Blamables Auftakt-Aus für die "Roten"
Gnadau (bjr)
Die einen erlebten das "bisher größte Spiel der Vereinsgeschichte", die anderen die wohl größte Blamage der jüngeren Vereinszeitrechnung: Historisch war der gestrige 4:3 (1:1)-Sieg von Fußball-Salzlandligist SG Gnadau gegen den Schönebecker SV in der ersten Runde des Landespokals also allemal.
In erster Linie war das Weiterkommen des Außenseiters jedoch vor allem eins: verdient. "Kompliment an die Gnadauer. Sie haben engagiert gespielt, gut gekämpft. Bei ihnen sah man, dass eine Mannschaft auf dem Platz stand", sagte SSV-Trainer Marko Fiedler und man konnte sich den zweiten Teil des Satzes denken: Bei seinem Landesliga-Team dribbelten elf Individualspieler auf.
Diese ließen sich buchstäblich vom Anstoß weg übertölpeln. Nach nicht einmal einer Minute tauchte Gnadaus Marcus Rasche knochenfrei vor SSV-Keeper Philipp Beier auf und schob zur Führung ein. Viele Zuschauer im Fliederpark rieben sich nicht nur ob des überraschenden Spielstandes die Augen, sondern auch angesichts der Schönebecker Spielweise. Statt den zwei Ligen tiefer angesiedelten Gegner spielerisch in die Knie zu zwingen, probierten es die "Roten" konsequent über lang geschlagene Bälle nach vorn. Das mochte zunächst noch funktionieren, denn nach einer knappen halben Stunde erreichte Florian Mentzel einer dieser Bälle, den er zum 1:1-Halbzeitstand verwandelte, doch über die gesamten 90 Minuten sollte sich diese Form der Spieleröffnung in keinster Weise bewähren. "Das war leichte Beute für die kopfballstarken Spieler in Gnadaus Abwehr", hatte auch Fiedler registriert - seine Spieler offenbar nicht.
Nur einmal, direkt nach Wiederanpfiff, löste es der Favorit spielerisch, als Mentzel Thomas Hellige bediente, der nur noch einköpfen musste.
Obwohl der Ausgleich durch Nico Steigleder (52.) zwei Minuten später von Shimon Wolf nach einer einem Eckstoß wieder zur Schönebecker Führung umgewandelt wurde (54.), bewiesen die "Fliederparkkicker" große Moral. Erst schlich sich Kapitän Thomas Frauendorf in den Rücken der SSV-Abwehr und verwandelte aus abseitsverdächtiger Position zum 3:3 (63.), dann schlug Steigleders große Stunde. Einen Einwurf schirmte der Gnadauer Angreifer geschickt ab, schüttelte zwei Verteidiger ab und verwandelte aus spitzem Winkel zur 4:3-Führung (75.).
Die Schlussviertelstunde überstanden die Platzherren mit großem Kampfgeist und auch einer Portion Glück schadlos. Nach einer zweiminütigen Zugabe durch Schiedsrichter Sven Tuchen (Bördeland) kannte der Jubel keine Grenzen mehr. SGG-Trainer Sebastian Pape zeigte sich entsprechend angetan von der Leistung seiner Elf. "Die Jungs waren heute voller Herzblut. Wir haben zweimal zurückgelegen und kommen dann noch so wieder. Das war einfach unglaublich", befand Pape.
Während der Überraschungssieger jubelnd über den Platz hüpfte, fielen bei Fiedlers Ansprache an sein Team Minuten nach dem blamablen Pokal-Aus deutliche Worte. "Wer es noch nicht gemerkt hat: Die Schonzeit ist vorbei. In solchen Spielen sollte man sich anbieten, aber mit so einer Leistung wird das nichts." Dabei ließ der SSV-Coach auch nicht als Ausrede gelten, dass mit Kapitän Mathias Rhode und Patrick Ebeling wichtige Stützen urlaubsbedingt fehlten. "Alles, was wir uns vorgenommen haben - resolutes Zweikampfverhalten, Druck auf den Ballführenden, Pressing - haben wir nicht umgesetzt."
Auszubügeln ist die Pleite wohl nur durch einen guten Saisonstart in zwei Wochen. Die Chance, zu zeigen, dass sie es besser können, haben die Spieler indes schon heute Mittag. Um 11.30 Uhr testet der SSV beim Ligakonkurrenten SV 09 Staßfurt.
SG Gnadau: Merker - Wenzel, Hoffmann, Teske, Glode, Oppelt, Kade, Heider, Rasche, Frauendorf (90. Bolm), Steigleder
Schönebecker SV: Beier - Wagner, Kühn, Schuller, Dudziak, Kubos (75. Schleichert), Ferl, Pülicher, Wolff, Hellige, Mentzel
Tore: 1:0 Marcus Rasche (1.), 1:1 Florian Mentzel (29.), 1:2 Thomas Hellige (46.), 2:2 Nico Steigleder (52.), 2:3 Shimon Wolff (54.), 3:3 Thomas Frauendorf (63.), 4:3 Nico Steigleder (75.)
Quelle Volksstimme 2012