Braunschweig - Babelsberg 1:3

  • Für die ca. 350 mitgereisten Filmstädter wird dieser Abend wohl lange unvergessen bleiben. Egal, wie die Saison ausgeht, diese Erinnerung ist nicht mehr zu nehmen. Emotionen lassen sich immer schwer in Worte fassen. Probiert man die positive Seite des Fußballer-, wie auch Fandaseins zu beleuchten, dürfte der Abend in Braunschweig ein Lehrfilm gewesen sein. Kampf, spielerische Finesse, Freude, Leid, Angst, Euphorie und vieles mehr, in einer atemberaubenden Kurve aneinander gereiht, endend in einem Siegestaumel, zeichneten die entscheidenden 90 plus x Minuten dieses Freitag Abends.


    Erlebte man letzte Saison in der Oberliga noch etwa 30 Heimspiele, so musste man als Babelsberger in der ersten Hälfte in Braunschweig feststellen, dass die Intensität des Supports in einem, bis auf den Gästebereich, überdachtem Stadion, ganz andere Dimensionen annehmen kann. Auf Babelsberger Seite wurde zwar durchsupportet, doch zu hören war man außerhalb des Gästebereichs faktisch nicht. Dies änderte sich zur Mitte der zweiten Hälfte, als die in Unterzahl kämpfenden Blau-Weissen zum Doppelschlag ansetzten. Plötzlich verstummte das gelbe Meer der Braunschweiger und ein kleiner Haufen Babelsberger, wie die Gallier im mächtigen Rom, machten nun die Musik. Totenstille auf der einen und der Beginn einer langen Party auf der anderen Seite. Ursächlich dafür war, wie gesagt, das Spiel der Blau-Weissen. Der Blau-Weissen? Treten wir sonst auswärts nicht immer in Rot an? Eigentlich schon, doch zur Überraschung aller lief Babelsberg in madrilenischem Weiss-Weiss auf. Man kennt es von den Königlichen, in München trug man es eine Weile, nun aber in Babelsberg und alles ganz geheim?


    Auf jeden Fall sah die Bekleidung gut aus, auch die neuartige Bepflockung konnte sich sehen lassen. Klasse Idee – man munkelt, eine legendäre „4“ habe da seine Hände im Spiel.


    Nun aber zu selbigem.


    Eigentlich begann alles, wie die äußeren Bedingungen. Scheinbar hatte ein Großteil der einheimischen den Abendbrotstisch sehr frühzeitig verlassen und nicht aufgegessen. Eine riesige Regenwolke machte es sich über dem Stadion und Restbraunschweig gemütlich. Dunkel, nass, kalt, windig, Erinnerungen an das gute alte Babelsberger Wetter wurden wach und schließlich hatte man gegen Braunschweig noch nie verloren.


    Dass die Braunschweiger das ändern wollten, legt zum einen ihr finanzieller Ligakrösusfaktor nahe, auch das Spiel begann so ganz und gar nicht im Babelsberger Sinne.


    Bis zur 6. Minute dauerte es, als Schembri und Ristic in den Babelsberger Strafraum einbrachen, mehrere Verteidiger träumten und Maik Neumann den fast geklärten Ball doch noch mit einem schönen Lupfer, unhaltbar für Keeper Roggentin, im eigenen Kasten unterbrachte. Wohl das mit Abstand schönste Eigentor, was ich in den letzten Jahren gesehen habe. Roggentin vertrat übrigens den rot gesperrten Busch, ansonsten begann die Elf, die man schon gegen Wolfsburg sah.


    Was für ein Auftakt und obwohl die anderen Nulldreier Neumann aufmunterten, schien der sich nicht mehr so richtig von seinem Patzer zu erholen. So kam es auf der rechten Seite immer wieder zu Durchbrüchen – weder Neumann noch Lukac bekleckerten sich in der Zeit mit Abwehrruhmesleistungen. Braunschweig, als auch Nulldrei spielten hochkonzentriert, schnell und zumeist ging es aufs Babelsberger Gehäuse zu, so auch in der 10 Minute, als Jonelat ein Doppelpassspiel von Fuchs und Schembri gerade noch vor dem finalen Schuss stören kann. Auf der anderen Seite zwei Freistöße des neuen und alten Kapitäns Patrick Moritz, beide aber zu ungenau. Nach dem letzten wieder ein schneller Konter der Hausherren, Stiefel kann klären. In der 17 Minute setzen sich Moritz und Biran auf der rechten Seite mit Kampf und schnellem Passspiel durch, die Flanke aber erreicht ihren Adressaten buchstäblich nicht. Anders hingegen bei einer Ecke der Braunschweiger in der 22. Minute. Neumann ist zu weit weg vom Gegenspieler und der köpft, fast freistehend, daneben – hauchdünn. Immer wieder werden die Braunschweiger gefährlich, können aber bisher aus ihrer Überlegenheit nichts machen. Und dann passierte das, was man nach einem Eigentor schon fast als Alptraum zu bezeichnen vermag. Braunschweig erneut am Drücker und dringt in den Nulldreier Strafraum ein. Jonelat passt nicht auf und so ist es Neuberts Hand, die auf der Linie klärt. Viele sagten, die Hand ging zum Ball, ich konnte es nicht sehen. Nützt nichts, Tatsachenentscheidung – ROT und Elfer! Das Ganze übrigens in der 24. Minute. Ristic läuft zum Elfmeter an, doch er trifft nur den Außenpfosten. Yeah – Jubeldido! Von daher konnte man Neuberts Hand im Nachhinein aus goldrichtig bezeichnen ;).


    Vier Minuten danach nahm Trainer Hodul den heute unglücklich agierenden Neumann vom Platz, Björn Laars kam, ging dafür auf die Neubertposition und Lukac rückte nach hinten in die 4er-Abwehrkette, nun also 4-3-2.


    Babelsberg kämpfte, zeigte bis zum 16er immer wieder gefällige Szenen aber im Strafraum konnte man nur wenig Gefahr ausstrahlen. Anders die Braunschweiger bei Kontern. Blitzschnell über die Außen kommen sie immer wieder in Tornähe, doch selbst wenn sie mal 2 Nulldreier stehen ließen, war meist ein dritter zur Stelle oder spätestens die Roggentins Hände entschärften die Situation.


    In der 32. Minute schoss Patrick aus gut 30 Metern direkt einen Freistoss – linkes oberes Eck – Torwart Fejzic musste sich verdammt lang machen. Aber er hatte ihn. 2 Minuten später wird Rudi überlaufen, die Flanke segelt gefährlich in unseren Strafraum, aber an Freund und Feind, von letzerem waren gleich zwei einschussbereit, vorbei. Dann gabs noch einen ähnlichen gefährlichen Pass der Braunschweiger, doch auch hier kamen die, die ihn verwerten sollten, nicht mit ihren Beinen klar. Dazwischen hatte Babelsberg noch eine Halbchance und dann war Pause.


    Braunschweig machte sofort wieder Druck. Mit schnellem Spiel und Wechseln von der einen auf die andere Außenbahn spielte man unsere Jungs ein ums andere Mal schwindelig, doch wenn dann, wie in der 51. Minute, ein Schuss aufs Tor kam, stand da immer noch der überragende Roggentin, klärte zur Ecke und die brachte nichts ein. Für Mutschler kam dann Ahmetcik und der sollte im Spiel eine bemerkenswerte Wandlung durchmachen. Nach seiner Einwechslung sprühte er noch vor Unsicherheit, aber dann…


    Weiter die Niedersachsen mit Feldvorteilen, Babelsberg, nun schon eine halbe Stunde in Unterzahl, kämpfte aufopferungsvoll. Machte einer einen Fehler, stand immer noch jemand dahinter – so will man als Fan seine Mannschaft sehen, so darf sie auch jederzeit verlieren(muss sie aber nicht)!


    In der 61. ist wieder Rogge in Krakenmanier zur Stelle – alles was gefährlich durchkam, fing er oder Kollege Pfosten weg. Auch beim Herauslaufen gab’s nicht das Geringste zu beanstanden. Dann Babelsberg mit einer Ecke Ahmetciks, die noch zu flach geriet und fast direkt im Anschluss schickt Stiefel Ben-Hatira, dem aber der Ball verspringt. Babelsberg plötzlich am Drücker. Moritz und Rudi setzen sich auf links durch, der Käptn passt auf Stiefel, dessen Schuss gerade noch zur Ecke geklärt werden konnte. Wurde die erste Ecke noch geklärt, so kam bei der zweiten Ahmetciks Eckball genau auf Birans Kopf und der verwandelte sauber. Toll gemacht und das in Unterzahl. Jeder wär jetzt mit dem Punkt zufrieden gewesen nur neben mir sagte jemand – da geht noch was. Hab ich, ehrlich gesagt, nicht geglaubt. Kaum hatte man sich im Babelsberger Gäste-Block, namentlich Nordkurve genannt, vom Jubel erholt, klingelte es erneut. Und wieder war es Biran. Der verwertet einen Pass von Stiefel aus spitzem Winkel – einfach unglaublich. In zwei Minuten ein Spiel gedreht, doch noch über zwanzig Minuten zu spielen. Es sollten lange 20 Minuten werden. Braunschweig versuchte nun alles, aber man merkte, dass sie nervöser wurden. Der Trainer nahm dann in der 73. den zweifachen Torschützen, der viel gearbeitet hatte, herunter. Dafür ging Jimmy in den Sturm. Kurz danach noch eine Schrecksekunde. Ein Braunschweiger semmelte das Runde an, nicht in, das Eckige. Durchatmen. Braunschweig weiter bemüht,doch Nulldrei nun bei Kontern immer gefährlicher. Ein nun völlig befreit aufspielender Ahmetcik, narrt mit einem Übersteiger zwei Braunschweiger, doch Ben-Hatiras Schuss ging genau in die Arme des Torhüters. Ein spiegelbildliche Situation nur eine Minute später – ähnlicher Verlauf, gleiches Ende. Babelsberg war nun dem 1:3 näher als Braunschweig dem Ausgleich. Bei der nächsten Möglichkeit taucht Jimmy vorm Kasten der Gelb-blauen auf, legt sich den Ball mehrfach am Gegner vorbei, im Endeffekt aber auch am Tor. Schön anzuschauen, genau wie die Vorbereitung durch Ahmetcik. Noch 8 Minuten zu spielen und die waren hart fürs Herz. 5 Chancen, bei denen der große Sieger Sven Roggentin hieß. Ob Schuss, Kopfball, oder Flanke, er fing alles weg. Danach wieder das bekannte Bild mit Ahmetcik und Ben-Hatira. Ersterer setzt sich gut durch und passt wunderbar, zweiterer scheitert knapp am Torhüter. Die reguläre Spielzeit ist längst um, doch der Schieri will nicht abpfeifen – weiter bangen. Wenn der Schieri kein Einsehen hat, muss man ihm halt anders klar machen, dass das Spiel gelaufen ist. In der 93. Minute setze der auf rechts frei gespielte, ebenfalls herausragende, Manuel Stiefel mit einem spitzen Schuss dem ganzen ein Ende. Noch ein Pfiff und die Party konnte beginnen.


    Die Fans feierten noch eine Viertelstunde mit Mannschaft und Trainern am und auf dem Zaun, Welle, Einklatschen – allez war dabei.


    Vergnügt ging es nach Hause und in der Stadtteilkneipe Nowawes, wo später noch Trainer Rastislav Hodul und Marcus „Pepe“ Petsch auftauchten, ging die Party noch bis ins Morgengrauen weiter.


    Fazit:
    Erübrigt sich fast nach so einem Spiel – es war geil! 65 Minuten in Unterzahl - gekämpft mit Herz und Leidenschaft!


    Man könnte jetzt mit durchaus sehr zutreffenden Phrasen a’la „die Mannschaft ist der Star“, etc. und „Geld schießt keine Tore“ kommen, aber……. Nö!



    Eintracht Braunschweig: Fejzic; Brinkmann, Gundelach(79. Hauk), Henn, Horacek, Wehlage, Dogan, Schembri, Fuchs(46. Washausen), Lenze(46. Oehrl), Ristic


    SV Babelsberg 03: Roggentin; Rudolph, Jonelat, Neubert, Neumann(28. Laars); Mutschler(52. Ahmetcik), Stiefel, Moritz, Lukac, Ben-Hatira, Biran(73.Hartwig)


    Tore: 1:0 Neumann (6. ET), 1:1 & 1:2 Biran(67., 69.), 1:3 Stiefel(93.)


    Gelbe Karten: Schembri - Mutschler


    Rote Karte: Neubert


    Schiedsrichter: Bandurski


    Zuschauer: 14100 (ca. 350)


    [Blockierte Grafik: http://www.babelsberg03.de/cms/cms_img/img_rubbert/braun_rot.jpg]


    [Blockierte Grafik: http://www.babelsberg03.de/cms/cms_img/img_rubbert/braun_moritz.jpg]


    Fotos by Jan Kuppert

  • Hut ab vor Babelsberg!!! Platzverweis weggesteckt und einen vermeintlichen Favoriten auswärts geknackt, klasse. Bin mal gespannt, wie die Eisernen sich dort anstellen.


    Nicht ideal für 03, dass jetzt spielfrei ist. Den Schwung von so einem Ergebnis hätte man gut noch mitnehmen können.

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    Flach spielen - hoch gewinnen...
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  • Für die ca. 350 mitgereisten Filmstädter wird dieser Abend wohl lange unvergessen bleiben. Egal, wie die Saison ausgeht, diese Erinnerung ist nicht mehr zu nehmen. Emotionen lassen sich immer schwer in Worte fassen. Probiert man die positive Seite des Fußballer-, wie auch Fandaseins zu beleuchten, dürfte der Abend in Braunschweig ein Lehrfilm gewesen sein. Kampf, spielerische Finesse, Freude, Leid, Angst, Euphorie und vieles mehr, in einer atemberaubenden Kurve aneinander gereiht, endend in einem Siegestaumel, zeichneten die entscheidenden 90 plus x Minuten dieses Freitag Abends.





    So sieht es aus - unvergessen diese Party. Eine dieser gewissen Fußballhöhepunkte die man ewig behält.



    "Wir sind hier - 03Support. Dann das 1:0 und man ist sauer, warum, weshalb, wieso. Rot für Neumann und "Uns doch egal" Stimmung im 03 Block. Dann das 1:1 Unendlicher Jubel und die Diskussion um die weitere Taktik und Auswechselungen. Auf einmal mitten im Thema ca. 60 sek. später das 1:2 - Tosender Beifall und "Scheiß auf die Stimme am Tag danach" Dauersupport. Dauersupport und hoffen auf kein Gegentor - mehre Braunschweiger Angriffe finden ihren Meister in Tw Roggentin und der Abwehrreihe, zittern angesagt. Am Ende aus heiteren Himmel das 1:3 und der entgültige "Abgang"."

    Mir doch egal wer dein Vater ist, wenn ich hier angle wird nicht über`s Wasser gelaufen !

    4 Mal editiert, zuletzt von hsvmola ()






  • ich hab schon wieder gänsehaut :thumbsup: :D