starker Tobak
Vorfall vom Spiel Jessen gegen Coswig
Sperre bis zur Winterpause
Fußball-Landesklasse: Verein schreibt Stellungnahme - Jessener Fans beschuldigt
VON THOMAS TOMINSKI
Jessen/MZ. Die Landesklasse-Fußballer des SV Blau-Rot Coswig sind momentan nicht zu beneiden. Sportlich befindet sich die Mannschaft um Kapitän Oliver Kunze im Tabellenkeller. Nach dem Ausraster ihrer Spielers Christian Schmidt (die MZ berichtete), der am Samstag einen Jessener Zuschauer per Fausthieb zu Boden streckte, ist der Aufsteiger schlagartig in den Brennpunkt öffentlicher Diskussionen gerückt.
Der sportliche Leiter des Vereins, André Wegner, der zu diesem Vorfall eine schriftliche Stellungnahme abgab, befürchtet nun einen Imageschaden für den SV Blau-Rot. "Der Spieler hat uns mit diesem Vorfall einen Bärendienst erwiesen. Wir haben zurzeit wirklich 1 000 andere Probleme."
Die Abteilung Fußball reagierte, wie von Trainer Carsten Eckert bereits angekündigt, sofort. In dem Schreiben an die Mitteldeutsche Zeitung heißt es: "Das Verhalten des Coswiger Spielers ist in keiner Weise zu entschuldigen. Trotz wüster Beschimpfungen und verbaler Attacken seitens der Jessener Anhänger muss er sich im Griff haben und darf sich nicht zu solch einer unkontrollierten Aktion hinreißen lassen." Konkretes Ergebnis der internen Beratung: Der 24-Jährige wurde bis zur Winterpause vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Wegner ergänzend: "Ein Ausschluss aus dem Verein kam für die Verantwortlichen nach reiflicher Überlegung nicht in Frage. Trotz der Verfehlungen des Spielers in disziplinarischer Hinsicht besitzt der Verein auch eine erzieherische Verantwortung."
"Der Spieler hat uns mit diesem Vorfall einen Bärendienst erwiesen." André Wegner SV Blau-Rot Coswig
Den schwarzen Peter als Alleinschuldigen der nach dem Platzverweis Schmidts eskalierenden Situation wollen sich die Coswiger aber nicht in die Schuhe schieben lassen. In dem Schreiben heißt es weiter: "Nach dieser Aktion verloren einige Anhänger aus Jessen völlig die Beherrschung. Sie warfen Getränkebecher Richtung Coswiger Spieler, bespuckten diese und beleidigten die Akteure des Gastgebers aufs Übelste. Einige überwanden sogar die Barriere und drangen auf das Spielfeld vor. Dank des schnellen und umsichtigen Handeln des Ordnungsdienstes konnte eine weitere Eskalation ganz verhindert werden."
Der Jessener Trainer Jörg Böhme sieht diese Darstellung als teilweise Verdrehung von Tatsachen an. Es sei richtig gewesen, dass einige Allemannia-Fans auf den Platz wollten und von den Ordnungskräften sowie Spielern der eigenen Mannschaft wieder hinter die Barriere gedrängt werden mussten, doch dieser Vorfall passierte erst nach dem Faustschlag des Coswiger Fußballers und nicht direkt nach dem Platzverweis. "In diesem Moment ist das für mich eine normale Reaktion, dass die Jessener Zuschauer nach dem unsportlichen Verhalten aufgebracht waren." Auch den Vorwurf seitens Coswig, dass er die Stimmung noch anheizte, kann Böhme nicht verstehen. "Dies wurde mit bereits am Sonnabend vorgeworfen. Und bereits zu diesem Zeitpunkt habe ich erklärt, dass diese Meinung nicht den Tatsachen entspricht."
Für den an diesem Tag eingesetzten Schiedsrichter Frank Renner (KFV Bitterfeld), ist die Situation selbst im Nachgang nicht einfach. Sollte, laut Darstellungsweise des SV Blau-Rot, der Coswiger Spieler wirklich einem Jessener Akteur den Ball beim Einwurf ins Gesicht geworfen haben, müsste er für diese Unsportlichkeit die rote und nicht die gelb-rote Karte erhalten. "Aus meiner Sicht ist der Ball auf dem Körper des Jessener Spielers gelandet. Es war in diesem Moment also keine grobe Unsportlichkeit. So habe ich das auch im Protokoll vermerkt." Die Situation nach dem Platzverweis habe Renner in vollem Umfang mitbekommen.
Eine endgültige Entscheidung, wie lange Schmidt offiziell vom Fußball-Landesverband vom Spielbetrieb ausgeschlossen wird, trifft nun das Sportgericht. Auf der Homepage des FSA ist unter Downloads/Regelwerk folgendes zu diesem Thema veröffentlicht. "Greift ein Spieler einen Mannschaftskameraden, den Schiedsrichter, den Schiedsrichter-Assistenten, einen Zuschauer usw. an, so gilt dies ebenfalls als gewaltsames Spiel."
Der sportliche Leiter des SV Blau-Rot, André Wegner, abschließend: "Wir bedauern diesen Vorfall zutiefst und wünschen dem betroffenen Fan baldige Genesung."
Faustschlag mitten ins Gesicht
Fußball: Coswiger Spieler verletzt bei Landesklassebegegnung einen Jessener Fan
Jessen/MZ/tt. Der Coswiger Trainer Carsten Eckert ist von dem Ausraster seines Spielers Christian Schmidt selbst Tage nach dem Schlusspfiff noch schockiert: "Negative Publicity kann der Verein wirklich nicht gebrauchen. In den nächsten beiden Tagen werde ich zusammen mit dem Vorstand eine Entscheidung treffen, wie es mit Schmidt weiter geht. Es war wirklich ein totaler Ausraster."
Rückblick: Beim Fußball-Landesklasse-Spiel Gastgeber Blau-Rot Coswig gegen Spitzenreiter Allemannia Jessen am vergangenen Samstag, das die Gäste 4:1 gewannen, erhielt der Coswiger Stürmer Schmidt aufgrund wiederholten Foulspiels vom Unparteiischen Frank Renner die gelb-rote Karte. Eckert, die Situation aus seiner Sicht schildernd: "Nach der gelben Karte hat sich Schmidt von seinem Gegenspieler locken lassen. Ihm den Ball beim Einwurf aus drei Metern Entfernung ins Gesicht zu werfen, geht wirklich nicht. Der Platzverweis der Referees ist völlig in Ordnung."
Bis zu dieser Stelle wäre es ein ganz normaler Vorgang im Fußball-Alltag Sachsen-Anhalts gewesen. Doch zur Frustbewältigung suchte sich der Coswiger Spieler einen Jessener Zuschauer aus und verpasste ihm einen Fausthieb mitten ins Gesicht. Der 16-jährige Allemannia-Anhänger musste aufgrund der Schlagwirkung ins Wittenberger Krankenhaus gefahren werden und hütet zurzeit mit einem Schädelhirntrauma das Bett. Die Eltern des Jugendlichen sind von dem Vorgang natürlich sehr betroffen und stellten sofort Strafanzeige wegen Körperverletzung.
Der Vater des Opfers, selbst als Allemannia-Fan vor Ort, kann den Tathergang nur schwer einordnen. "Mein Sohn hat sich zu diesem Zeitpunkt mit einem Kumpel unterhalten und den Platzverweis gar nicht mitbekommen. Der Fausthieb kam für ihn wie aus heiterem Himmel."
Dem Coswiger Trainer Carsten Eckert ist die ganze Situation peinlich. "Wir möchten uns an dieser Stelle bei dem Betroffenen entschuldigen und wünschen ihm gute Besserung." Den Spieler selbst bezeichnet der Coach als unruhigen Zeitgenossen, der seine Emotionen im Aufstiegsjahr 2005/06 gut in den Griff bekommen habe. "Dieser Rückschlag ist wirklich ein Schock für den gesamten Verein."
Der Leiter der Landesklasse-Staffel sieben, Dietmar Bebber, verfügt nach eigenen Informationen lediglich über die "üblichen Vorinformationen". Er habe von dem Übergriff des Coswiger Spielers Schmidt gehört, muss sich jedoch erst einen Überblick über die gesamte Situation verschaffen. "Das Schiedsrichterprotokoll von Frank Renner erhalte ich im Lauf der Woche. Erst dann kann ich gezielt reagieren", so Bebber.
Fassungslosigkeit herrschte auch beim Jessener Trainer Holger Böhme. "Es können doch die Allemannia-Fans nichts dafür, wenn ein Spieler des Gegners vom Platz gestellt wird. Solch eine Aktion habe ich während meines Fußballerlebens noch nie erlebt." Der Coach hat den Vorgang seinen Akteuren beim gestrigen Training noch einmal erläutert und plant einen spontanen Krankenbesuch.