerungen für Sonntag waren bereits Donnerstag klar - Segundo würde nicht mehr für den HFC spielen und Hosenthien darf nach Platzverweis in Magdeburg sein erstes Saisonspiel komplett als Zuschauer bestreiten. Etwas unerwartet kam der ausgebrochene Wahn nach Professionalität in der Gemeinde im Nordharz. Inzwischen hielt man es für notwendig Gäste mit hässlichen Leibchen auszustatten. Ich wollte doch nur ins Stadion! Und ich fand einen Weg, beim Einlass zum Parkplatz auf dem Stadiongelände war von der Bemühung um Profitum nichts mehr zu spüren, zu Fuß kann da jeder preiswert (umsonst) das Friedensstadion betreten. Etwas Seriösität fehlte mir auch beim Verkauf der Programmhefte (1€), die Jungs konnten mir nicht mal einen Fuffy wechseln.
Das Spiel begann mit etwas völlig unerwartetem - HFC-Torhüter Darko Horvat ließ den Ball nach vorne prallen. Etwas nie dagewesenes, hervorgerufen durch Fait-Florian Banser, der noch eine zentrale Rolle im Theaterstück spielen sollte, geschah nach wenigen Minuten. Doch auch Stürmer Ladislav Stefke in den Reihen der Germania war wohl noch zu erstaunt über den Torwartfehler und klärte den Ball erstmal ins Toraus. Andreas Sommermeyer dachte sich nach 19 Minuten, das die Unsicherheit doch auf die Spitze zu treiben wäre. Die hallesche Abwehr gönnte dem Außenverteidiger diesen Test und ließ ihn ungehindert Torhüter Horvat tunneln (1:0). Banser fühlte sich durch den Mitspieler angestachelt und wollte dieses Kunststück wohl kopieren, erfolglos. Denn während der kroatische Schlussmann beim ersten Treffer sich noch machtlos düpieren lassen musste, tat er das im zweiten Fall gleich selber. Doch ein Beinschuss sollte es nicht werden, dieses mal schlüpfte das Leder zwischen den Händen ins Netz (2:0, 36.). Nach 45 Minuten war erstmal Schluss mit dem Schauerspiel, der Schiedsrichter hatte Erbarmen und unterbrach das Treiben für 15 Minuten. VfB-Keeper Kischel fungierte ebenso wie Hosenthien nur als Zuschauer und hatte bis dahin allen Grund zur Freude und Gelassenheit.
Köhler sah sich im elften Saisonspiel erstmals genötigt bereits zur Pause auszuwechseln und Görke verließ zum aller ersten mal das Spiel in einer OL-Partie für den HFC, Kunze ereilte das gleiche Schicksal. Im Sturm sollte nun Toptorschütze Janecek (4 Treffer) und auf dem Flügel Juraschek für Belebung sorgen in einer Darbietung, die bisher allzu lustlos geführt wurde. Tatsächlich hätte es fast geklappt, nach einer gefühlvollen Kanitz-Eingabe war Janecek fast zur Stelle. Doch auch die Innenverteidiger Gröger und Bergner zeigten im gegnerischen Strafraum, das sie eher zum toreverhindern taugten. Zwischendurch bekamen die HFC-Fans wohl mächtig Hunger als dort 11 Halberstädter (Würstchen) auf dem Rasen tanzten und wollten mit einer Flasche Senf ihre eigene Würze zur Mahlzeit beitragen, was von Seiten des Gastgebers als Unsportlichkeit aufgefasst wurde. Für Halberstadt übernahm nun Banser die Hauptrolle und wollte den Ruf als Torjäger aus Halbzeit 1 möglichst schleunigst zu nichte machen. Fehlschüsse am laufenden Band prägten seine restliche Partie. Nachdem Kanitz für den HFC nach feinem Pass noch den Ball über Kischel und Latte hob, machte es Joker Janecek nach 75 qualvollen Minuten besser (2:1). Auch wenn das Spiel mit dem überschreiten des Balles über die Torlinie unterbrochen ist und erst wieder mit dem Anstoß im Mittelkreis fortgesetzt wird, ging der Kampf um den Ball zwischendurch weiter, der nun auch mit den Händen geführt werden durfte. Kischel hechtete sich sofort ins eigene Tor und begrub den Ball unter sich. Das hallesche Tschechenduo Janecek&Benes ermunterten den Schlussmann zum Weiterspielen, der geschlagene Schlussmann hatte aber keine Lust mehr. Es folgten Bewerbungsschreiben für das Fußballoberhaus. Kanitz sank bundesligareif nach einem Wischer von Kischel an den Kopf zu Boden, der "Täter" machte es dem Flügelläufer nach einem Schubser von Benes nach und verschickte sein eigenes Bewerbungsschreiben an die Theatergruppe. Schiedsrichter Tino Wenkel agierte absolut professionell und erstligareif, er schickte beide Gewalttäter - Jan Benes und Sebastian Kischel - mit ROT vom Feld. Wer bei den Platzverweisen an eine Premiere denkt, liegt nur beim Schlussmann der Gastgeber richtig, Benes holte sich bereits in Meuselwitz die Ampelkarte ab.
Erstmals in dieser Saison durfte nun Löffke (Ersatztorwart) in die Partie, während Riedel mit einem 10-Minuten-Einsatz zum Statisten verurteilt wurde. Dagegen sah Banser nun seinen großen Durchbruch in greifbarer Nähe und wollte es Kanitz und Kischel nachmachen. Doch seine Darbietung war qualitativ weit unter dem bisher gebotenen, nach allzu schmerzhaften Stürzen ließ sich der Chancentod der zweiten Hälfte nur allzu selten zum weiterspielen bewegen, statt dessen kurierte er im Liegen die schmerzenhaften zusammenstöße mit der Spielfläche aus. Selbst Schiedsrichter Wenkel verlor irgendwann die Geduld und ermunterte Fait-Florian zum weiterspielen, der aber das schöne Wetter, es scheinte fast 90 Minuten lang die Sonne, lieber in der horizontalen verbrachte. Sein letzter dokumentierter Ballkontakt war - wie konnte es auch anders sein - eine versemmelte Möglichkeit. Doch nach 90 Minuten entschied der Schiedsrichter das dieses Meisterwerk Überlänge (ohne Aufpreis) verdient hat. Nach den Unterbrechungen durch Senfflaschen und Platzverweis samt Einwechslung des Ersatzkeepers sowie der regelmäßigen Unterbrechung des Stücks durch gehemmte Halberstädter gab es gute fünf Minuten Nachspielzeit. Da der Höhepunkt des Dramas bereits in der 75.Spielminute festgeschrieben war, empfanden die HFC-Kicker einen neuerlichen Wendepunkt als überflüssig und verzichteten auf weitere Torchancen bzw. Punkte.
Somit feierte die erste Auswärtsniederlage der Saison in Halberstadt Premiere. Nach dem Spiel suchten die von der künstlerischen Darbietung auf dem Rasen euphorisierten Hallenser den Meinungsaustausch mit den Einheimischen, vielleicht auch um das Stück richtig einschätzen zu können. Die rauhe Gangart der Gäste fand auf der Heimseite keinen Zuspruch und die Zuschauer in Grün vereitelten jedwede Konversation. Diese gab es auch nicht anschließend im Vereinsheim. Dort traf man einen wortkargen Sven Köhler wieder, der zwar nicht zufrieden war, aber trotzdem einen gefassten Eindruck machte. "Regisseur" Petersen war mit seinem Werk recht zufrieden und lobte seinen Kapitän Gerlach, dem durch gute Leistungen eine besondere Erwähnung in diesem Schauspiel zu Teil werden muss.
Spielbericht und Bilder gibts an gewohnter Stelle.