Von guter Position nicht blenden lassen
Konzentration gilt weiterhin dem Klassenerhalt / Aufsteiger schockte alle Favoriten
Hagenow • "Bisher ist alles prima gelaufen. Die Mannschaft hat meine Erwartungen weit übertroffen", zeigt sich Jörg Rühmling sehr zufrieden angesichts des sechsten Tabellenplatzes, auf dem AWO Hagenow die Hinrunde in der Fußball-Landesliga abschließen konnte. Aber trotz des für einen Aufsteiger mehr als respektablen Abschneidens bleibt der Übungsleiter auf dem Teppich: "Wir dürfen uns von dieser Position nicht blenden lassen. Die Punkteabstände sind gering. Es gibt es keine klaren Verhältnisse. Dementsprechend ist auch noch nichts entschieden."
Personell bisher ziemlich vom Pech verfolgt
Das bisher Erreichte resultiert aus einem schweren Stück Arbeit. Das lag natürlich zum einen daran, dass sich die junge Mannschaft erst an das Niveau gewöhnen musste. Rühmling hat im Verlauf der ersten Halbserie einen regelrechten Lernprozess festgestellt: "Aus der anfänglichen Blauäugigkeit heraus haben wir alle viel dazugelernt. Die Jungs waren bereit zuzuhören und auch anzunehmen."
Es galt manche für den Übungsleiter durchaus auch unerwartete Klippe zu umschiffen. "So lange ich die Mannschaft betreue, mussten wir personell noch nie eine so schwere Serie meistern." Er wolle ja nicht jammern, aber aus unterschiedlichen Gründen sei er wirklich vor jedem Spiel zu Umstellungen gezwungen worden. Eine echte Stammformation konnte sich vor diesem Hintergrund kaum finden. Das war gerade im Vergleich zur Vorsaison, als man nur selten Ausfälle zu verkraften hatte, ein krasser Unterschied.
Die negativen Folgen blieben nicht aus, äußerten sich vor allem in spieltaktischer Hinsicht. Von "blindem" Verständnis konnte keine Rede sein. Was noch im Aufstiegsjahr hervorragend funktioniert hatte, so z.B. das flexible Verschieben, das den Gegner fast zwangsläufig zu Fehlern zwang, war nicht einmal in Ansätzen möglich.
Bei anderen Fehlern, die Rühmling registriert hat, landet er, was die Ursachenforschung betrifft, immer wieder bei einem Punkt – der fehlenden Erfahrung seiner fast durchgängig noch sehr jungen Spieler. "Wir sind für unsere Fehler brutal bestraft worden und waren auf der anderen Seite nicht in der Lage, gegnerische Schnitzer ebenso resolut zu nutzen." An diesem Missverhältnis hätten seine Jungs ganz schön zu knabbern gehabt.
Auf die Liste der abzustellenden Schwächen setzt der AWO-Übungsleiter in jedem Fall die schlechte Ausbeute bei Standards. "Aus Freistößen und Ecken sprang viel zu wenig heraus. Wir mussten uns die Tore zumeist hart erarbeiten."
Mannschaftskapitän in der Rückrunde wieder an Bord
Letzteres war auch darauf zurückzuführen, dass ein echter "Knipser" fehlte. Auf Grund von Verletzungen mangelte es in der ersten Halbserie an gelernten Stürmern. Mittelfeldspieler mussten zwangsläufig diese Lücke schließen. So verteilte sich die Torausbeute auf viele Schultern – was an sich ja nicht schlecht ist. Aber dass Frank Lüdemann mit vier Treffern erfolgreichster AWO-Schütze war, verdeutlicht das Dilemma.
Jörg Rühmling hofft, dass Sebastian Sonnabend, der im Dezember seinen Wehrdienst beendet hat, dank des jetzt wieder intensiveren Trainings in der Rückrunde zu alter Form zurückfindet. Seine Torjägerqualitäten hatte Sonnabend in der Bezirksliga hinlänglich unter Beweis gestellt. Außerdem setzt der AWO-Übungsleiter auf seinen Kapitän. Marcel Dyrba, der als einziger Spieler im Kader aus seiner Zeit bei Aufbau Boizenburg über Landesliga-Erfahrung verfügt, fiel krankheitsbedingt fast die gesamte Hinrunde aus. "Er war darüber maßlos enttäuscht und konnte der Mannschaft auch mental kaum helfen." Mittlerweile wieder genesen, hat sich Dyrba für den zweiten Saisonabschnitt viel vorgenommen. "Marcel ist für uns Übungsleiter ein topp Ansprechpartner. Er verfügt über die Spielintelligenz, um Hinweise von außen weiterzugeben und selbst umzusetzen."
Zu den Erfahrungen, die "sehr weh getan haben", zählten die unnötigen Heimniederlagen gegen Sievershäger SV II (0:2) und Kröpeliner SV (2:3) sowie das 0:1 bei Eintracht Schwerin II. Andererseits schockte der Aufsteiger praktisch alle vermeintlichen Meisterschaftsfavoriten. Ob SpVg Cambs/Leezen, Grevesmühlener FC oder auch die beiden hoch gehandelten Kreisrivalen Blau-Weiß Polz und SG 03 Ludwigslust/Grabow: Sie alle mussten die Hagenower Heimstärke anerkennen. Ein weiterer Coup gelang dem jungen Team mit dem 2:1-Auswärtssieg gegen den aktuellen Tabellenführer Anker Wismar II.
Möglichst schnell auf 30 Punkte kommen
Trotz aller positiver Überraschungen gibt es für Jörg Rühmling nur eine Richtung: "Ich schaue nicht nach oben, sondern zähle weiterhin die Punkte, die uns von der Abstiegszone trennen. Unsere große Aufgabe ist es, diesen Abstand konstant zu halten." Es sei ganz wichtig, gut aus der Winterpause zu starten. Möglichst schnell auf 30 Punkte kommen, um so in Ruhe weiterarbeiten und den Lernprozess fortsetzen zu können, lautet die Zielstellung.
In der Winterpause trifft man sich einmal wöchentlich in der Halle zum lockeren Kick, freiwillig und ohne jeglichen Druck. Dass konstant immer so um die zwölf Spieler mit von der Partie sind, unterstreicht, dass die Motivation bei den Hagenowern stimmt. Am 14. Januar bestreiten sie ihr eigenes Hallenturnier, für das Blau-Weiß Polz, Brüsewitzer SV, TSG Gadebusch und Empor Zarrentin zugesagt haben. Ein Fragezeichen steht noch hinter Blau-Weiß Lenzen. Am 18. Januar wird das Training wieder aufgenommen, wobei die Schwerpunkte zunächst auf Kraftaufbau und Schnelligkeit liegen. Thomas Willmann