Von Gammlern, Herumlungerern und Glotzern – Transkaukasien im Sommer 2006

  • Der Dank geht natürlich wieder an meinen Lektor, der aus einem Wirrwarr an Buchstaben einen hoffentlich gutlesbaren Text gezaubert hat!
    Für Leute, die maulen, dass der Text zu lang ist – seid froh, er ist kürzer als die Wirklichkeit! Ausdrucken empfiehlt sich sicherlich, zu mal es sich an Orten meist besser liest, an denen man keinen Desktop mithin schleppen kann! Den ganzen Bericht mit Bildern (über 100, Datenvolumen cirka 18Mbyte!) gibt’s unter: www.soccerweb.de/vis/berichte/kaukasus06/


    Von Gammlern, Herumlungerern und Glotzern – Transkaukasien im Sommer 2006



    Auf Klo hat man ja die besten Ideen und wenn dann noch eine Fußbodenheizung vorhanden ist sind der Fantasie eigentlich keine mehr Grenzen gesetzt. So saß ich also da, an diesen hektischen Tagen zwischen Weihnachten und Silvester und sinnierte über den Sommerurlaub. Weit weg sollte es gehen, warm musste es sein und unbekannt natürlich auch. Ein wenig im Atlas geblättert und auf der letzten Seite, bevor die alphabetische Ordnung des Ortsregisters das Buch abschließt, verharrt; Schwarzes Meer, Kaspisches Meer und der wilde Kaukasus… Die Entscheidung war gefallen! Schleunigst informierte ich mich über Einreisemodalitäten und mögliche Anfahrtswege, informierte Bekannte und begann mit der Grobplanung. Interessierte gab es viele, aber auch genauso viele Absagen, und so blieb am Ende nur einer übrig, der ein „vielleicht“ äußerte – LingenFeno. Die Monate verstrichen, aus Schnee wurde Matsch, aus Pullis wurden T-Shirts und aus dem harmlosen Studium wurde die Prüfungszeit. Die Tour nahm konkrete Formen an: Von der Ukraine sollte es mit der Fähre übers Schwarze Meer nach Georgien gehen, von dort die Nachbarländer besucht werden und der Rückweg sollte per Landweg über die Türkei und, auf jeden Fall, Albanien von statten gehen. Man wartete gespannt auf die Spielpläne, bekam bei einigen Auslosungen Weinkrämpfe, um nur wenige Minuten später beim Abgleichen der zweiten armenischen Liga mit dem feststehenden Programm die Welt zu umarmen oder den Laptop zu liebkosen. Die schriftliche Kommunikation mit LingenFeno erreichte ungekannte Ausmaße; Vor- und Nachteile der zwei möglichen Varianten wurden besprochen um sich zwei Wochen vor Abfahrt auf Plan B festzulegen.
    „Du musst in zehn Minuten deine Tram bekommen“ war der erste Satz, den mein Gehör erreichte, just zehn Minuten nachdem es auf Schlafen gestellt worden war. Also schnell den Rucksack geschnappt und in, für die inneren Verhältnisse, atemberaubender Zeit zur Haltestelle gelangt. Dass die halbe Waschtasche und ein guter Teil der Wechselklamotten ihr Dasein für den nächsten Monat in der Wohnung meines Kumpels fristen sollten, konnte man zum damaligen Zeitpunkt nicht ahnen. Mit der Tram ging es zum Treffpunkt mit Lars aus Rochlitz und los konnte es gehen – der erste Grenzübergang wartete. Legnica wurde fast pünktlich erreicht, so dass es für den Fahrer nur Abzüge in der B-Note gab. Dieser begab sich weiter in den Pott, lockten ihn doch andere Spiele. Die PKS beförderte meinen geschlauchten Körper sicher nach Glogow, wo erst einmal die Gepäckfrage geklärt werden musste. Das verlässliches Gedächtnis war sich sicher, dass dieser Bahnhof schon einmal nächtlich ausgiebig inspiziert wurde und es keine Schließfächer gibt. Ein neues Einkaufzentrum gegenüber des Busbahnhofs schien wie geschaffen um das Problem zu lösen. Doch leider waren die dortigen Schließfächer eher für Einkaufstüten, ja bestenfalls geflochtene Körbe gedacht, so dass selbst unter Anwendung aller, in jahrelanger Übung angeeigneten Quetschtechniken der Rucksack hinausreckte wie die Zunge einer Couch-Potato nach einem nach zwanzig Kilometer abgebrochenem Marathon. Schließlich eilte ein Sicherheitsmann zur Hilfe und ließ mich den Rucksack im Büro abstellen, was aber bedeutete, dass ein Notkauf getätigt werden musste. Einfach Danke sagen und den Markt verlassen ohne jemals in den Konsum jenseits der Pforte mit dem blauen Pfeil einzukehren, hätte doch eher zweifelhaft oder gar undankbar ausgesehen. Mit einer Alibi-Banane ging es erst gemächlich, dann schnell schreitend und kurz vor Anpfiff laufend zum MOSiR.


    11.08.2006 Chrobry Glogow 3:3 Rakow Czestochowa

    MOSiR – 3. Liga Polen


    Wenn Kassenrollen die Laufbahn verzieren, man aber weder etwas zur Flugbahn noch zum Abwurfpunkt berichten kann, ist man zu spät – Künstlerpech. Vorsichtige Blicke nach Links und Rechts ließen einen aber beruhigt weiter dem Geschehen auf dem Rasen verfolgen – andere Vertreter der Groundhopperpolizei waren nicht vor Ort. Irgendwann traf man Herrn Linke, man plauderte und schwupps – 3:0 für die Heimelf. Bengalen gingen an, eine große Blockfahne wurde gezeigt und siehe da, bei Abpfiff hatte sich Rakow ein Unentschieden erarbeitet. Gastfreundschaft gibt es in Polen auch nach dem EU-Beitritt noch. Als ein Chrobry Ultra merkte, dass wir aus Deutschland kommen schenkte er uns eine Ladung Ultra Merchandising (Aufkleber, Karten, Poster...) - dziekuje


    Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – Abreise ist Anreise. Demzufolge startete der Freitagabend-PKP-Horizontal-Terror: Via Wroclaw, Czestochowa und Tarnow gelang ich nach Tuchow.
    Da der Platzwart gerade erst die Kreidelinien nachzog, konnte ich mich also guten Gewissens auf dem zweiten Platz im Ort aufs Ohr legen. Man hätte länger liegen bleiben können, denn um 11 Uhr tat sich nichts am Sportplatz – das Spiel war auf 17 Uhr verlegt worden. So ging es gleich weiter nach Debica, wo ich vom Zwickauer in Empfang genommen wurde. Gemeinsam ging es zum Stadion, in dem auch schon TaliJan in Lauerstellung auf – vielleicht – Kommendes lag.


    12.08.2006 Wisloka Debica 0:1 Motor Lublin

    Ul. Parkowa – Dritte polnische Liga


    Eigentlich war alles gerichtet: Ein eintreffender Gästemob und ein motivierter Heimmob. Dabei blieb’s dann aber auch. Aber Dank des besten Kielbasa Polens war ich am Ende wenigstens satt.


    Nach dieser Enttäuschung ging es zur Überbrückung der Nacht zurück nach Brzeg und weiter nach Rzeszow. Dort wurde kurz gefrühstückt und schon ging die Fahrt weiter in das nur wenige Kilometer außerhalb gelegene Örtchen Boguchwala.


    13.08.2006 Izolator Boguchwala 3:2 Orzel Przeworsk

    Ul. Techniczna – Vierte polnische Liga


    Rotzfreche sieben Zloty musste man bezahlen um den Sportplatz mit Bänken zu betreten. Die Heimelf führte schnell mit 2:0, doch pünktlich mit dem Eintreffen der cirka 20 Gästefans begann auch Orzel mit dem Fußballspielen, so dass ein Halbzeitstand von 2:2 zu Stande kam.


    Dass sich Halbzeithopping rächt konnte ich auf dem Weg zum Dorfbus noch nicht ahnen. Von Rzeszow nach Krakow döste ich kurz um dann frohen Mutes den 30minütigen Fußmarsch auf mich zu nehmen. Immer noch frohen Mutes vernahm ich vorm Wawel-Stadion die Gesänge der Bytom-Fans; aber wieso singen die schon zehn Minuten vor Anpfiff?! Geiz ist halt nicht immer Geil – ich hätte ruhig vier Zloty ins Internetsurfen investieren sollen: das Spiel war auf 14.40 Uhr vorverlegt worden. Eigene Schuld, also das Positive aus dem Missgeschick ziehen: das gesparte Eintrittsgeld konnte in Nahrungsmittel investiert werden. Von Krakow ging es wieder Richtung Osten, nach Przemysl, wo nach kurzer Wartezeit auch schon der 23.45 Uhr Bus nach L’wow eintraf.
    Drei Uhr Nachts, L’wow Busbahnhof, Regen – die Blase meldet sich. Kostenpflichtige Toiletten sind was für Sitzpisser. Darum ging es in die Dunkelheit zu meinem schon oft markiertem Revier. Markierung erneuert und nichts wie zurück zum Bett, Typ „Holzpritsche“. Nur die Jungs der Miliz hatte etwas dagegen, denn sie teilten mir mit, dass ich Hauptdarsteller in ihrem Film wurde. Mit der Taschenlampe kontrollierten sie den Drehort - alles roger, alles nass. Im Milizbüro bekam ich dann aber weder einen Preis noch eine Gage vielmehr sollte ich 20 Euro für meinen Auftritt zahlen. Das hatte ich natürlich nicht vor, dementsprechend gab ich mehrmals meine Version wieder, dass ich die Toilette nicht gefunden hätte. Dumm nur, dass mir der Milizchef an der Toilette entgegengekommen war und sich erinnerte. 1:0 für die Miliz. Nun zeigten sie auf einen Zettel über dem Schreibtisch der angeblich auf ukrainisch belegen sollte, dass die Höhe der Strafe gerechtfertigt ist. Kurz überflogen – das war vielleicht die Anleitung zum Bleistift anspitzen, aber kein Auszug einer Verordnung. Nach langem Hin und Her einigte man sich auf 10 Euro, also Ausgleich in letzter Minute und ich begab mich zu meinem Bett.
    Der Regen prasselte gegen die großen Fensterscheiben während das Tageslicht langsam den Kampf gegen die Dunkelheit gewann – ich hatte verschlafen. Zeitlich war es nun eigentlich zu eng, um zum Bahnhof zu fahren, die Verfügbarkeit der freien Plätze nach Odessa zu überprüfen und bei negativem Ergebnis zurück zum Busbahnhof zu eilen um die halbwegs sichere Busverbindung zu bekommen. Es galt also abzuwägen zwischen Sicherheit (Bus) und Risiko (Zug). Für Leser früherer Berichte sollte klar sein, dass ich zehn Minuten später in der Marschrutka zum Hauptbahnhof saß. Den am Fahrkartenschalter zu sagenden Satz sagte ich so oft vor mir her, dass ich ihn fast wieder vergessen hatte, aber er kam, wenn auch stotternd, über meine Lippen. Selbst die Nachfragen der Verkäuferin konnten verstanden werden. Ein Hoch auf den Autor des Russisch-Lehrbuches, der in Lektion 4 das Thema „Am Bahnhof“ einbaute. Für 42 Griwna ergatterte ich das begehrte Ticket im Plazkartni-Wagon nach Odessa. Da die Abfahrt erst 22 Uhr sein sollte blieben 15 Stunden Freizeit. Die ersten drei Stunden brachte ich im Bahnhof über die Runden, da ansonsten der anhaltende Platzregen aus meiner gut sitzenden Jeans eine 80-er Jahre Freddy-Mercury-Gedächtnis-Jeans gemacht hätte.
    Pünktlich zur Knopper’s Zeit begann dann endlich der lang ersehnte Sommer; es begann der Urlaub – Auf in die Altstadt! Zehn Stunden später hatte ich eine Überdosis an Kirchen. Falls die Renovierung der Altstadt im jetzigen Tempo voranschreitet, wird L’wow, für Altgediente: Lemberg, in zehn Jahren auf einer Stufe mit Krakow, Budapest etc. stehen. Die restlichen Abendstunden bis zum Aufbruch wurden mit Lesen ausgefüllt, so dass ich, auch Dank der vorherigen Nächte, im Nachtzug schnell einschlief.
    Im Laufe der Fahrt setzte Hektik im Wagon ein: das Aussehen der Reisenden wechselte von Alltagsmode in Strandmode, Odessa nahte. Da wollte ich in nichts nachstehen, war doch auch für mich die Vermischung von Körperdreck und -schweiß mit dem Wasser des Schwarzen Meeres geplant. Am Bahnhof wurde das überflüssige Gepäck zur Gepäckabgabe gebracht und mit Handtuch und sonstigen Strandutensilien ging es zum Büro von UKRFerry. Auf dem Weg dorthin knallte die Sonne erbarmungslos von oben und die Frauen ließen mich wieder einmal an der westeuropäischen Lebensweise zweifeln. Im Büro wurde man freundlich empfangen und knapp 140 Euro konnten bei UKRFerry als Einnahme verbucht werden. Im Gegenzug erhielt ich ein Ticket für eine Zwei-Mann-Außenkabine. Jetzt war nur noch die Länge meiner Freizeit, meines Strandaufenthaltes zu klären. Bei einer Abfahrtszeit von 23 Uhr wird eine Ankunft am Terminal um 20 Uhr völlig ausreichend sein; so jedenfalls dachte ich. Dass mein Gegenüber andere Vorstellung hatte, ganz andere Vorstellungen, eröffnete er mir sofort. Ich sollte doch gleich nach Illichewsk fahren, denn ich bräuchte noch zwei Stempel. So saß ich 30 Minuten später in der Marschrutka nach Illichewsk und schwamm statt im Cherno More im eigenen Schweiß. Gegen 15 Uhr hatte ich die zwei Stempel und wurde zum Terminal gefahren, wo mich schon das in komprimierter Weise empfing, was ab Freitag zum Tagesablauf gehören sollte wie der tägliche Lauf der Sonne: Gammeln, Lungern und Glotzen.
    Schnell fand ich unter den ganzen Wartenden meinen Kabinenpartner, denn Georg wollte auch nach Georgien. Georg hatte gerade sein Maschinenbaustudium in Darmstadt abgeschlossen und war auf dem Weg nach Indien – mit dem Fahrrad. Gestartet war er zwei Monate zuvor in Wien und radelte seitdem immer an der Donau entlang, überquerte diese irgendwann und gelang nach Odessa. Weitere Abgesandte der Europäischen Union waren ein Pärchen aus Italien und der Slowakei. Den restlichen Platz im Warteraum füllten Ukrainer, Armenier und Georgier aus. Aus einem Augenblick wurde eine Weile, aus Minuten wurden Stunden und aus Vorfreude wurde Frust. Wäre in der Nähe wenigstens ein Strand gewesen, aber so weit das Auge blickte reckten sich Hafenkräne zum Himmel empor. Wenigstens gab es im Terminal einen Imbiss, der zuweilen, aufgrund von fehlendem Kleingeld, das Rückgeld in Form von Feuerzeugen erstattete. Aber irgendwann machte dieser auch zu, da sich der Imbiss hinter der Zollabfertigung befand. Man quatschte und döste, man las und trank. Gegen 22 Uhr fühlten sich die Beamten in der Verfassung die Passagiere ohne Auto abzufertigen. Ein Zöllner und ein Grenzbeamter waren für die 50 Wartenden zuständig. Das ich in der Schlange fast ganz hinten stand war an diesem Tag selbstverständlich. An Bord wartete dann wenigstens schon Abendbrot: Fisch und ungenießbarer Saft. Die Kabinen waren Top: Toilette und Dusche auf dem Zimmer, geräumig und sehr gepflegt. Einziges Manko: Die Schiffskneipe verfügte über Westpreise: Bier 1,50 Dollar und Wodka 8 Dollar. Scheinbar waren die Preislisten der MS Greifswald seit den Überfahrten von Saßnitz nach Klaipeda nicht entfernt worden oder den örtlichen Begebenheiten angepasst. Die Bar war an den drei Tagen dann auch so umlagert wie ein Steak-Stand beim Jahrestreffen der Vegetarier. Am nächsten Morgen drang durch das kleine Bullauge vermehrt warme Luft und die Lautsprecher verkündeten den Beginn des Frühstücks; also nichts wie aufstehen und ans Tagewerk machen: Frühstücken – dösen – Mittag essen – dösen – Abendbrot essen. Kurzer Blick aus dem Bullauge: eine andere Fähre fuhr direkt neben unserer, aber na ja, der Kapitän wird das schon richten. Aber Moment mal, die parallel fahrende Fähre kam mir bekannt vor. Also wurde der Blick nach rechts gerichtet und siehe da: Entweder fuhr der ganze Hafen auf einer noch größeren Fähre mit nach Georgien oder aber unsere MS Greifswald hatte noch gar nicht abgelegt. Kurz vor Mittag war es dann so weit, Menschen mit weißen Taschentüchern säumten die Promenade, Gebete für die Passagiere wurden gen Himmel gesandt und Tränen flossen. Ob es so war kann ich leider nicht berichten denn ich döste, geflüchtet vor der unbarmherzigen Mittagssonne, in der Kabine. Aber ich befürchte diese Schiffromantik existiert bei LKW- und Cargofähren gar nicht mehr. Folglich nässte ich mein Bett mit Schweiß, denn auch Liegen strengt bei solchen Temperaturen an, und wartete auf das Abendessen – Kreuzfahrerleben. Schnell stellte sich heraus, dass die Hälfte der Georgier Deportierte aus Europa waren. Die Jungs konnten daher auch spannende Geschichten von Festnahmen erzählen und Details zu gefälschten Einladungen in die Europäische Union preisgeben.
    Am Abend entdeckte ich dann noch einen Australier und Neuseeländer auf der Fähre. Sie hatten einen Opel mit bulgarischem Nummernschild mit auf der Reise da Chris, der Australier, in Bulgarien gearbeitet hatte. Die letzte Zeit war er aber eher berufstechnisch in der Ukraine unterwegs und wollte nun in Armenien seiner Tätigkeit als Mineningenieur nachgehen. Glenn war schon knapp 50, besaß einen neuseeländischen und einen englischen Pass, war Inhaber eines Internetcafes in Neuseeland und hatte ungefähr genauso viele Länder besucht wie Papst Johannes Paul II. Für Gesprächsstoff war also gesorgt und das vor der Kulisse eines Sonnenuntergangs über dem Schwarzen Meer.
    Das Leben kann manchmal auch schön sein. Der Sonnenaufgang war ebenso imposant nur musste man schon 5.30 Uhr aufstehen damit die Fotoentwicklung im örtlichen Rossmann was zu tun hat. Am zweiten Tag war es endlich so weit; ich wusste nie ob es Ammenmärchen oder Wirklichkeit war. Nun weiß ich es, es ist Wirklichkeit; es gibt sie im Schwarzen Meer. Angelehnt an der Reling, der MP3-Player täuschte dem Ohr Heimat vor, man sinnierte über dieses und jenes, die Augen waren geöffnet aber starrten den Gedanken folgend emotionslos auf die blaue Wüste, als sich plötzlich Löcher in dem unendlich erscheinenden Meer auftaten und sechs Delphine neben der Fähre aus dem Wasser sprangen und wieder eintauchten. Ein schneller Griff zur Seite wo normalerweise die Kamera anwesend war, aber Pech gehabt. Manns „Buddenbrooks“ eignet sich wahrlich nicht zum Fotografieren. So wurden irgendwelche Erinnerungen gelöscht um das gerade Erlebte mit dem nun wieder frei gewordenen Speicher im Gedächtnis zu belegen. Verflixt, wie war der Weg von der Uni zu mir nach Hause?
    Am letzten Abend gab es noch einmal Piwo und Wodka von den LKW- Fahrern und ein Armenier lud mich ein, bei ihm zu Nächtigen wenn ich in Jerewan ankomme. Freitag um 9 Uhr sah man endlich wieder Land – Georgien. Die Fahrt hatte sich mehr als gelohnt: Man bekam einen ersten Eindruck von den Leuten, der Gastfreundschaft, konnte die russische Sprache verfeinern und den Körper an die Temperaturen gewöhnen. Kühe am Strand, heruntergekommene Hafenanlagen und verrostete Schiffe im Hafenbecken – Poti hieß uns willkommen. Jetzt war nur noch zu klären was man in den nächsten Tagen anstellen wollte. Mit Glenn und Chris wollte ich erst einmal mit dem Auto nach Batumi und dann mal schauen, der erste Fußballtermin war erst für Sonntag notiert. Um vielleicht Samstag schon zu einen Zweitligaspiel zu kommen rief ich bei Dinamo Tbilisi an und notierte erstaunt, dass die zweite Mannschaft Montag ein Heimspiel hat. Also nicht auf Teufel komm raus ein Samstagsspiel finden sondern relaxen, ja Urlaub machen. Die Fußpassagiere durften gegen 14 Uhr die Fähre verlassen, fehlten nur meine neuen Bekannten mit Transportmittel. Also setzte man sich neben die Fähre und schaute den arbeitswütigen Georgiern zu. Knapp drei Stunden später waren dann die Güterwagons (auf einer von fünf Schienen!) aus der Fähre befreit, welche die Auto/LKW-Zufahrt versperrten.
    Das erstes Auto war dann ein Opel mit bulgarischem Nummernschild – Strike! „Come on Martin“ brüllte Glenn aus dem Fenster und so stürmte ich zum Auto und sprang hinein. Chris trat das Gaspedal durch um 200 Meter später die Bremsrückleuchten zu erhellen.
    Schon am ersten Checkpoint war Schluss. Die grüne Versicherungskarte interessierte hier niemanden, man benötigte spezielle Papiere wenn man mit dem eigenen Auto anreiste. Als erstes Auto des Fährkonvois erreichten wir die PKW-Meldestelle, einen Baucontainer. Hier drückte man Chris dutzende Papiere in die Hand, zum Glück wenigstens in kyrillischer Schrift, die er ausfüllen sollte um diese dann an einer anderen Stelle vorzulegen bzw. abzugeben. Ordnungsgemäß wollte Chris die Papiere in dem anderen Büro überreichen jedoch erfuhr er, dass der Chef der Abteilung noch gar nicht da war. Bei den ganzen Fähren die in Poti einlaufen ist die Koordinierung der Arbeitszeit ein, zugegebener Maßen, heikles Unterfangen. Kurz vor der Abenddämmerung kam der Boss dann im abgedunkelten Auto vorgefahren und befasste sich mit den Problemen der Antragssteller. Die meisten wollten die Autos nur überführen, vorwiegend waren diese in Deutschland gekauft und sollten nach Armenien gebracht werden. Dafür benötigten die Autos eine Art Transitvisum für 30 Dollar, gültig für fünf Tage. Dieses Transitvisum war auch unsere einzige Chance das Auto in Georgien fahren zu dürfen, nur sollten wir 100 Dollar bezahlen. Dieser Vorschlag traf bei uns natürlich auf Ablehnung also wurde gewartet und gewartet. Mittlerweile war es dunkel geworden, sämtliche mit der Fähre transportierten Autos hatten das Hafengelände verlassen nur wir standen noch da ohne Erlaubnis das Auto bewegen zu dürfen und ohne Einsicht die Konsumfreudigkeit des Chefs zu bezahlen. Eine Radiostation sendete, für uns unverständlich, die 23 Uhr Nachrichten als Beamter B. E. Stechlich wieder kam. Zum wiederholten Male fragten wir ihn wieso alle Autofahrer 30 Dollar bezahlten und wir 100 Dollar bezahlen sollten. Er begründete dies mit der Erschwernis und blablabla. Zum tausendsten Male veranstalten wir nun das Handel-Spiel wobei er uns bis jetzt keinen Dollar entgegenkam. Aber irgendwann wollte er wohl auch nach Hause, denn plötzlich war er mit 80 Dollar zufrieden auch wenn ihm das großen Ärger mit seinem Chef bringen würde. Der Sat1-Comedy-Freitag live in Georgien.
    Nichts wie weg vom Hafengelände und nichts wie hin nach, ja wohin fahren wir denn? Ich hatte zum Glück die Adresse eines billigen Hotels in Poti, weshalb wir uns entschieden aufgrund der fortgeschrittenen Zeit in der Hafenstadt zu nächtigen und am nächsten Morgen nach Batumi zu fahren. Nach der ersten Stadtrunde wollten wir eigentlich gleich wieder aufs Hafengelände. Ich habe mittlerweile auch einige heruntergekommene Städte gesehen, aber Poti war eine neue Dimension. Okay, es war Nacht und man war gestresst, aber auch ohne diese Umstände wäre man geschockt gewesen. Kaum ein Haus an dem nicht etwas fehlte, selbst vom normalen Ostblockstandard waren die Wohnhäuser so weit entfernt wie ich von der Komplettierung der Verbandsliga Rheinland. Straßen als würde man auf Legosteinen fahren und an allen Ecken lungerten die Leute in der typischen Hockposition herum und glotzten auf die Straße. So waren wir nicht wirklich traurig, dass wir das Hotel nicht fanden und somit einen Grund hatten doch schon Richtung Batumi aufzubrechen. Meine Informationen verrieten mir, dass an der Straße Richtung Batumi ein Beach-Resort beheimatet sein sollte. Circa zehn Kilometer außerhalb von Poti wurden wir fündig. Es war zwar nicht das gesuchte Beach-Resort aber immerhin ein Hotel. Die Zimmer waren okay (halt ein Bett und eine Lampe) und laut Inhaber waren es zum Strand keine 100 Meter. Vorm Schlafengehen füllten wir noch unsere Mägen und probierten heimische Biersorten. Das Essen ist mehr als empfehlenswert, scharf, viel Knoblauch, einfach lecker. Nur vom Bierbrauen sollten die Georgier lieber die Finger lassen…
    Mit einem Lächeln im Gesicht schaltete ich die Weckfunktion meines Handys aus, denn ein morgendliches Bad im Schwarzen Meer wartete. Der Besitzer hatte Recht, es waren 100 Meter, es war ein Strand, nur der optische Zustand war ein anderer als die Vorstellungen, die man beim Wort Strand hat. Den ersten 20 Meter musste ich Kuhfladen ausweichen um die restlichen 80 Meter die am besten gelegene Müllkippe der Welt zu durchqueren. Ob hier auch Einheimische baden, dessen bin ich mir im Nachhinein nicht mehr so sicher, schließlich war außer mir und einer Kuh auch niemand zugegen. Auch wenn zum Teil Unrat im Wasser schwamm war die Qualität nicht so schlecht, nur Tauchen mit offenem Mund sollte man unterlassen.
    Mit dem Auto ging es die restlichen 70 Kilometer Richtung Batumi weiter. Die Straßen waren nicht so schlecht wie befürchtet, einzig die Kühe, die praktisch alle 500 Meter mitten auf der Straße standen (autobahnähnliche Straßen nicht ausgenommen) und selbst hupen ignorierten, erschwerten die Fahrt. Ob sie von der Regierung eingesetzt werden um die Funktion wahrzunehmen, die bei uns Verkehrsinseln haben – Verkehrsberuhigung – konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Aber zum Glück hatten wir keine A-Klasse, so dass der mehrfach vollzogene Elchtest ohne Probleme verlief. Am Bahnhof in Batumi versuchte ich ein Ticket für den Nachtzug nach Tbilisi zu bekommen was aber leider nicht gelang. Die ganzen Wochenendtouristen vermasselten mir somit den Ground in Telavi. Da die Ozeanienfreunde kaum Informationen über Sehenswürdigkeiten besaßen waren sie erfreut, dass ich einen weiteren Tag ihre Rückbank bevölkern wollte. So ging es zu dritt zum Stadtbummel nach Batumi. Die Innenstadt versprühte den typischen Charme einer sowjetischen Ferienhochburg (Karussells, gestellte Fotos mit Tieren…). Das Wasser war hier schon sauberer dafür war der Strand aber auch total überlaufen. Da zwölf Kilometer außerhalb von Batumi eine Festung aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. wartete nahmen wir, ohne wirklich traurig zu sein, Abschied. Die Festung ist gar nicht mal so klein, war früher eine römische Siedlung und ist herrlich bewachsen. Überhaupt war die Vegetation am Fuße des kleinen Kaukasus ein Genuss. Wo man hinschaute Grün. Nachdem die touristischen Tagesaufgaben abgearbeitet waren ging es auf die andere Straßenseite zum Schwarzen Meer. Dort gab es zwar kein Sandstrand, dafür aber knapp 1 Meter hohe Wellen. Diese ließen mich kaum ins tiefe Wasser vordringen, da man kaum Standhaftigkeit auf den Steinen besaß und daher oftmals einfach zu Boden gerissen wurde. Das Wasser war mehr als sauber und der Strand nicht so umlagert wie der in Batumi. Da auch die Ozeanier am Sonntag in Tbilisi ankommen wollten, schlug ich vor, die Hälfte der Strecke noch am selben Tag zurück zulegen. Nach Tblisi gab es zwei Möglichkeiten, eine ausgebaute Straße von Batumi nach Tbilisi, aber ohne Sehenswürdigkeiten und eine zweite Strecke mitten durch den kleinen Kaukasus (höchster Berg ist 3700 Meter hoch) bei der vier Steinbrücken aus dem Mittelalter passiert werden sollten. Die Straße konnte so schlecht auch nicht sein, schließlich war sie in einer Kaukasus-Karte von Georg gelb markiert gewesen. Einziges Manko war, dass wir Drei keine Karte als unser Eigen bezeichnen konnten. Einzig eine kostenlose Touristenkarte auf englisch, grob gezeichnet, bei der mehr Bedacht auf die Sehenswürdigleiten gelegt wurde, stellte, neben meinem ungefähren geografischen Wissen, die kartographische Grundlage unserer Reise dar. Knapp 150 Kilometer war die Straße lang und der Bus benötigt sieben Stunden – dieses wusste ich noch zu berichten. Also nichts wie los, zeigte die Uhr doch schon 17 Uhr an.
    Die ersten achtzig Kilometer waren recht angenehm zurückzulegen; die Straßen waren in Ordnung, die Landschaft mehr als reizvoll und die Steinbrücken eine Augenweide und sogar noch recht stabil. Neben der zweiten Brücke bauten gerade ungefähr zehn Männer eine neue Kirche und luden uns, als sie merkten, dass wir Touristen waren, sofort auf Wein und Äpfel ein. Sie erzählten uns von dem Projekt und boten uns an bei ihnen zu nächtigen, was wir aber leider ablehnen mussten, wollten wir doch am Abend noch Akhaltsikhe erreichen. Serpentine um Serpentine gewannen wir an Höhenmetern und die Straße wechselte den Belag von Asphalt zu Schotter häufiger als ein neues Lied von der CD erklang. Die Dämmerung setzte langsam ein als wir an eine Weggabelung kamen. Schilderlos versteht sich. Laut Touristenkarte ging die Hauptstraße direkt nach Akhaltsikhe, während die zweite mitten durch die Berge führen sollte. Guter Rat war nun teuer und ein Verkaufsstand der einen guten Rat anbot war weit und breit nicht zu erblicken. Also folgten wir der Straße, die am besten ausgebaut war. Mit Anbruch der Dunkelheit verschwand der Asphalt. Die Dörfer, die wir passierten, hatten, wenn überhaupt, nur Ortsschilder auf georgisch. Ein Königreich für ein kyrillisches Schild. Nachdem wir vergebens auf einen größeren Ort namens Khulo warteten, fragten wir Jugendliche ob dieser Weg denn überhaupt nach Khulo führen würde. „Da, da“ – immer geradeaus weiter. Die einzigen motorisierten Fahrzeuge, die uns noch entgegen kamen waren alte russische Militärlaster und Jeeps. Sie konnten auch ohne Probleme fahren, die Tachonadeln in diesen Fahrzeugen erreichte teilweise bestimmt die 50 Km/h Marke. Wir hingegen tuckerten mit 20 Stundenkilometern die Berge hoch. Schlaglöcher, heruntergestürzte Steine und Steigungen der Kategorie „Geschwindigkeitsrekord durch Rollen“ ließen auf der Schotterpiste nicht mehr zu. Nachdem die Uhr schon 22 Uhr anzeigte und die Lichter der Stadt Khulo, auf die wir so sehnsüchtig warteten, noch immer nicht zu sehen waren, realisierten wir, dass wir wohl doch auf der falschen Straße waren. Zum Glück trafen sich Dorfbewohner hinter einen 2025 Meter hohen Pass an einer Bushaltestelle. Sofort nach unserer Ankunft versammelte sich eine Menschentraube um unser Auto. Da die Bewohner das lateinisch Buchstabenwirrwarr nicht deuten konnten, lasen wir die Ortschaften auf unserer Karte vor, in der Hoffnung wir würden so herausfinden können, wo wir ungefähr waren. Schnell stellte sich heraus, dass wir uns auf einer Nebenstraße nach Akhaltsikhe befanden und Umdrehen und zur Gabelung zurückfahren einen längeren Weg bedeuten würde. Also Augen zu, außer die des Fahrers natürlich, und durch. Die Straße wurde immer besser: umgestürzte Bäume und zwei flache Flüsse waren u. a. die neuen Hindernisse. Der Opel lies sich zum Glück nichts anmerken und spulte das von ihm verlangte Programm ohne Murren ab. Plötzlich vernahm ich ein Fluchen vom Fahrer und ein Blick nach vorn offenbarte das Problem: Der Weg gabelte sich erneut. Demokratisch wurde abgestimmt und bei einer für Mitteleuropa schier utopisch klingenden Wahlbeteiligung von 100 Prozent gewann „Links“ mit 100 Prozent. Keine 500 Meter weiter war der Weg für ein normales Kraftfahrzeug aber überhaupt nicht mehr passierbar. Zu unserem Glück arbeitete aber noch ein Waldarbeiter mit seiner Familie um halb Elf bei totaler Finsternis. Er starrte uns an als hätte er noch nie Ausländer gesehen (was ich aber auch annehme), war dann aber sehr freundlich und hilfsbereit. Der Weg war natürlich falsch ergo hieß es umdrehen und den rechten Abzweig nehmen. Kurz darauf wurde der Track zu einer ebenen Schotterstraße, eine Straßenleuchte, eine Brücke und Gott sei Dank, ein Georgisch/Russisches Verkehrsschild deutete auf Zivilisation hin. Ungefähr um 23 Uhr erreichten wir Akhaltsikhe und checkten im ersten Hotel ein. Dies kostete zwar acht Dollar aber das war uns jetzt auch wurst.
    Am Morgen bestellten wir die komplette Vitrine des Hotels als Frühstück; Rührei mit Peperoni, Tomaten, selbst gemachter Käse und frisches Fladenbrot. Dazu ein Getränk und das alles für knapp drei Euro. Unter dem Lachen der Ozeanier packte ich die übrig gebliebenen Nahrungsmittel fein säuberlich in Servietten ein und weiter ging die Reise. Über Borjomi (Heimat des bekanntesten und wohl besten Mineralwasser der ehemaligen Sowjetunion; der Mineralwasserpark ist aber nicht wirklich sehenswert) erreichten wir am Nachmittag Gori. Gori? Gori? War da nicht was?! Richtig, ein kleiner Fratz namens Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili, besser bekannt als Josef Stalin wurde in Gori geboren. Am Rathaus steht daher eine riesige Stalin-Statue und ein Stalin-Museum darf da natürlich auch nicht fehlen. Der Eintritt war uns dann aber doch zu teuer: Kriegsveteranen kostenlos, Georgier drei Lari, Ausländer zehn Lari, Fotoerlaubnis 30 Lari, Videoerlaubnis 200 Lari. Daher erhielt sein Geburtshaus den Vorzug, kurz fotografiert und ab ins städtische Stadion.


    20.08.2006 Dila Gori 0:3 FC Borjomi

    Temur Burjanadze Stadion – 1. Liga Georgien


    Glenn und Chris kamen sogar mit und fragten nach den ersten gespielten Minuten ob dies tatsächlich mein Hobby sei – solche Spiele freiwillig angucken. Bei dem Anblick was die 22 Spieler auf den Rasen veranstalteten fiel es sogar mir schwer dem positive Aspekte abzugewinnen. Ich habe bei einem Erstligaspiel noch nie soviel Inkompetenz seitens der Spieler beim Umgang mit dem Ball und mit den eigenen Füßen gesehen. Das Stadion hingegen ist schön alt und zerfallen und bietet als Panorama die Festung der Stadt.


    Die 70 Kilometer bis nach Tbilisi gingen recht zügig von statten, war doch sogar eine zweispurige Schnellstraße vorhanden. Bei Ankunft im Stadtzentrum war es trotzdem schon dunkel, von daher musste ein Mitglied, der von mir am meisten gehassten Berufsgruppe, vorneweg fahren um uns zu einem Homestay zu lotsen. Zwar war im eigentlichen Haus kein Zimmer mehr frei, dafür aber im Hof einer anderen Familie. Für 15 Lari gab es Sattelitenfernsehen, warmes Wasser und Abendbrot. Glenn und Chris zogen ein Hotel vor, so dass ich mich einschloss und Turmspringen sowie Euronews guckte.
    Der Terminkalender für Montag war pickepackevoll, ja er artete fast in Stress aus. Gleich nach dem Frühstück ging es mit einer Marschrutka zur aserbaidschanischen Botschaft. Ich verpasste natürlich die richtige Haltestelle, konnte durch diesen Fauxpas aber schon das Lokomotiwi Stadion lokalisieren. Bei der Botschaft ging die Antragstellung schneller als gedacht. Eine Einladung war nicht vorzuweisen, denn das Hotel Baku in Baku lud alle Antragsteller ein. Von der Botschaft ging es zum Fußballverband, welcher im Lokomotiwi Stadion seinen Sitz hatte, um die genauen Daten der Rückspiele in der Vorrunde des georgischen Pokals in Erfahrung zu bringen. Der Verband fühlte sich aber überfordert und brachte mich zum Büro der Fußballliga. Dort versprach man mir sich darum zu kümmern und ich sollte doch am folgenden Tag noch einmal wiederkommen. Daraufhin sollte es zum Büro von Dinamo Tbilisi gehen, wurde mir doch mitgeteilt, dass diese heute spielen sollten. Da der Anwalt vom Erstligisten Zestafoni auch zum Dinamo-Stadion wollte, spendierte er die Taxifahrt und man unterhielt sich angeregt über die Probleme des georgischen Ligafußballs. Das Stadion wirkte von außen eher wie ein neues Projekt von Christo da es für den anstehenden Ländervergleich gegen Frankreich renoviert wurde. Meine Annahme, dass somit auch Dinamo temporär seine Ligaspiele nicht hier austrägt bestätigte ein Security-Mitarbeiter. Bei dieser Nachricht, so war ich mir sicher, würde meine noch einzutreffende Begleitung Purzelbäume schlagen. Das Büro von Dinamo war wie es dann immer so ist auch nicht am Stadion, sondern ziemlich weit außerhalb. Zum Glück fuhr ein Bus in die Nähe, so dass ich alsbald die Security-Leute vom Dinamo-Gelände beim Playstation spielen stören konnte. Das Gelände selber durfte ich nicht betreten aber per Haustelefon teilte mir eine Dame mit, dass im Stadion Sinatle im Stadtteil Awschala Dinamo 2 auf Akhaltsikhe treffen sollte. Diese Stadt ließ mich also nicht in Ruhe. Mit dieser freudigen Nachricht ging es wieder zur Botschaft und gegen 40 Dollar bekam ich meinen Pass samt 3-Tages-Visum zurück. Mit einer Melone bewaffnet ging es mit der Metro zur Endhaltestelle und von dort nochmals zehn Minuten mit dem Bus zum Sinatle Stadion.


    21.08.2006 Dinamo Tbilisi 2 0:0 Meskheti Akhaltsikhe

    Sinatle Stadion – 2. Liga Georgien


    Das Stadion hat auf einer Seite eine teilweise stark zerfallene Stahlrohrtribüne mit fünf Stufen, in der Mitte einen Sprecherturm und ansonsten nichts. UEFA- oder gar FIFA-Spiele dürften hier in nächster Zeit nicht über die Bühne gehen. Das Spiel war teilweise besser als das am Vortag, dürfte Verbandsliganiveau aber nicht überschritten haben.
    Zur Metrostation ging es durch die Vorstadtghettos zu Fuß zurück. Aufgrund meines eher untypischen Aussehens für südliche Verhältnisse wurde ich zwar stetig beglotzt trotzdem fühlte ich mich sicherer als in Hamburg-Wilhelmsburg. Am Abend war ich mit den Ozeaniern verabredet, wir tranken Bier und schaute dem lustigen Treiben vor der Großen Halle des staatlichen Orchesters zu. Dort war ein riesiger Springbrunnen, der das Wasser im Rhythmus zur gespielten Musik in die Höhe beförderte. Die Musik war gar nicht mal so schlecht, aber ein bisschen abwechslungsreicher hätte sie sein können. Denn stundenlang wurde Song 2 von Blur gespielt, was spätestens nach dem dritten Mal dezent langweilig wurde. Im Springbrunnen tanzten Kinder und ein großer Pulk an Menschen standen darum herum, aßen Popcorn und kauften leuchtenden Krimskrams. Den Vorteil der Zeitverschiebung bekam ich an diesen Abend auch mit. Man verabredete sich zur georgischen Prime-Time in der Innenstadt, trank und quatschte, fuhr wieder zur Unterkunft und schaute dort den deutschen Prime-Time-Film auf ZDF.
    Am nächsten Morgen zog ich aus meiner Herberge um zwei Straßen weiter wieder einzuziehen. In der dortigen Wohnung vermietete eine Oma Betten zum Preis von acht Lari. Ich hatte von nun an zwar kein eigenes Zimmer mehr und von warmem Wasser und einer Toilettenspülung musste ich mich auch verabschieden, aber der Preis zählte und schließlich muss man ja nicht 24 Stunden in seiner Unterkunft rumhängen.
    Vor der Altstadtbesichtigung ging es zum Büro der Fußballliga, wo ich schon erwartet wurde. Nach einer Stunde Suchen präsentierte mir der Mitarbeiter überglücklich den Spielplan der ersten Liga. Nu ja, den hatte ich schon selbst, also verdeutlichte ich ihm noch einmal, dass ich die Pokalansetzung benötige. Nun ging es schnell, er holte die tägliche Sportzeitung und übersetzte mir die Ansetzungen. Zudem erzählte er mir, dass das Nachholspiel Bolnisi vs. Rustawi nicht Mittwoch sondern Donnerstag stattfinden sollte. Dies glaubte ich zwar nicht wirklich, wurde aber im Hinterstübchen abgespeichert. Zwischenzeitlich erreichte mich eine SMS von LingenFeno, dass er die Grenze überquert hatte und kurz vor Batumi ist. So schlenderte ich gelassen durch die Altstadt, die ihr ganz eigenes Flair besitzt und nicht wirklich mit anderen Altstädten vergleichbar, aber auf jeden Fall empfehlenswert ist. Viele Kirchen, kleinere Parks, ein Eldorado für Liebhaber alter Balkone und Wohnungen in der Stadtmauer. Kurz vor dem Beginn der alltäglichen Hitzephase floh ich in einen Park. Täglich brachte die Sonne das Quecksilber so in Wallung, dass gegen 16 Uhr dem Betrachter eines Thermometers 40 Grad signalisiert wurde. Somit war ab 16 Uhr jede Fingerbewegung mit einem T-Shirt-Wechsel verbunden. LingenFeno ergatterte sogar noch eine Marschrutka nach Tbilisi und forderte größere Mengen Nahrungsmittel für seine Ankunft. Nachdem auch dies erledigt war ging es wieder zur Unterkunft, in der ich eine Amerikanerin traf, die von China aus den Europäischen Kontinent ansteuerte – allein. Mit ihr ging es zur besten Kneipe im Viertel, wo man fürs Bier ganz schön tief in die Tasche greifen musste – das Kleingeld war ziemlich versteckt. Ein Bier bekam man für 70 Cent und eine Flasche Rotwein für 3,50 Euro. Der Emslandhool teilte mir wenig später mit, dass seine Ankunft sich um vier Stunden verschieben würde. Da wir die Kneipe aber schon verlassen hatten machte ich mich frühzeitig auf den Weg zum Hauptbahnhof. Vielleicht nicht der sicherste Ort für Touristen, im Bahnhofshotel haben sich die Flüchtlinge aus Abchasien einquartiert, aber was soll’s. Immerhin fuhr alle zehn Minuten ein Streifenwagen hinter mir entlang und es war warm – welcher Bösewicht wird in einer so lauen Sommernacht schon ein Verbrechen begehen?
    Gegen ein Uhr betrat LingenFeno hauptstädtischen Boden und es wurde schnell die Unterkunft aufgesucht. Bei einem Bierchen erzählte man sich das Neueste und Wichtigste. War für mich auch Neu, dass es noch eine andere und bessere Anfahrt zum Sportplatz Hundsangen der SG Hundsangen/Oberbach gibt, als die, die mir bekannte war... Man erzählte sich noch von großartigen Touren an vorherigen Wochenenden, als es zum Beispiel für mich mit SchwedtTorsten und AltenburgHarry zu einem Doppler in die Verbandsliga Saarland ging.

  • Ein wenig übermüdet vernahmen wir am nächsten Morgen den Weckruf des Handys, aber alles Fluchen half nicht, Organisatorisches musste erledigt werden. Immerhin benötigte mein Geleit auch noch ein Visum für Aserbaidschan. Diesmal verzögerte sich die Abgabe immens, so dass wir gerade noch vor Schließung der Botschaft den Antrag und Pass abgeben konnten. Schnell ging es weiter zum Busbahnhof Didube um eine Marschrutka Richtung Batumi zu bekommen. Glück gehabt, wir waren die fehlenden zwei Fahrgäste also konnte die Fahrt losgehen. Einzig und allein das Ziel war nicht klar, hing dieses doch von den fahrerischen Qualitäten des Kraftfahrers ab. Aber schon die ersten gefahrenen Kilometer – wir konnten weder lesen noch schlafen da wir nur darauf bedacht waren unsere Habseligkeiten festzuhalten und mit dem Kopf nicht allzu sehr gegen Fenster und Decke zu knallen – ließen erkennen, dass wir Samtredia auf jeden Fall „in time“ erreichen würden. Bei einer Verbesserung der Überholtechnik – wieso nicht gleich eine zweite Überholspur eröffnen und somit die zweispurige Straße auf vier Spuren erweitern – könnten wir bis 17 Uhr sogar noch Lanchkhuti erreichen.
    Von Lanchkuthi existierten faszinierende Groundfotos: eine Perle des sozialistischen Stadionbaus; Platz für 20.000 Zuschauer plus Flutlicht. Von Samtredia war hingegen nur das Fassungsvermögen bekannt: 15.000. Ein kurzer Raststopp sorgte im Nachhinein für Heiterkeit bei uns. LingenFeno entdeckte auf einem anderen Tisch eine Art Suppe, in die er sich – rein kulinarisch – auf den ersten Blick verliebte und auch unbedingt essen wollte. Also wurde diese ebenfalls bestellt und – pfui, sie war kalt und total scharf. Anstandshalber wurde sie dennoch fast ausgelöffelt und wir aßen dazu Brot, Salat und Fleisch. Total überfressen und mit dem Bedarf einen Liter Wasser auf Ex zu trinken ging die rasante Fahrt über die Straße Typ „Shaker“ weiter, so dass wir kurz nach halb Fünf Samtredia erreichten. Eine Weiterfahrt nach Lanchkhuti erschien uns nun zeitlich zu riskant, also Türen auf und Austritt in die Freiheit – wir hatten wieder festen Boden unter den Füssen. Über eine Brücke erreichten wir die Innenstadt, so jedenfalls nennt man ja häufig die Gegend um den Bahnhof. Das wohl ehemalige beste Haus am Platz stand noch als Steinskelett am Platz, der Stadtpark war menschenleer und die Zahl an Autos, die auf der Hauptstraße fuhren, die einzig asphaltierte Straße durch die 28.000 Einwohner zählende Stadt, entsprach der Anzahl an Touristen in Nordkorea. Nach einem 20minütigen Fußmarsch durch die schlicht gehaltene Vorstadt erreichten wir schließlich das Stadion.


    23.08.2006 Iberia Samtredia 0:0 Chikhura Sachkhere

    Erosi Manjgaladze Stadion – Vorrunde georgischer Pokal


    Die Vorfreude, dass dieses Spiel überhaupt stattfand, verging schnell, denn – unglaublich aber wahr – es waren mehr Bauarbeiter als Zuschauer vor Ort, die von sich allerdings behaupten konnten in den letzten Monaten recht fleißig gewesen zu sein. Sie hatten das Stadion bis auf die Tribüne zurückgebaut. Die ganze Stadt verfällt und wo bauen sie neue Gehwege? Im Stadion. Von den knapp 200 Zuschauern beglotzten uns etwa 80 Prozent, die kleineren Kinder schafften es teilweise mich bis zu zwei Minuten mit offenem Mund anzustarren. Der Rest sah eine überlegene Heimelf ohne Torerfolg.
    Vor dem Spiel hatten wir uns noch an einem Kiosk die für uns bisher billigste Limonade unseres Lebens zu besorgen. Diese kam wie die Limonade aus unseren DDR-Kindheitstagen in einer 0,7 Liter fassenden braunen Flasche daher. Der Preis für dieses Gesöff betrug knapp 12 Cent. Nach dem Spiel kauften wir uns unsere Zugtickets für den Nachtzug nach Tbilisi und zogen aus dem einzigen Bankautomaten der Stadt, der in einer riesigen Halle, bewacht von einem Extra-Sicherheitsmann, stand, ein Bündel Lari. Da wir knapp sechs Stunden Zeit hatten, peilten wir erstmal ein Restaurant an, in dem wir uns an georgischen Spezialitäten versuchten. Diesmal bekamen wir ohne extra Bestellung wieder diese Art Suppe hingestellt, aber erst jetzt kapierten wir was es war – eine Art Dipp-Sauce. Muss für die Einheimischen an der Raststätte nicht schlecht ausgesehen haben – man stelle sich vor, in Deutschland schleckert jemand eine Schale mit Ketchup pur. Nachdem unsere Bedürfnisse befriedigt waren wollten wir zurück zum Bahnhof um die restliche Zeit mit dem „Name-Kapazität-Zuschauerrekord-Spiel“ in der Kategorie Landesliga Hessen-Mitte totzuschlagen.
    Aber was war das? Entweder war in unserem Essen Narkosemittel gewesen und man hatte uns so an einen anderen Ort geschafft oder Samtredias Bürger trauen sich erst am Abend aus ihren Häusern. Im Stunden zuvor ausgestorbenen Stadtpark war eine riesige Videoleinwand aufgebaut, die russische Musikvideos zeigte und an die 500 Jugendliche drehten ihre Runden im Stadtpark – sehen und gesehen werden in Samtredia. Da dieses Treiben einen größeren Reiz als der Bahnhof auf uns ausstrahlte, bestellten wir ein Bier und nahmen Platz. Schnell gruppierte sich ein Haufen Kleinwüchsiger neben unserem Tisch und versuchte mit denen für sie so Fremden ins Gespräch zu kommen. Da sie aber weder Russisch noch Englisch sprachen wurde es schnell lästig, was sie aber nicht davon abhielt uns, trotz deutlichem Desinteresses unsererseits, weiterhin anzusprechen. Schnell ermahnten die ringsum sitzenden älteren Georgier die Kinder und entschuldigten sich bei uns. Damit aber nicht genug. Kurze Zeit später trafen zwei Polizisten ein, die uns nicht mehr aus den Augen ließen. Da uns die ganze Situation langsam ein wenig peinlich wurde verließen wir zwei Bier später den Pavillon und trabten zum Bahnhof. Dort wurden wir wenig später von zwei Männern auf Russisch angesprochen, wiesen diese aber zurück, da sie uns etwas suspekt waren. Daraufhin hoben sie ihre T-Shirts und es kam eine Polizeimarke mitsamt Pistole zum Vorschein. Somit hatten wir bis zu unserer Abfahrt nun doch eigene Zivilpolizisten. Diese verscheuchten Bettler, die sich uns näherten und brachten uns bis zum Wagon. Mich würde es nicht wundern, wenn die örtliche Zeitung am nächsten Tag vom Besuch zweier Investoren aus Europa geschrieben hat. Man sollte vielleicht noch erwähnen, dass Samtredia im Bürgerkrieg 1993 von den Regierungstruppen stark zerstört wurde und sich somit Touristen wohl eher selten in diese Stadt verlaufen.
    Die Nachtzugfahrt war für mich sehr angenehm, da ich fünf Stunden Schlaf fand während meine Begleitung bei der Ankunft über Bauchschmerzen und Schlafdefizite klagte.
    Tagesaufgabe eins war am nächsten Morgen die Informationsbeschaffung bezüglich der Abfahrtszeiten von Marschrutkas am Busbahnhof Ortochala. Der Fahrer der Marschrutka zum Busbahnhof war einer der ganz freundlichen Sorte; verlangte er doch kein Geld von uns – Touristenbonus. Vor Ort mussten wir aber feststellen, dass nachts keine Marschrutkas nach Aserbaidschan fuhren. Also ging es direkt zur Botschaft, den Pass von LingenFeno abholen und zur Unterkunft, das überflüssige Gepäck bei unserer Herbergsoma deponieren. Beim Einkauf im gegenüberliegenden Konsum war es endlich soweit – unser erster Stromausfall. Das ganze Viertel war ohne Strom. Ein paar Geschäfte hatten Notstromaggregate, bei den meisten war es aber einfach nur dunkel – auf Eis verzichteten wir lieber.
    Von der Absteige ging es weiter, erneut mit der touristenfreundlichen Marschrutka 108 (wieder war die Fahrt gratis), zum Busbahnhof Ortochala. Die Marschrutka nach Bolnisi stand schon da, die Abfahrt sollte 15.30 Uhr sein, von daher war noch Zeit für Speis und Trank. Damit das Essen auch seine Funktion erfüllte, wurde anschließend auf kalorienvernichtende Bewegungen verzichtet und gleich abfahrtsbereit in den Kleinbus gesetzt. Fasten your nicht vorhanden seatbelts und ab ging die Fahrt. Nach 40 Minuten war der Startvorgang abgeschlossen und man tuckerte endlich los. An der fehlenden Starterlaubnis hatte die verspätete Abfahrt nicht gelegen, vielmehr versuchte der Fahrer eine höhere Dichte an Fahrgästen zu erreichen als die Bahnangestellten der Tokioter U-Bahn – klaustrophobische Mitfahrer waren zum Glück nicht dabei. Kurz hinter Tbilisi verschlechterten sich die Straßen, so dass man die letzten 20 Kilometer mit einer asphaltierten Variante eines von Akne verschönerten Gesichtes vergleichen könnte. Während LingenFeno versuchte im Takt der Schlaglöcher Schlaf zu finden wanderten meine Augen hinaus in die Wirklichkeit Georgiens: faszinierend schöne Landschaften verziert mit erschreckender Armut. Nirgends wurde der Kontrast Stadt – Land deutlicher als in dieser Gegend. Könnte die Stadt Tbilisi genauso gut auch in Rumänien stehen, sieht man in der ländlichen Region weshalb 53 Prozent der Georgier unterhalb der Armutgrenze leben und das Durchschnittseinkommen lediglich bei 74 Prozent des offiziellen Lebensminimums liegt. Dabei muss man natürlich bedenken, dass Tbilisi den Wert deutlich nach oben drückt.


    24.08.2006 Sioni Bolnisi 0:1 Olimpi Rustawi

    Temur Stepania Stadion – 1. Liga Georgien


    15 Minuten zu spät – da muss ich wohl noch einmal anreisen. Mannschaft und Stadion werden von einer, wohl der einzigen, ansässigen Fabrik unterhalten – man ist Meister und spielt in einem All-Seater. Dank phänomenaler Arbeitslosenquote war dieses Donnerstagnachmittagsspiel gut besucht, selbst eine Handvoll Gäste hatte die 30 Kilometer weite Anreise nicht gescheut. In der Halbzeitpause ging es kurz zum Klubpräsidenten um wenigstens eine Art Schnipsel als Eintrittskartenersatz zu erhalten. Den Weg zu meinem Platz zurück trat ich zwar ohne den gewollten Fetzen an dafür aber mit Wimpel und erfrischt von Früchten und Getränken. Während LingenFeno Groundhopping light betrieb widmete ich mich der zweiten Halbzeit. Aufgrund einer Vielzahl von Torchancen war es mit das beste Spiel der Tour.


    Kurz nach dem Abpfiff kämpften wir uns an brennenden Müllbergen vorbei um eine, besser gesagte: DIE einzige Marschrutka nach Tbilisi zu finden. Die bescheidene Zahl der Mitfahrer und die damit gepaarte (verspätete) Abfahrtszeit kollidierte allerdings mit der Anstoßzeit des Schlagerspiels der UEFA-Cup Qualifikationsrunde. Also biss ich in den sauren Apfel und bezahlte einen Euro mehr, damit der Fahrer ungefähr auf seinen Gesamtbetrag kam. Dank eines dämlichen Mitfahrers, der auf irgendwas an irgendeiner Kreuzung wartete traf man aber erst 30 Minuten vor Anstoß in der Hauptstadt ein – für den dortigen ÖPNV zu spät.


    24.08.2006 Ameri Tbilisi 2:2 Hertha BSC

    Mikheil Meshki Stadion – 2. Qualifikationsrunde UEFA-Cup


    Das Taxi lieferte pünktlich und richtig, so dass sogar der Luxus eines Toilettenbesuches vor Anpfiff möglich war. Da das Spiel, als sportliches Highlight in deutschen Landen praktisch auf allen öffentlich-rechtlichen sowie privaten Fernsehanstalten ausgiebig besprochen und beleuchtet wurde und jeder auch nur halbwegs Interessierte an dem Wohlergehen einer deutschen Mannschaft, in diesen so selten gewordenen internationalen Vergleichen, die Chance war genommen hatte, dieses mit einer Portion Stolz und Bewunderung war zunehmen, brauche ich zum Spiel nicht viel zu schreiben. Die 14 Herthaner sangen ein paar Mal und die restlichen 4986 Gestalten gaben manchmal den Klassiker A-M-E-R-I zur Melodie vom Hit „Langsam vorlesen“ von sich.
    Eigentlich war nach dem Spiel vorgesehen, eine Marschrutka nach Rustawi zu finden und von dort irgendwie bis zur aserbaidschanischen Grenze zu kommen, aber die fortschreitende Krankheit von LingenFeno bescherte uns eine Taxifahrt. Nachdem ein bisschen verhandelt wurde war ein Fahrer bereit unseren Wunsch zu unserem Preis zu verwirklichen. 30 Lari sollte uns die Fahrt zum Grenzübergang Krasny Most (ungefähre Übersetzung: Krasser dickflüssiger Saft) kosten. Da die sozialistischen Autokonstrukteure Schlaglöcher bei der Planung von Achsen und Fahrwerk eingeplant hatten, kam der Lada, trotz, ich nenne es mal Unebenheiten auf der Straße, mit zwei Achsen und vier Rädern an. Teilweise erinnerte das Ganze an die alten Fahrgeschicklichkeitsspiele auf Atari oder C64, es fehlten nur die Ölspuren. Den klassischen Pay-and-Go Vorgang bei Vollendung der Beförderung seitens der Fahrgäste unterbrach der zuvor noch freundliche Fahrer. Zufrieden reichte ich ihm einen 50 Lari Schein woraufhin er vor sich hin murmelte, das könne er nicht wechseln. Nach kurzer Denkpause und in der Annahme es hätte niemand verstanden/gehört offenbarte er uns seine eigentliche Forderung: 30 Euro. Aha, Lari=Euro=Estische Kronen oder wie?! Es startete wieder das altbekannte Handeln. Letztendlich fand er 20 Euro für angemessen. Bleibt zurückblickend betrachtet nur die Frage, wieso er dann nicht die 50 Lari behalten hat, ist dieser Schein doch mehr wert als 20 Euro.
    Um den Abkotzfaktor bei LingenFeno um Eins zu erhöhen, gesellten sich nun, neben den schon vorhandenen Magenkrämpfen, auch noch die Kumpanen Regen und Sturm zu uns. Als weniger schlimm war dann die Wartezeit an der aserbaidschanischen Grenze zu bezeichnen, da die Wahrscheinlichkeit um Mitternacht noch einen Bus nach Baku zu bekommen doch mehr als gering war. Die Grenzer, ein Zwischending zwischen Kindersoldat und Soldat (Teenagersoldat?!) waren aber sehr freundlich. Nachdem alle Formalitäten erledigt waren betrat man muslimischen Boden und begann sich zu fragen, was man knapp 1 Uhr nachts tun sollte. Die nächste Ortschaft war knapp acht Kilometer entfernt und von Verkehr auf der Straße zu sprechen würde das Wort Verkehr beleidigen. Wenigstens blinkten an den drei, vier Häusern ein paar Lichter, so dass die Nacht nicht auf der Straße verbracht werden musste. Auf dem Weg zum Café „Nachtasyl“ erblickten wir eine Marschrutka samt schlafendem Fahrer. Der Taximann nebenan wusste zu berichten, dass die Marschrutka für sieben Dollar nach Baku verkehrt und er den gleichen Service für 100 Dollar anbietet. Bei diesen fast identischen Angeboten musste natürlich längere Zeit überlegt und beraten werden aber schlussendlich waren wir uns einig für die 93 Dollar Differenz lieber Tee zu trinken. Das Café bot zwar Schutz von oben aber vor dem himmlischen Kind, dem Wind, gab es kein Entkommen. Von daher murmelte sich mein Begleiter wie ein Eskimo ein. Erster Gesprächspartner war ein Grenzpolizist, der bei leckerem Tee und Schaschlik einen ersten Einblick in die Lebensverhältnisse vor Ort gab. Zur zweiten Runde Tee gesellten sich zwei Arbeiter aus der Nähe von Baku zu uns, die die freudige Information hatten, dass ein Busunternehmer den Bus gen aserbaidschanische Hauptstadt um Fünf für Fünf bereitstellt. Das verringerte die Wartezeit und die Reisekosten um Zwei und Zwei. Da der zukünftige Student neben mir einen so mitleidserregenden Eindruck auf die Betreiber der Spelunke gemacht haben muss, durften wir in den wind- und regengeschützten VIP-Bereich des Cafés und schalteten dort auf Campingstühlen den Schlafmodus ein. Pünktlich um Fünf wurde der müde Körper in den Bus geschleppt und ich musste mich entscheiden weiter zu pennen oder unendliche Weiten vertrockneter Erde links und rechts der Straße zu bestaunen. Die Wahl fiel ähnlich schwer wie zuvor bei der Entscheidung zwischen Taxi und Bus…
    Bei Hälfte der Strecke ging langsam der Standby-Modus des Körpers wieder an und ich musste feststellen, dass der Bus im Gegensatz zur Abfahrt ziemlich voll geworden war und aus diesem Grund fühlte ich mich mehr als nur bedrängt. Ein Blick zu den anderen Mitfahrern offenbarte mir aber schnell, dass diese nicht solche argen Platzprobleme besaßen. Der Sitz vor mir war das Problem, denn er stellte durch seine Position eine Art Liegestuhl da, die aber so nicht einstellbar war. Die Verankerung mit der Bodenplatte des Busses war total im Arsch, wodurch der Sitz eine ungefähre Neigung von 40 Grad erreichte. So lag mir also eine junge Muslime mit ihrem Hinterkopf so zwischen den Beinen, dass jede Erektion einer Eruption gleich gekommen wäre. Die Mutter richtete den Sitz zwar alle 30 Minuten auf aber da die Straßen in einem unerbittlichen Konkurrenzkampf mit denen von Georgien standen, war der anfangs beschriebene Zustand schnell wieder hergestellt. Gegen 16 Uhr wurde endlich die Hauptstadt Baku erreicht, welche sich als staubig und hektisch präsentierte. Schnell die Rückfahrttickets gesichert und es ging erst per Metro und dann mit dem Taxi zum Hotel. Neun Dollar für ein Dreierzimmer mit unbekanntem Dritten klangen in unseren Ohren akzeptabel. Schnell wurde geduscht und ab ging’s auf die Piste. Freitagabend – Fußball wartete.


    25.08.2006 Inter Baku 2:0 Simurq Zaqatala

    Tofiq Behramov Stadion – 1. Liga Aserbaidschan


    Das Spiel wurde, nicht etwa aus Kapazitätsgründen – trotz freiem Eintritts verirrten sich nur knapp 400 Menschen in die riesige Schüssel –, sondern aufgrund der Live-Fernsehübertragung (die Einschaltquoten würden mich mal interessieren) und dem damit benötigten Flutlicht ins Nationalstadion verlegt. Der Sport an sich war besser als der in Georgien; bringen hier doch ein paar Legionäre Technik und Können ins Spiel. Lauter Verzierungen, geschwungene Bauform und ein schönes Panorama sorgten für eine Platzierung in meiner Stadien Top-Ten.


    Die Metrofahrt zum Hotel artete mal wieder in eine Fleisch- und Haarbeschauung aus. Hätte ich für jedes Angeglotztwerden einen Euro verlangt, müsste nicht ich jetzt diesen Bericht verfassen, sondern mein Schreibbüro um Günter Grass und Martin Walser. In der Nacht bekamen wir auch unseren Mitbewohner zu Gesicht, die maskuline Endung lässt es vermuten, er war männlich.
    Während LingenFeno am nächsten Morgen versuchte die Schmerzen auszuschlafen spulte ich das touristische Programm ab – Stadtbesichtigung. Diese ging schneller als gedacht, was an den fehlenden Besichtigungsobjekten lag. Im Hotel entschied sich LingenFeno aufgrund der körperlichen Fehlfunktionen gegen einen Besuch des Kaspischen Meeres und so ging es allein zum Busbahnhof von dem, laut Führergott Lonely Planet, die Busse zu dem von mir auserkorenen Strand fahren sollten. Wie so viele Führer hat auch dieser mehr als nur einen kleinen Makel – viele Informationen sind schlichtweg falsch. Der richtige Busbahnhof war natürlich am anderen Ende von Baku, weshalb mir eine Stunde verloren ging. Ob mir diese der Verlag vom Lonely Planet bezahlt?! Zum Glück ging die Fahrt gleich los, dauerte aber länger als geplant. Unterwegs fuhr man an einem unendlich erscheinenden Ölfeld vorbei auf dem noch unendlicher erscheinende kleine Ölpumpen ihre 24 Stunden Schicht absolvierten. Wenn das die Gewerkschaft wüsste…
    Am Badeort angekommen rannte ich den Kilometer zum Strand runter, schließlich musste das, wozu ein normaler Tourist den ganzen Tag Zeit hat in knapp 30 Minuten absolviert werden. Der erstbeste seriös erscheinenden Mann wurde mit der Beaufsichtigung meiner Klamotten beauftragt und ab ging’s ins Wasser. Zehn Minuten das kühle Nass genossen, abgetrocknet, Schaschlik bestellt, abreisefertig gemacht, Schaschlik gegessen und wieder zur Bushaltestelle gerannt. Wäre ich alle 30 Minuten so angegangen hätte ich für die gesamte Tour wohl nur zwei Tage gebraucht. Aber der Zeitplan für den Weg zurück war mit zwei Stunden auch mehr als knapp bemessen, musste ich doch wieder nach Baku, dort durch die ganze Stadt und nochmals 30 Kilometer nach Sumquayit. Der Marschrutkafahrer tat dann auch alles dafür, dass es noch knapper wurde, fuhr er doch die erste halbe Stunde höchstens im dritten Gang bei einer maximalen Geschwindigkeit von 40 Km/h. Das ich kurz vorm Explodieren war, muss ich eigentlich nicht extra erwähnen, will es an dieser Stelle aber dennoch tun. In Baku ging es mit der Metro zum anderen Busbahnhof, wo man den Abfahrtort der Marschrutka nicht schnell genug fand, so dass notgedrungen mit einem Taxifahrer verhandelt werden musste. Zum Glück beherrsche ich einigermaßen das kyrillische Zahlensystem und wir einigten uns auf zehn Dollar.


    26.08.2006 Genclerbirliyi Sumgayit 1:1 Olimpik Baku

    Mehdi Hüseynzade adina sehar Stadion – 1. Liga Aserbaidschan


    Kurz nach dem Anpfiff betrat ich das Stadion, wieder einmal ohne bezahlen zu müssen. Positiv: ich spare Geld; Negativ: es gibt keine Eintrittskarten. Wobei das Negative deutlich überwiegt. Im Stadion war der Virenimporteur nicht auszumachen – ihm wird doch nichts zugestoßen sein? Zur zehnten Minute erblickte ich ihn dann als er gerade durch den Eingang kam. Als Abteilungsleiter der GH-Polizei Abteilung Vorpommern wurde er von mir natürlich sofort ermahnt. Das Beste war aber das Transportmittel mit dem er angereist war – einem Taxi. Er fuhr fünf Minuten nach mir in der Innenstadt los. Da sieht man mal wieder wie wichtig Reden in einer Beziehung ist. Genclerbirliyi besaß sogar einen Fanblock mit Fahnen und sang ab und zu. Vielleicht aber auch nicht, im Endeffekt auch völlig egal.


    Der körperliche Zustand von LingenFeno war immer noch nicht zum Besten bestellt, weshalb er die Taxifahrt zurück spendierte. Ach Feno, ich fahre öfter mit dir! In Baku hauten wir noch einmal richtig auf den Putz und verjubelten unsere übrig gebliebenen Manat für ein Bier.
    Die Währung ist auch eine komische, wurde diese doch vor kurzer Zeit neu bewertet und taufrische Geldscheine ausgegeben. Problem wie so oft, die alten Scheine sind auch noch im Umlauf. Um die Touristenabzocke perfekt zu machen ist das System kaum durchschaubar. Unsere Version bei der Abfahrt war folgende: Kostet ein Produkt drei Manat kann man diese bezahlen in dem man entweder drei neue Manat vorlegt oder aber 15.000 alte Manat, da 5000 alte ein neuer Manat sind. Nur sind die Preise selten glatt; von daher war Beschiss vorprogrammiert. Ein Grund wieso dieses Land uns nicht wirklich überzeugte. Voller Vorfreude auf ehrliche Leute, einfache Währung und Fußball der Kategorie „Egalisieren durch Schlechtheit“ begaben wir uns frühzeitig zur Abfahrt unseres Busses Richtung georgische Grenze. Ich ging vor um zu überprüfen ob der Bus schon bereit steht. Krasny Most, 0.15 Uhr, ja, das musste unser Bus sein. Ich stieg ein und zeigte dem Beifahrer unsere Tickets. Kurzer Blick von ihm und er schickte mich wieder vor die Tür. Nun kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung der besonderen Art denn die Logik verstehe ich bis heute nicht.
    Vorgeschichte: Freitag, den 25.08.2006 kauften wir zwei Tickets nach Krasny Most für Sonntag, den 27.08.2006, Abfahrt 0.15 Uhr. Nun schreiben wir Samstag, den 26.08.2006, 23.45 Ortszeit und der Bei- und Busfahrer meinten unsere Tickets seien für morgen, den 27.08.2006 gültig. Ist ja auch richtig; nur sollte der Bus ja 0.15 Uhr fahren, also am Sonntag. Denn ab 23.59 Uhr und 59 Sekunden beginnt ein neuer Tag. Der Beifahrer meinte allerdings 0.15 Uhr sei noch am Samstag. Ob er mit dem Bus durch eine Zeitschleuse fahren könne um die 24 Stunden zurückzuergattern, konnte er mir nicht erklären. Obendrein hatten komischerweise alle Passagiere Tickets für den 26.08.2006. Ich teile LingenFenos Theorie, dass für die Aserbaidschaner ein neuer Tag wohl erst mit dem Aufgang der Sonne beginnt. Tja, was tun? Wir hatten kein Geld mehr und unser Visum lief ja auch bald ab. Ich stiefelte zum Direktor des Busbahnhofes und erklärte das Problem. Ob es am höheren Bildungsgrad lag, weiß ich nicht, jedenfalls machte es bei ihm Klick. Mit einer Armada von Bediensteten des Direktors gingen wir zum Bus. Der dortige Fahrer zeigte sich aber uneinsichtig. Es wurde viel telefoniert, LingenFeno und ich tischten immer abstrusere Geschichten von wegen Flugzeug in Tbilisi bekommen müssen auf, aber es half nichts, der Bus fuhr los. Zwar wurde der Bus vom Personal des Busbahnhofes nochmals zehn Minuten bei der Ausfahrt aufgehalten, aber der Bus war voll – kein Platz für unsere gestressten Seelen. Der Direktor beschaffte uns zwei Sitzplätze in einer Marschrutka, ohne Bezahlung wie er meinte. Das war natürlich alles andere als ein Traumlos. Knappe neun Stunden Fahrt in einem Kleintransporter mit weiteren elf Körpergeruchsfetischisten. Da wir aber nur noch weg wollten willigten wir ein und warteten auf die Abfahrt. Der Fahrer kam an und verlangte auf einmal 25 Dollar von jedem von uns. Jetzt reichte es! Ich wieder zum Direktor, der nun auch meinen Wutfaktor erreicht hatte, und zurück zum Fahrer. Dem wurde nun schreiend erklärt, dass wir nicht bezahlen müssten. Scheinbar hatte er es nun kapiert, denn wenig später startet der Horrortrip.
    Beinfreiheit = 0, Körperbewegungsradius = 0, Außentemperatur = 20 Grad, Innentemperatur = 30 Grad, Musikauswahl: eine Kassette mit muslimischer Volksmusik. Völlig im Arsch erreichten wir mit einigen neuen Ohrwürmern die Grenze. Schnellstens ging es zu Fuß hinüber und per Marschrutka via Rustawi weiter nach Tbilisi zu unserer georgischen Omi, die uns schon erwartete – die Betten ebenfalls. Keine drei Stunden später verlangte aber der georgische Fußball wieder Anwesenheit von uns. Der immer noch Kranke wollte erst in Tbilisi bleiben und anfangen die Grounds zu bestätigen. Aber bestätigen können wir im Alter – Frischfleisch braucht der Groundhopper. Mit der Marschrutka ging es dorthin, wo wir am Vormittag schon umgestiegen waren, nach Rustawi.


    27.08.2006 Olimpi Rustawi 1:0 Lokomotiwi Tbilisi

    Metallurgi – 1. Liga Georgien


    Das Stadion liegt in der Altstadt von Rustawi, die 1947 erbaut wurde. Eine überdachte Tribüne, eine hohe Gegengerade und zwei baugleiche, nichtfunktionstüchtige Anzeigetafeln bekommt der Stadioninteressierte geboten, wenn er das Stadion betritt. Natürlich war es wieder kostenlos und trotzdem verirrten sich nur 500 Sonnenblumenkerne-Genießer beim Spitzenreiter der georgischen Liga. Der Verein stieg zwar nicht aus der zweiten Liga auf, kaufte aber die Lizenz oder fusionierte mit dem FC Tbilisi und scheint höhere Ambitionen zu haben – 1. Platz ohne Gegentor. Das Tor des Tages fiel erst kurz vor Schluss und sogar fürs Ultraauge wurde etwas geboten: 10 Kinder präsentierten eine Tapete.


    Dabei müsste Rustawi theoretisch einen super Hoolmob haben, ja wenn die Stadt nur in Polen liegen würde. Die Stadt besteht aus der kleinen Altstadt und dann, getrennt durch einen kleinen Wald beginnt ein Plattenbau-Ghetto unerreichten Ausmaßes. Rustawi wurde als Stadt erst 1947 gegründet da Stalin dort das größte Stahlwerk der Kaukasus-Ländern errichten ließ. Nach der Wende überlebten aber nur 2 von 118 Betrieben den wirtschaftlichen Wandel, 40.000 Bewohner verließen die Stadt und die Arbeitslosenquote beträgt mittlerweile stolze 65 Prozent. Aber auch hier war, wie in ganz Georgien, ein gewisser Aufbruchwille zuerkennen. Der Versuch sich an den Westen zu binden und die damit verbundene Hoffnung ist auf jeden Fall, wenn auch nur bei genauerer Betrachtung, zu erkennen.
    In Tbilisi ging es gleich zu Omi und ins Reich der Träume. Montag früh hieß es den Trennungsschmerz zu überwinden, da ich tief in den Kaukasus an die russische Grenze wollte, während der immer noch Kranke magenschonenden Tourismus in Tbilisi betreiben wollte. Vor der Abfahrt nach Kazbegi wollte ich mir noch eine Eintrittskarte für das Länderspiel gegen Frankreich sichern. Schlangen waren schon um 9 Uhr vorhanden, also wurde sich eingereiht und gewartet. Um 12 Uhr bewegten sich immer noch nicht die Fenster der Kassenhäuschen, also mal bei anderen Wartenden nach der Öffnungszeit gefragt – 15 Uhr; gut, dann soll sich LingenFeno ein Loch in den Bauch stehen!
    Mit einer Marschrutka ging es in den Norden vorbei an einem türkisgrünen See. Der See ist ungefähr 5 Kilometer lang, eingeschlossen von knapp 2000 Meter hohen Bergen, die sich durch die reichhaltige Vegetation in dunkelgrün farblich vom See differenzieren. Dekoriert wurde das ganze mit einem strahlend blauen Himmel. Selten eine farblich so einprägende Beobachtung gehabt. Leider hielt der Fahrer nirgends an und der Zustand der Straße verhinderte Fotografieren aus dem fahrenden Fahrzeug.
    Ungefähr 80 Kilometer vor Kazbegi begann der Military Highway (so heißt die Straße von Tbilisi nach Wladikawkas, fertig gestellt 1799; dt.: Georgische Heerstraße) zu einer Schotterpiste zu werden – es ging in den großen Kaukasus. Unter dem Geheul des ruhestandsbedürftigen Motors kämpfte sich der Kleinbus die Steigungen hoch um den höchsten Punkt der Strecke zu erreichen, den Krestowypass auf einer Höhe von 2379 Meter über dem Meeresspiegel. Erste schneebedeckte Gipfel wurden gesichtet und die Vegetation ging in Stein- und Geröllgewächse über. Am frühen Nachmittag erreichte die Marschrutka Kazbegi. Das Dorf liegt 1700 Meter über dem Meeresspiegel und der bekannteste Schriftsteller Georgiens, Alexander Kazbegi, wurde hier geboren. Eine Unterkunft wurde schnell gefunden; bei Vano bekam ich ein Zimmer mit Bett und Tee zum Abwinken für 5 Lari die Nacht. Ein freundlicher Mann der perfektes Englisch sprach und einen mit allen nötigen Informationen ausstattete, die man für die Region um Kazbegi benötigt, war ebenfalls im Preis vorhanden.
    Nach einer kurzen Ruhepause machte ich mich auf dem Weg um die Heerstraße, entlang des Flusses Terek, bis zur, für Ausländer gesperrte, russischen Grenze zu bewandern. Diese knapp 18 Kilometer lange Strecke führt durch den Darielpass (11 Kilometer lange Schlucht), wobei links und rechts die Felswände 600 Meter senkrecht empor schossen. Greifvögel und der reißende Fluss Terek, dessen Ausmaße ich gern mal im Frühjahr sehen würde, rundeten ein atemberaubendes, unberührtes Naturspektakel ab. Die russische Grenze wurde um die Ecke rum fotografiert und dem 20 Kilometer entfernten Tschetschenien gewunken. Auf dem Rückweg hielt zum Glück nach wenigen Kilometer ein Jeepfahrer an und beförderte mich zurück nach Kazbegi. Da Vano auch meinte, was alle Touristenführer schreiben, dass der Aufstieg bis zum Gletscher knapp 8 Stunden in Anspruch nimmt, startete ich bereits um 6 Uhr in der Frühe mit dem Aufstieg. Mein treuer Wegbegleiter war gefüllt mit Getränken, Pflaumen und weiteren Nahrungsmitteln, nur eine Karte besaß ich nicht, na ja, alle Wege führen zum Gletscher.
    Bereits nach einer Stunde erreichte ich den Wallfahrtsort für viele Georgier, die 400 Meter über dem Dorf gelegene Dreifaltigkeitskirche. Diese wurde im 14. Jahrhundert gebaut und war selbst um diese Zeit gut besucht. Nach einer kurzen Rast machte ich mich wieder auf den Weg zum eigentlichen Ziel des Tages, zum Gletscher des zweithöchsten Bergs Georgiens, den Kazbeg (dt. Eisgipfel; 5047 Meter). Dank fehlender Karte lief ich zuerst nicht auf dem Wanderpfad sondern auf einen Kuhpfad. Dieser Fehler wurde durch eine Querfeldeinwanderung beseitigt, war doch die Koordinierung nicht allzu schwer, so viele Gletscher waren nicht zu sehen. Eine gewisse körperliche Konstitution ist von Nöten um diesen Weg zu bewältigen. Teilweise ziemlich steil, Hitze selbst um 9 Uhr morgens und der Weg ist nicht so befestigt wie man es von europäischen Wanderpfaden gewohnt ist. Langsam kämpfte ich mich an der Vegetation vorbei um dann durch ein Geröllfeld, flankiert von einem eisigen Wind zu wandern, an dessen Ende Gletscherwasser den Berg hinunter rauschte – Schuhe aus und durch das zwar nur knöcheltiefe aber eiskalte Gletscherwasser gewatet. Kurz darauf traf ich georgische Bergsteiger, die auf einer der wenigen begrünten Flächen im Geröllfeld zelteten. Kurzer Schwatz und eine Warnung bekommen, dass noch tieferes und reißenderes Gletscherwasser kommt und weiter ging der Aufstieg.
    Der Pfad war völlig verschwunden nur noch bemalte Steine wiesen mir den richtigen Weg. Wenige 100 Meter später erreichte ich die zweite Stelle mit abfließendem Gletscherwasser. Diese war breiter, die Überquerung allerdings bestand aus drei Teilen. Die ersten zwei Teile waren zum Glück wieder nur knöcheltief. Das letzte Drittel hingegen bereitete mir Sorgen, erreichte mich der Klang des Steines beim Aufprall auf den Boden ziemlich spät. Da die Stelle aber als die am bestegeeignete aussah fasste ich Mut und trat hinein. Schnell sprang ich wieder raus, denn erstens wurde es schnell tief, war arschkalt und die Strömung war gehörig. Zum Glück waren zwei größere Steine vorhanden, die zum Festhalten dienten um nicht mitgerissen zu werden. Also gab es nun einen zweiten Versuch, mit dem Vorsatz bloß nicht stehen zu bleiben. Ich war nur noch einen halben Meter vom rettenden Ufer entfernt als ich plötzlich bis zu den Oberschenkeln im Eiswasser stand – Ein Festhaltegriff am Stein und mit dem letzten noch vorhanden Quäntchen Schwung wurde der Bach verlassen. Nachdem auf dem Geröll kurz die Hose getrocknet wurde, ging es weiter Richtung Gletscher. Es waren nur noch ein paar zwei Meter hohe Felswände zu überwinden und schon stand ich am Fuße des Gletschers auf 3270 Meter Höhe.
    Nach nur vier Stunden war die Strecke bewältigt, so dass es zur Feier des Tages Sprotten, Peperoni und gletschergekühlte Fanta gab. Ab und An zeigte sich sogar der Gipfel des Mount Kazbeg zwischen den Wolken. Mit einem Bergführer, der 50 Dollar kostet, kann man, wenn man drei Tage Zeit hat, sogar den Aufstieg wagen. Diese Momente der absoluten Freiheit am Fuße des Gletschers, mit dem Blick auf diese vom Massentourismus noch verschonten Gipfel, die senkrecht wie riesige Bordsteine herab fallenden Felsen und die Schluchten, in denen man die Greifvögel auf der Suche nach Beute kreisen sah, hätte ich am liebsten im Eis eingefroren um sie im heimischen Gefrierschrank zu haben. Der Abstieg konnte dank dem beruhigenden Zeitpolster bis zum Anbruch der Dunkelheit ganz in Ruhe in Angriff genommen werden. Schnell erreichte ich wieder die Stelle an der sich das Gletscherwasser zu einem kleinen, reißenden Bach formierte. Diesmal haderte ich fast 20 Minuten mit mir welche Stelle die Beste sei. Mehrmals machte ich den Steinwurftest und entschied mich schließlich. Die tiefste Stelle des Übergangs war nun gleich nach dem Eintritt ins kalte Nass und sofort hatte mich die Strömung erwischt. Mit dem Oberkörper fiel ich nach vorne und konnte mich gerade noch so durch Abstützen über dem Wasser halten. Der Rucksack, der mal wieder nicht richtig geschlossen war, gab bei dieser Aktion mein letztes Getränk der Natur preis – Ciao Fanta. Schnell richtete ich mich wieder auf und erreichte trockenes Geröll. Die Pflaumen reichten beim Abstieg glücklicherweise als Flüssigkeitsspender. Mit gemächlichem Schritt erreichte ich das Dorf um am folgenden Morgen Abschied zu nehmen, denn LingenFeno erwartete mich zurück in Tbilisi.

  • Die Fahrt führt wieder über den Krestowypass, wobei man nicht den Fehler machen sollte und aus dem Fenster auf die Straße zu gucken. Randsteine sind hier nur schlichte Schotterhaufen und obwohl es an Gegenverkehr mehr als mangelte ließ es sich der Fahrer nicht nehmen 30 Zentimeter neben der auf ganzer Strecke vorhandenen Schlucht zu fahren. Kurz vor Mittag traf ich bei Omi und dem Kranken, der nun aber Halbgeneser hieß, ein, packte meine Sachen und verabschiedete mich von Omi. Diesmal verließen wir sie für immer. Vor der ortsüblichen Fahrt mit einer Marschrutka bis kurz vor die armenische Grenze nach Sadakhlo, sicherte ich mir noch mein Ticket für das Frankreichspiel. LingenFeno konnte an den vorherigen Tagen kein Ticket kaufen, da erst die Massen fast randalierten und dann der Vorverkauf wegen einer Bombendrohung abgebrochen wurde.
    In Sadakhlo angekommen fragten wir ein Herren nach dem Weg zur Grenze, woraufhin wir das Angebot bekamen mit dem Antwortenden mitzufahren. Da er für unser Befinden aber ein wenig zu mafiamäßig aussah, entschieden wir uns für den fünf Kilometer Southic-Walking-Trip. Der Unterschied zum Nordic Walking ist einfach: Keine Stöcke und perfekte Temperatur für Buntwäsche.
    Kurz vor der Grenze hielt eine große Mercedes-Limousine neben uns an. Wir hatten doch gar keinen Fahrservice bestellt oder sehen wir so sehr nach Hopper aus?! Der Mittfünfziger fragte uns ob er uns mitnehmen sollte und nach einem entfernungsschätzenden Blick bis zur Grenze und die Aussicht auf Ledersitze und Lüftung anstatt auf den flimmernden Asphalt ließ unsere Antwort nicht lange auf sich warten... Eine Minute später standen wir im Grenzstau. Da wir noch das Visum beantragen mussten gingen wir zu Fuß vor und hofften, dass unser Fahrer nicht allzu lange bräuchte. Als wir unseren Ausreisestempel holten stand unser Fahrer schon neben uns, ohne das irgendein anderes Auto die Grenze bis zu diesem Zeitpunkt überquerte. Auf der armenischen Seite holten wir fix das Visum und ließen es abstempeln; da stand er schon wieder neben uns. Sein Pass war allerdings verziert mit ein paar Lari-Scheinen. Kurz vor der Abfahrt gesellte sich noch eine Person zu unserer nun vierköpfigen Gruppe – der Mann, den wir vorher wegen Mafiosi-ähnlichem Aussehen noch ablehnten. Eigentlich wollten wir nur bis Ayrum fahren, aber da der Fahrer eh nach Jerewan fuhr wurde nett angefragt, kein Problem, also zurückgelehnt und die Landschaft genossen. Uns wurden frisch gekaufte Feigen und Fanta gereicht und Gespräche über Beatles und Armenien geführt. Die ungefähr fünf Polizeikontrollen wurden grüßend angehupt bzw. kleine Plauschs geführt. Seinen Beruf wollte er uns auch nicht nennen, dürfte wohl was sein, für das es keine Gewerkschaft gibt. Die Landschaft erinnerte teilweise ein bisschen an die Highlands in Schottland, sanft geschwungene, grasbewachsene Berge. Plötzlich lag Nationalstolz in der Luft und schau an, uns wurde der große und der kleine Ararat gezeigt. In der Dämmerung erreichten wir die armenische Hauptstadt, wo uns der Fahrer am Busbahnhof raus ließ.
    Nachdem wir uns artig bedankten, wollten wir eigentlich im Busbahnhof einchecken, da es hier für einen Dollar Notquartiere für Reisende geben sollte. Dem war aber nicht mehr so, also nannten wir einem Taxifahrer unser Budget, woraufhin er eine Bleibe für uns kannte. Auf die Frage ob die Fahrt weit wäre nickte er, also schien der Preis von 1000 Dram angebracht. Er bog auf die Schnellstraße, fuhr bis zur nächsten Wendemöglichkeit, fuhr zurück bis Höhe Busbahnhof, bog rechts ein und da waren wir. Ey, geht’s noch?! Da er mit den gezahlten zwei Dollar nicht wirklich zufrieden war, erklärte ich ihm, dass dies mehr als viel ist und wir in Armenien und nicht Deutschland sind. Die Unterkunft war ein Privathaus, welches noch halb im Bau war. Im Zimmer waren vier Betten und Fenster der Größe 1,5 Liter Tetrapack. Da der Magen sich durch knurren bemerkbar machte ging es in die Innenstadt. Erst als mich LingenFeno mehrmals daran erinnerte, dass wir im Urlaub sind, verdrängte dieser Gedanke den aufkommenden Geiz und statt Supermarkt gab es russische Kost im Restaurant. Schlaf fand man trotz allerbeste Grundlagen, ich war mehr als nur satt und müde bin ich eigentlich auch gewesen, erst spät, da im Raum das perfektes Klima herrschte um Wasser zu kochen.
    Der obligatorische Organisationsvormittag in einem neuen Land hielt uns in Jerewan ganz schön auf Trab. Zuerst bestätigte uns eine attraktive Dame beim Fußballverband die Ansetzungen für die zweite armenische Liga und mit Hilfe des Oberschiedsrichters konnten auch die Stadien lokalisiert werden. Weniger erfolgreich waren wir am Bahnhof, obwohl es, egoistisch gesehen, für mich super lief. Der Nachtzug nach Batumi, der lauf Fahrplan hätten fahren müssen und somit LingenFeno eine zeitlich sichere Anreise zum Flughafen nach Antalya ermöglicht hätte, fuhr nicht. Des einem Leid ist des anderen Freud – der Zug fuhr einen Tag später und garantierte mir somit eine komfortable Anreise zum Länderspiel nach Tbilisi. Da auch keine Nachtbusse Richtung Türkei/Georgien verkehrten, kam meine Begleitperson auch noch einmal in den Genuss, eine weitere Nacht in der Pension zu verbringen. Da durch diese ungeplante Übernachtung die pünktliche Ankunft im Mekka des deutschen Türkeiurlaubs gefährdet war, verschwand seine gute Laune und wurde erst zum Abend hin wieder gesichtet.
    Den Ararat bekamen wir übrigens an keiner Tageszeit zur Gesicht. Nur ein total verschleiertes großes Etwas mit weißer Spitze, was auch eine Wolke hätte sein können, konnte von uns entdeckt werden. Von den bereisten drei Ländern wirkte Armenien noch am meisten russisch. In manchem Punkten sicherlich nicht vorteilhaft, aber in Punkto Sauberkeit und Ordnung ein großer Vorteil. Der historische Stadtkern von Jerewan ist nicht unbedingt etwas für Liebhaber mittelalterlicher Architektur, bestimmen doch größtenteils sozialistische Gebäude der Marke „Funktional“ das Stadtbild. Durch viel Grün, zahlreiche Cafés und einem Hauch von Internationalität, der Diaspora sei Dank, hat aber auch Jerewan einen gewissen Reiz. In einem dieser Cafés wurde schließlich noch einmal Tourist gespielt um so natürlich zu spät loszukommen und aufgrund der nicht gesichteten Marschrutka 89, mit dem Taxi edel zum nächsten Spiel vorzugleiten.


    31.08.2006 Dinamo Jerewan 2:0 Gandazar Kapan 2

    Erebuni Stadion – 2. Liga Armenien


    Der Abstieg konnte dank dem beruhigenden Zeitpolster bis zum Anbruch der Dunkelheit ganz in Ruhe in Angriff genommen werden. Schnell erreichte ich wieder die Stelle an der sich das Gletscherwasser zu einem kleinen, reißenden Bach formierte. Diesmal haderte ich fast 20 Minuten mit mir welche Stelle die Beste sei. Mehrmals machte ich den Steinwurftest und entschied mich schließlich. Die tiefste Stelle des Übergangs war nun gleich nach dem Eintritt ins kalte Nass und sofort hatte mich die Strömung erwischt. Mit dem Oberkörper fiel ich nach vorne und konnte mich gerade noch so durch Abstützen über dem Wasser halten. Der Rucksack, der mal wieder nicht richtig geschlossen war, gab bei dieser Aktion mein letztes Getränk der Natur preis – Ciao Fanta. Schnell richtete ich mich wieder auf und erreichte trockenes Geröll. Die Pflaumen reichten beim Abstieg glücklicherweise als Flüssigkeitsspender. Mit gemächlichem Schritt erreichte ich das Dorf um am folgenden Morgen Abschied zu nehmen, denn LingenFeno erwartete mich zurück in Tbilisi.
    Nach dem Spiel begaben wir uns zu Fuß zum Hauptbahnhof/Metrostation, powerten den Körper mit Kebab und verhandelten mit einem Privatfahrer zwecks Fahrt nach Batumi für den, der bald VechtaFeno heißt. Kann man nur hoffen, dass es in der ostfriesischen Gemeinde Friedrich-Wilhelm-Lübke-Koog keinen Jungen mit Namen Friedrich-Wilhelm gibt, der Hopper werden will. In unserer Unterkunft wartete schon unser armenischer Onkel, der übrigens schon mal in Schwerin war und Greifswald kannte – und da behaupte noch einmal jemand, dass Mecklenburg-Vorpommern für Asylbewohner uninteressant ist. Diesmal bekamen wir ein 2-Bett-Zimmer mit Farbfernseher der Marke Robotron, der immerhin in der Lage war uns drei Sender vorzuführen. Nachdem sich meine Begleitung cirka eine halbe Stunde im Bad mit Wasserspielen vergnügte kam es wie es kommen musste – das Wasser war alle. Nicht, dass nur ich von diesem Problem betroffen war, nein auch die anderen Gäste der Herberge schliefen ungewaschen. Der Abend wurde noch lang, was nicht daran lag, dass wir es so wollten, sondern weil wir nicht anders konnten. Anekdote um Anekdote wurde versucht die Raumtemperatur zu senken, aber egal wie cool die Geschichte oder deren Helden war, es klappte nicht. Erst als man Planungen bezüglich der Komplettierung d
    Am nächsten Morgen gab es endlich wieder Wasser – aber keine Begleitung mehr. Ohne Zettel oder wenigstens Verabschiedungsgeld machte sich der feine Herr aus dem Westen aus dem Staub – darüber wird zu reden sein. Während LingenFeno irgendwo, wahrscheinlich in einem luxuriösen, klimatisierten Gefährt, zwischen Armenien und Georgien war, musste ich mich zwischen Kultur und bedingter Kultur entscheiden. Die Badekultur bekam den Zuschlag vor einem Ausflug nach nach Swartnoz. Dort hätten die Überreste einer Kirche aus dem 7. Jahrhundert gewartet, die UNESCO Weltkulturerbe sind. Nachdem ich endlich am richtigen Busbahnhof eingetroffen war und die lästige Schar Taxifahrer (Ja, ich habe zu diesem kleinen Busbahnhof am Arsch von Jerewan gefunden um nun mit dem Taxi zu fahren…oahrr, ich hasse Taxifahrer!) abgeschüttelt hatte, konnte die Fahrt ins nur 40 Kilometer entfernte Paradies beginnen. An einer Kreuzung verabschiedete ich mich von den anderen Fahrgästen wie man es bei guten Bekannten tut. Selten war ich mit so vielen Menschen auf so beengtem Raum, so dass ich schon fast von persönlichen Beziehungen sprechen möchte. Zwar kannte ich kaum einen Namen aber mit dem Austausch intimer Berührungen war ich vertraut. Der Sewan-See, auf 1900 Meter über dem Meeresspiegel gelegen, übertraf meine kühnsten Erwartungen. Majestätisch lag der See wie ein türkisfarbener Teppich völlig bewegungslos zwischen den umliegenden Bergen. Der kleine Sandstrand zwinkerte mir auch gleich zu, so dass ich mich wenige Minuten später auf ihm wälzte. Leider hatte ich aufgrund meines vollen Terminkalenders nur knapp anderthalb Stunden zur Verfügung, so dass nur für zweimaliges Plantschen Zeit war. Auf dem sich in der direkten Nachbarschaft zum Strand befindendem Hügel thront eine Kirche, die schon so richtig fotogeil war. Also erfüllte ich der Kirche ihren Wunsch und genoss die Aussicht. Von diesem Hügel konnte man wunderbar die Tiefen und die damit verbundenen Farbabstufungen des Wassers erkennen.
    Zurück ging es mit einem Schulbus bis Sewan und von dort mit einer Marschrutka weiter zu hauptstädtischem Fußball. Am Vortag hatte mir die Dame im Sekretariat des Fußballverbandes „Soccerschool Pjunik, near Hrazdan Stadium” auf einen Zettel geschrieben. Da das „near” Raum für Spekulationen ließ, hoffte ich auf ein Spiel im alten Nationalstadion. Doch alles Hoffen half nicht, das Hrazdan Stadium war nicht der Schauplatz für mein Zweitligaspiel. Als ich den Kick schon fast abgeschrieben hatte hörte ich endlich Gebrüll und einen Schiedsrichterpfiff.


    01.09.2006 Patani 1:3 Pjunik Jerewan 2

    Pjunik Stadion – 2. Liga Armenien


    Zum Glück hatte ich rechtzeitig eine Karte bestellt und per „first come, first serve“ Modus auch den Zuschlag erhalten. Deshalb musste ich nicht wie viele, der zu Tausenden vor den verschlossenen Toren traurig guckenden und wartenden Menschen, draußen bleiben. Der Ground war besser als angenommen, verfügte dieser doch über fünf Stufen mit Schalensitzen, einem kleinen überdachten Teil und einer manuellen Anzeigetafel. Das Stadion dürfte somit eigentlich auch für die erste Mannschaft in der ersten Liga ausreichen, solange es nicht zum Derby gegen Jerewan United kommt, bei dem sich die Fans angeblich gegenseitig aufessen.


    Beim Weg aus dem Stadion wurde ich noch gefragt, ob ich Späher der schottischen U17-Nationalmannschaft sei, da diese demnächst gegen Armenien spielte (Patani ist die U17-Nationalmannschaft von Armenien und nimmt am Spielbetrieb der zweiten Liga teil). Kurz vor der Innenstadt sah ich Rauchwolken und entdeckte die Ursache; ein Waldbrand oberhalb des alten Nationalstadions. Außer mir interessierte sich aber kaum jemand dafür, weswegen ich einziger Gaffer blieb. Ob das Feuer allein ausging, der Wind Schnee vom Ararat hinüberbeförderte oder aber sich doch noch jemand erniedrigte und staatliche Hilfe orderte kann ich nicht niederschreiben, da in den seltensten Fällen Züge auf Menschen warten. Dass andersrum dies öfter der Fall ist, scheint aber niemanden zu interessieren. Eigentlich ein Unding! Im Abteil kam ich ziemlich schnell mit einem Ehepaar ins Gespräch, die Verwandte in Batumi besuchen wollten. Bei Weintrauben und Nektarinen unterhielten wir uns über die Lebensverhältnisse, Politik und Sport. Nachdem der Ehemann in Rente ging bekamen sie vom Staat eine 83 Quadratmeter große Wohnung direkt im Zentrum geschenkt. Aber bevor jetzt Leute vermehrt nach Armenien auswandern wollen sei auch gesagt, dass man mit einem armenischen Pass, ohne Visum, nur nach Georgien und Russland einreisen kann. Ihre Tochter bezahlte kürzlich für einen 3-Tages-Trip nach Prag allein für das Visum eine hohe dreistellige Summe. Mit der deutschen Tugend Pünktlichkeit fuhr der Zug in Tbilisi ein. Das Thema Sightseeing in Tbilisi war mehr als ausgereizt, so dass man sich den Einheimischen anschloss und rumgammelte. Irgendwann war es dann soweit, hupende Autos, bemalte Menschen und viele Polizisten wiesen mich auf den baldigen Anpfiff hin.


    02.09.2006 Georgien 0:3 Frankreich

    Boris Paichadze Stadion – EM 08 Qualifikation


    Trotz der für georgische Verhältnisse exorbitanten Preise war das Stadion mit 65.000 Menschen bis zum letzten Platz gefüllt. Obwohl Deutscher, hatte der georgische Trainer Toppmöller kein Losglück. In einer Gruppe unter anderem mit Italien, Frankreich und der Ukraine scheint ein Weiterkommen so ausgeschlossen wie die Benennung von Marco Materazzi zum französischen Nationalcoach. Das Spiel war leider schnell entschieden, so dass die zu Beginn herrschende, für georgische Verhältnisse, frenetische Atmosphäre schnell estisch wurde. Die Tore waren allesamt herrlich herausgespielt, während Georgien vor Respekt zu umständlich wirkte. Letzter Aufreger in einer einseitigen Partie war der Platzsturm eines Georgiers inklusive Kniefall vor Terry Henry. Unter dem Gejohle des eher fußballunkundigen Publikums (Neureiche, Metrosexuelle und Trendfolger – wobei das eine auf keinen Fall das andere ausschließt) wurde der heißblütige Fan, oder gar Liebhaber, wer weiß, vom Platz getragen. Wenigstens für ihn war der triste Samstag gerettet.


    So schwer es auch fiel, hieß es nun für mich Abschied von Tbilisi nehmen. Ich hatte diese Stadt richtig lieb gewonnen, verbrachte ich hier doch mehr Tage meines Lebens als in München, Stuttgart und Freiburg zusammen. Mit dem Nachtzug ging es für 2,50 Euro auf eine 10stündige Reise nach Batumi. Der (Fast-) Ausgangspunkt der Reise durch Transkaukasien war somit auch Endpunkt. Nach einem kurzen Bad im Schwarzen Meer ging es mit einer Marschrutka nach Sarpi zur georgisch-türkischen Grenze.
    Mit strömenden Regen begrüßte mich die Türkei und in gewisser Art und Weise auch europäische Verhältnisse. Im Kleinbus drückte ich 15 Dollar für die Fahrt bis Trabzon ab und war mir sofort sicher, dass dies ein Fehler war. Ein wenig fremd kamen mir die Straßen und die am Verkehr teilnehmenden Fahrer mit Fahrzeugen vor. Glatt und eben waren die Straßen und wurden in die jeweilige Richtung auch nur in so vielen Spuren befahren wie markiert. Die Anzahl der Fahrgäste stimmte auch mit der Anzahl der Sitzplätze im Bus überein und Extraausstattung wie Gurte waren ebenfalls vorhanden. In Hoppa erfolgte der erste Bustausch noch ohne Probleme, wurde dem Fahrer doch gesagt, dass ich bezahlt hatte. Beim zweiten Tausch in Rize kam was kommen musste: ich durfte nochmals fünf Dollar bezahlen – Kapitalismus, da bin ich wieder. Der Regen ließ auch bei meiner Ankunft in Trabzon nicht nach, wo es darum ging, trotz Ferienende in der Türkei, ein Ticket nach Ankara oder Istanbul zu beschaffen. Istanbul war komplett ausverkauft, folglich blieb mir nur eine Fahrt für 70 TL nach Ankara um voran zu kommen und die Nacht zu überbrücken. Mit Ticket links und einem Kebab rechts ging es per Kleinbus nach Akcaabat.


    03.09.2006 Akcaabat Sebatspor 1:2 Eskisehirspor Kulübü

    Fatih Stadyumu – 2. Liga Türkei


    Ligaspiel und Stimmung? Es war zwar nur zaghaft und nicht wirklich konstant jedoch führte mir dieses Spiel vor Augen, dass Ligafußball nicht nur aus Zugucken bestehen muss. Ein kleines Häufchen junger Kerle versuchte schön melodisch Sebatspor voranzutreiben, damit die Rote Laterne auf ein anderes Team übergeht. Man sollte sich jedoch nicht wundern, dass man absteigt, wenn man in der Schlussminute völlig überflüssig den Siegtreffer hinnehmen muss.


    Von Trabzon ging es durch die Nacht mit einem übernetten Türken, der Kekse und Tee springen ließ, nach Ankara. Nach meinen Prognosen war das Montagabendspiel in Izmir eh nicht zu erreichen und von daher sollte in der türkischen Hauptstadt ein touristischer Tag verbracht und abends kostengünstig mit dem Nachtzug Istanbul angesteuert werden. Soweit der Plan. Nach einem Frühstück im Busbahnhof brach aber akutes Groundhopperfieber in meinem Körper aus. Um das Fieber zu drücken fragte ich nach der Ankunftszeit der nächstmöglichen Busse in Izmir. Acht Uhr Abends – ha, acht Uhr ist auch Anstoß, nichts mit hoppen, Touri spielen! Jedoch wusste der Angestellte noch von einem Express-Bus zu berichten – Ankunft in Izmir 19.30 Uhr. Kaum saß ich im Bus war das Fieber vorbei und ich fragte mich was das soll. Wieder erwischte ich einen netten Nachbarn, Student der Mathematik und wieder gab es Tee für lau. Er fuhr nach Izmir um Kumpels zu besuchen und türkische Schönheiten am Strand zu betören. Angesprochen aufs Thema Armenien wusste er sofort zu berichten: „They steel and are fucking people“. Na ja Stereotypen allez. Die Frage nach dem Genozid verkniff ich mir lieber… Pünktlich mit der untergehenden Sonne erreichte der Bus Izmir. Mit Hilfe meines Nachbars wurde ein Ticket für den Nachtbus Izmir-Istanbul besorgt und er setzte mich in den richtigen Stadtbus zum Stadion.


    04.09.2006 Altay Izmir 4:2 Genclerbirligi

    Atatürk Stadyumu – 2. Liga Türkei


    Wieder mal ein wenig zu spät aber ich war da. Solch eine „Fast-“Punktladung nach knapp 22 Stunden Busfahrt wurde dann auch mit einer riesen Schüssel von Stadion belohnt. Zwar war das Stadion kaum zu 1/10 gefüllt, aber die beiden Stimmungsblöcke ließen sich davon nicht beirren und erreichten eine sehr gute Lautstärke trotz der Akustikdefizite des Stadions. Erkennbare Gästefans waren keine ersichtlich, so dass nur die Auswechselbank zweimal Applaus spendete. Das schönste Tor der Tour war dann das 4:2, ein Sololauf über den gesamten Platz mit abschließender Vernaschung des Gästetorhüters, welcher aufgrund einer gelb-roten Karte, ein handschuhtragender Feldspieler war.


    Nachdem die nächtliche Busfahrt in Sachen Schlafen so lala verlief war die Vorfreude auf ein Hostelbett in Istanbul immens. Aufgrund der Budgetüberschreitung mussten aber erste Sparmaßnahmen ergriffen werden. Statt mit Tram und Bus hielten die geschlauchten Füße als Fortbewegungsmittel her. Die restlichen Tagesaufgaben (Duschen, Stadtbesichtigung) wurden zur Zufriedenheit meines Gewissens absolviert, so dass ich mir das Bett mehr als verdient hatte. In der Nacht erreichten mich dann aber LingenFenos Abschiedsgeschenke. Magenkrämpfe und Durchfall. Zum Glück war ich nicht müde, weswegen ich mit Vergnügen und voller Tatendrang die halbe Nacht auf dem Häuschen verbrachte. Der Morgen stand dann weiterhin unter dem Vorzeichen der fix zu erreichenden Toilette, so dass der Aktionsradius stark beschränkt war. Der Abteilung Geiz hingegen gefiel diese Beeinschränkung der körperlichen Aktivitäten; brauchte man doch aufgrund der immer wieder einsetzenden, aber nicht bestellten wehenartigen Vorgänge in der Magengegend kein Geld für Nahrungsmittel ausgeben. Trotz dieser widrigen Umstände raffte ich mich auf, den Bezirk Karagümrük aufzusuchen.


    06.09.2006 Karagümrük SK 1:1 Sariyer Genclik

    Karagümrük Vefa – 3. Liga Türkei


    Die obligatorische Verspätung durfte ebenso wenig fehlen wie ein halbes Kilo Weintrauben. So lässt sich Fußball genießen: ab und zu, nur wenn der Magen es zulässt, eine Weintraube, Gesang von Links und Rechts, schickes Stadtambiente und ein spannender Kick. Der Heimmob, der leider nicht ganz einzusehen war, schien recht gut zu sein, zogen die Polizisten doch immer wieder Unruhestifter heraus. Klang teilweise sehr brachial was sich unter dem Tribünendach an Stimmen zusammentat um die heimischen Farben zu unterstützen. Aber auch der Gästemob wusste, wenn er sich zusammenstellte (vom 20jährigen Jungspund bis zum 50jährigen Greis war alles vertreten), vollstens zu überzeugen.


    Direkt vom Stadion ging es zum Busbahnhof, wohl das einzige türkische Wort, das ich nie vergessen werde: „Otogar”, und von dort fuhr ich in Richtung griechische Grenze nach Edirne. Der eigentliche Plan sah vor, die Strecke Istanbul-Sofia-Beograd-Bar-Tirana mit meiner Befahrung aufzuwerten. Jedoch sind Planungen langweilig, Spontanität ist gefragt. Also sollte es per pedes über die Grenze gehen, in Griechenland wollte ich irgendwie zur nächsten Stadt kommen, ja und von dort würde es schon irgendwie nach Albanien gehen.
    Kurz vor elf Uhr erreichte der Bus den Otogar, der eher untypisch für die Türkei nicht zentral gelegen war sondern nahe eines Gewerbegebietes. Im Stadtbus, der ins Zentrum fuhr, lernte ich zwei Türken kennen, ohne deren Hilfe ich meine Halbmarathon-Zeit aus Bucuresti hätte schlagen können. Ob ich das auch gewollt hätte, ich glaube nicht. Eine gewisse Kommunikation war zwar zwischen uns vorhanden, aber mehr als gestört da ich sie nicht verstand und sie mich nicht. Aber das Wort Grenze konnte wild gestikulierend dargestellt werden, so dass keine zehn Minuten später ein weiterer Freund der zwei mit einem Auto erschien. Mit dem Auto fuhren wir dann zur Grenze, kurze Verabschiedung und Dankesreden und unsere Wege trennten sich.
    Durch die nicht gerade freundschaftlichen Beziehungen beider Länder zueinander wirkte der Grenzübergang etwas gespenstisch. Die türkischen Grenzer, alle mit Gewehren bewaffnet, verabschiedeten mich und einen Kilometer später am anderen Ende des unbeleuchteten Niemandslandes empfingen mich griechische Grenzer, alle mit Gewehren bewaffnet. Gelb stach das einzige Auto an der Grenze aus der finsteren Kulisse heraus. Gelb war auch das Bundeslandwappen und deutsch die Insassen. Da ist des nachts ein einziges Auto an der türkischen-griechischen Grenze und dieses ist auch noch aus Deutschland und könnte mich jawohl bis zum nächsten Ort mitnehmen. Könnte, wenn’s nicht voll gewesen wäre.
    Einer schlechten Botschaft folgt an solchen Tagen schnell die Nächste. Vom Grenzdorf fuhr nichts Richtung Orestiada. Aber wenigstens meinte eine Beamtin, dass fünf Kilometer außerhalb des Dorfes die Schnellstraße zur bulgarischen Grenze liegt. Dort wäre nach ihrer Meinung die Möglichkeit größer eine Mitfahrgelegenheit nach Orestiada oder gar Alexandroupoli zu bekommen. Zwei Stunden reckte ich meinen Daumen vergebens in die sich abkühlende Luft. Zwei Stunden hoffte ich vergebens, dass eines der wenigen vorbeifahrenden Autos stoppte. Zwei Stunden, in denen man an „Kleider machen Leute” denkt. Da mit vorschreitender Zeit die ehe schon geringe Chancen in den Nanobereich sanken, wurde die Assidecke ausgepackt und es sich im Straßengraben gemütlich gemacht. Kein Weckservice, kein Frühstück ans Bett, nur das Licht ging von alleine an – in diesen Straßengraben checke ich nicht wieder ein! Zum Glück hatte ich die gute Tschibo-Thermounterwäsche mit dabei, denn es wurde teilweise sehr unangenehm. Nach einer flüchtigen Mundspülung begab ich mich wieder an meinen Arbeitsplatz. Glücklicherweise hielt ungefähr eine Stunde später ein Dorfbus an und beförderte mich Richtung Orestiada. Dort blieb aber auch keine Zeit sich wohl zu fühlen, stand doch schon der Bus nach Alexandroupoli bereit. Die Preise waren ziemlich gewöhnungsbedürftig: Fast zehn Euro für eine 150 Kilometerfahrt. Ich erinnerte mich, dass ich gelesen hatte, dass von Alexandroupoli Züge nach Thessaloniki verkehren, also ging es nach meiner Ankunft in jenem Ort rennend vom Busbahnhof zum Bahnhof. Der billige D-Zug war vor zehn Minuten abgefahren, also wurde es nichts mit Thessaloniki, denn die Fahrkarte für einen IC-Zug kostete fast das Doppelte.
    Ein Blick nach draußen: Strand und Mittelmeer; ein Blick auf die Abfahrtstafel: D-Zug Thessaloniki 0.33 Uhr. Die Entscheidung war gefallen, dem Magen wurde Ruhe gegönnt und der Geldbeutel geschont. Mit Leckereien aus dem Supermarkt wurde es sich am Mittelmeer gemütlich gemacht. Ab und zu, wenn es zu warm wurde, ging es in die salzige Brühe und die restliche Zeit wurde genutzt, sich mit den Problemen von Thomas, Erika und Christian in Lübeck zu beschäftigen – Abenteuer Groundhopping.
    Nach kurzer Asselphase am Bahnhof rollte schon das fahrende Hotel ein, welches in Punkto Bequemlichkeit gegenüber dem vorherigen Hotel kaum Vorteile besaß. Mit Rückenschmerzen erblickte ich nach quälend langen Stunden aus dem Zug dann das Bahnhofsschild „Thessaloniki“. Neben dem Abstellgleis änderte ich kurzerhand mal wieder meinen abgestanden Geruch in duftende Minze und ab ging’s zum, vom Bewohner der Welthauptstadt empfohlenen, Albanien-Busbüro. Hier hatte sich einiges getan, gibt es doch nun auch mehr Tagesverbindungen in das Land mit dieser so lustig aussehenden Nationalflagge. Die erste Entscheidung des Tages war somit gefallen – nichts mit Nachtbus, die Fahrt sollte schon 9 Uhr morgens losgehen. Kurz nach meinem Eintreffen am Busbahnhof verdoppelte sich die Zahl der Wartenden, da ein Albaner, mit dem ich nach und nach ins Gespräch kam, dazukam. Alliu ist Französisch-Lehrer in Elbasan und war auf dem Weg nach Hause. Er hatte die ganzen Sommerferien über auf einer Baustelle in Griechenland gearbeitet um Geld dazuzuverdienen. Meine Entscheidung sich Tickets bis Korce zu kaufen, erwies sich nach kurzem Dialog schnell als Griff in die Tonne, da Alliu meinte, es gebe keine Direktverbindung Korce-Vlore. Laut Planung vom Vorabend war eigentlich geplant in Korce zu übernachten und dann am Samstag an die albanische Adria, nach Vlore zu reisen. Ohne groß zu überlegen bot mir meine neue Bekanntschaft an, bei sich zu schlafen, da ich von Elbasan ohne Probleme nach Vlore kommen würde. Das Angebot, die albanische Lebensweise und Gastfreundschaft kennen zu lernen ließ ich mir natürlich nicht entgegen und willigte ein. Kurz darauf fuhr auch schon der Bus los, der Erinnerungen an Georgien aufkommen ließ. Alles ratterte, knatterte und flatterte. Nach wenigen Stunden wurde die Grenze erreicht, wo ich dann live sehen durfte wovon mir mein Gastgeber schon berichtigt hatte – die innigen Liebesbeziehungen von Griechen zu Albaner. Diese äußert sich in sinnlosen Schikanen und überschäumender Freundlichkeit. Kaum waren die ersten zehn Pässe kontrolliert wurde das Fenster geschlossen und Pause gemacht. Wenn Griechen kamen wurde kurz wieder geöffnet um sie dann vor den Augen der wartenden Albaner wieder zu schließen. Griechen sind aber nicht die einzigen die einen so respektvollen Umgang mit Albaner pflegen, wusste mein Gastgeber Alliu zu berichten. „Albanien liegt mitten in Europa, aber wir werden nicht wie Europäer behandelt.“ Wenn man sich das mal überlegt, fällt wirklich auf, dass Albanien in den Nachrichten so gut wie nie präsent ist, ja das Land im Grunde fast totgeschwiegen wird. Eine ungefähre Stunde später war endlich die griechische Seite passiert. Nun musste ich als EU-Bürger noch dir fälligen zehn Euro Einreisegebühr bezahlen und schon hatte ich meinen Albanien-Stempel. Dem Busfahrer fiel in Korce zum Glück nicht auf, dass ich nur für Thessaloniki-Korce bezahlt hatte, so dass die Weiterfahrt gratis war.
    Korce präsentierte sich als sehr moderne und gepflegte Stadt, wurde aber von meinem Gastgeber schnell als Oase in einer Müllkippe beschrieben. Ähnlich verhält es sich mit Tirana. Die Strecke führte an der albanischen Seite des Ohridsee vorbei. Ein Jahr zuvor war ich keine zehn Kilometer weiter östlich durch einen Pass-Klau an der Albanien-Einreise gehindert worden. Nun hatte ich es aber endlich geschafft – innere Zufriedenheit stellte sich ein. Am späten Nachmittag erreichte der Bus sein Ziel, Elbasan. Mit einem Privattaxi fuhren wir in das Allius Heimatdorf, in dem er von jedem Menschen, den wir auf der Straße trafen, begrüßt und herzlichst wieder willkommen geheißen wurde. Obwohl ich in dem Dorf mehr als nur fremd wirkte, gaben mir viele Leute die Hand und wünschten mir das Beste. Am Haus seiner Eltern angekommen fanden erst einmal minutenlange Liebkosungen des Heimgekehrten statt bevor ich vorgestellt wurde. Schnell wurden die Cousinen beauftragt Essen zu kochen und wir nahmen in der Stube Platz. Das Haus war schlicht eingerichtet, wirkte dadurch aber sehr liebenswürdig. Wieso fallen einem diese sinnlosen Geräte, die unser Leben zu Hause, bei neutraler Sichtweise, mehr behindern als fördern, erst in einer einfacheren Umgebung auf?
    Die Traditionen und das Geschlechterverhältnis waren schnell ersichtlich. Bevor die Cousinen die Stube betraten, wurde geklopft und sobald das Essen abgestellt war, verließen sie schnell wieder das Zimmer. Erst nachdem Essen betraten wieder weibliche Personen das Zimmer. Das Essen war trotz noch vorhandener Magenprobleme unglaublich gut. Alles war selbst hergestellt oder im eigenen Garten gewachsen: Eine Art Käsepaste mit Peperoni, Brot, gekochte Eier und Tomatensalat. Als Nachtisch gab es noch Melonen, die ich aber selbst unter bestem Zureden an meinen Magen nicht mehr schaffte. Der Abend wurde länger als erwartet. Allius Frau traf mit dem gemeinsamen Sohn ein, verschiedene Onkels kamen vorbei um mit mir einen Schluck Raki zu trinken und es wurde viel erzählt. Ich glaube der Wissensdurst meinerseits, Details über das Leben in Albanien zu erfahren war genauso groß wie der der Familie meines Gastgebers mehr Informationen über das so nahe und doch so ferne Deutschland zu bekommen. Vor dem Schlafen gehen wurde mir das komplette Grundstück und die angrenzenden Häuser gezeigt, die allesamt von mehr oder weniger nahen Familienangehörigen bewohnt wurden. Bevor mich mein Gastgeber am Samstagmorgen zurück in die Stadt brachte wurde reichhaltig gefrühstückt. Die Portionen waren für meinen auf Geiz getrimmten Magen aber zu groß, so dass leider vieles auf dem Teller zurück blieb. In Elbasan gingen wir dann zum Busbahnhof wo Alliu mir den Minibus zu einer Kreuzung an der Straße nach Vlore bezahlte, von wo aus ich dann mit einem anderen Minibus nach Vlore kam.
    Vlore ist neben der Gegend um Durres die Touristenhochburg in Albanien was sich im Stadtbild deutlich niederschlägt – riesige Hotelanlagen und viele Cafés. Nachdem ich zweimal das so genannte Zentrum durchlaufen hatte, fand ich das von mir gesuchte Hotel. Für knapp sechs Euro bekam ich ein Doppelzimmer. Dabei brauchte mein Rucksack doch kein eigenes Bett... Einzelzimmer kosteten ungefähr vier Euro, wurde mir aber nicht gegeben, obwohl ich mich als russisch sprechender Pole ausgab. Zum Aufregen über die Abzocke blieb aber nicht viel Zeit, sollte doch der Länderpunkt Albanien noch am selben Tag fallen.


    09.09.2006 Flamutari Vlore 4:0 Apolonia Fier

    Flamutari Stadion – 1. Liga Albanien


    Das Duell der Aufsteiger war zugleich ein Derby, was mit der Hauptgrund war, neben der extrem guten Lage von Vlore am Mittelmeer, sich für dieses Spiel zu entscheiden. Bilder von Länderspielen beweisen ja die Existenz von Stimmung und Fanatismus in Albanien. Für zwei Euro sicherte ich mir eine Stehplatzkarte, sah dann aber, dass es noch ein paar Sitzplätze gab, sogar überdacht, die günstiger waren – in der Anzeigetafel. Zum Intro gab es von den Vlore-Fans vier, fünf Bengalen und ein paar Fähnchen, während die Fier-Fans ihre Choreographie, wohl auch Thema der Mottofahrt, über 90 Minuten präsentierten: Unsichtbar. Ein bisschen Trompeten-Gespiele hier, Zwischenrufe da – Heimat, so nah und doch so fern. Positiv muss erwähnt werden, dass selbst diese körperliche Reserviertheit beim Zuschauen enthusiastisch gegenüber Georgien wirkte, aber bei weitem nicht so war, wie erhofft.


    Dieses verflixte „nach dem Spiel“ umgehe ich mal mit diesem Satz. Der Bus stoppte jedenfalls direkt in Strandnähe. Der Strand war sehr sauber und die Qualität des Wassers nicht so schlimm wie befürchtet, war der Hafen doch nicht fern. Kurzes Fotoshooting noch mit der untergehenden Sonne gemacht und ab ging’s in die Heia.
    Wenn ich jetzt wenigstens schreiben könnte, dass ich um 4.30 Uhr am Sonntagmorgen aufgestanden bin um Brötchen zu holen, würde das noch einigermaßen plausibel klingen, obwohl selbst die Verbindung von 4.30 Uhr und Albanien und Brötchen für Außenstehende abstrus klingt. Die Wahrheit ist natürlich eine andere: Das letzte Spiel der Tour wollte beehrt werden. Das günstigste Transportmittel, die albanische Eisenbahngesellschaft, betrieb mit dieser frühen Abfahrtszeit Raubbau an meinem fußballabhängigen Körper. Durch Ghettos und Holzhüttensiedlungen auf unbeleuchteten und unasphaltierten Straßen näherte ich mich dem Bahnhof. Von außen als solcher auch nicht zu erkennen - besteht dieser doch aus einem größeren Gebäude, ohne Fenster und Türen, an dessen anderem Ende zwei Gleise stranden. Der Zug war, wie der Bahnhof und die Straßen ohne Beleuchtung. Die erfahrenden Zugfahrer hatten Taschenlampen dabei während ich als Novize mir einen freien Platz ertastete. Die Fahrt konnte beginnen. Mit einer scharfen Bremsung aus knapp 30 km/h Fahrt weckte der Lockführer die schlummernden Insassen. Ein Bahnhof oder gar ein Wartesignal kamen als Ursache dafür nicht in Betracht. Zehn Minuten später war der Spuk vorbei und die Lösung nahte. Links und rechts der Strecke war ein Waldbrand. Mit welcher Messtechnik der Lokführer bestimmen konnte, dass kein Baum auf den Zug fällt weiß ich nicht, aber sie funktionierte. So ging die Fahrt weiter und man konnte durch die Fenster hindurch einen Waldbrand betrachten. Das einzig Spektakuläre bis zur Ankunft des Zuges in Durres war das eintretenden Tageslicht, konnte ich so doch die Eisenbahnwaggons, Deutscher Bauart aus den 60iger Jahren, genauer betrachten. Kein Fenster, das keinen Sprung oder kein Einschussloch hatte. Rückblickend stellt sich mir noch immer die Frage, ob diese vor der Überführung aus Deutschland, beispielsweise auf der Strecke Uelzen-Lüneburg entstanden sind oder erst in Albanien? Für die 130 Kilometer lange Strecke benötigte der Zug gute fünf Stunden, kostete aber auch nur 1,60 Euro. Ein Eurodomino Ticket wird es in absehbarer Zeit also eher nicht geben.
    In Durres ließ ich meinen Rucksack bei einer netten Fahrscheinverkäuferinnen und erkundete die Innenstadt, die im Vergleich zu Vlore zwar schöner war, aber keinen eigenen oder neuen Stil besaß. Dank der prädestinierten Lage der Stadt gibt es täglich mehrere Fährverbindungen nach Italien, was sich auch im Straßenbild widerspiegelt. Viele italienische Autos und ein gewisser Flair, den man sonst nur südlich des Brenner findet sind eigentlich in ganz Albanien gegenwärtig, aber in Durres ganz besonders stark ausgeprägt. Zum Einkaufen werden die Italiener aber nicht die Republika e Shqipërisë besuchen; sind doch Güter wie Benzin teurer als in Griechenland. Die nahe liegende Kombination: zweitärmstes Land Europa = billiges Land trifft hier nicht zu.

    10.09.2006 Teuta Durres 4:0 Partizani Tirana

    Stadiumi Niko Dovana – 1. Liga Albanien


    Bilanz vor dem Spiel: 118 Aufeinandertreffen, 23 Siege für Teuta, 33 Unentschieden, 62 Siege für Partizani; Torverhältnis: 94:207
    Letzter Sieg von Teuta: 15.04.2006 – 1:0; Letzter Sieg von Partizani: 18.02.2006 - 4:1
    Aufstellungen:
    Teuta: Kapllani, A.Duro, Vrapi, Tetova, Kapaj, Bespalla (Kuli 61'), Idrizi(Kote 75'), Buna, Devolli, Mancaku (Gega 82'), D.Xhafa Trajner: Sulejman Starova
    Partizani: Shehi, Ndreka, Beqiri, Babamusta, Kardek, Gjyla, Hallaçi, Dhëmbi, Karapici, Abilaliaj (Bulku 65'), Progri (Malindi 76') Trajner: Neptun Bajko
    Gelbe Karten: Mancaku, D.Xhafa - Progri, Karapici, Beqiri;
    Rote Karte: Albert Duro
    Zuschauer: 3.000


    Die Abfahrtszeit der Fähre war wie schon in der Ukraine für 23 Uhr angesetzt, um es vorwegzunehmen, die Fähre fuhr auch pünktlich. Auf das Hafengelände durfte man eigentlich erst gegen 21 Uhr gehen. Aber was größtenteils ein Nachteil in diesen Ländern ist - zu nordeuropäisches Aussehen - war diesmal von Vorteil. Ich wurde von der Security an den Wartenden, Bettlern und Zigeuner vorbeigeführt und konnte es mir auf dem abgezäunten Hafengelände gemütlich machen. Den großen Zaun überwanden auch immer wieder Zigeunerkinder mit Klebstoff um bei den meist ausländischen Fährgästen zu betteln. Zwei Stunden vor Abfahrt konnte ich endlich an Bord gehen und mir ein gemütliches Plätzchen suchen, hatte ich doch nicht einmal einen Schlafsessel reserviert. Eine rückenkomfortable Übernachtungsmöglichkeit war fix aufgebaut, so dass das Nachtprogramm, Schlafen, erfolgreich angegangen werden konnte.
    Mit der italienisch üblichen Verspätung erreichte die Fähre den WM-Spielort von 1990 Bari. Sonne, ansehnliche Altstadt und diese italienische Leichtigkeit des Lebens – dafür blieb keine Zeit. Es musste die billigste Transportmöglichkeit nach Pisa gefunden werden, von wo mein Flieger am nächsten Morgen starten sollte. Die Angebotstickets der Bahn konnten leider nicht gebucht werden, weshalb nur eine unbequeme Verbindung mit dreimaligen Umsteigen übrig blieb. Im Supermarkt wurden örtliche Spezialitäten wie Jogurt und Bananen eingekauft, die mit auf die Reise in die Toskana kamen. Bis zur Abfahrt litt ich noch mit Hanno, welcher kein einfaches Leben hatte. Im Zug nach Bologna konnte ich wenigstens noch im Sitzen ruhen. In Bologna auf dem Bahnhof machte ich mich noch für zwei Stunden lang um mich anschließend an die Nahverkehrsfahrt weiter nach Pisa zu machen. Hier wurde erstmal das letzte saubere T-Shirt übergestreift und alle riechenden Körperecken mit Deo bekämpft. Im Warteraum beschäftigte ich mich geistig schon wieder mit der harten Realität in Deutschland und wehmütig wurde Abschied vom einmonatigen Vagabundenleben genommen. Wie der Zufall es wollte hatte ich mich kurz vor dem Anflug auf den Flughafen Lübeck auch durch die Buddenbrooks durchgekämpft. Auf einen Besuch der Fischergrube und Mengstraße musste aber verzichtet werden, die Geburtsstadt rief mahnend und eindringlich. Das heimische Klo auch.

  • Schön kurzweilig geschreiben und hoch Interessant! Bleibt nur eine Frage, warum zum Geier tut sich jemand so etwas an? :wink:

    Bei jeder Streitfrage gibt es zwei Standpunkte: meinen und den falschen.


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  • Erstklassiger Bericht!!!!! Dickes Lob und vielen Dank für die interessanten Stunden :respekt:


    Hat mich deutlich besser unterhalten, als die Filme die ich in letzter Zeit so gesehen hab und hätte gerne auch noch ausführlicher sein können. Ich freue mich schon auf den Bericht vom nächsten Sommer ;)