„Oese, was willste denn in Heidenheim? Erinner Dich mal dran, wie Du bei der 5:0-Klatsche im Februar dort gefroren hast. Über 550 Kilometer für so ne Tour, mach doch mal was Gescheites am Wochenende: Lies ein gutes Buch, mach einen Spaziergang mit Deinen Hunden, wisch mal Dein Bad, sortier mal den Papierkram auf Deinem überquellenden Schreibtisch, beobachte Henner, wie er Deine
Steuererklärung macht…“ all diese Gedanken hatte ich am Freitag Abend gegen 22:30h, als ich meine Fischstäbchenbrötchen für die Fahrt an die Brenz schmierte. Aber man hofft ja immer, manchmal geht’s auch gut. Wer hätte damals gedacht, dass wir in Braunschweig in Unterzahl gewinnen, den späteren Aufsteiger Aalen besiegen oder wirklich noch nen Punkt in Schweinfurt mitnehmen. „Okay, diese Fahrt wird lang und ein Fussballquizist in einem mit vier Personen besetzten Touareg nicht wirklich möglich, zum Glück haste ja Ratespielalternativen“ und somit packte ich u.a. Trivial Pursuit "Essen und Trinken kompakt" (logisch, was sonst?) und das Brandenburg Quiz in meinen Rucksack. Dass mein Freund Vizeherbstmeister mich mit einem mitgenommenen Kniffelspiel an Zeitvertreibungskreativität noch übertrumpfen würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. So verdaute ich die übriggebliebenen
Fischstäbchen und die zuvor gesehene 1:2 Niederlage unserer Reserve gegen Ludwigsfelde und fiel in einen kurzen und unddankbaren Schlaf, denn überpünktlich unbarmherzig schellte das Handtelefon neben meinem Bett und verlangte nach Anrufannahme. „Chrischan“ zeigt das Display…boah, watt willen der mitten inna Nacht? Aber nein, es war ja schon nach sieben und entsetzt erinnerte ich mich an meine SMS in der Nacht an ihn „bitte mahc nen Sichrheitswckanruf“ (ja, ich komm mit T9 nicht klar und hatte auf der Sandscholle das ein oder andere hopfenhaltige Getränk genossen). “DIES IST EIN SICHERHEITSWECKANRUF!“ schallte es in meine müden Ohren; ja auf diesen Bub ist Verlass. Pünktlich um 8 erreichten wir das aller-, diesmal auch wirklich allerbeste Kino Potsdams (vergl. Thalia, das) und ich wurde liebevoll mit einem „Black Molli-Schnaps begrüßt. Oh wie passend, meine gleichnamige Freundin sieht bisweilen auch schwarz, wenn ich ihr berichte, welcher Ausflug am Wochenende für mich auf dem Plan steht. 8:15h, die Tour an die Brenz konnte mit unserem grandiosen
Kaschmirhooligan am Steuer beginnen.
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Es dauerte nicht lange und es wurdenach Zerstreuung verlangt. So lernten wir durch die Ratespiele unter anderen, dass ein hochprozentiger Österreicher nicht „Stroh 80“ sondern „Marcus“ heißt und das durch Zufügen von Basilikum, Zitronenmelisse,
Wein-, Kirsch- oder Nussblättern die Spreewaldmelone ihren einzigartigenGeschmack erhält. Einige Lacher später tauchte endlich auch schon das längst erhoffte Abfahrtsschild auf: Suhl. Cool, nur noch 280km. Pünktlich, fast überpünktlich erreichten wir dann gegen 13 Uhr
Heidenheim an der Brenz, ein Kleinbus aus Babelsberg wartete schon und kurze Zeit später tuckerte noch ein uralter Opel Corsa, nur noch zusammengehalten von Hoffnung und Rostschutzfarbe, auf den Parkplatz vor den Gästeeingang ein. Am Ende sollten es genau 40 Unterstützer (dank der Teilnahme der netten Cateringsmädels des FC Heidenheim) sein, die unser Team in der Voith-Arena nach vorn peitschen wollten.
Coach Christian Benbennek hatte wie sein Gegenüber Frank Schmidt seine Aufstellung auf vier Positionen verändert: Kühne, Evljuskin, Essig und Heil bekamen den Vorzug vor Hebib, Groß, Koc und Kreuels, auf Heimseite mussten Sirigu, Bagececi, Heidenfelder und Frommer für Malura, Strauß, Mayer und Thurk nach der deutlichen Pleite gegen die großartigen auftrumpfenden Milchbubis vom einzigen Verein in München Platz machen.
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Beide Teams begannen forsch und schon nach einer Minute gab es die erste Gelegenheit für den Aufstiegsaspiranten aus Baden-Württemberg – ein Freistoß von Schnatterer ging knapp links am Tor von Löhe vorbei. Auf der Gegenseite war es Kühne nach Essig-Ecke, der mit seinem Kopfball das Gehäuse des starken Frank Lehmann um wenige Tip-Top-Schritte verfehlte. Ein Fehler in der Babelsberger Mauer bedeutete gleichzeitig den Rückstand unserer Helden: Mayer postierte sich geschickt in unserer Abwehrreihe und brach sie am entscheidenden Punkt auf, Schnatterer nutzte die Lücke und verwandelte direkt per Freistoß in der 20. Minute. Nur kurze Zeit später narrte Melura gleich drei unserer in rot spielenden Babelsberger und flankte mustergültig auf Mayer, der mit Drehschuss Löhe keine Chance ließ (26.). „Na prima, das wird ja ein Debakel“ dachte ich in keinem Moment, denn nach dem Wiesbaden-Spiel
wusste ich ja, dieses Team kann zurückschlagen. Und ja, ich wusste richtig. Unbeeindruckt von dem Doppelschlag peitschte sich unsere Elf nach vorn, ein Essig-Freistoß ging knapp über das Tor. Meine Zunge war trocken und lechzte nach Pilsbetröpfelung, schnalzen konnte sie trotzdemnoch - Oliver Kragl schnappte sich das Leder an der Mittellinie, ließ Titsch-Rivero als Statist nebenherlaufen und hämmerte das Leder mit links in den Dreiangel (42.) - ein Tor der Marke „wow“.
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Auch im zweiten Abschnitt drängten unsere Jungs sofort nach vorne, die Mannschaft von der Ostalb fand laut kicker „minutenlang überhaupt nicht mehr statt“ und konnte sich schon jetzt bei Keeper Lehmann bedanken, der einen gezirkelten Ball von Müller mit den Fingerspitzen entschärfte.Trainer Benbennek brachte nach knapp einer Stunde Freigänger Koc, der noch mehr Unruhe in die Heidenheimer Hintermannschaft brachte. Eine perfekt getimte Flanke erreichte Sülo, doch Lehmann macht seinem
ehemaligen Nationaltorwartnamensvetter alle Ehre und parierte erstklassig. Auch auf den Rängen war die Rollenverteilung zu spüren, der
Gästeblock machte deutlich mehr Stimmung, die mehr als 7000 Zuschauer auf Heimseite wirkten wie das Kaninchen vor der Schlange und warteten quasi nur auf den Biss. Biss bewiesen unsere Nulldreier bis zum Ende, Müllers Gewaltschuss fand wiederum in Lehmann seinen Meister. Trainer Frank Schmidt meinte in der Pressekonferenz nach dem Spiel: „ Es hat nicht die bessere Mannschaft gewonnen, vielleicht sogar die Schlechtere.“ Und dem gibt es nichts entgegenzusetzen. Nach aufopferungsvollem Kampf und Torchancen für mehrere Spiele unterlag unsere Equipe unverdient beim Verein mit Fußballtradition seit 1846.
Die Rückfahrt gestaltete sich schwierig, gefühlte 550 Kilometer Stau lagen zwischen Heidenheim und der Stadtteilkneipe Nowawes, in der ich eigentlich halbwegs pünktlich noch die Masterarbeitsabgabe meiner allerliebsten Karlichartsassistentin Jenny feiern wollte…doch Martin sei Dank kam es dann doch noch anders. Einsam, beladen mit zwei Topfpflanzen stand dieser Rastafari (nicht zu verwechseln mit
Lasterfahri – die dürfen doch am Wochenende nicht auf die Autobahn) an einer Raststätte und bat trampend um Mitnahme. Über die
Zwischenstationen Ellwangen Bahnhof, Suhl (Cool!) und vorbei am märkischen Kleinod Wittbrietzen erreichten wir noch relativ pünktlich
die Heimat der Reichen und Schönen, dann ging es noch über die Havel und schon waren wir in Babelsberg. Freudig wurde man mit den mitgebrachten null Punkten (aus Statistiksicht) und drei Punkten (aus Leistungssicht) begrüßt – ich blickte erst sehnsüchtig auf das kühle Bier und dann zuversichtlich in die Zukunft. Diese Mannschaft hat enormes Potential – sie wird es hoffentlich beim nächsten Heimspiel gegen Halle zeigen können. Allez les bleus.
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FC Heidenheim: Lehmann - Malura, Göhlert, Krebs, Feistle - Schnatterer, Wittek (46. Tausendpfund), Titsch-Rivero, Strauß (81. Bagceci) - Thurk
(57. Heidenfelder), Mayer
Nulldrei: Löhe - Rudolph, Reiche, Berzel, Kühne, Kragl, Evljuskin, Hartmann (83. Groß), Essig (83. Schulz), Müller, Heil (58. Koc)
gelb: Wittek
Tore: 1:0 Schnatterer (20.), 2:0 Mayer (26.), 2:1 Kragl (42. )
Nulldreier: 40
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