Naja, nützt ja alles nüscht ...
SG Motor Trachenberge - SV Eintracht Dobritz 1950 4:4 (1:2)
Es war ein denkwürdiges Fußballspiel zum Saisonabschluss. Der Fußballgott und der FV Dresden 06 Laubegast schufen zum allerletzten Spieltag das wohl spannendste Szenario, was man sich überhaupt vorstellen konnte. Beide Mannschaften waren eigentlich schon vor Wochen aus dem Rennen um die beiden Aufstiegsplätze ausgeschieden, doch urplötzlich bündelten die Blau-Gelben nochmals all ihre Kräfte und schafften mit sensationellen vier Siegen am Stück noch den Klassenerhalt in der Bezirksliga. Somit war auf einmal auch der Tabellendritte aus der Stadtliga A aufstiegsberechtigt.
Weil die Laubegaster nun bereits am Samstag den Klassenerhalt endgültig perfekt gemacht haben, hieß es also Endspiel um den Aufstieg in die Stadtoberliga zwischen der SG Motor Trachenberge und dem SV Eintracht Dobritz. Die Ausgangslage war einfach. Bei zwei Punkten Rückstand mussten die Motoren gewinnen, den Gästen würde ein Remis zum Einzug in die nächsthöhere Spielklasse genügen. Das erwartete übervorsichtige Taktieren beider Kontrahenten fand nur in der frühen Anfangsphase statt. Bis nämlich Alberto Trzoska in Spielminute acht eine herrliche Flanke von Rechtsaußen schlug, die Sebastian Türk im Zentrum aus vollem Lauf per Kopf zum 1:0 verwertete. Der Riesenjubel war kaum verstummt, da hatten die Gäste allerdings auch schon wieder ausgeglichen. Motor verlor die Kugel in der Vorwärtsbewegung, war kurz unsortiert und wurde von Torjäger Schöne bitter bestraft. Der war bei Brozaits Traumpass im richtigen Moment gestartet, umspielte Motor-Schlussmann Oliver Lange und schob ins leere Tor zum 1:1-Ausgleich ein. Über die kompletten 90 Minuten erlebten die gut 200 Zuschauer eine Partie auf Augenhöhe und selbst nachdem die Partie in der Folge ein wenig verflachte, blieb die knisternde Spannung allgegenwärtig. Motor war meist über rechts gefährlich, wo Trzoska und Türk die Außenbahn unermüdlich beackerten. Letzterer hatte nach einer halben Stunde eine Lücke gefunden, einzig ein ungedeckter Abnehmer im Zentrum war nicht auszumachen. Fünf Minuten vor der Pause gingen die Gäste dann sogar erstmals in Führung und die war mehr als vermeidbar. Einen Freistoß aus zentraler Position schiebt Schöne rechts an der Mauer vorbei in den Lauf vom sträflich freigelassenen Kay Brozait, der bringt die Kugel flach und scharf in den Fünfmeterraum, wo Robert Guder aus Nahdistanz nur noch die Stiefelspitze hinhalten musste. 1:2. Noch vor der Halbzeitpause hatten die Motoren fast die perfekte Antwort parat gehabt. Die Flanke von Trzoska wird im Zentrum von einem Dobritzer per Kopf auf Lars-Erik Rödel verlängert, der die Kugel überlegt annahm und mit vollem Risiko das Gehäuse der Gäste nur knapp verfehlte. Pause.
Obwohl aktuell vieles gegen die Motoren sprach, konnte man in der Kabine keinerlei hängende Köpfe beobachten. Vielmehr strahlten die Akteure weiterhin Zuversicht aus, das Spiel noch zu ihren Gunsten drehen zu können. Es war wahnsinnig ruhig in der Kabine und jeder war nach wie vor vollkommenen fokussiert auf die finalen 45 Minuten, die es dann auch mehr als in sich hatten. Motor kam furios zurück auf das Spielfeld und keine 120 Sekunden nach Wiederanpfiff war die Dobritzer Führung bereits egalisiert. Trzoska hatte Türk auf dem rechten Flügel steil geschickt, der wurde von Gegenspieler Jentzsch eigentlich gut gestellt, verpasste diesem allerdings einen Beinschuss, zog vehement in den Strafraum und wird schließlich von Köhler abgeräumt. Strafstoß. Rödel besorgte mit etwas Glück den Rest und schon war wieder alles offen. In der Folge überschlugen sich die Ereignisse. Es blieb nicht einmal genug Zeit, um sich vom schnellen Ausgleich beflügeln zu lassen, da folgte zwei Minuten später bereits wieder die kalte Dusche für Trachenberge. Torjäger und mittlerweile auch Torschützenkönig Martin Schöne knallte einen Freistoß von halblinks aus gut 25 Metern unhaltbar ins rechte untere Eck zum 2:3 und der alte Abstand war wieder hergestellt. Saisontor Nummer 30 ähnelte seinem Hinspieltreffer, als er ebenfalls per Freistoß SGM-Schlussmann Oliver Lange überwinden konnte. Doch Motor bewies Moral und erneut vergingen keine zwei Minuten bis es wieder auf der Gegenseite einschlug. Die Dobritzer Abwehr sieht im Anschluss an einen Eckstoß nicht gut aus, Breitschädel bringt das Leder mit dem Rücken zum Tor Richtung langer Pfosten, Dobritz-Keeper Hempel kriegt die Fingerspitzen zwar noch an den Ball, ist dann aber machtlos gegen Raditzky, der aus Nahdistanz mühelos zum 3:3 abstauben konnte. Wieder fehlte der Heimelf nur ein einziger Treffer zum möglichen Aufstieg. Man muss beiden Mannschaften ein riesiges Kompliment machen. Der immense Druck lähmte keinesfalls die Beine, sondern über die gesamte Spielzeit wurden die Zuschauer mit einem spannenden und durchaus hochklassigen Offensivspektakel verwöhnt. Und auf einmal hatten die Motoren nach einer guten Stunde alle Trümpfe in der Hand, als Schiedsrichter Sandro Mildner, der seine schwierige Aufgabe heute vorzüglich erfüllte, nach 58 Minuten erneut auf Strafstoß entschied. Trotz wilder Proteste der Dobritzer Fraktion, von der aus auch einige unschöne Wörter zu hören waren, zeigte Mildner erneut auf den Punkt, und zwar völlig zurecht. Langer Ball aus dem linken Halbfeld auf Rödel, dessen Bewacher Guder eigentlich am Mann ist bis einer seiner Mitspieler völlig übermotiviert dazwischen haut und Rödel total unnötig mit einem lauten Knall abräumt. Ein ganz klares Foul, einzig der Tatort war gewissermaßen fraglich. Schiedsrichterassistent Lars Mende war auf der Höhe und signalisierte daher den Strafstoß. Der Trachenberger Stürmer musste länger behandelt werden und es vergingen gute zwei Minuten bis der Elfmeter für Türk schließlich freigegeben wird. Der bleibt cool, verlädt Dobritz-Schlussmann Hempel und sorgt für die vielumjubelte 4:3-Führung für die Heimelf, die gereicht hätte für den Aufstieg in der Stadtoberliga. Es vergingen bange Minuten, in denen die Gorny-Elf nur noch selten offensiv in Erscheinung trat. Vielmehr verließ man sich nun auf die eigene Abwehrstärke, was in den Vorwochen jedoch schon öfter misslang, aber vorerst spielte man die Zeit souverän herunter und bei den Gästen machte sich langsam Verzweiflung breit. Fast ausnahmslos probierten es die Dobritzer nun mit langen Bällen auf die hoch aufgeschossenen Angreifer. Die Brechstange hätte es fast gerichtet, der eingewechselte Irmschler vergab jedoch freistehend von halblinker Position. Die reguläre Spielzeit war überstanden und nur noch wenige Minuten trennten die Motoren vom nicht mehr für möglich gehaltenen Aufstieg. Schiedsrichter Mildner signalisierte gerade mit drei ausgestreckten Fingern die Dauer der Nachspielzeit, da schlug Ertl das Spielgerät einmal mehr hoch und weit nach vorne, wo sich Schöne im Luftkampf gegen Schneller durchsetzen konnte, das Leder querlegt auf Guder und dieser trifft tatsächlich per Dropkick von der Strafraumgrenze in den rechten Torwinkel zum 4:4. Riesiger Jubel bei den Gästen, die auch mehr als 50 Anhänger an die Aachener Straße mitgebracht hatten. Entsetzen bei den Trachenbergern, die in der verbliebenen Spielzeit keinen ordentlichen Angriff mehr auf die Beine stellen konnten und so knapp wie nur möglich scheitern sollten. Der Schlusspfiff ebnete schließlich den Weg für allerlei Emotionen. Überschäumende Freude bei den Gästen aus Dobritz, Entsetzen und Tränen auf Trachenberger Seite.
Ein unglaubliches Spiel, was seiner Wichtigkeit in allen Belangen in nichts nachstand, kürte schließlich den SV Eintracht Dobritz nach einem Herzschlagfinale zum dritten Aufsteiger in die Stadtoberliga. Eine Partie, in der beide Teams absolut auf Augenhöhe agierten und Nuancen schlussendlich spielentscheidend sein sollten, und die allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird. Ein Glückwunsch nach Dobritz zum Einzug in die Stadtoberliga und im Lager der Motoren muss man versuchen, das Erlebte über die lange Sommerpause zu verarbeiten, um denn vollends alle Kräfte und Mühen ins kommende Spieljahr zu legen. Vielleicht kann man aus dieser "Niederlage" wachsen und lernen.
Tore:
1:0 Türk (8.)
1:1 Schöne (11.)
1:2 Guder (38.)
2:2 Rödel (47., Foulelfmeter)
2:3 Schöne (49., dir. Freistoß)
3:3 Raditzky (51.)
4:3 Türk (58., Foulelfmeter)
4:4 Guder (90.+1)