Bischofswerdaer FV 08 - Post Dresden 5:2 (Brückner, Schmidt, Franz Seifert, Eigentor, Do Le)
Nach einer halben Stunde meinte einer der rund 120 Zuschauer
im Wesenitzsportpark: „Heute geht alles schief.“ Mehr gab es zu den ersten 30
Minuten auch nicht zu sagen, manch einem Pessimisten werden erste Gedanken
gekommen sein, ob der neuzusammengestellte Kader den Landesligaansprüchen
genüge. Dass er das durchaus kann, zeigten dann die 60 Minuten danach.
Trainer Müller nutzte das Testspiel um wirklich zu testen,
denn er ließ einige Spieler auf ungewohnten Positionen ran. Vielleicht ist
damit auch die ganz schwache Anfangshalbestunde zu erklären. Im Tor stand
Neuzugang Patrick Richter (20) neunzig Minuten und konnte überzeugen. Er war
ein sicherer Rückhalt, strahlte Selbstbewusstsein aus und konnte in der zweiten
Hälfte zweimal klasse in Eins-Gegen-Eins-Situationen klären, was eine Stärke
von ihm zu sein scheint. So ging das 0:1 (16.) auch nicht auf seine Kappe,
sondern ließ sich Testspieler Kubisch in der Innenverteidigung abschütteln. Der
Mann aus Budissas Reserve konnte nicht wirklich überzeugen, wirkte immer wieder
etwas schläfrig und zu langsam, konnte mehrmals seine Gegenspieler nicht
halten, auch weil sein Stellungsspiel manchmal nicht das Beste ist. Man musste leider
feststellen, dass er bei Chancen für Post Dresden oft mit im Mittelpunkt stand,
was selten oder nie für einen Abwehrspieler spricht.
Die Führung für den Bezirksligaaufsteiger war zu diesem
Zeitpunkt absolut verdient, als Siebtligist waren sie der wie zu erwartend
interessanterer Testspielgegner - um erste Schlüsse zu ziehen - als Pogon
Stettin unter der Woche.
Was sehr augenscheinlich in Hälfte eins war: Schiebock ließ
die rechte Seite fast vollständig verwaist … der wahrscheinlich als rechter
Mittelfeldspieler eingeteilte Do Le zog die meiste Zeit nach innen und da
Abwehrmann Berndt über seine rechte Seite nichts nach vorn machte, sah es doch
die meiste Zeit in Hälfte eins etwas putzig (wenn nicht zu sagen: amateurhaft)
aus, wenn auf einem etwa 20 Meter breiten Streifen auf der rechten Seite kein
einziger Schiebock-Akteur zu finden war. Die Konsequenz daraus war, dass fast
jeder Angriff durch die Mitte gespielt wurde und nur gelegentlich über Brückner
etwas von der linken Seite kam. Neuzugang Do Le agierte in Hälfte eins alles
andere als glücklich, trotz großer Laufbereitschaft. Es war zwar deutlich zu
sehen, dass er viel mehr am Spiel beteiligt war als im Spiel gegen Stettin,
doch sprang in Halbzeit eins dabei nichts Produktives heraus, viele seiner
Pässe landeten beim Gegner, einfachste Bälle sprangen zu weit von seinem Fuß.
Do Le als Stürmer - konnte nicht überzeugen. Do Le als rechter
Mittelfeldspieler - auch nicht. Dass Do Le trotzdem eine klasse
Neuverpflichtung werden kann, bewies er nach seiner Einwechslung in der 70.
Minute, als er auf einmal im angestammten zentralen Mittelfeld die Fäden zog
und plötzlich ihm alles gelang. Traf er in Halbzeit eins noch die Latte, schoss
er jetzt seinen ersten Treffer für Schiebock. Er verteilte auf einmal mit viel
Übersicht gut die Bälle, war zweikampfsstark und wirkte auf der zentralen
Mittelfeldposition wie aufgeblüht. Auf dieser Position würde ich ihn gern mal
von Anfang an sehen, möglich dass er hier eine gute Alternative werden könnte.
Es wird aber schwer Gries und Herrmann aus dem zentralen Mittelfeld zu
verdrängen. Für mich war nämlich Herrmann der beste Akteur auf dem Platz. Der
Kapitän spielte immer wieder herrliche Pässe durch die Gasse. Diese einfachen,
aber doch genialen flachen Anspiele in die Sturmspitze kommen von den
Mitspielern einfach zu selten. Auch seine Seitenwechsel kommen oft an und im
Zweikampf ist er ohnehin eine Bank. Das einzige was man sich wünschen würde,
wäre, dass er - wenn es so gar nicht läuft, wie in den ersten 30 Minuten - als
Kapitän noch etwas mehr die Jungs aufrüttelt, sozusagen bei der Ehre packt. Er
selbst spielte stets couragiert und wäre in dieser Form für mich im zentralen
Mittelfeld gesetzt.
Gegen dieses schnelle Kurzpassspiel war schließlich für die
etwas kleine, stämmige und nicht mehr jüngste Innenverteidigung der Dresdner
nichts zu machen. Ab Minute 30 gab es Chancen im Minutentakt für die Heimelf.
Zuvor hatte Schiebock nur eine Chance, als Herrmann schön in den Lauf von Do Le
spielte und zu dessen flachen Hereingabe am rechten Fünfmeterraum Brückner
einen halben Schritt zu spät kam. Die beiden Stürmer Paul Seifert und Philipp
Schmidt agierten oft etwas zu umständlich. Die vielen einfachen Fehler im
ersten Drittel des Spiels konnten endlich abgestellt werden und mit dem
Ausgleichstreffer von Brückner nach einer Ecke (31.) - ein Zufallsprodukt, da
der Ball direkt vor seinen Füßen landete -
wurde das Spiel der Heimelf immer ansehnlicher. Schon zwei Minuten
später konnte die Führung erzielt werden, Schmidt verwertete souverän das tolle
Zuspiel von Herrmann in die Nahtstelle der Abwehr. Mit 2:1 ging es in die
Pause, die Dresdner mit einer bis dahin tollen Vorstellung.
In der zweiten Halbzeit wurde die Mannschaft personell und
taktisch kräftig durcheinandergewirbelt. So ersetzte Berndt in der
Innenverteidigung Winkler (beide solide), seine zu defensiv interpretierte
Position auf der rechten Abwehrseite übernahm der bis dahin stürmende Schmidt.
Der linke Abwehrspieler Schall (ebenfalls nur auf die Defensive beschränkt) ging
raus, dafür zog Brückner von links außen nach links hinten. Die in der ersten
Halbzeit völlig verwaiste rechte Seite wurde von Herzog (für Do Le) übernommen.
Für den unauffälligen Vogt kam Gries. Franz Seifert kam für links und die
Stürmer Latkolik und Ranninger sollten für neuen Schwung sorgen.
Für mich am auffälligsten neben dem später eingewechselten
Do Le waren nun aber die beiden Außenverteidiger. Sowohl Brückner als auch
Schmidt zog es immer wieder nach vorn … wie beide ihre gesamte Seite beackert
haben, war schön mit anzusehen. Natürlich waren in Halbzeit eins Berndt und
Schall die defensiv sicheren Spieler, aber Neuzugang Schmidt konnte - im
Gegensatz zum Stettin Spiel - seine rechte Abwehrseite weitestgehend sauber
halten und sich immer wieder in Angriffe mit einschalten. Dabei zeigte er
enorme Laufbereitschaft und tolle Zuspiele / Flanken. Immer wieder drang er bis
zur Torauslinie der Dresdner vor, konnte offensiv den eigentlichen rechten
Mittelfeldspieler Herzog in den Schatten stellen. Und Brückner? Wirklich eine
gute Leistung von dem Dauerreisenden zwischen Bank und Stammelf. Er ist
vielleicht der einzige im Team, der es immer wieder aus aussichtsreichen
Positionen mit Distanzschüssen probiert (vielleicht auch manchmal zum Leidwesen
seiner Mitspieler) und da er vermutlich über den besten Schuss in gesamten
Kader verfügt, kommen seine Bälle auch oft aufs Tor. Diese Fernschüsse könnten
vor allem gegen Ende des Jahres interessant und wichtig werden, wenn die
Platzverhältnisse nicht mehr die besten sind. Eine „Waffe“, die man durchaus
einsetzen sollte. Brückner belohnte seinen laufstarken Auftritt bereits in
Halbzeit eins mit einem Treffer. Brückner und Schmidt haben mich in diesem
Spiel als Außenverteidiger sehr überzeugt, ich halte die beiden auf diesen
Positionen für eine gute Option im Meisterschaftsrennen.
Die zweite Halbzeit gegen Post Dresden war ähnlich dominant
wie die zweite Halbzeit von Stettin gegen Bischofswerda. Von den zahlreichen
Torchancen wurden sicherlich zwei bis drei Hochkaräter zu wenig genutzt,
trotzdem brachte die gezeigte Leistung nun etwas Zuversicht für die schwere
Landesliga-Saison. Endlich wurde über die außen gespielt, der eingewechselte
Franz Seifert zeigte über links eine gute Leistung, sein Treffer zum 3:1 war
das schönste Tor des Tages … er lief mit dem Ball am Fuß an ein oder zwei
Gegenspielern vorbei und bewahrte vor dem gegnerischen Hüter die Ruhe und
versenkte überlegt links unten (46.). In der 68. Minute dann das 4:1, als der
Ball vom Posten zurück in den 5er sprang und Latkoliks Nachsetzen ein Eigentor
der Dresdner verursachte. Dann kam der bereits erwähnte und jetzt endlich
aufblühende Do Le für Herrmann, Schmidt übernahm die Kapitänsbinde. Do Le traf
dann sehenswert aus 15 Metern rechts oben (81.), wie einige im Stadion empfanden,
der gerechte Lohn für den nicht aufsteckenden Neuzugang. Mit dem Schlusspfiff
noch ein Treffer für die in Halbzeit zwei völlig harmlosen Dresdner … nach
einem Abstimmungsfehler von Torhüter Richter und einem Abwehrspieler konnte der
gegnerische Spieler mit viel Wohlwollen der Physik (enormer Drall) den aus
seiner Sicht 2:5 Schlusspunkt setzen.
Eine Frage bleibt noch offen: Nachdem weder Paul Seifert,
Ranninger noch Latkolik im Sturm für große Akzente sorgen konnten, was ist mit
der Personale Petr Bartejs? Der Stürmer, der 31 Treffer letzte Saison
markierte, verweilte wie schon gegen Stettin nicht im Stadion.
Erste Halbzeit:
Richter - Schall, Kubisch, Winkler, Berndt - Brückner, Herrmann, Vogt, Do Le - Schmidt, P. Seifert
Zweite Halbzeit:
Richter - Brückner, Kubisch, Berndt, Schmidt - F. Seifert, Herrmann (70. Do Le), Gries, Herzog - Ranninger, Latkolik