Erste Runde Steigerwald, zweite Runde Stuttgart, nachts in Karlsruhe schellt das Telefon...
...die 3.Liga hat seinen ganz eigenen Reiz und zieht die historisch nicht gerade erfolgsverwöhnten Hallenser in ihren Bann. Da Erfurt vor meiner Haustür liegt und ich mir zur Zeit kaum eine Drittligaminute entgehen lassen will, ging es am Dienstagabend zu den Versagern der ersten drei Spielrunden (zwei mal davon in meiner Anwesenheit: 0:4 gegen Heidenheim und 0:3 in Halle).
Erfurt vervollständigt aktuell nach Jenas Abstieg die Thüringer Tristesse: knapp 4.000 kamen noch gegen Heidenheim, 3.800 waren es an diesem Abend gegen Stuttgarts Reserve. Die sahen aber schon nach drei Minuten das 1.000. Erfurter Tor in der dritthöchsten Spielklasse. Nach einem Foul an Aykut Öztürk verwandelte der Capt'n Nils Pfingsten-Reddig sicher. Erfurt mit etwas mehr Selbstbewusstsein, aber wenig Durchschlagskraft. Rückkehrer Smail Morabit (nach Verletzung) wurde offensiv gesucht, Joan Oumari nach Rotsperre sorgte in der Abwehr für mehr Sicherheit. Auch die Fans, die schon in Halle reichlich Lärm machten, wirkten etwas optimistischer. Stuttgart mit einzelnen Kontern, vor allem über den flinken Erich Berko – ein Deutschghanaer aus dem Stuttgarter Speckgürtel. Zur Halbzeit musste Rani Khedira, der kleine Bruder vom Königlichen, das Feld räumen. Mit Timo Cecen kam etwas Schwung, zwei mal packte er gefährliche Distanzschüsse aus – der erste Strich noch am Tor vorbei, der zweite klatschte kurz vor Schluss an die Latte.
Doch bis dahin hatten die kleinen Schwaben schon ausgeglichen. Benedikt Röcker, mit seinem 197cm wirklich schwer zu übersehen, hatte einen Kopfball eingenickt und damit das I-Tüpfelchen auf seine solide Abwehrleistung gesetzt. Erfurt immer mal vereinzelt mit Tormöglichkeiten – in der Summe ein verdientes Remis. Immerhin nahmen es die Fans positiv auf, nach Beleidigungen und Becherwürfen in Halle wurde das Team nun mit Beifall verabschiedet.
Die leichte Dienstagabendkost wurde anschließend mit einer anständigen Feier veredelt. Mittwochmittag ging die Reise dann gen Süden nach Stuttgart. Nach 15 Jahren Dessau, Grimma, Auerbach und Pößneck, sowie 5 Jahren Havelse, Wilhelmshaven und Türkiyemspor geht der Blick also auch in den Süden der Republik; in eine Region deren Sprache immer noch eine ganz eigene Faszination ausstrahlt und für ostdeutsche Ohren ihre ganz eigene Exotik und Unverständlichkeit ausstrahlt. Und Halle ist gierig auf diese 3.Liga, über 400 Rot-Weiße (von insgesamt 4600) nahmen den Weg am Mittwochabend auf sich, um unterhalb des Funkturms die 3.Liga aufzumischen. Auch BengalOO kam wieder aus seinem badensischen Loch gekrochen, um die innerstädtische Konkurrenz zu begutachten.
Die erste Halbzeit ist stimmungsvollauf den Rängen, aber phasenweise auf dem Spielfeld sehr zerfahren. Die Kickers nur mit einem Punkt aus drei Spielen (N Rostock, U Wehen, N Heidenheim), aber trotzdem mit starken Leistungen gestartet. Ende der ersten Halbzeit geht das Zittern bei den Gästen los, aber Savranioglu trifft das Tor nicht. Für den HFC köpft Jan Benes freistehend in Wagners Arme.
In der zweiten Hälfte kommt der HFC nur selten zum Zug, steht aber hinten gewohnt sicher. In der Schlussphase droht aber Unheil. Toni Lindenhahn blieb bereits verletzt in der Kabine, und Nils Pichinot, der dritte Einwechsler verletzt sich kurz nach seiner Einwechslung. Mehr Schlecht als Recht geht es für den Stürmer weiter. Als dann fünf Minuten vor Schluss Darko Horvat, mittlerweile Torwartlegende in Halle, nur noch humpelnd und schmerzverzerrt durch den Strafraum schleicht, beginnt es emotional zu werden. Bis dahin hatte der Kroate in der 2.Halbzeit gleich zwei Hochkaräter rausgeholt und seinen Stellenwert unterstrichen. Telmo Teixeira vergab eine 3 auf 1-Situation für den HFC leichtfertig und nun hieß es den Punkt zu retten. Horvat bricht nach eigenem Abschlag am 16er zusammen, rappelt sich auf und humpelt zurück. Seine Vorderleute geben nun alles um den Ball vom Tor fernzuhalten und sichern so die vierte „Defensiv-Null“ in Serie. Acht Punkte aus vier Spielen, kein Gegentor aber dafür gleich sechs verletzte bzw. angeschlagene Spieler.
Mit BengalOO, es war seine dritte HFC-Nullnummer in Serie, ging es zur Aftershow-Party nach Karlsruhe. Auch wenn man beim Tischfußball dem neuen halleschen Motto „Wir mischen die dritte Liga auf“ gegenüber trunkigen Karlsruhern keinen Nachdruck verleihen konnte, wurde der Abend für alle Beteiligten zufriedenstellend abgerundet. Am Donnerstagmittag folgte die 5,5-stündige Heimreise nach Halle mit reichlich Vorfreude auf den nächsten Samstag: mit der SpVgg Unterhaching kommt der Spitzenreiter nach Halle zum aufmischen. Und was steht sonst noch an? Vielleicht nach Heidenheim, vielleicht nach Aachen, vielleicht nach Rostock eine Woche Sandstrand...