Tja, das hätte was werden können. Gibt ja bekanntlich nicht allzu viele Tage, an denen alles passen könnte für das Erkunden fremder und ferner Stadionkulturen. Und so war letztes Wochenende auserkoren, mal wieder die Grenzen des Freistaates zu verlassen. Als dann aber klar wurde, dass ich mit dieser meiner Einschätzung relativ alleine dastehe, plante man die beiden Tage kurzerhand separat. Lässt sich ja auch so einiges entdecken.
Freitagabend dann schon mal der erste kleine Dämpfer, spielte doch die 2. von Cossebaude nicht auf dem ansehnlichen Rasenplatz, sondern auf 'nem neuen Kunstrasen. Gut, man hatte ohnehin nichts erwartet, Stadtklasse eben und das Spiel, TSV Cossebaude 2 vs TSV Dresden-Bühlau/Bad Weißer Hirsch, sowieso mehr dazu gedacht, bei einem Feierabendbier von Hopperguru brb noch ein paar Tipps für das Wochenende zu erhaschen. Die hatten sich dann recht schnell überholt, denn so beiläufig erwähnte dieser, dass der Budapester, mit dem der Samstag fest verabredet war, es vorzog, noch in der Bundeshauptstadt zu verweilen. Prima, toll, hurra, so stellt man sich das vor. Wäre vielleicht mal ’ne direkte Info möglich gewesen?! Kaum ist der Herr „Student“ eine Woche außer Reichweite, zieht der Schlendrian ein. Da muss noch noch ’ne Menge „Erziehungsarbeit“ geleistet werden. =) Übern Kick, Bühlau siegte mit 3:1, gibt’s nichts zu berichten. Zwei Biergartenstühle an den Spielfeldrand gerückt, wurde der Frühlingsabend genossen, geplaudert und sich schließlich auf 30 Zuschauer geeinigt. Nachfolgend hieß es für mich, die Karten für den Samstag neu zu mischen. Man war zum Glück mehrgleisig vorbereitet. Auf Plan A und B hatte ich alleine keine Lust, also geknickt und Option C gezogen. Die sollte am nächsten Tag in die Oberlausitz und die Sächsische Schweiz führen. 10.45 Uhr war Start und keine Stunde später rollte ich auch schon in Oppach ein. Zugegeben, etwas verpeilt mit der Zeit bei Anpfiff 13.00 Uhr. Hatte ich irgendwie länger in Erinnerung die Fahrt, als man den Ground im Januar schon einmal ansteuerte. Oder besser gesagt, M&M steuerte. Vielleicht ist das ja die Erklärung. Da die Partie der Oppacher gegen Radebeul damals auf dem Nebenplatz über die Bühne gegangen war, sollte heute nun der Makel beseitigt werden. Im Stadion war bei meinem Eintreffen noch die B-(?)-Jugend am Wirken - auf dem Hauptplatz. Dies und ein Blick über den Hartplatz, der so gar nicht nach Fußball aussah, machten mich recht zuversichtlich, dass auch die erwählte Partie, FSV Oppach 2 vs SpVgg. Ebersbach, auf dem grünen Rasen ausgespielt wird. Ganz sicher kann man da, trotz aller Recherchen vorab, nie sein, wie das Wochenende noch zeigen sollte.
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Also der Oppacher Jugend moralische Unterstützung gegeben, nach dem Abpfiff das schöne Wetter für einige Stadionfotos genutzt und die Getränke- und Speisekarte getestet. Letztere war noch nicht allzu lang. Genauer gesagt bestand sie zu dieser Uhrzeit nur aus Bockwurst. Egal, passt schon. Wichtiger war, dass die Partie der Zweiten pünktlich begann. Nach 12 Minuten oder so stand es bereits 2:0, wurde also eine sichere Sache für die Hausherren, Endergebnis 5:1. Vielleicht 60 Zuschauer waren anwesend, mit ansteigender Tendenz und in der Halbzeit flaggte auch das FSV Geschwader seinen Abschnitt, schließlich sollte im Anschluss noch die erste Mannschaft ihr Bezirksligaspiel austragen – nur ohne mich. Nach 75 Minuten war hier heute Schluss, ausnahmsweise, wirklich und man möge mir auch die ca. 30 geschauten Minuten des Juniorenkicks zu Gute halten. Schnellen Schrittes zum Auto und in eiliger Fahrt nach Neustadt. Ein Bahnübergang setzte alles dran, mein pünktliches Erscheinen zum zweiten Kick des Tages, SSV Neustadt-Hohwald vs BSV 68 Sebnitz, zu vereiteln. Aber Pustekuchen, rechtzeitig zum Anpfiff 15.00 Uhr konnte ich das Neustadt-Stadion betreten. Das wird insbesondere durch die Steh-/Sitzplatztribüne geprägt, auf der es sich das Gros der 581 Zuschauer heute bequem gemacht hatte. Zu hören war von dort allerdings so gut wie nichts. Die Musik spielte auf der Gegenseite, wo 13 Neustädter Ultras ihren Support ablieferten. Mitunter nicht ganz so stimmkräftig, dennoch ganz respektabel und überraschender Weise auch fast durchgängig. 3 Transparente waren zu lesen, u.a. „Sebnitz=Hauptstadt von Tschechien!“, eines hing am Außenzaun. War aber leider nicht groß genug, einer Reihe von Zaungästen den Blick ins Stadion zu verwehren.
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Während des Spiels noch eine Überraschung: Mathi83. Er hatte sich per regionalem Busverkehr nach Neustadt durchgeschlagen. Fragte mich doch wirklich, ob ich denn nicht wüsste, was das Benzin koste? Nee, natürlich nicht. Fahre ja praktisch nur Bus & Bahn und wer mich kennt weiß, dass ich mich dort so heimisch fühle, ’ne Bahn auch mal als Schlafzimmer zu nutzen. =) Spiel gewannen die Sebnitzer 3:1. So 10 Minuten nach Abpfiff hatte dann irgendeiner gehört, dass der unmittelbare Verfolger Königswartha sein Heimspiel vergeigt habe an dem Tag. So feierte Sebnitz noch vor Ort den Aufstieg in die Landesliga, Glückwunsch. Mit Mathi83 im Auto und nicht im Bus ging es zurück in die Landeshauptstadt. 153 Kilometer insgesamt und noch das Beste gemacht aus dem Tag der gescheiterten Pläne.
Für den Frühschoppen am Sonntagmorgen hatte man sich mit M&M eigentlich das Blaue Wunder rausgesucht. Gleich nebenan, quasi vor filmreifer Kulisse, spielt der SV Loschwitz und Besuch aus dem Westen war dazu avisiert. Was aber weniger am Blauen Wunder, sondern mehr am schwarz-gelben Heimspiel gegen rot-weiße Erfurter am gleichen Nachmittag lag. Der Besuch sagte kurzfristig ab, das fehlende Postkartenwetter am frühen Morgen tat sein übriges, kurzentschlossen nicht Loschwitz, sondern Löbtau anzusteuern. So holte mich M&M von zu Hause ab, um kaum 10 Minuten später das Auto an der Malterstraße schon wieder abzustellen. SpVgg Dresden-Löbtau vs ESV Dresden lautete die Ansetzung der Sparkassenliga. Von brb vorab bereits über Beschaffenheit der Löbtauer Sportstätte informiert, war man doch positiv überrascht. Ob das nur daran lag, dass die Sonne mittlerweile die Oberhand gewonnen hatte, oder an dem schicken Sprecherturm oder am Gesamtambiente, lässt sich im Nachhinein auch nicht mehr sicher feststellen. Jedenfalls machten M&M und ich es uns im Biergarten mit guter Sicht auf Spielfeld und Zuschauer bequem. Zwischendurch die Speicherkarte mit den obligatorischen Fotos gefüllt, war man zufrieden mit sich und der Welt. Als dann der Budapester eintrudelte, kannte meine Freude gar keine Grenzen mehr. War wohl nur gut, dass wenig später brb die Runde komplettierte, sonst hätten wir uns vermutlich totgeschwiegen.
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Spiel gewannen die Eisenbahner 2:1, Zuschauer an die 70, gezahlt hatten nach Angabe des Kassenwartes aber nur 35. Nach Schlusspfiff machten brb und der Ungar schnell die Fliege und auch M&M drängte zur Eile. Ich hatte ihn überreden können, mich nicht zu Hause, sondern gleich am Elbepark auszusetzen. 13.00 Uhr war dort Fahrzeug- und Fahrerwechsel angesagt. Rechtzeitig, um sich noch mal kurz zu stärken, war man auch im „Goldenen M“ und traf auf Samoht und Peter, zwei der drei DSCer, in deren Obhut ich mich für Teil 2 des Tagesprogramms, Zschopauer FC vs FSV Motor Marienberg, begeben sollte. Unser Fahrer, SWE, Friedrichstädter Numero drei, studierte unterdessen das regionale Kartenmaterial. Gut so, denn ohne Umwege wurde die Kleinstadt Zschopau erreicht. Die ist außerhalb des Erzgebirges wohl eher für ihre MZ-Motorräder als für Fußball bekannt. Das hätte man heute mal ändern können. Man beachte den Konjunktiv. Fing schon damit an, dass wir vor Ort, der Beschilderung folgend, zunächst vor 'nem Bauernhof statt auf’m Parkplatz landeten. Lage wurde aber schnell gemeistert und so stand man rechtzeitig und erwartungsfroh am Tor des Stadions, wo die Dinge ihren Lauf nehmen sollten...
Statt einer Eintrittskarte wurde uns erst mal ein Schnipsel von ’ner Abreißrolle in die Hand gedrückt. Gut, nimmt man halt mit dem Programmheft vorlieb. Programmheft??? Dann eben nicht. Der Ground in herrlicher Lage direkt an der Zschopau würde uns ausreichend entschädigen. Dort hatte noch die 2. Mannschaft ihren Auftritt gegen die ISG Satzung. Wäre man nur etwas früher eingetrudelt. Also restliche Zeit genutzt, Stadion und Umfeld zu erkunden.
Da fiel uns doch sofort der schicke Nebenplatz mit Tornetzen, frischen Linien und Eckfahnen in die Augen. Man würde doch nicht etwa... Noch waren wir bemüht, das Unmögliche zu verdrängen. Als aber die Imbissbude ihre Lucken schloss und man mit Bierfass, Bockwustkübel, Senf und Sonnenschirm bewaffnet 30 Meter weiter zog, wurde es Gewissheit: Nebenplatzterror! Eine kurzfristige und einsame Entscheidung des Heimtrainers, meinte ein Insider achselzuckend. Am Spielfeldrand ergaben wir uns unserem Schicksal und den Kommentaren des fußballinteressierten Publikums jenseits der 55. Samoht wurde gleich mal gefragt, wie denn „unsere Zweite“ (gemeint war die 2. von Marienberg) gespielt hätte. Somit hatte er seinen Namen „Marienberger“ weg und wir waren als „Fremde“ identifiziert. („Ach, ihr seid net aus Marienberg? Ist aber selten, dass mal andere Leute herkommen.“). Wohl gemerkt, wir standen auf Zschopauer Grund und Boden... War das Spiel in der ersten Halbzeit noch ausgeglichen, schaltete Motor Marienberg nach Wiederanpfiff den Turbo zu und entschied die Sache durch zwei Treffer innerhalb von zwei Minuten für sich. Endstand 2:4. Tja, da hatte sich der Heimtrainer wohl verspekuliert mit seinem Nebenrasen.
„Vor 30 Jahren war ich mal in Zwickau gegen Aue. Seit dem nie wieder. Aber jetzt wollen wir mal hin, die sind da ja jetzt in Zwickau ganz unten.“ An einem anderen Tag hätte man zwischenzeitlich sicher mal über einen Standortwechsel nachgedacht, aber gefrustet wie wir waren, ließen wir die Kommentare weiter ungefiltert an unsere Ohren. Nun wollte man auch so richtig leiden! Unser Marienberger fing sich noch ’nen Ball ins Kreuz, den ein Verrückter aus dem Publikum mit voller Wucht aber ebenso ungelenk ins Feld zurückzuschießen versuchte...
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Abpfiff, Erlösung, Abfahrt. Auf dem Weg zurück nach Dresden hörte ich dann noch von der neuen Schnapsidee (anders lässt sich das wohl nicht betiteln) einiger Stadträte. Die denken wohl ernsthaft drüber nach, eine Straße direkt am Dynamostadion nach Helmut Schön zu benennen. Als DSCer in dieser schwarz-gelben Stadt muss man wahrlich über eine bedingungslose Leidensfähigkeit verfügen. SWE steuerte das Automobil sicher heim, vielen Dank noch mal (an den halben Block des DSC :wink: ) für die freundliche Aufnahme.
Eigentlich wäre an dieser Stelle Schluss mit Fußball gewesen. Allerdings hatte der Herr aus Ungarn, jener, der der Berlin so liebt, eine Woche zuvor beim Heimspiel des 1. FC Lok vs Leipzig Ost, bei dem jener Herr einen Gastauftritt hatte, der derzeit die ungarische Nationalmannschaft trainiert, lautstark verkündet, man würde zum Spiel der Hertha erneut seine Aufwartung in Probstheida machen. Gut, Richtung Leipzig bin ich fast immer gern dabei, auch wenn das Spiel 1. FC Lok Leipzig vs Hertha BSC ursprünglich nicht in der Planung stand. Also in der Woche noch alles klar gemacht für die Fahrt, die üblichen Einlass- und Parkkarten hatten für die Partie ja keine Gültigkeit. Der Initiator sagte 2 Tage vor dem Kick per SMS ohne Begründung ab, so machte ich mich also am späten Montagnachmittag bei strömendem Regen allein auf den Weg nach Probstheida. Ab Autobahnabfahrt Naunhof hatte ich den Herthabus vor mir und dieser wiederum wurde ab Liebertwolkwitz von ’nem grün-weißen Gefährt angeführt. Warum dieses an der verstopften Kreuzung nicht mal kurz seine Signale aufleuchten und –hören ließ, wird wohl ein Geheimnis bleiben. Aber irgendwann ging es weiter, einige Bewohner des angrenzenden Hauses hat es ohnehin erfreut, man winkte ausdauernd mit blau-gelben Schals aus dem Fenster in Richtung des Bundesligisten. Hat man so wohl auch lange nicht erlebt in L.E.
Im Stadiongelände bekam man dann einen Vorgeschmack auf das, was noch folgen würde an diesem Abend. Hüpfburg, Gewinnspiele, Fanshop-Mobil, lustige Animateure. Leider schlimmer als erwartet. Bundesliga-Zirkus pur! Also Augen zu und durch. Insgesamt hatten 13.098 Zuschauer den Weg ins Plache gefunden. Trotz Live-Übertragung im DSF. Sehr respektabell! Gespielt wurde auch, 1:15 der Endstand. Mehr muss man dazu nicht sagen. Drumherum alles in Arcor- bzw. DSF-Hand. Selbst die Anzeigetafel hatte man blau verhüllt. So ein Frevel! Gut, man wollte das Spiel in Probstheida und als 11. Ligist muss man auch jede Möglichkeit nutzen. Dennoch war spätestens mit Einwechslung des Hertha-Maskottchens irgendwo eine Grenze überschritten... Die Zuschauer nahmen's zum Glück recht gelassen, machten das Beste aus der Sache und feierten sich und die Mannschaft. Die geplante Pyroshow der Lokisten hatten die Sicherheitsleute kurzfristig verboten. Stattdessen leuchteten vor Anpfiff 4 quasi „offizielle“ Bengalen, als ein Hubschrauber samt Hertha-Maskottchen auf dem Rasen landete. Was für ein lächerliches Bild. Im Laufe der Partie zündete man auf der Gegengeraden doch seine Bengalen, auch etwas Rauch war zu sehen Also noch was Nettes fürs Auge - neben dem schön beflaggten Stadion (da hatten auch einige Zugereiste, u.a. aus Halle, Erfurt und ein paar BFCer ihren Anteil) natürlich. Ca. 120 Herthaner waren auch vor Ort, traten aber akustisch nicht großartig in Erscheinung.
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Nach 90 Minuten hatte auch diese Partie ihr Ende und ich beeilte mich, nach Hause zu kommen. Sechs Spiele an vier Tagen - ohne das erhoffte Highlight in "fremden und fernen Stadionkulturen". Aber es ist hier wie im richtigen Leben und das besteht bekanntlich nicht nur aus Höhepunkten. Auch der Alltag ist mitunter höchst interessant und will bewältigt sein.