1. FC Saarbrücken - SV Babelsberg 03 3:1 (1:1) oder "Wir schlafen mit Saarbrücken..."

  • oder in der Bahnhofsmission. Es ist Freitag und die üblichen Anrufe trudeln ein: „Oese, was machsten am WE? Heute gehen wir ins Casino, Samstag ist Konzert und noch ne Party und Sonntag wollen wir auf die Freundschaftsinsel“ – „Ich fahr zum Fussball“ – „Ja und dann?“ - „Es geht nach Saarbrücken“ – „Uff“.
    Ja, während andere sich am Wochenende erholen und den Sommer genießen, sitze ich mir den Hintern noch fetter und lerne die bundesdeutschen Autobahnen Richtung Frankreich kennen. Um kurz nach Mitternacht trudelte ich in der Stadtteilkneipe des Vertrauens ein und es ging an die gewetzten Messer. Geschätzte 200 Brötchen wurden für die lange Tour geschmiert. Pünktlich um 3 Uhr stand der Bus am Lutherplatz und es konnte losgehen – die längste Auswärtsfahrt der Saison zu einem Spiel, in dem es um nix mehr ging. Beide Vereine waren gerettet und seit mehreren Spieltagen ungeschlagen, die Saarländer konnten auf eine Serie von sieben Siegen in Folge verweisen. Aber bevor wir das altehrwürdige Ludwigparkstadion betreten durften, lagen noch 700 Kilometer Asphalt vor uns. Begleitet durch schöne Musik und mit von der Mannschaft gesponserten Bierchen ging es Richtung Morgengrauen. Ich kuschelte mich an die Schulter meines Sitznachbarn Ralf und schlief den Schlaf des Ungerechten. Bei herrlichsten Sonnenschein gab es im Nirgendwo ein leckeres Mittagbrot: die Datscha-Leute hatten eine köstliche Soljanka zubereitet. Wo dann plötzlich die Stechpalme herkam, die unseren Bus verschönerte, muss ich wohl verschlafen haben, sie sollte uns dennoch den ganzen Tag begleiten und am Ende der (Tor)-Tour noch einen sehr guten Zweck erfüllen. Dazu später mehr. Nachdem unser Busfahrer in Saarbrücken falsch abbog, näherte sich die französische Grenze bedrohlich nahe, aber es ging nochmal gut. Mit dem Anpfiff und 9,50€ ärmer betrat ich das große Stadion und war angenehm überrascht. Nette Ordner, die mich mit „Bonjour“ begrüßten, kaum Polizei und freundliche Caterer, die mit 83 Babelsbergern wohl nicht gerechnet hatten. Somit kam die Wurst aber richtig frisch vom Rost.


    Trainer Demuth hatte unsere Truppe ordentlich umgestellt: Schütz, Paul, Civa und Evers standen für Surma, Rudolph, Makarenko und Hahne in der Startelf. Auf dem Rasen wurde lockerer Sommerfussball praktiziert, beiden Mannschaften merkte man an, dass die Saison dem Ende entgegenging. Die erste Gelegenheit hatte Hebisch, seinen Schuss von halbrechts kann der Saarbrücker Schlussmann Marina aber klären. In der 34. Minute war er allerdings machtlos, ein schöner Pass aus dem Mittelfeld landet bei Jule Prochnow, der verlädt Mariane und netzt unten rechts ein. Saarbrücken zog nun die Zügel an und kam kurz vor der Pause zum Ausgleich. Zeitzt spielt einen langen Ball in die Spitze, Oumari verschätzt sich. Stiefler schnappt sich das Leder und lässt Unger mit seinem trockenen Außenristschuss keine Chance (43.). Mit dem Unentschieden ging es in die Kabine und wieder raus, beide Trainer wechselten nicht.


    Zehn Minuten waren im zweiten Durchgang absolviert, als die Kombination Zeitz – Oumari wieder zuschlug: der hohe Ball vom Saarbrücker wird von Joan unpräzise weggeköpft, Fuchs sprintet heran und überlistet Unger mit einem sehenswerten Heber (55.). Saarbrücken blieb gefährlich, Nico Zimmermann verlangte Unger mit einer hohen Hereingabe alles ab (60.). Nulldrei hatte nur noch eine Möglichkeit, die Direktabnahme vom eingewechselten Engler ging jedoch am Gästegehäuse vorbei (75.). Fuchs traf kurz vor Ende noch den Pfosten ehe er es in der Schlussminute besser machte. Nach toller Hackenvorlage von Kizmaz vollstreckt der Stürmer zum 3:1 – der achte Sieg in Folge für die Südwestdeutschen.


    Die Stimmung war trotzdem gut und die Mannschaft wurde gebührend von Fans und Palme gefeiert. Mit leichtem Sonnenbrand – und stich ging es zurück in den Bus, die zweiten 700 Kilometer lagen vor uns. Mittlerweile saß ich direkt an der Quelle der Essenausgabe und konnte mich an Roman kuscheln. An seiner Schulter schlief es sich ebenfalls gut. Um die Lenkzeiten der Busfahrer einzuhalten, gab es nur noch kurze Stopps und ab dem Hermsdorfer Kreuz stand ich vorn, einerseits waren wir ja fast zu Hause („Was, nur noch 300 Kilometer, dann sind wir ja gleich da“), andererseits hatte ich auf Thrombosestrümpfe verzichtet und hatte keine Lust auf Komplikationen im Blutkreislauf. Mitten in der Nacht erreichten wir den Lutherplatz und Ralf schnappte sich die Palme mit den Worten: „Wenn ich die meiner Freundin noch mitbringe, darf ich nächste Saison wieder nach Sandhausen, Offenbach…“. Somit hatte die liebgewonne Grünpflanze ihren neuen Bestimmungsort gefunden. Für mich ging es noch zum Tanz am Lagerfeuer in die Datscha, bevor um 5 mein Körper nach Schlaf verlangte, den ich ihm nicht mehr vorenthalten konnte. Ich merkte, ich bin alt...und trotzdem freue ich mich jetzt schon auf die nächste Tour nach Saarbrücken, diesmal dann vielleicht mit einem Kremser.


    1. FC Saarbrücken: Marina, Forkel, Schug, Zeitz (88. Kizmaz), Mann (90. Buchner), Fuchs, Sieger, Lerandy, Zimmermann (79. Dafi), Stiefler, Gehring


    SV Babelsberg 03: Unger, Jovanovic, Schütz, Müller (72. Engler), Kocer, Oumari, Prochnow, Evers (77. Herrem), Civa (83. Hahne), Paul, Hebisch


    Tore: 0:1 Prochnow (34.), 1:1 Stiefler (42.), 2:1 Fuchs (54.), 3:1 Fuchs (90.)


    Gelb: Zeitz, Sieger, Zimmermann - Evers


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