22./23. Oktober 2004: So gehn die Dortmunder, die Dortmunder gehn so...
Köln in Essen, Hamburg in Dortmund - keine Frage, für Patrick (HSV-Fan) und
mich (FC-Fan) bestand kein Zweifel darin, besagten Freitag und Samstag
Deutschlands Fußballhochburg Nummer 1, das Ruhrgebiet, aufzusuchen.
Mit dem allseits beliebten Surf&Rail-Ticket machten wir uns Freitag morgen
auf den Weg von Berlin nach Dortmund. Die Fahrt war äußerst angenehm,
schließlich blieben Verspätungen aus, und die pfandfreien, kalt gelagerten
Dosen Berliner Kindl Jubiläumspilsener flossen die Kehlen abwärts. Bis zur
Ankunft in Dortmund Hbf hatten wir uns jeweils schon deren 5 gegönnt. In der
Bierstadt mussten wir erstmal unser Etap-Hotel im Stadtteil Lütgendortmund
aufsuchen.
Lütgendortmund erwies sich als ein wahrlich faszinierender Ort. Zum einen
scheint der örtliche S-Bahnhof seit weit über einem Jahrzehnt von der
Deutschen Bahn bzw. ihrem Tochterunternehmen, der
S-Bahn-Betreibergesellschaft, nur recht stiefmütterlich behandelt worden zu
sein. Die bereits angeschimmelten Wände sowie mehrere große, stark
verdreckte Werbeplakate mit dem Werbeslogan "Unternehmen Zukunft - Deutsche
Reichsbahn, Deutsche Bundesbahn" entlang des Bahnsteigs ließen den Schluss
zu, dass dieser Bahnhof letztmalig, wenn überhaupt, im Jahr 1993 genauer
inspiziert wurde. Zum anderen gestaltete sich die Suche nach dem Hotel etwas
schwierig, weswegen wir insgesamt 5 Passanten nach dem Weg zur
Provinizalstraße fragten. Da uns auf dem Lütgendortmunder Marktplatz
allerdings niemand diese Frage auch nur ansatzweise beantworten konnte,
drängte sich bei uns doch die Frage auf, ob die Häuser in diesem Stadtteil
tatsächlich bewohnt sind oder doch nur Fassade, denn die berühmte Suche nach
der Nadel im Heuhaufen war wohl leichter als die nach Einheimischen in
Lütgendortmund.
Wie dem auch sei, wir fanden das Hotel dann doch recht schnell, und es
sollte nun gleich weiter nach Essen gehen. Doch auch das war nicht ganz so
einfach, wie der Fahrplan zu versprechen vermochte. Der technisch bedingte
Ausfall der S-Bahnlinie 4 zwang uns, eine Alternativroute zur Hafenstraße
auszugucken. Mit einem kleinen Umweg über Westerfilde, Herne, Wanne-Eickel
und Gelsenkirchen trafen wir dann ca. 1,5 Stunden später, als geplant, aber
dennoch rechtzeitig in Essen Hbf ein, von wo aus es mit weiteren
Bierflaschen bewaffnet gen Stadion ging.
Der 1. FC Köln gastierte vor 20.650 Zuschauern im Georg-Melches-Stadion bei
RW Essen. Und die von mir im Vorfeld des Spiels als beste Gästetribüne
Deutschlands hochgelobten Gästeblöcke P bis S hielten auch das, was sie
versprachen. Der Support der Kölner Fans war endlich wieder richtig gut - so
gute Unterstützung habe ich in einem FC-Gästeblock seit dem Auswärtsspiel in
Dortmund im Februar dieses Jahres nicht mehr erlebt. Mal ein dickes Lob an
dieser Stelle an alle, die mitgemacht haben. Und auch die Essener Fans
ließen sich nicht lumpen und waren gut dabei. Die FC-Mannschaft hingegen
zeigte einmal mehr ihr hässliches Gesicht. Keine Leidenschaft, kein Kampf,
Fehlpässe, Abwehrfehler, kurz vor Schluss eine völlig verdiente 2:0-Führung
für Essen. Da Patrick und ich schon ahnten, dass die FC-Fans nach dem Spiel
vorerst nicht aus dem Block gelassen werden würden, machten wir uns bereits
in der 88. Minute auf den Weg Richtung Hauptbahnhof, da wir nicht wirklich
damit rechneten, dass noch was passieren würde und ich somit mehr Zeit haben
würde, noch meinen Frust in Bier zu ertränken. Das sollte sich jedoch nur
wenige Minuten später als schwerer Fehler erweisen. Als wir in den Bus
einstiegen, trafen wir bereits geknickte Essener, die von einem
Podolski-Doppelschlag kurz vor Schluss sprachen. Ein FC-Fan aus Berlin
verkündete die frohe Botschaft auch sogleich per SMS.
Tja, da haben wir wohl Lehrgeld bezahlt. NIE WIEDER FRÜHER GEHEN!!! Schöne
Scheiße!
Am nächsten Morgen ging es nach einem reichhaltigen Etap-Frühstück und der
Auffrischung der Biervorräte in der Dortmunder Innenstadt Richtung
Westfalenstadion, wo Patricks heißgeliebter HSV zu Gast war. 78.000
Zuschauer, darunter ca. 6.000 Hamburger sahen eine indiskutable Leistung von
Seiten des BVB und einen - trotz einer Dortmunder Druckphase zwischen 45.
und 65. Minute ziemlich verdienten 2:0-Auswärtssieg des Hamburger SV, damit
die ersten Auswärtspunkte für die Nordlichter in dieser Saison und einen
perfekten Einstand ihres neuen Trainers Thomas Doll. Borussia Dortmund
hingegen agierte wie ein Abstiegskandidat und muss eingedenk dieser Leistung
den Blick so langsam nach unten in der Tabelle richten. In dieser Form
müssen sie sich jedenfalls auf Abstiegskampf einstellen. Offensichtlich
gehen die finanziellen Probleme des Clubs nicht spurlos an den Spielern
vorbei. Die Hamburger Fans legten anders als bei Heimspielen einen astreinen
Support hin (Respekt!!!), während die Dortmunder Südtribüne einmal mehr
ziemlich blass blieb. Aber nun gut, wenn man so viele Stehplätze anbietet,
muss man eben damit rechnen, dass auch viele supportunwillige Fans in den
Fanblock gehen und Anfeuerungsrufe in den Massen untergehen.
Nach Spielende und nochmaligem Genuss von einheimischem Pils traten wir die
Heimreise nach Berlin an, die ebenso unkompliziert und alkoholhaltig verlief
wie die Hinreise. Unsere getränketechnische Bilanz: 23 Dosen Berliner Kindl,
4 Dosen Paderborner Pilsener, 2 Flaschen KönigPilsener, 2 Flaschen Stauder
Pils, 6 Flaschen DAB und 4 frisch gezapfte Fürstenberg machen geschätzte
10,2 Liter pro Person an 2 Tagen. Der geneigte Leser entscheide bitte
selbst, ob es viel oder wenig ist :wink:
Ein besonderer Dank geht noch an 2 unbekannte HSV-Fans, die auf dem Weg vom
Westfalenstadion-Gästeblock zur Straßenbahnhaltestelle nach dem Spiel durch
abwechselndes Gebückt- und Aufrechtlaufen und gleichzeitigem Singen: "So
gehn die Dortmunder, die Dortmunder gehn so (geduckt), so gehn die
Hamburger, die Hamburger gehn so (aufrecht)!!!" die sich langsam nach vorne
bewegenden Massen, darunter auch zahlreiche BVB-Fans erfreuten.
In diesem Sinne, bis zur nächsten Fahrt.