Schon bissel her...aber hier mal wieder ein Bericht von mir.
Der Blick zurück - Maximale Flughöhe 21.360m
Die Mjassischtschew M-17 Stratosfera (russisch Мясищев М-17 Стратосфера) ist ein sowjetisches Höhenflugzeug, das erstmals 1982 flog. Es wurde als Höhenaufklärer konzipiert und gilt leistungsmäßig als Gegenstück zur amerikanischen Lockheed U-2. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde die M-17 unter dem Namen M-55 „Geofisika“ zu wissenschaftlichen Zwecken eingesetzt.
Im Winter 2005 hatte ich die etwas nervige Aufgabe, meine sich damals noch liebhabenden Eltern zu nachtschlafender Zeit zum Flughafen nach Leipzig zu fahren. Diesen Ausflug wollte sich mein mich ebenfalls damals schon liebhabender Freund Henner nicht entgehen lassen, zumal an diesem nasskalten Tag etliche Stadien für uns Hobby-Grundhopper zu besichtigen gewesen
wären. Nach und nach wurden sowohl das Altherrenspiel von Markranstädt als auch das Jugendspiel von Victoria wegen
Schneeregens und Unbespielbarkeit des Platzes abgesagt. Nun gut, das Highligt des Abstecher in die sächsische Metropole stand ja noch bevor – das Testspiel Chemie Leipzig gegen Greuther Fürth II. Während des ersten Bieres im gemütlichen Vereinsheim "Sachsenstube" wurde es plötzlich hektisch unter den Anwesenden: "de Loggis greifen ornn". Unser Säschsich reichte aus um zu verstehen, um was es ging und was wir zu tun hatten: Füße in die Hand nehmen und Fersengeld geben...typisch für uns Schisser vom rp03.
Mehr als eine Dekade später hatte ich nun die erneute Chance, dieses wunderschöne Stadion endlich im Livebetrieb zu bewundern. Aufgrund der Tatsache, dass ich mir die Autorückbank mit einem Ultra aus der Nordkurve teilte, ließ ich das Fussballquizbuch zu Hause und ersetzte es durch Flugzeugkarten. Chrischan und Schimmi auf den Sitzen in der ersten
Reihe wurden Zeugen, wie mich der Jungspund gnadenlos abzog. Die Geophysica M-55 trennte hier die Spreu (Oese) vom Weizen (Keiper).
Durch einen versteckten Waldweg, vorbei an irritiert schauende grün-weissen Fans, erreichten das Babelsberger Quartett um 13h den Heimeingang. Ausgestattet mit VIP-Bändchen betraten wir bei bestem Fußballwetter das wohl zweitschönste Stadion der Regionalliga Nordost, allein der Dammsitz ist ja ein absoluter Traum. Ich betrat die "Sachsenstube" und vernahm noch dezent den Angstschweiß, den Henner vor vielen vielen Monden dort verströmte. Mit einem lecker-kühlen Vollbier (erwähnenswert, Auflösung im Verlauf des Berichtes) vom freundlichen Tresenpersonal nahm ich neben Schimmi sehr vorsichtig
auf einer Sitzschale Platz und wartete auf den Anpfiff, welcher sich um 15 Minuten aufgrund hohem Zuschaueraufkommens und gleichzeitigem Zusammenbruch des neuen Kassensystems verzögerte. Der Einlauf beider Mannschaften wurde mit einer feinen Blockfahne der Leutzscher Fans und Gesängen für meinen Sitznachbarn begleitet: "Schimmi forever!" Stolz wie Bolle war er, hatte er doch mit so einer unverhofften Lobhudelei nicht gerechnet.
Das Spiel begann fahrig und fand größtenteils im Mittelfeld des holprigen Rasens des Alfred-Kunze-Sportparks statt; Chemie verstand es sehr gut, unsere Angriffsreihen komplett außer Gefecht zu setzen. Sowohl Hoffi als auch Andis standen größtenteils auf verlorenem Posten, Leipzig warf alles zwischen Mann und Maus – das sah nicht sonderlich gut aus, war aber effektiv und somit blieb die Partie jederzeit spannend. Erst nach ca. 23 Minuten gab es einen ersten Hoffnungsschimmer aus
Gästesicht: der flinke Hoffmann entwischte der kompletten Leipziger Abwehr, aber Latendresse-Levesque, vom ewigen Rivalen Lok nach Leutzsch gewechselt, konnte seinen Schuss parieren. Kurz darauf hatte die Heimelf ihr erste Möglichkeit, nach einem Schmidt-Freistoß köpfte Karau knapp am Tor von Gladrow vorbei. Verletzungsbedingt musste kurz darauf Koch das Feld verlassen, für ihn kam nach einer knappen halben Stunde Knechtel.
Den ersten Aufreger der Partie gab es allerdings wirklich erst um 14:38. Ein Telefonat aus dem Gästeblock erreichte mich: "Samma Oese, gibt es bei euch Bier? Das Bier bei uns ist total sauer, es ist auch nur Leichtbier und der Caterer meint, es seien sowieso die Reste vom Spiel gegen Lok...ett is ungenießbar". Schade, auch sonst bestach die Versorgung im Gästeblock wohl nicht mit Abwechslung (siehe Wohlfühlfaktor "Block").
Zur zweiten Hälfte brachte unser Trainer Hennig für Büyükdemir, am Spiel änderte sich nix. Die wenigen Annäherungen an das Tor der Leutzscher endeten entweder an einem grün-weißen Abwehrfuß oder in den Armen von Latendresse-Levesque. Ein Schuß von Hennig und ein verunglückter Fallrückzieher vom sonst komplett abgemeldeten Shala war alles, was unsere Equipe an Offensivkraft vorzuweisen hatte. Auf der Gegenseite hatte Weltpokalsiegerbesieger-Trainer und Ex-FC Bergedorf
85-Schankwirt Dietmar Demuth ein glückliches Händchen: der eingewechselte Ludwig brachte nochmal neuen Schwung auf den Rasen. Zehn Minuten später rappelte es dann hinter Gladrow und vor der imposanten Hintertortribüne. Wajer, seines Zeichens eigentlich Torverhinderer, konnte von fünf Nulldreier nicht gestellt werden und zog trocken aus 16 Metern ab. Leutzsch stand Kopf....und unverdient waren der Treffer und ich nehme es vorweg, die ersten drei Punkte für die sympathischen Grün-Weißen nicht.
Die Rückfahrt gestaltete sich trotz der rappelvollen A9 als entspannt und Schimmi auf dem Beifahrersitz summte leise all die Fanlieder, die heute zu seinen Ehren gesungen wurden. In diesem Sinne, Schimmi Leipzig allez!
PS: Die BSG Chemie Leipzig entschuldigte sich zwei Tage nach dem Spiel für den Ausschank des Leichtbieres und versprach, beim nächsten Heimspiel gegen Babelsberg 100 Liter Freibier zu verteilen. Bleibt also nur zu hoffen, dass Babelsberg in dieser Saison den Aufstieg noch nicht schafft.
BSG Chemie Leipzig: Latendresse-Levesque - Barth,
Karau, Wajer, Trogrlic - F. Schmidt (90. Hey), Heinze, Wendt (70.
Ludwig), L. Schmidt, Böttger - Kind (76. Hermann)
SV Babelsberg 03: Gladrow - Wilton, Eglseder -
Reimann (70. Beyazit), Koch (28. Knechtel), Büyükdemir (46.
Hennig), Saalbach - Hoffmann, T. Schmidt, Shala, Okada
Gelb: Schmidt,
Wendt – Hoffmann, Saalbach
Tor: 1:0 Wajer (80.)
Zuschauer: 3.374 (ca. 290 Nulldrei-Fans)
Wohlfühlfaktor (VIP-Bereich):
Polizei/Ordner: nicht erkennbar
Getränke/Grill: Freiberger (süffig und kühl), Buffet mit allerlei sächsischen Köstlichkeiten
Gesamteindruck: Damm-wild!
Wohlfühlfaktor Block (dank an Sany):
Polizei/Ordner: locker bis ignorant-entspannt
Getränke/Grill: getränketechnisch eine Katastrophe (siehe oben), sogar Wasser und Zitronenlimo wurden vertauscht, Bocki und Toast, später gab es Gratiseis (Spaghettieisbecher ohne Löffel)
Gesamteindruck: trockener Beigeschmack