Dienstagmittag. Auf ntv läuft beim Mittagessen die Pressekonferenz vor dem bevorstehenden Länderspiel zwischen Deutschland und Italien, der Pressesprecher spricht von 54.000 verkauften Karten. Wir werden hellhörig: „Hast du Bock morgen nach Dortmund zu fahren?“ - „Hmm, ok.“ - „Wie siehts bei dir aus?“ - „Von mir aus.“. Innerhalb von wenigen Stunden hat sich eine fünfköpfige Reisegruppe gefunden, um 16 Uhr sind die Tickets dank VISA und print-at-home in unserem Besitz.
Am Mittwoch beginnt mit einem soliden Biervorrat und genug (mehr oder weniger nüchern ertragbare) Musik um dreiviertel 4 der Trip nach NRW. Die Fahrt vergeht wie im Flug, das größte Problem stellen die unvermeidlichen Zwangspausen zum „Bier wegbringen“ dar, die Raststätten sind ab Hessen immer mehr durch Schlachtenbummler in Schwarz-Rot-Gold geprägt. Auf der B1 gen Dortmund-Zentrum kommt der Verkehr 10 km vor dem Ziel „Signal-Iduna-Park“ zum erliegen. Der Stimmung tat das zu keiner Zeit Abbruch und knapp eine Stunde vor Spielbeginn konnte das Auto mit neumodischen „ABI“-Nummernschild in der Vorwärtsstraße untergebracht werden, immerhin konnte man sich den Parkplatz mühelos merken, hieß die nächste Querstraße unpassenderweise auch noch „Plauener Straße“ - ausgerechnet die Vogtländer, die einen die letzten Jahre so oft gepiesackt hatten.
Auf dem Weg zum Stadion wurde noch ein kulinarischer Test der Dortmunder Bratwurst ausprobiert – Wurst scheiterte natürlich am Thüringer Maßstab, Brötchen (bzw. Hörnchen mit Kümmel) stellte eine Besonderheit dar. Im Gegensatz zum strengen DFL-Maßstab in Hannover interessierte sich in Dortmund kein Schwein, was ich in meiner Kamera-Tasche dabei hatte.
Zum Spiel brauch ich keine großen Worte verlieren – die meisten werden es live im TV gesehen haben.
Wir bekamen im Gegensatz zur Online-Platzauswahl von Eventim nicht die erste Reihe im Oberrang, sondern die allerletzte und saßen damit direkt unter dem Dach des größten deutschen Fußballstadions. Die Südtribüne machte mit Sitzplätzen nicht den erhofften überragenden Eindruck, wie man es sonst vom BVB gewohnt war. Etwas überraschend hatten doch extrem viele Italia-Anhänger den Weg zum Spiel gefunden. Nichtsdestotrotz kamen wir nicht umhin ein gesunde anti-italienische Grundhaltung an den Tag zu legen, die selbst die jüngsten Generationen mit dem WM-Aus 2006 in die Wiege gelegt bekommen haben.
Zur Halbzeit kamen wir kurzzeitig auf den an sich einleuchtenden Gedanken die gekachelten Nebenräume der Arena aufzusuchen, um dann eine riesige Schlange vorzufinden. Nach dem Spiel stellte sich bei einer kurzen Visite heraus, dass die Toiletten nicht ansatzweise die Kapazitäten wie zum Beispiel in Leipzig hatten, wobei in Sachsen bekanntlich nur ein Bruchteil die WM-Arena zweiwöchentlich aufsuchen.
Natürlich hätte man sich nach so einer Tour ein überzeugendes 3:0 gewünscht, doch das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert und doch zauberten die Gäste mit ihren spektakulären Versuchen sich in den Strafraum zu Hechten, um anschließend noch im Flug die Arme zum reklamieren hochzureißen ein Lächeln auf unser Gesicht. Ein bisschen tragisch verliefen die Einwechslungen der Dortmunder Bundesligahelden, die vom Publikum gefordert wurden und anschließend das Spiel mehr lähmten als belebten.
Nach dem gesitteten Abmarsch aus dem Stadion wurde noch der Burger King in Dortmunds City zum Mitternachts-Snack angesteuert. Die Polizei hatte trotz Halteverbot auf Nachfrage Nachsicht mit den Gästen aus den neuen Bundesländern und ließ uns gewähren.
Die 360km nach Hause wurden in gut 3 Stunden abgespult und trotz blödem Remis feuchtfröhlich begossen. Immerhin wurde meine persönliche Deutschland-Länderspielstatistik aufgewertet, schließlich datierte meine letzte DFB-Begegnung auf den 1.September 2001 (es hagelte damals fünf Buden durch Michael Owen & Co.).
Deutschland - Italien 1:1 (1:0)
Tore: 1:0 Klose (16.), 1:1 Rossi (81.)
Zuschauer: 60.196
Deutschland: Neuer - Lahm (64. Wechsel Boateng), Mertesacker, Badstuber (64.Hummels), Aogo - Khedira, Schweinsteiger - Th. Müller (46.Götze), Özil, Podolski - Klose (75.Großkreutz)
Italien: Buffon - Cassani (53. Maggio), Ranocchia, Bonucci, Chiellini (78. Criscito) - Motta (63. Aquilani), de Rossi, Montolivo - Mauri (74. Giovinco) - Cassano (46. Rossi), Pazzini (46. Borriello)
