Ein Pokal-Knüller schon vor 41 Jahren
(Nach Nordkurier vom 23.10.2008 - Von Siegfried Iselt)
Traditionsduell. Das neu terminierte Derby weckt Erinnerungen an einen 1967er Klassiker: Damals bezwangen die Neustrelitzer die Neubrandenburg-Elf mit 1:0.
Neustrelitz/Neubrandenburg. Bedingt durch den tragischen Unfalltod des FCN-Fußballers Andreas Klinger ist das Landespokalspiel des Verbandsligisten 1. FC Neubrandenburg 04 gegen das Oberliga- Team der TSG Neustrelitz bekanntlich verschoben worden – nach aktueller Terminierung wird die Partie am 13. Dezember, 12.30 Uhr, nachgeholt.
Dass das Derby FCN–TSG von besonderem Reiz ist, keine Frage. Neustrelitz–Neubrandenburg und umgekehrt – das kann auf eine große Tradition verweisen. Man muss weit im Archiv zurückblättern, um auf die vielleicht dramatischste Partie zwischen den beiden Vereinen zu stoßen. Die trug sich am 6. August 1967, also vor reichlich 41 Jahren, im Neustrelitzer Harbigstadion zu. Ein Pokalkampf auf Biegen und Brechen lief da über die Fußballbühne. Die Schlagzeile des Artikels lautete damals in der Montagausgabe der „Freien Erde“ vom 7. August: „Pokalsensation: Empor schlägt Post“. Wie kam’s dazu? Der Reihe nach.
Dieser 6. August 1967 war ein sommerlicher, idealer Fußballsonntag. Seit der frühen Mittagsstunde strömten die Zuschauer, insgesamt 2500 an der Zahl, ins Stadion. Dieser Knüller zog magisch an. Empor Neustrelitz gegen Post Neubrandenburg. Der Favorit war da mit den Viertorestädtern gegeben. Schließlich waren sie gerade aus der höchsten Spielklasse, der Oberliga, abgestiegen. Ebenso mussten die Neustrelitzer aus der DDR-Liga eine Stufe runter. Beide konnten aber immer noch auf solide spielerische Potenz und vor allem auf Einsatzstärke verweisen.
Unter diesem Aspekt entwickelte sich eine von kämpferischen Elementen dominierte Partie. Zitat aus besagtem Artikel: „Pokalbegegnungen unterliegen eigenen Gesetzen. Diese alte Weisheit bestätigte sich hier einmal mehr. Empor Neustrelitz schlug den hohen Favoriten, den Ortsnachbarn aus Neubrandenburg. Echten Pokalgeist, der ja schon einmal Motor Jena an den Rand einer Niederlage gebracht hatte, demonstrierten die Platzbesitzer. Diesmal blieb Post auf der Strecke.“
Empor operierte ohne Respekt, aus einer sicheren Abwehr bot Post klar Paroli. Wichtige Aktionen gab es zu notieren. Schon in der 10. Minute musste der überragende Torhüter Dieter Tschernatsch sein ganzes Können aufbieten, um einen kapitalen Freistoß von Empor-Stürmer Jürgen Formella zur Ecke zu lenken. Zehn Minuten später vergab Kurt ,Kutti‘ Weisser eine glasklare Chance für Post. Die spielentscheidende Szene in der 26. Minute, als der durchgelaufene Manfred Maaß nur unfair im Strafraum gebremst werden konnte. Die große Möglichkeit des Foulstrafstoßes ließ sich Klaus Ernst nicht entgehen.
Schade nur, dass sich der Post- Abwehrspieler Manfred Kustak bei einem Pressschlag mit Formella schwer verletzte. Mit einem Schienbeinbruch musste er ins Krankenhaus befördert werden. Es durfte damals nicht ausgewechselt werden. In der folgenden Drangperiode der Neustrelitzer hielt ein souveräner Tschernatsch im Post-Gehäuse die Niederlage in Grenzen. Dreh- und Angelpunkt in den Empor-Reihen war der sowjetische Gastspieler Barischjan. Während Empor-Trainer Heintz Einsatz, Tempo und Fleiß seiner Spieler lobte, konstatierte Post-Coach Lammich: „Wir haben diesmal nicht gut gespielt. Mit neun Mann war es zum Schluss zu schwierig, das Blatt zu wenden.“ Interessant die Erinnerungen von damaligen Hauptakteuren. Der Regisseur von Post, Jürgen Schröder: „Das war für uns eine riesige Enttäuschung. Wir wollten unbedingt gewinnen. Im bevorstehenden Spiel ist nun für mich Neustrelitz klarer Favorit. Aber, der FCN ist nicht chancenlos.“
Hans-Joachim Schachtschneider, der solide rechte Außenverteidiger aus Neustrelitz: „Da werden schon Erinnerungen wach. Zwischen uns und Post gab es manch heftige Auseinandersetzung. Die Ergebnisse blieben immer knapp. Diesmal erwarte ich einen TSG-Erfolg.“ Ähnlich sieht es der Schütze des goldenen Tores, Klaus Ernst, übrigens Onkel des Ex-Nationalspielers Rainer Ernst: „Noch immer habe ich vor Augen, wie ich dem überragenden Tschernatsch den Elfmeter reinsetzte. Wir gewannen dieses Spiel verdient, weil wir unser Vermögen voll ausschöpften. Bei der Neuauflage möchte ich einen knappen Sieg der TSG voraussagen.“ Das Energiebündel, der Kämpfer im Mittelfeld von Post, Wilfried Voigt: „Wir erreichten einfach nicht die nötige Form. Wie wir seinerzeit ist Neustrelitz diesmal klarer Favorit. Den Zuschauern wünsche ich ein faires Spiel. Der Bessere soll gewinnen.“
Die damaligen Aufstellungen:
Neustrelitz: Bolinok, Schachtschneider, Treptow, Brüssow, Güßmann, Furth, Maaß, Krüger, Barischan, Ernst, Formella.
Neubrandenburg: Tschernatsch, Kustak (62. verletzt ausgeschieden), Rapphahn, Ehrlich, Strahl, Voigt, Ihlenfeldt, Lenz, Weisser, Schröder, Jungbauer.
SR: Trczinka (Rostock), Z: 2500, Tor: 1:0 Ernst (26./Foulstrafstoß)
Quelle: Nordkurier.de