SV Edelweiß Arnstedt - SV Dessau 05 2:1 (1:0)
Ganz Deutschland wartet auf die WM in Südafrika. In ganz Deutschland rollt kein Ball mehr. In ganz Deutschland? Nein! In den unteren Ligen geht es noch um wichtige Punkte, Siege und sogar um den Aufstieg. In der Landesliga Staffel Süd (Sachsen-Anhalt) führte der SV Edelweiß Arnstedt die Tabelle an (64 Pkt., Diff. +38) gefolgt von den insolvenzgebeutelten 05ern aus Dessau (64/ +25) und Romonta Stedten in Lauerstellung (62/+38). Da mit Arnstedt und Dessau die Topkandidaten auf den Aufstieg direkt aufeinandertrafen, war das Anlass genug einen neuen Fußballausflug zu planen. Zu BengalOO und mir stieß noch chemie-rot-weiß hinzu, um im Land des wohl mittlerweile populärsten Dialekts Ostdeutschlands 90 Minuten Sommerfußball zu genießen.
13.45 Uhr traf ich auf dem Hallmarkt in Halle auf BengalOO, um gemeinsam die Fahrt ins Mansfäller Land (aufgrund des ehemaligen Kennzeichens ML liebevoll Märchenland genannt) anzutreten. Nach mehreren Blindgängern im Straßenverkehr wurde chemie-rot-weiß in Schochwitz - was immerhin groß genug ist, um ihn nicht auf Anhieb zu finden - eingesammelt. c-r-w bewies Weitsicht und hatte sich für ein Shirt des wohl aktuell bekanntesten Produkts Mansfelds entschieden: "Elsterglanz" ist mittlerweile weit mehr als nur eine Polierpaste.
Begrüßt von intensivem Dorfgeruch war der Sportplatz in Arnstedt schnell gefunden. Fahrer BengalOO hatte herausragend navigiert und so war die Fahrt garniert mit den besten Sprüchen aus 10 Jahren Elsterglanz wie im Flug vergangen. Vor Ort wurde gleich der erste Bierstand angepeilt. Die hallesche Reisegruppe schien auf die Dessauer Gästefans eine ganz eigene Anziehungskraft zu haben, so dass uns weit mehr als der uns wohlbekannte NOFBler otti03 persönlich begrüßten. Nachdem die Getränke eingesackt waren (was erschreckend lange dauerte), mischte man sich unter die Einheimischen. Schnell wurde uns klar, dass hier Elsterglanz gelebt wird - man hatte das Gefühl das man für uns das beste Unterhaltungsprogramm aufgefahren hatte. Wir mussten uns nur noch zurücklehnen und konsumieren.
Sportlich waren neben der spannenden Konstellation auch ein paar interessante Personalien dabei: Mark Jonekeit und Marcus Darmochwal kickten zuletzt noch für BengalOOs VfL Halle. Sebastian Schmidt und Martin Weber durchliefen die HFC-Nachwuchsschule, Schmidter erzielte einst im Chemie-Dress ein (angebliches) Abseitstor gegen den PSV Eindhoven. Und Weber bekam vom Spielfeldrand ein paar klare Worte mit: "Martin, du machst heute zwee!"
Chancen gabs in der 1.Halbzeit auf beiden Seiten. Doch lediglich Edelweiß traf. Weber bedient Schmidt, dessen Schuss lässt Sascha Broziewski prallen und Thomas Heißler muss lediglich abstauben (34., 1:0). Sicherlich nicht unverdient, aber an sich waren beide Teams an diesem Nachmittag für einen Treffer gut. Wir suchten nach zwei Bier in der prallen Sonne zur Halbzeit eine kulinarische Köstlichkeit und wurden im Vereinsheim fündig. Etwas schade das man es bei 500 Zuschauern nicht gebacken bekam einen Grill aufzustellen, aber die Bockwurst, die von der "Werschtchen"-Frau (Original-T-Shirt-Aufdruck) am Thresen serviert wurde, reichte erstmal.
In der zweiten Hälfte teilte ein Einheimischer sein Fußballfachwissen mit uns. So musste BengalOO Anekdote über Anekdote, vorgetragen in perfekter Mansfelder Mundart, über sich ergehen lassen. Auch c-r-w und ich wurden freudig als seine "HFC-Freunde" in die Edelweiß-Familie aufgenommen. Sportlich machte Arnstedt den besseren Eindruck, wobei der engagierte - aber zu keiner Zeit unfaire - Einsatz der Dessauer mit den besten Fußballpöbeleien von Heimseite kommentiert wurde. Die Arnstedter Fans beruhigten sich von nun an ständig gegenseitig, um in der Junihitze nicht den kühlen Kopf zu verlieren. Da dies desöfteren nicht ausreichte halfen Edelweiß-Spieler aus und versuchten den erhitzten Anhang irgendwie zu beschwichtigen. Der machte angetrieben von den eigenen Ordnern auch ordentlich Stimmung, wobei die mitgereisten Dessauer sich bemühten über die kompletten 90 minuten mehr oder weniger regelmäßig ihr Team zum Sieg zu "supporten". Immerhin hatte man sogar einen Fanbus aus der Muldestadt aufgefahren.
Nach einem Foul in näherer Strafraumumgebung (ob inner- oder außerhalb will ich nach 3 Bier, Mittagshitze und bei ungünstigen Sichtverhältnissen nicht streiten), legte sich Ronny Scharf den Ball elf Meter von der Torlinie entfernt zu recht. Scharf war mir aus alten Ausflügen ins burgenländische Naumburg durchaus noch bekannt und der ehemalige Hoffnungsträger von Melzmen, Zumpe & Co. netzte sicher zum 2:0 ein (79.). Zur Halbzeit führte Jessen noch gegen den Tabellendritten Stedten mit 1:0 - ergo standen die Zeichen auf Edelweiß-Aufstieg. Doch es sollte noch viel Spannung hinzukommen: in der 89.Minute verkürzte der eingewechselte Stefan Heisig auf 1:2 aus Dessauer Sicht. So musste noch durch die Nachspielzeit gezittert werden und unser neugewonnener Ansprechpartner für Arnstedter Fußballfachsimpeleien versuchte vergeblich BengalOO klar zu machen, dass noch das 2:2 fällt. Als Danny Trautwein die Party abpfiff und die Anzeigetafel immer noch ein "2:1" verkündete strahlte ganz Arnstedt und man freute sich mit den "HFC-Freunden" und dem genügsamen 96er.
Allerdings war der letzte Jessener Stand ein 2:1 für Stedten. Das hieße am kommenden Wochenende würden Stedten und Arnstedt im direkten Duell den Aufsteiger ermitteln - doch Allemannia Jessen bezwang Romonta noch mit 3:2 und ließ das verträumte Örtchen am Rande Hettstedts die Landesligameisterschaft feiern. Ein sichtlich alkoholisierter Anhänger hatte noch ein paar ehrliche Worte für die Dessauer auf den Lippen: "Ihr ward scheiße!" versuchte er den Gästen klar zu machen, die sich von den tröstenden Worten nicht sonderlich aufbauen ließen. Übrigens wird Arnstedt - laut unserer Insiderquelle - die kommende Saison in Hettstedt austragen. Der lokale Sportplatz scheint nicht verbandsligatauglich zu sein und ist direkt am Straßenrand denkbar ungünstig gelegen. Zumal man auf einer Seite im Graben gefühlt mit den Augen auf Grasnarben-Höhe ist.
Auf der einstündigen Heimfahrt kramte man noch mal im Gedächtnis und ließ die letzten 90 Minuten Revue passieren. Wobei die sicherlich spannenden 90 Minuten nicht ansatzweise mit dem Sprüchehagel vom Spielfeldrand mithalten konnten. Die besten Pöbeleien konnte man gleich bei den lokalen Asphaltcowboys ausprobierern, die der Problematik "Straßenverkehr im Allgemeinen" in keinsterweise gewachsen waren. Allerdings kam man kaum um den Vorsatz drum herum kommende Saison nochmal bei Arnstedt vorbeischauen zu müssen.
c-r-w wurde wieder im westlichen Salzatal abgesetzt. Ich machte mich ein letztes mal auf zum alten Kurt-Wabbel-Stadion um ein paar Abschieds-Schnappschüsse zu machen. Die von Kim Kulig servierten und von mir prophezeiten Eisernen aus Köpenick wird das KWS nicht mehr erleben.
Die Statistik abzutippen spar ich mir. Link
Bilder folgen bald.
N Kracher Jungs, n Kracher!
