An diesem Wochenende standen im halleschen Terminkalender zwei wichtige Eckpunkte: letztes Spiel im viel diskutierten Ausweichstadion am Bildungszentrum und die Einweihung des neuen Stadions mit bisschen Rahmenprogramm. Selbstverständlich stand für mich das Heimspiel gegen Meppen für mich an höchster Stelle.
Ein letztes mal ging es über die Magistrale bei überraschend sommerlichen (schweißtreibenden) Wetter zum Stadion nach Neustadt. Dort angekommen das übliche Prozedere, die üblichen Gesichter - Wehmut wie einst beim ollen Wabbel Fehlanzeige. Es war schließlich nur eine Heimstätte auf Zeit. Immerhin brachte Meppen mit knapp 100 Gästen einen kleinen Gästeblock mit, da hat man bei Kiel und Lübeck schon schlechtere Auswärts-Mobs gesehen. Stimmung bei den Gästen auch ganz ordentlich, ansonsten eher ein entspanntes Spiel auf den Rängen - bis auf einen. Ein Meppener hielt es für notwendig im SVM-Shirt sich auf die Tribüne zu setzen, soweit so alltäglich. Beim Platzverweis seines Schützlings Jens Robben hatte er dafür seinen großen Auftritt. Neben übelsten Beleidigungen gegen den eigenen Spieler (u.a. "du bist zu doof zum Fußballspielen") brüllt er sich den ganzen Frust vom Leib. Während der gemeine Hallenser den störrischen Robben, der das Feld nicht verlassen wollte, am liebsten nach Hause schicken wollte, konterte der Meppener Kollege "Nee, den wollen wir auch nicht bei uns!".
Das Spiel lief zur Freude der Rot-Weißen sehr einseitig. 3-4 Chancen verballert, ehe Marco Hartmann sein drittes Saisontor per Kopf erzielte. Zweite Halbzeit ein paar Hänger, kaum Meppener Chancen und am Ende konnte der junge Dennis Wegner endlich seine ersten zwei Regionalliga-Tore zum verdienten 3:0 beitragen. Friede, Freude, Eierkuchen - auf zum neuen Stadion.
Hallescher FC - SV Meppen 3:0 (1:0)
Tore: 1:0 Hartmann (33.), 2:0/3:0 Wegner (69./90.)
Gelb-Rot: Robben (72./Meppen/Reklamieren+Foulspiel)
Zuschauer: 2.006
HFC: Horvat – Eismann, Butzmann, Ruprecht, Kanitz (71. Benes) – Hartmann, Wagefeld – Preuß (68. Mast), A. Müller, Lindenhahn – Shala (61. Wegner)
SVM: Gommert – R. Müller (81. Meyer), Klippel, Meier, Schepers – Olthoff (46. Wessels), Dogan, Wigger, Hartwig – Robben, Holt (77. Nacar)
Schon bei der Ankunft fragte ich mich ob ein Tag der offenen Tür in einem Stadion sinnvoll ist ohne brauchbares sportliches Programm bzw. Einblicke in das Stadioninnere. Zwar konnten Führungen durch das Stadion gemacht werden, aber davon dürften nur ein Bruchteil der Besucher gebrauch gemacht haben - allein der dreißig-Minuten-Takt taugte nicht viel. So blieb für die "breite Masse" nur der Einblick in die Gegengerade und den Fanblock. Die Kantstraße erinnerte mich mit Langos, Fischbuden, Lebkuchenherzen auch mehr an nen Weihnachtsmarkt als an eine Fußballparty (oder etwas in der Art). Erster Eindruck vom neuen "Erdgas-Sportpark": Naja, abwarten; ich geb ihm Zeit. Viele zeigten sich begeistert, bei mir überwiegt zur Zeit noch die Trauer über das Kurt-Wabbel-Stadion. Zumal ich keine Volksbank- oder Günther-Papenburg-Tribünen brauche, die Angst vor Bratwurst vom Elektrogrill und Eckenpräsentation durch Firma xyz ist bei mir auch noch akut. Abgesehen davon das mit der "Volksbank-Fancard" (ausschließlich bargeldloses Bezahlen bei Getränken&Speisen!) ein absolutes No-Go in der 4.Liga eingeführt wurde. Hoch lebe da unsere U23 bei der das Pils&die Wurst für 1,50€ kommt und wesentlich besser schmeckt.
Das Publikum (es gibt ja was umsonst!) war dementsprechend. Man liest von 23.000-25.000 Besuchern über den Tag verteilt, faszinierenderweise kamen in der gesamten vergangenen Saison lediglich 27.000 Zuschauer zu den 17 Heimspielen. Da liegt der Verdacht nahe, dass man viele Schaulustige vom Samstag wohl nie wieder sehen wird. Zumal das fluffige Programm mit SAW-Dancer, Gewinnspielen und Werbeaktionen wohl nicht zu jeden Heimspiel aufgefahren wird...
Sonntagmorgen, 11.45 Uhr. Der HFC-Tag ist abgehakt. Kurzer Anruf in Brehna - stehen unsere Pläne für die Partie RB Leipzig gegen FC Magdeburg noch? Ja? Oha. Duschen, anziehen, aufs Rad, ab zum Hauptbahnhof - rekordverdächtigerweise 12.10 Uhr saß ich im Zug gen Brehna, von dort ging es zu dritt im Auto nach Leipzig. Mein Frühstück bestand aus nem halben Liter Wasser auf dem Weg. Im Auto wurde die Blockwahl neu diskutiert - FCM-Block? Geht eigentlich nicht. Tribüne? Zu teuer. RB-Block? Geht an sich nicht. Doch wir schrieben uns auf die Fahne trotzdem beim Heimverein vorbeizuschauen, blöde Sprüche und dümmliche Kommentare waren vorprogrammiert. Nach erfolgloser Parkplatzsuche entschied sich der Fahrer kurzfristig zu spektakulärem Harakiri-Kreuzungs-Parken an der Waldstraße. Nach dem das elektronische Einlasssystem mich widerwillig passieren ließ, ging es in den jüngsten "Fanblock" Deutschlands - ein komisches Gefühl, das von Brechreiz bis Unverständnis reichte, kam in uns hoch.
Doch es sollte eine gute Entscheidung gewesen sein, gleich beim Niederlassen entlarvten wir uns durch eine Schimpftirade auf den gerade zu Boden gegangenen Timo Röttger als nicht ganz so RB-nahe Freunde des runden Leders. Spätestens als Dawid Krieger völlig unorthodox, beinahe ungewollt (zuvor gabs ein paar versiebte RB-Chancen) das Tor für Underdog Magdeburg erstolperte und im Heim-Sektor B zwei Leute zum lautstarken Torjubel aufsprangen, war die Tarnung dahin. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, mich für ein Magdeburger Tor freuen zu können, RB machts möglich. Schadenfreude satt gabs für Sportfreund Daniel Frahn, der vom sonst so routinierten MD-Außenverteidiger Neumann den Ball mustergültig serviert bekommt (wieso macht er sowas?) und der ex-Torschützenkönig kläglich an Schlussmann Tischer hängen bleibt.
Die mit Abstand traurigste Erkenntnis folgte beim Biergenuss, der keiner war. Ausschließlich alkoholfreies Bier - offensichtlich zu allen Heimspielen - wird im Zentralstadion ausgeschenkt. Quasi rausgeschmissenes Geld. Auf die Frage warum man so einen Frevel macht, gibts die logische Erklärung: "Wir schenken hier nur alkoholfreies Bier aus, wir wollen hier keine Randalierer." Ähhm, ja.
Zweite Halbzeit, neuer Sitzplatz, alte Sprüche. 45 Minuten Zeit schinden steht für den FCM auf dem Programm. Die Spielanlage ist bei den in den Stadtfarben kickenden Maggis geradezu kümmerlich im Vergleich, doch der Einsatz und der Kampf stimmt. Auch die Gästefans machen gewohnt gute Stimmung, auch wenn es wohl der kleinste Magdeburger Gästeblock im Zentralstadion seit dem Umbau ist, waren sonst eher 3000+X Blau-Weiße anwesend, hatten die etwa 1500 am Sonntag keine Mühe das kümmerliche Supporthäufchen der Heimfans zu übertönen.
Timo Röttger ("Du hast die Haare schön!") erzielt in der 57.Minute (zu früh!) den fälligen 1:1-Ausgleich. Mit Ansage: mal wieder stört kein Magdeburger beim Abschluss und der Schuss von der Strafraumgrenze schlägt im langen Eck ein. Anschließend ein kurzes Anrucken bei Leipzig zu spüren, 5-6 Minuten Singsang im Block und eine ebenso lange Druckphase auf dem Platz, der FCM steht kompakt und drischt raus, was im Strafraum hängen bleibt. Denis Wolf probiert sich zwei mal aus 15-18m für den FCM und zielte wohl eher auf ein paar Heimfans im dahinterliegenden Block. Vier Magdeburger Saisontore in sechs Spielen: jeder weiß warum. Lediglich Tobias Becker hätte aus spitzem Winkel mit viel Glück treffen können, doch Pascal Borel macht das kurze Eck pflichtbewusst zu.
In der Schlussphase rennt der Ligakrösus noch einmal an, ohne durchschlagenden Erfolg. Magdeburg wechselt, natürlich mit aller Seelenruhe. Eckball RB, Tischer mit einer Faust: zu kurz! Ich höre neben mir ein entsetztes "der ist noch nicht raus", gemeint ist der Ball aus dem Strafraum. Rockenbach hämmert, Köhne rettet auf der Linie. Bei der Auswechslung von Tobias Scharlau hat dieser es natürlich nicht besonders eilig - mal wieder zum Ärger von Stefan Kutschke. Dem Ex-NullDreier, der schon mit Unsportlichkeiten im Sachsenpokalfinale auffiel und auch dieses mal wieder viel "Liegezeit" in Anspruch nahm, geht es nicht schnell genug. Wir schmunzeln: Hätte der Hüne nur halb so viel Zeit liegend verbracht, hätte RB wesentlich mehr Zeit gespart als der poplige Wechsel in Minute 90. Kurz darauf ist dann auch Schluss, 1:1. Der HFC zieht vorbei an den Leipziger Konkurrenten dank des FCM. Fußball ist ein komischer Sport, macht aber immer wieder Spaß.
RB Leipzig - 1.FC Magdeburg 1:1 (0:1)
Tore: 0:1 Krieger (.), 1:1 Röttger (57.)
Zuschauer: 9.789
RBL: Borel - Müller, Sebastian, Franke, Kocin - Schulz (75. Kammlott), Geißler - Röttger (81. Heidinger), Rockenbach - Kutschke, Frahn
FCM: Tischer - Lenk, Friebertshäuser, Hackenberg, Neumann - Scharlau (90.Wright), Bauer, Henkel, Becker - Wolf (79. Georgi), Krieger (84.Köhne)