Mittwoch, 10. März, 9:35h im Büro, das erste Skypefenster öffnet sich, dann das zweite, die erste Konversation des Tages beginnt: „Oese, was machen wir am Wochenende?“. Müssen die anderen nicht auch arbeiten denke ich so bei mir, habe aber trotzdem natürlich die gewünschten Antworten parat: „Naja....erst mal muss ich das 1:1 bei TeBe verdauen, aber bisher hab ich auf dem Zettel: Freitag nachts zur Electroparty, Samstag ist erst Punkrock im Koschuweit und dann doch 80er im Archiv. Naja, und Sonntag geht es früh nach Magdeburg“. Virtuelles Schweigen war die Folge....doch dann „bin ich dabei, bin ich dabei, bin ich nicht dabei“. Naja, kann ja nicht jede/r Fussballfan sein, muss ja auch nicht sein. Sonntagsfrühstück ist auch was Tolles, wenn es nicht zwangsläufig auf der A2 eingenommen wird.
Ich zappelte also vom Freitagabend bis in die Mittagsstunden des Samstages zu Bässen; nach erholsamen 3 Stunden Schlaf und einer weckenden Dusche ging es übermüdet zum Punkkonzert um letztendlich dann zu fortgeschrittener Stunde bei der 80er Party die Klassiker meiner Jugend zu hören: Jimmy Sommerville, Whitesnake, Human League und und und...das komplette Grauen meiner Jugend. Das diese schon viele Jahre zurück liegt spürte ich, als meine Freundin plötzlich die Tanzfläche betrat und mich ansah: „Na, wie lange willste noch machen, Du musst doch morgen nach Magdeburg?!“. Bier und „you spin me around like a record“ lockerten meine Stimmung: „Ett wird durchgemacht, Schatz!“. Eine Mischung aus Verständnis und gleichzeitiger Resignation zierten ihr Gesicht: „Jaja, die Musik erinnert Dich an alte Zeiten, wa?“. Meine Reaktion... „guck mal in den Spiegel, da siehste alte Zeiten“; keck formuliert und liebevoll gemeint; fand in ihr nicht den freudigen Abnehmer, anders ist ihre Reaktion auf die Frage eines Kumpels, „Ey Oese, wie lange machsten noch?“ nicht zu erklären: „WIR SIND MÜDE!!!“ . Vernunft oder was auch immer siegte und es ging heim in meine 46 Quadratmeter Deutschland und gefühlte 45 Minuten später stand ich auch schon zitternd an der Tramhaltestelle, um ins Land der Frühaufsteher zu fahren.
Ähnlich geschundene Gestalten zierten schon den Bus, als ich eintraf; Vergleiche Gesichtsfarbe vs. Rauhfasertapete ignorierte ich, gleich so die feilgebotenen Pilsner und ich spürte, ich bin keine 30 mehr. Nach kurzer Fahrt über die A2 und durch Gartensparten lag er dann auch schon vor uns. Der charmante Betonklotz MDCC-Arena. Hier spielen also die Größten der Welt, na nix wie rein. 9,50 Euro weniger auf der Habenseite, dafür aber ne steife Brise im Gesicht mehr war es dann so weit, Thorsten Schriever blies die Pfeife, während ich schon den MDR-Berichterstatter im Kopf hatte: „Fussballfreunde, Magdeburg meldet AUSVERKAUFT“. Naja, so ganz war es dann doch nicht, aber immerhin hatten sich noch 4955 Zuschauern eingefunden.
Aufstiegsaspirant und Ligakrösus Magdeburg musste auf Fuchs, Vujanovic und Prest verzichten, Demuth hatte nahezu alle Stammspieler im Kader und dementsprechend legten unsere Nulldreier auch los. Zwölf Minuten waren abgelaufen, als nach einer Ecke von rechts der Ball Ergirdi vor die Füße fällt, Tischer aber beherzt zugreifen kann. Im Gegensatz zu mir war er wach. Zwei Minuten später hatte er allerdings keine Chance. Weidlich setzt sich schön auf der rechten Seite, über welche viel im ersten Durchgang lief, durch, passt auf Ergirdi und dieser flankt herrlich in den Strafraum, in welchem sich neben drei Magdeburger Abwehrspieler auch Frahn tummelt; dieser muss nur kurz hochspringen und netzt die Pille per Kopf unhaltbar gegen die Laufrichtung von Tischer ein. Na das geht ja gut los und so langsam wurde ich munter. Genauso munter blieb auch das Spiel von Nulldrei. Ein Einwurf von links kommt zum starken Prochnow, der semmelt erst drüber, Magdeburg kann nicht klären, Prochnow kann ein zweites Mal schießen, diesmal allerdings in sächsisch-anhaltinische Waden. In Minute 28 dann eine 100%ige von Frahn, Kocer passt und der Führende der Torschützenliste zieht aus vollem Lauf ab, ans Aussennetz. Viele hatten den Ball schon drin gesehen, ich auch, aber ich hatte ja auch noch Schlafsand in den Augen. Kurz darauf wieder ein Kopfball von Frahn, welcher nach einem langen Freistoß knapp rechts vorbeiging. Und natürlich war es wieder Frahn, der an der nächsten Aktion beteiligt war. Seinen Freistoß aus 23 Metern kann Tischer zur Ecke abklatschen (39.). Der Ölprinz und ich waren uns einig: auf die Bank mit unserem Stürmer, der Junge hat ne Denkpause verdient
Magdeburg zeigte sich kaum, nur kurz vor der Pause wurde Unger von Watzka mit einem satten, aber unplatzierten Schuss aus 20 Metern geprüft.
Ohne Wechsel ging es weiter in die zweite Hälfte, noch bestimmt von Nulldrei: Müller zieht von links auf den langen Pfosten, das Leder geht knapp am Lattenkreuz vorbei. Frahn hätte Augenblicke später alles klar machen können, allein läuft er auf Tischer zu, sein Schuss ist allerdings zu schwach, so das Magdeburgs Keeper keine Mühe bei der Klärung hat (54.). Fünf Minuten später dann die erste Ecke vom FCM und diese wurde auch brandgefährlich: drei Kopfballduelle werden gewonnen und von einem Hinterkopf springt der Ball Richtung Unger, welcher aber hellwach pariert. Allerdings loderte es jetzt immer häufiger im Strafraum des Spitzenreiters. Knappe zehn Minuten vor Ultimo legt Verkic auf Siga ab, der ballert auf den ehemaligen Reservetorhüter der Anhaltiner...und verliert, denn Unger hält (was er verspricht).
Fünf Minuten später ist es der eingewechselte Hartwig auf der Gegenseite, der für klare Verhältnisse hätte sorgen können, aber sein Schuss aus 20 Metern geht knapp rechts vorbei. Letzte Schrecksekunde für die Filmstädter kurz vor Ende. Eine Hereingabe wird von Freund und Feind verpasst und so bleibt es beim Sieg für den Tabellenführer.
Die Größten der Welt zogen kleinlaut von dannen und die Babelszwerge kamen in „ihre“ Ecke. Zu einem „darum feiern wir“ wurde Selbies getan und freudetrunken ging es später gen Heimat. Etliche, mittlerweile schmeckende Bier später, lag ich dann träumend mit oben erwähnter Freundin im Bett, schon längst im siebenten Kartoffelhimmel von Maggi, als das Telefon schellte und mein Freund Henning dran war: „Oese, kann ich nachher noch rumkommen und mein Zeug von Dir abholen?“. Kurz und knapp meine Antwort: „Mach mal morgen, WIR SIND MÜDE“!
Danke Nulldrei.
Magdeburg: Tischer - Neumann, Gewelke, Friebertshäuser, Probst (85. Bartsch) - Racanel, Matthias (60. Tüting), Watzka, Zander - Verkic, Ujazdowski (60. Siga)
Babelsberg: Unger - Rudolph, Surma, Laars, Weidlich - Müller, Prochnow (61. Hartwig), Civa, Kocer (54. Moritz) - Frahn, Ergirdi (75. Kutschke)
Tor: 0:1 Frahn (14.)
Gelbe Karte: Tüting
600 Nulldreier