Borussia Dortmund (Ama.) - Chemnitzer FC 0:2

  • Zum Anfahrtsweg:


    Eine gesonderte Erwähnung verdient das fehlende Fingerspitzengefühl der DFB-Spielansetzer, die die gesamte Saison dafür gesorgt hatten, daß sich die Anfahrtswege der Chemnitzer und Dresdner Fans nicht überschneiden. Am letzten Spieltag, an dem mit den meisten Schlachtenbummlern zu rechnen ist, gilt das plötzlich nicht mehr. Demzufolge gab es auch einige Scharmützel, die sich aber nach meinem derzeitigen Wissensstand halbwegs im Rahmen hielten. Die Dresdner Flaschenwerfer (Weiterentwicklung der Taktik von den bewährten Steinen) haben dabei sicherlich gelernt, daß man beim Wurf aus einem fahrenden Kleinbus besser nicht aus selbigem fallen sollte. Mit den Essenern gab es hingegen auf dem Rückweg bei Kassel noch eine fette Feier.


    Zum Spiel:


    Am 17. Spieltag hätte ich gesagt, daß dies eine sensationelle Leistung war, mit der man sich vor niemandem in der Liga verstecken muß. Am 34. Spieltag bleibt die Frage, wieviel Engagement bei den Dortmundern noch vorhanden war. Trotzdem haben sich alle Chemnitzer Spieler zerrissen, jeder Dortmunder Spieler wurde gestellt, wodurch der Ball schnell wieder beim CFC landete. Auf Pseudo-Grätschen und sinnlose Fouls mußten wir dabei nicht zurückgreifen. Stattdessen kamen die Himmelblauen aus einer sicheren Defensive, die nur eine einzige Dortmunder Chance zuließ, immer wieder zu guten Torchancen. Der Bankdrücker Meyer konnte eine in der ersten Halbzeit nutzen und hat in diesem Spiel mit einer hervorragenden Leistung seine alte Stärke aufblitzen lassen.
    Nach dem Tor stellte sich der CFC diemal nicht wie oft an den eigenen Strafraum und wartete auf den Gegentreffer, sondern spielte konsequent auf die Entscheidung. Eine von Fillinger verwertete Standardsituation sicherte dann den Klassenerhalt.


    Zu Stimmung und Umfeld:


    Über 500 Chemnitzer fanden trotz der wirklich unglaublich schlechten Leistungen in den vorangegangenen Spielen (1:18 Tore) den Weg ins Stadion "Rote Erde". Geht man von der offiziellen Zuschauerzahl von 1100 aus, ist diese Schätzung wohl noch zu niedrig. Die Nachfrage in Chemnitz nach Busplätzen war weit höher und konnte nicht befriedigt werden.
    Ich habe mich diesmal in eine Ecke verzogen und wie gebannt das Spiel verzogen. Deshalb kann ich wohl erstmals bei einem von mir besuchten Spiel keine wirkliche Einschätzung der Stimmung abgeben. Sie soll aber wirklich gut gewesen sein...
    Nach dem ersten Tor wurde eine größere Menge Rauch seiner Bestimmung übergeben. Dies brachte uns eine Ermahnung von Schiri Kemmling ein, der mit Spielabbruch drohte, woraufhin eine interne Pyrotechnikkonfiszierung eingeleitet wurde. Dennoch fand nach dem zweiten Tor eine brennende bengalische Fackel ihren Weg auf den Platz. Währenddessen sprangen etliche Chemnitzer Fans im Freudentaumel auf die Tartanbahn - überwältigt von ihren Gefühlen über den glücklichen Ausgang eines nervenzerfetzenden Saisonfinales, das viele schon mit dem Absturz in die Oberliga hatten enden sehen. Schiri Kemmling legte eine längere Pause ein, in der einige Chemnitzer Spieler und die Fans die Disziplin im Gästeblock wiederherstellten.
    Dies sollte nicht als Kritik an Kemmling verstanden werden, der wirklich sensationell pfiff und mit dem mahnenden Zeigefinger wahrscheinlich nur die DFB-Vorgaben erfüllen wollte. Die Gefahr, daß er wirklich abbricht, bestand meiner Meinung nach nicht einmal ansatzweise. Die Folgen eines Spielabbruchs wegen ein paar Freudenausbrüchen hätte er sicherlich nicht auf seine Kappe nehmen wollen...
    Ich verstehe übrigens nicht, wieso Verl oder Neumünster zum Bau von Gästekäfigen gezwungen werden, die Amateure des einflußreichen BVB aber Spiele in einem Stadion austragen dürfen, dessen Trennung zwischen Spielfeld und Gästeblock aus einer einen Meter hohen Barriere besteht. Ich kenne Landesligisten mit sicherheitstechnisch geeigneteren Stadien. Die Amateurteams eben...
    Beim Platzsturm nach dem Spiel kam uns das natürlich entgegen. Kemmling hatte um einiges zu früh abgepfiffen, woraufhin bei uns alle Dämme brachen. Vorbildlich übrigens, daß weder Polizei noch Ordner sich wichtig machen wollten und uns einfach gewähren ließen. Belohnt wurden sie mit einem absolut friedlichen Verlauf der Siegesfeiern, die sich auch einige Dortmunder Fans anschauten, ohne dabei von Polizisten gesichert werden zu müssen. Einige Fans staubten noch das ein oder andere Trikot ab, sogar einige Spielerhosen wurden erbeutet. Heute fragen sich die Souvenirsammler sicher, wozu man eigentlich die Hose von Sebastian Meyer verwenden kann...
    Unbefriedigend war natürlich, daß ich es tatsächlich schaffte, beim Sprung über die lächerliche Barriere hinzufliegen und Bekanntschaft mir der Tartanbahn machem mußte. Glücklicherweise hat der MDR diese Peinlichkeit nicht für die Nachwelt konserviert. Beim meinem ersten Platzsturm nach Jahren fehlte wohl einfach die Übung.


    Zur Liga:


    Der Skandal der Saison spielte sich gleichzeitig in Münster ab, wo das Spiel zwischen Münster und Wattenscheid tatsächlich zehn Minuten später angepfiffen wurde. Hätten die Schalker Amateure und wir unsere Spiele verloren, hätten die beiden abstiegsgefährdeten Teams somit noch genügend Zeit gehabt, sich ein schiedlich-friedliches Unentschieden zuzuschieben, was dann beiden den Klassenerhalt gesichert hätte. Das haben wir mit unserem Sieg verhindert. Gleichzeitig ist der Abstieg Wattenscheids eine späte Genugtuung für unseren ebenfalls von Wattenscheid verschobenen Zweitligaabstieg Mitte der neunziger Jahre.
    Jetzt freuen wir uns auf sieben Amateurteams. Die interessanten Partien sind mit den beiden Spielen gegen Union und den Auswärtsspielen in St. Pauli und vielleicht Düsseldorf doch sehr spärlich geworden. Aber auch 17 Amateurmannschaften wären allemal besser als ein Absturz in die Oberliga!

  • Schöner Bericht und Glückwunsch. Habs heut im MDR gesehen....leider nur das Spiel und nicht Deinen Sturz als Krönung :freude:

    "Man sollte immer eine kleine Flasche Whisky dabei haben,für den Fall eines Schlangenbisses - und außerdem sollte man immer eine Schlange dabei haben." W.C. Fields
    RP03