Knackpunkt Molly oder „Gelati Gelati – wenn der Eisverkäufer anrollt“
Wenn am Donnerstag Abend mit reichlich Bier und Prosecco gegrillt wird,
kommt man auf die abstrusesten und am weitesten hergeholten Ideen:
„Molly, willste morgen nicht mit ins Stadion kommen? Ich kümmer mich um
die Karte und Getränke und in der Halbzeit kannste zu mir hoch auf den
Technikturm kommen und ich zeige Dir, wie ich die Karlicharts abspiele“.
Man, ich fühlte mich in diesem Moment so cool, gönnerhaft und stark
und gar nicht mehr unbedeutend, dick und haupthaarlos vor meiner
Freundin. Mit ihrer Reaktion hatte ich allerdings auch nicht gerechnet:
„Joar, wieso eigentlich nicht? Ich kann ja die Karlicharts mit „Hallo,
liebe Freunde der Beatmusik, heute für Sie im Repertoire…“ ankündigen
und dann verschwinde ich wieder in die Nordkurve.“ Getrunken, getan:
Pünktlich für meine Verhältnisse (18:35h), überpünktlich für ihre
Verhältnisse (19:06h) betraten wir das Karli, welches mit knapp 2300
Zuschauern, darunter ca. 25 Zusehern aus Halwerstidde, wie wir
plattdeutsch sprechenden Plattetragenden sagen dürfen, für einen Freitag
Abend ordentlich gefüllt war.
Nulldrei, mit Feber für den gesperrten Gladrow, begann wie schon in den
letzten Heimspielen enorm druckvoll, Halberstadt wartete ab. Rückkehrer
Hebib hatte die erste Gelegenheit, sein Kopfball strich knapp über das
Gebälk. Kurz darauf prüfte Albrecht Pascal Nagel; und der
Germania-Torhüter stand auch gleich darauf wieder im Mittelpunkt des
Geschehens, der Freistoß von Becker verfehlte aber knapp das Tor.
Weiter nur die Babelsberger im Vorwärtsgang, nach Sindik-Pass verzieht
Koc nur knapp. In der 23. Minute dann die bis dahin größte Chance für
die wilden Jungspunde vom Park, Schwarz ballert die Pille an die Latte.
So verstrich Minute um Minute, Chance um Chance und spätestens nach 43
Minuten hätte es 1:0 stehen müssen – nach Beckers Pass auf Albrecht
schob dieser in Bedrängnis zu Koc, der das Tor nur äußerst knapp
verfehlte.
0:0 zur Pause, keine Tore und keine Molly zu sehen. Mahala
Rai Banda mit „Mahalageasca“ und Noir Desir mit „Le Vent Nous Portera“
anzukündigen, fielen wohl plötzlich ohne Billigschaumwein im Kopf etwas
schwerer.
Wir springen in Minute 51: der Ex-96er, TeBe’er, Dortmunder, Aachener,
60er, Koblenzer, Oberhausener, Hachinger und aktuelle Halberstädter
Wandervogel Krontiris netzte nach Bolivard-Pass zur Führung ein. Doch
wie schon häufiger in Testspielen und Pflichtspielen beobachtet, mimte
Mihm einen Mittelstürmer und Nulldrei kam durch unseren blonden
Abwehrrecken zum Ausgleich (55.). Nach einem hineingestreichelten
Koc-Freistoß hat dieser den Kopf als Erster am Ball bzw. den Ball als
Erster am Kopf und netzte recht ein. Nun gut, ich hatte 3:1 getippt, es
fehlten also nur noch zwei läppische Tore. Diese fielen auch relativ
prompt, allerdings auf der Soll- statt Habenseite. Malick Bolivard, der
Malick Bolivard, der in Babelsberg nicht glücklich wurde (die Gazetten
schrieben „Die Freundin ruft - und Bolivard verlässt 03“) bekam den Ball
kurz vor der eigenen Strafraumgrenze und lief los: es sind noch 65
Meter bis der gegnerischen Torauslinie, er lässt Albrecht stehen, es
sind noch 30 Meter bis zur Torauslinie, er lässt sich von Zimmer nicht
stören, es sind noch 15 Meter bis zur Torauslinie, Zimmer grätscht ins
Leere, es sind noch 20 Zentimeter bis zur Torauslinie und Bolivard passt
von links in den Strafraum – und das passt: Krontiris ist wieder zu
Stelle und Feber hat keine Chance bei diesem schönen Kopfball nach
ebenso wunderschöner Vorarbeit (60.). Wow..und Respekt. Wer nun dachte,
das Kontingent an ansehnlichen Toren wäre aufgebraucht, der täuschte
sich. Rico Steinhauer dachte sich in Minute 67. wahrscheinlich, so ein
Tor des Monats liest sich bestimmt gut im Lebenslauf bei
transfermarkt.de, mach ich das doch einfach mal. Er machte es großartig –
nach einem Eckball von der rechten Seite ließ er unserem Ersatzkeeper
mit seinem Fallrückzieher keine Möglichkeit zum reagieren. Genug der
schönen Tore? Mitnichten! Der eingewechselte Druschky ballerte eine
Flanke von Koc per Direktabnahme ins Netz der Gäste, das Tor eines
gewissen Lothar M. von Bayern M. gegen, B. Leverkusen am 21.11.1992
erschien dagegen wie ein Witz, was ist denn hier los (78.)? 2:3 und noch
mehr als zehn Minuten zu spielen. Babelsberg versuchte, Babelsberg
ackerte, Babelsberg flankte…Babelsberg foulte – leider in der letzten
Minute im eigenen Strafraum. Den fälligen Strafstroß versenkte Schubert
unhaltbar für den an allen Toren unschuldigen Feber im Netz (90.).
Und was hat der Spielberichtstitel mit dem soeben gelesenen zu tun?
Nichts. Wirklich nichts. Der Herbst hat meteorologisch heute (1.9.)
begonnen und auch für Nulldrei ist nach etlichen Spieltagen in der
Sommerlaune der graue Herbstalltag „Regionalliga“ Wirklichkeit geworden.
Hoffentlich zeigt sich die Sonne am 15. September gegen die Reserve der
Unioner wieder für die jungen Wildspunde in blau und weiß. Allez les
bleus.
…und der Eisverkäufer rollt im nächsten Frühling wieder vor, versprochen.
PS: Hätte Molly die Karlicharts angesagt, hätten wir gewonnen…DANKE SCHATZ.
Nulldrei: Feber -Zimmer, Hebib,
Prochnow, Mihm, Blazynski (83. Schmidt), Sindik (69. Druschky), Koc,
Becker, Schwarz (76. Rode), Albrecht
Halberstadt: P. Nagel - Georgi
(83. Neef), Mörck, Steinhauer, Schulze, Schubert, Wersig, J. Nagel,
Krontiris, Bolivard (63. Djan-Okai), Büchler (73.Seitz)
Tore: 0:1 Krontiris (51.) 1:1 Mihm (55.) 1:2 Krontiris (60.) 1:3 Steinhauer (67.) 2:3 Druschky (78.) 2:4 Schubert (90., Elfmeter)
gelbe Karten: Blazynski, Koc - Schulze, J. Nagel, Büchler
Zuschauer: 2297