Meistens weiß keiner wieso und warum bestimmte Städte eine Partnerschaft pflegen. Immerhin hatte ich jetzt einmal die Möglichkeit mit Karlsruhe eine der Partnerstädte von Halle persönlich kennen zu lernen. Dank BengalOOs Tour durch die Berufswelt der alten Bundesländer war der Besuch bei der weitestgehend unbekannte Partnerstadt möglich geworden.
Auch in Karlsruhe wird bekanntlich Fußball gespielt, blöderweise an diesem Wochenende auf einen Montag bei Pauli. Um trotzdem mal das Wildparkstadion zu erobern, musste die Regionalliga Süd herhalten; eine Staffel als Sammelsurium aus Dorfvereinen, Amateurteams und den "großen Drei": Stuttgarter Kickers, Waldhof Mannheim und Hessen Kassel. Sportlich spielen aber nur die StuKis eine relevante Rolle und führen die Liga drei Punkte vor der SG Sonnenhof Großaspach an. Und eben diese Sportgemeinschaft war in Karlsruhe zu Gast, um an der Spitze Anschluss zu halten.
Dank Katerstimmung und trägem Gastgeber erreichten wir das Stadion mit gut 20 Minuten Verspätung, nach einer kurzen Übersicht über Karlsruhes City-Leben mit einem prunkvollen Schloss und einem Wildpark, der jeden Naturfreund das Herz höher schlagen lässt. Doch für Bäume & Sträucher waren wir nicht aufgebrochen, stattdessen hörten wir schon aus über Hundert Meter den Support der mit eigenem Fanbus angereisten Gäste. Das Stadion ist für mich als Fußballnostalgiker ein absoluter Hingucker: Old-School-Tribünen, Kurven mit einer ungewohnten Mischung aus Sitz- und Stehplätzen. Ein Stadion mit Charakter ohne 0815-Neubau-Arenen-Outfit.
Großaspach lag bei unserer Ankunft schon 1:0 durch ein frühes Tor von Sokol Kacani in Front (6.). Sonnenhof spielerisch besser, Karlsruhe im Aufbau mit enormen technischen Defiziten. Großaspach verkörperte an diesem Tag keine Regionalliga-Spitzenklasse und schien auch nicht über Spieler von dem Potenzial eines Daniel Frahns, Marc Heider oder Toni Lindenhahn zu verfügen, aber für den KSC II reichte es: trockener Volleyschuss, erneut von Kacani, zum 2:0 (37.). Hoffnung auf etwas Spannung in der zweiten Halbzeit machte der 2:1-Anschluss kurz vor der Pause durch Manuel Hasel.
Nach dem Wechsel blieb der KSC am gegnerischen 16er zu stümperhaft, kein Vergleich zu spielstarken Nord-Reserven des HSV, Wolfsburg oder Hannover. Durch einen Elfer, dessen Entstehung irgendwie im allgemeinen 2.Halbzeit-Gepöbel auf der Tribüne unterging, dann die Entscheidung zu Gunsten der Aspacher. Nicole Mazzola verwandelte sicher.
Die Gästefans zündeten in der 2.Hälfte zwei ziemlich belanglose Rauchtöpfe, die das Karlsruher Publikum auf den Plan rief sofort die Handys zu zücken, um diesen epochalen Moment festzuhalten. Das qualmende, unbemannte Übel wurde anschließend von vier Leuten des Ordner- und Sicherheitsteams umstellt und nach mehrminütiger Diskussion fachmännisch in einem Eimer entsorgt. Es folgten ein paar unqualifizierte Sprüche zwischen den Badenern und schwäbischen Gästen, wobei wir bestenfalls die Hälfte aufgrund des unsäglichen Dialekts verstehen konnten.
Es wurden zwar 173 Zuschauer offiziell angegeben, auf der Tribüne tummelte sich aber locker das Doppelte. Allein aus Aspach waren sicherlich 70-80 Mann angereist, wovon knapp die Hälfte sich am Support beteiligte.
Am Abend ging es nach Ludwigsburg zur Beko BBL: der Vorletzte Ludwigsburg empfing den Playoff-Kandidat FC Bayern München. In der ersten Hälfte sah es lange danach aus, dass es für das Ludwigsburger Publikum nur ein paar Souvenir-Fotos mit Ex-Bundestrainer Dirk Bauermann geben würde, aber im dritten Viertel zeigten die Bayern, wieso sie nur zwei kümmerliche Auswärtsspiele gewonnen haben. Eine 22-Punkte Führung wurde hergeschenkt, Ludwigsburg lief beim 19:0-Run richtig heiß.
Im Schlussabschnitt lief für den FCB wieder alles nach Plan, die Kräfte bei den Ludwigsburgern schwanden und als dann auch noch die Konzentration bei den Freiwürfen zu wünschen übrig ließ, waren die Bauermänner endgültig auf Siegkurs. Ein paar Auszeiten und der Versuch über Fouls die Uhr zu stoppen, änderte nichts mehr bis auf die Tatsache, dass das Spielende eine ganze Weile auf sich warten ließ. Am Ende sahen die 4.500-Zuschauer in der erstmals ausverkauften und durchaus schön anzusehenden, modernen Arena ein 71:64 ( 41:28 ). Damit hab ich - bei meinem neunten Basketball-Livespiel 2012 - die bayrischen Erstligisten "komplett", denn nach Bayreuth, Bamberg und Würzburg fehlte mir lediglich ein Livespiel der Bayern.
Am Abend wurde noch ein echter Volltreffer gelandet: in einer kleinen Bar in Ludwigsburgs City probte ein stolzer Barbesitzer den Ernstfall und öffnete eine Woche vor der offiziellen Eröffnung seine Pforten. Da er Werbung in eigener Sache machen wollte, gab es eine vorbildliche Bewirtung von ein paar Snacks und einige hartalkoholische Spiritousen auf Kosten des Hauses. Nur konnte er leider nicht wissen, dass wir wohl nie wieder Ludwigsburgs Nachtleben auf den Kopf stellen werden - geschmeckt hat es trotzdem. Dementsprechend meine Empfehlung für alle Gäste in Schwaben: die Shisha-Bar "Hang over"!